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topplus Thünen-Institut für Marktanalyse

Fleischexport: „Die Karte Tierwohl zieht im Ausland nicht!“

Deutsches Tierwohlfleisch wird im Ausland nur dann ein Renner, wenn es sich geschmacklich hervorhebt. Zudem fehlen Informationskampagnen. Das zeigt eine Studie des Thünen-Instituts für Marktanalyse.

Lesezeit: 6 Minuten

Forschende des Thünen-Instituts haben die Marktchancen von deutschem Schweinefleisch analysiert, das unter höheren Tierwohlstandards produziert wurde. Über die ersten Erkenntisse der Studie sprach top agrar mit dem Leiter des Instituts für Marktanalyse, Prof. Martin Banse und Rebecca Derstappen, Wissenschaftliche Mitarbeiterin.

In Deutschland werden die Haltungsstandards immer höher. Wie beurteilen Sie die Absatzchancen von Tierwohl-Schweinefleisch hierzulande?

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Banse:In zahlreichen Studien wurde deutlich, dass sich deutsche Verbraucher höhere Tierwohlstandards wünschen. Die Mehrheit der Deutschen ist zudem bereit, für Tierwohlprodukte höhere Preise zu zahlen. Dennoch verhalten sich viele Konsumenten an der Fleischtheke im Supermarkt am Ende aber doch sehr preisorientiert.

Ein Problem ist, dass ihnen andere Auswahlkriterien bei der Kaufentscheidung weniger wichtig sind. Der Absatz für Tierwohlfleisch wird aus meiner Sicht künftig erst steigen, wenn Fleisch aus niedrigeren Haltungsformen, wie z.B. von Aldi angekündigt, ausgelistet und gar nicht mehr angeboten wird.

In einer wissenschaftlichen Studie haben Sie das Exportpotenzial für deutsches Tierwohl-Schweinefleisch in Polen, Italien, Japan und Südkorea untersucht. Was sind die wichtigsten Erkenntnisse?

Derstappen: Deutschland sieht sich mit zwei wesentlichen Herausforderungen konfrontiert: Einerseits gilt es, die Akzeptanz der von uns exportierten Ware in den Zielländern zu steigern. Andererseits müssten die Verbraucher in den Exportländern mehr zum Thema Tierwohl bei der Schweinefleischerzeugung erfahren und dafür sensibilisiert werden.

Wichtig ist auch, dass die hiesigen Tierwohlkonzepte so gestaltet werden, dass sie einen greifbaren individuellen Mehrwert für die Verbraucher im Ausland darstellen. Den Mehrwert wiederum müssen wir den Abnehmern dann mithilfe von Infokampagnen verständlich vermitteln. Natürlich spielt auch die aktuelle ASP-Krise in Deutschland eine Rolle, insbesondere beim Handel mit Drittländern. Solange wir diese Krise nicht überwinden, leidet der gesamte Handel mit Schweinefleisch.

Wer waren Ihre Ansprechpartner vor Ort bei der Umfrage?

Derstappen: Unsere Ansprechpartner waren Marktexperten, Wissenschaftler, Verbandsvertreter, Händler sowie Vertreter aus Schlachtung und Verarbeitung im Inland und in den vier Untersuchungsländern. Wir haben nahezu die gesamte Kette in unseren Gesprächen abgebildet.

Welchen Stellenwert hat das Thema Tierwohl bei den Verbrauchern in den vier Importländern für deutsches Schweinefleisch? Gibt es wesentliche Unterschiede zwischen Europa und Asien?

Banse: Beim Fleischeinkauf spielt das Thema Tierwohl in allen vier von uns untersuchten Ländern bislang eine untergeordnete Rolle. Bei unseren Untersuchungen konnten wir jedoch nachweisen, dass ein Unterschied zwischen den europäischen und asiatischen Ländern besteht. Die von uns befragten Experten in Polen und Italien erklärten, dass zurzeit ein Umdenken in der Gesellschaft stattfindet und das Interesse am Thema Tierwohl steigt. Anders sieht das in Japan aus. Zum jetzigen Zeitpunkt besteht bei den Japanern kein Interesse an Tierwohl, berichteten die Experten.

„In Japan interessiert das Thema Tierwohl die Verbraucher nicht!“ - Prof. Banse

Woran liegt das?

