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topplus Schweinefütterung

Fütterungsbedingte Schadensfälle systematisch aufdecken

Wenn Schweine plötzlich nicht mehr fressen wollen, liegt die Vermutung nahe, dass es am Futter liegt. Wir erläutern, wie Sie der Ursache systematisch auf den Grund gehen.

Lesezeit: 7 Minuten

Unsere Autoren Dr. Julia Hankel und Dr. Bernd Reckels vom Institut für Tierernährung der TiHo Hannover erklären, wie Sie der Ursache von fütterungsbedingten Schadensfällen systematisch auf den Grund gehen.

Die Mastschweine haben sich bislang prächtig entwickelt. Sie sehen gesund aus und haben bisher gut gefressen. Urplötzlich wendet sich jedoch das Blatt. Eines Morgens sind die Tröge noch randvoll mit Futter. Jetzt muss der Schweinehalter schnell handeln, um der Ursache für die Futterverweigerung auf die Schliche zu kommen und wirtschaftliche Verluste zu begrenzen. Der Verdacht, dass das Futter die Ursache ist, liegt nahe, wenn:

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  • das Problem abrupt und parallel zu einem Futterwechsel oder einer neuen Futtercharge auftritt,
  • typische Infektionsanzeichen fehlen wie z. B. erhöhte Körpertemperatur
  • und es nicht nur einzelne Tiere trifft, sondern viele Tiere ähnlich reagieren.

Mit allen Sinnen prüfen

Ein plötzlicher Abfall der verzehrten Futtermenge bzw. ein deutliches Abweichen von der Futterkurve kann viele Ursachen haben: Fehlfunktionen der Fütterungstechnik, wenn z. B. die tatsächliche Futtermenge nicht mit den Daten des Fütterungscomputers übereinstimmt. Fehldosierungen beim Mineralfutter, Hygienemängel bei der Lagerung oder im Fütterungssystem sowie Fehlmischungen, die den Schweinen den Appetit verderben. Es kann aber auch an der Wasserversorgung der Tiere liegen. Um zu klären, ob es am Futter liegt, kann der Landwirt zunächst selbst aktiv werden und die Rohkomponenten vor Ort mit allen fünf Sinnen sensorisch überprüfen:

Sehen: Selbstmischer sollten zunächst die Rohkomponenten genau unter die Lupe nehmen. Vorratsschädlinge und Verunreinigungen lassen sich oft schon mit bloßem Auge erkennen. Auch Abweichungen in Körnergröße und -form sowie Art und Anteil von Fremdgetreide oder anderen Beimengungen können Schweinehalter schon bei genauer Betrachtung des Futters erkennen. Wenn im Getreide viele Schmachtkörner zu sehen sind und die Futteraufnahme zurückgeht, ist das ein Indiz ­dafür, dass das Futter mit Fusarien-Toxinen belastet ist. Spätestens bei Farbveränderungen sollte man die eingesetzten Futtermittel überprüfen lassen.

Riechen: Auch die eigene Nase liefert wertvolle Hinweise zum Futterwert und Hygienestatus. Riecht das Futter muffig, kann das auf einen Besatz mit Schimmel hindeuten. Ist der Weizen mit Weizensteinbrand befallen, kann das Getreide sogar fischig riechen. Anstelle von Weizenkörnern entwickeln sich sogenannte Brandbutten, die mit einer schwarzbraunen Sporenmasse des Pilzes gefüllt sind und diesen Geruch verströmen. Ein ranziger Geruch bei konfektionierten Futtermitteln deutet auf den Einsatz von Fetten und Ölen hin, deren Verderb eingesetzt hat. Brandige Geruchsnuancen entstehen hingegen bei einer zu hohen Erhitzung während der Bearbeitung. Hitzegeschädigtes Futter ist zudem bräunlich verfärbt.

Schmecken: Geschmacksveränderungen wie z. B. brandige Nuancen können für Menschen ansprechend sein, beim Tier jedoch zu Einbußen in der Futteraufnahme führen. Getreidekörner sollten mehlartig schmecken. Und Ferkelfutter sollte immer süßer und aroma­tischer bzw. schmackhafter sein als Mastfutter. Schmeckt das Futter hingegen bitter, kann das ein Hinweis auf Unreife oder Pilzbesatz sein. Auch Fehldosierungen mit Salz im Futter schmeckt man heraus.

Hören: Die Gasbildung im Flüssigfutter für Schweine infolge mikrobieller Aktivität durch z. B. Hefen oder Bakterien lässt sich nicht nur durch Bläschenbildung sehen, sondern auch hören.

Tasten: Ein Griff in das Futter zeigt, ob sich das Futter trocken anfühlt oder klamm bzw. feucht oder sogar warm. Pelletiertes oder schrotförmiges Mischfutter sollte sich trocken, CCM-Silage hingegen klamm anfühlen. Denn zu hohe Trockensubstanzgehalte in der CCM-Silage erschweren die Milieubedingungen für die Milchsäurebildner im Gärfutter. Erwärmtes Futter weist auf eine mikrobielle Aktivität hin, die je nach Futter und Art der Keime erwünscht oder unerwünscht ist.

Hilfe bei Problemfällen

Kommt man mit der Sinnesprüfung selbst nicht weiter, kann man Fütterungsexperten wie das Institut für Tierernährung der Stiftung Tierärztliche Hochschule Hannover zurate ziehen. Die Mitarbeiter helfen bei der Klärung von fütterungsbedingten Schadensfällen und verfolgen bei Problemen den Weg des Futters von seiner Gewinnung bis zum Trog zurück. Zunächst fragen die Mitarbeiter telefonisch wichtige Daten zur Fütterung und den betrieblichen Abläufen ab: Wie sieht die Futterzusammensetzung aus? Welche Einzelkomponenten werden gefüttert? Und welche Fütterungstechnik kommt zum Einsatz? Wann finden Futterwechsel statt und wie sieht die Futterkurve aus?

In einem zweiten Schritt grenzen die Experten das Problem durch eine Rationsüberprüfung, Futter- und Tränkewasser- sowie Blutanalysen ein. Hilft auch das nicht weiter, geht es in den Stall zum Bestandsbesuch. Ist ein Schadensfall bereits eingetreten, hat die Ursachenklärung höchste Priorität. Denn es geht darum, wer für den Schaden haftet, der durch Tierverluste, Tierarztkosten und entgangenen Gewinn entstanden ist. Zudem können auch Kosten durch weiterführende Untersuchungen, Anwalt, Gericht oder Gutachter entstehen.  

Praxisfall: Lag es an den ­Mykotoxinen?

Schwierig wird die Fehlersuche, wenn z. B. Zusatzstoffe im Ergänzer falsch zudosiert wurden oder das Futter deutlich erhöhte Mykotoxingehalte aufweist. Solche Mängel können nicht mit den Sinnen, sondern nur mit aufwendigen Analysen aufgedeckt werden. Das zeigt das Praxisbeispiel eines Schweinehalters, der den Experten der TiHo Hannover folgendes Problem schilderte: Seit drei Tagen ist die Futteraufnahme zurückgegangen. Die Mastschweine nehmen nur noch rund 70 % der üblichen Menge auf. Der Landwirt erklärte, dass die 2.000 Tiere flüssig mit einem Mais-Molke-Gemisch gefüttert werden. Zusätzlich setzt er ein Ergänzungsfuttermittel ein. Das Mais-Molke-Gemisch wird wöchentlich geliefert, der Ergänzer in größeren Abständen.

Nachdem die Experten der TiHo die Daten zur Lagerung der Futtermittel und zur Fütterungstechnik abfragen, raten sie dazu, den Mais auf das Mykotoxin Deoxynivalenol (DON) untersuchen zu lassen. Damit die Analyseergebnisse aussagekräftig sind, sollte der Landwirt die Futterprobe gemeinsam mit einer sachkundigen Person (z. B. dem Futtermittelberater) ziehen. Denn eine repräsentative und saubere Probennahme ist wichtig, um im Nachhinein keine falschen Schlüsse zu ziehen. Die Analyse der Maisprobe ergab einen DON-Wert von 749 µg/kg (88 % TS) im Gesamtfutter. Der kritische DON-Grenzwert liegt jedoch erst bei 1000 µg/kg Futter. Konnte die nachgewiesene Mykotoxinkonzentration wirk­­lich dazu geführt haben, dass die Fut­teraufnahme so stark zurückgegangen war?

Nach Rücksprache mit dem Hoftierarzt und dem Schweinehalter wurde zusätzlich noch eine mikrobiologische Untersuchung der Futtermittel eingeleitet. Die Analyseergebnisse wenige Tage später brachten dann Klarheit: Nach den Richtwerten für Flüssigfuttermittel für Schweine sollte der Hefepilzgehalt im Flüssigfutter den Wert von unter 100 000 Kolonie bildenden Einheiten (KbE) pro g Flüssigfutter nicht übersteigen. Der Wert der untersuchten Probe lag mit 1,9 Mio. KbE/g jedoch um das 19-fache höher! Das Problem: Derart erhöhte Hefepilzgehalte im Futter führen zu einer verstärkten Gasbildung. Diese lässt sich nicht nur sehen, sondern auch hören, wenn man z. B. eine Probe von rund 500 ml Flüssigfütter in eine Plastikflasche mit Schraubverschluss für einige Zeit stehen lässt. Öffnet man die Probe, entweicht das Gas mit einem Zischen, das Futter quillt auf und schäumt aus der Flasche heraus. Es folgt ein leises Rauschen, sobald die Gasbläschen die Oberfläche erreichen und platzen.

Um das Hefepilzproblem wieder in den Griff zu bekommen, muss der Schweinehalter unbedingt die Hygiene in seiner Flüssigfütterung optimieren. Denn zu hohe Gehalte an Hefepilzen können nicht nur die Futteraufnahme reduzieren. Je nachdem, um welche Art es sich handelt, können die Hefepilze auch Zucker, Stärke, Eiweiß, Aminosäuren und Fette verstoffwechseln und damit zu erheblichen Nährstoff- und Energieverlusten im Futter führen. Hohe Keimzahlen von Hefepilzen finden sich häufig in Nebenprodukten wie z. B. Molke oder auch in silierten Mais-Futtermitteln. Dem Mäster wurde daraufhin geraten, die Qualität seiner Ausgangskomponenten (Mais und Molke) häufiger kontrollieren zu lassen. Zudem sollte er den Maisanteil in der Ration reduzieren und die Effekte auf die Futteraufnahme sowie die Tiere beobachten.

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