Derstappen: Der Hauptgrund ist das geringe Wissen über die Nutztierhaltung insgesamt. Die Japaner pflegen aus kulturellen Gründen einen großen Abstand zur Nutztierhaltung und der Fleischproduktion. Die Kenntnisse hinsichtlich Tierwohl sind daher gering bzw. gar nicht vorhanden. In Südkorea ist die Situation ähnlich. Wobei auch in den europäischen Ländern die Kenntnisse über Tierwohl von den Experten als gering eingestuft wurden.

Für viele Verbraucher in Polen, Italien, Japan oder auch Südkorea spielt neben der Frische des Fleisches auch die Herkunft der Ware eine essenzielle Rolle, viele greifen zuerst zu heimischen Produkten. Dieser Trend könnte sich verstärken, wenn es in den jeweiligen Ländern ein eigenes Tierwohllabel gibt.

Angesichts der Erkenntnisse sollten wir uns darüber klar werden, dass unsere derzeit starke Fokussierung im Inland auf das Thema Tierwohl auf den Exportmärkten nicht ausreicht, um Verbraucher zum Kauf der deutschen Importware zu motivieren. Daran ändert auch die Tatsache nichts, dass deutsche Produkte in den von uns betrachteten Ländern insgesamt einen guten Ruf genießen.

Wo müssen deutsche Exporteure ansetzen, damit das Thema Tierwohl in den Zielmärkten stärker ins Bewusstsein der Verbraucher tritt?

Derstappen: Der wichtigste Baustein sind Informationskampagnen! Dadurch schafft man beim Verbraucher ein Problembewusstsein und gewinnt dessen Interesse. Danach scheint es insbesondere im Hinblick auf die asiatischen Märkte ratsam, Tierwohl als Qualitätsaspekt zu promoten. Unser Ziel sollte sein, den Verbrauchern einen für sie erfahrbaren Mehrwert von Tierwohlfleisch zu vermitteln. Ganz im Sinne von „Tierwohlfleisch hat einen besseren Geschmack oder eine bessere Marmorierung“.

„Besonderer Geschmack zählt mehr als Tierwohl und der Preis.“ - Derstappen

Welche Kriterien genießen beim Fleischverzehr in den jeweiligen Ländern einen höheren Stellenwert als das Tierwohl?

Banse: Das sind insbesondere Kriterien wie Qualität, Frische, Herkunft, Preis und Schmackhaftigkeit. Im Hinblick auf den guten Geschmack sind die Anforderungen in Asien noch ein Stück höher als in den europäischen Ländern. Diese Aspekte werden wir aber in der nächsten Phase der Studie noch detaillierter untersuchen.

Welche Chancen sehen Sie, dass die Verbraucher in den Zielländern bei importierten Fleisch- und Wurstwaren künftig stärker auf höhere Tierwohlstandards achten?

Derstappen: Das muss man differenziert sehen. Sowohl die italienischen als auch die polnischen Experten haben uns erklärt, dass in ihren Ländern ein Trend zu beobachten ist und dass insbesondere die jüngere Generation vermehrt an Tierwohl interessiert ist. In diesem Zusammenhang wurde deutlich, dass nicht nur die wohlhabende Bevölkerung verstärktes Interesse an mehr Tierwohl zeigt, sondern auch Personen mit geringerem Einkommen.

Dagegen gaben die asiatischen Experten an, dass Tierwohl als Verkaufsargument zukünftig wohl nur dann überzeugt, wenn es intensiv als Qualitätsmerkmal beworben wird.

Sie haben den Fokus auf Schweinefleisch gelegt. Sind die Ergebnisse auf Geflügel- und Rindfleisch übertragbar?

Derstappen: Dazu sind weitere Studien nötig. In unserem Projekt werden wir auch die Exportchancen von Tierwohl-Geflügelfleisch untersuchen. Dabei liegt der Fokus auf den vier europäischen Ländern Frankreich, Großbritannien, Dänemark und Niederlande. Diese vier Länder haben bereits eigene Tierwohlstandards definiert. Somit ist die Sensibilität unter den Verbrauchern in diesen Ländern etwas höher. Grundsätzlich gilt aber, dass sich jeder Zielmarkt unterscheidet und daher eine länderspezifische, abgestimmte Strategie erforderlich ist, um tierische Produkte aus besseren Haltungsbedingungen auf internationalen Märkten absetzen zu können.

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