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Schweinefleisch: Guter Geschmack ist der Türöffner

Metzgermeister Christian Kremer ist überzeugt, dass qualitativ hochwertiges, teureres Schweinefleisch künftig stärker nachgefragt wird. Der „Türöffner“ beim Kunden ist der Geschmack.

Lesezeit: 6 Minuten

top agrar hat im Interview mit dem Metzgermeister über seine Erfahrungen, den Verkauf und die Fleischqualität gesprochen.

Herr Kremer, welche Rolle spielt die Fleischqualität für Ihre Kunden?

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Kremer: Beim Handelshof bedienen wir vor allem Großverbraucher wie Kantinenchefs und Gastronomen. Bei beiden stelle ich ein deutliches Umdenken beim Fleischeinkauf fest. Viele Küchenchefs fragen beim Einkauf gezielt nach Fleisch, das sich von der konventionellen Ware absetzt. In der Gastronomie versuchen die Köche, sich damit vom Einerlei abzuheben. Das funktioniert besonders gut, wenn der Kellner eine Geschichte zum Fleisch erzählen kann.

Was verstehen Sie unter einer Geschichte?

Kremer: Wenn der Kellner erklären kann, um welche Rasse es sich bei dem Stück Fleisch handelt und womit das Fleisch punktet, hat er die erste Hürde im Verkaufsprozess bereits übersprungen. Viele Gäste gönnen sich dann das teurere Stück Schweinefleisch, weil sie damit etwas Besonderes verbinden. Verkaufsfördernd wirken auch Infos zur Haltung und Fütterung.

Was ist mit den Kunden im Supermarkt oder beim Discounter? Immerhin wird dort der Großteil der Umsätze im Fleischsegment generiert.

Kremer: Auch finanziell gut betuchte Bürger kaufen inzwischen bei Aldi, Lidl, Edeka, Rewe und Co. ein. Dabei achten sie zusehends auf Qualität. Ich bin aber überzeugt, dass auch die deutsche Mittelschicht künftig öfter zu einem qualitativ hochwertigen Stück Fleisch greifen wird. Wir müssen es ihr nur schmackhaft machen.

Wie bekommen wir das hin?

Kremer: An erster Stelle muss das Fleisch durch seinen guten Geschmack überzeugen. Denn der Geschmack bleibt im Kopf, daran erinnert man sich noch lange. Er ist der Türöffner zum Kunden!

Der Fleischgeschmack ist aus meiner Sicht übrigens viel wichtiger als die Haltungsform. Deshalb haben die Biofleischerzeuger ja auch so große Probleme damit, Marktanteile zu gewinnen. Die Bios verkaufen eine Haltungsform, Bio schmeckt man aber nicht.

Viele Bauern sind skeptisch, dass qualitativ hochwertiges, teureres Schweinefleisch künftig der Renner wird. Wie kann man den Absatz ankurbeln?

Kremer: Man muss den Verbraucher mit der Nase darauf stoßen. Er muss mit seinen eigenen Sinnen erfahren, wie gut Fleisch schmecken kann. Sehr gut funktionieren z. B. Verkostungen im Lebensmitteleinzelhandel. Wenn wir dem Kunden bei uns im Großmarkt ein fertig gegrilltes Stück Qualitätsfleisch anbieten, weckt das immer Interesse. Unser Thekenpersonal kommt dadurch mit dem Verbraucher ins Gespräch, und in den allermeisten Fällen greifen die Kunden dann immer wieder zur Ware, die ihnen so gut geschmeckt hat. Diese Erfahrungen mache ich bei uns im Geschäft seit Jahren.

Welche Rolle spielt das Auge? Es heißt doch immer: Das Auge isst mit.

Kremer: Natürlich muss das Fleisch auch durch sein Äußeres überzeugen. Wichtig ist eine feine Fettmarmorierung, also viele kleine Fetteinlagerungen. Eine dicke, wabbelige Fettschicht ist hingegen eher von Nachteil. Das fein marmorierte Fett muss zudem fest sein, es darf auf Fingerdruck nur leicht nachgeben. Auch die Farbe ist wichtig. Das Fleisch sollte zartrosa sein, und die Oberfläche muss leicht glänzen.

Die Rasse bringt den Geschmack mit. Welche Tiere bevorzugen Sie?

Kremer: Alte Rassen haben in puncto Fleischqualität Vorteile, weil sie mehr intramuskuläres Fett mitbringen. Allerdings sind nicht alle alten Rassen gleich gut geeignet. Das „Mangalitza Wollschwein“ oder das „Bunte Bentheimer“ z. B. haben zu viel Rückenspeck. Da müsste man züchterisch erst einmal ran.

Beim Handelshof verkaufen wir Fleisch der Rasse Duke of Birkshire. Diese Tiere haben ein süßlich schmeckendes Fett. Man kann das Fleisch ohne Zugabe von Salz, Pfeffer und Öl genießen, da es z. B. mehr Omega-3-Fettsäuren enthält. Der hohe intramuskuläre Fettgehalt von bis zu 4 % bringt zusätzlich Geschmack ins Fleisch. Dank dieser positiven Eigenschaften müssen wir mit unseren Kunden selten über den Preis diskutieren. Und das, obwohl das Fleisch im Verkauf fünfmal so viel kostet wie konventionelle Ware. Das ist z. B. beim Filet der Fall.

Aber auch Haltung und Schlachtung beeinflussen die Fleischqualität. Was müssen die Lieferanten in diesem Punkt lernen?

Kremer: Während der Mast kommt es darauf an, dass die Tiere wenig Stress haben und nicht zu schnell wachsen. Stroh spielt in diesem Zusammenhang eine wichtige Rolle. Stroh lenkt die Schweine ab und beschäftigt sie. Das wiederum führt zu weniger Rangeleien und dadurch zu weniger Stresssituationen im Stall. Nach wie vor gilt auch, dass die Schweine beim Schlachtprozess entspannt bleiben. Ruhe beim Transport und bei der Schlachtung ist oberstes Gebot. Zu guter Letzt muss das Fleisch reifen können. Bei der Fleischreifung werden die Fleischfasern durch Enzyme gelockert. Das hat großen Einfluss auf die sensorischen Qualitätsparameter wie die Zartheit und das Aroma.

Beim Rindfleisch sind „Kobe Steak“ oder „Dry Aged Beef“ echte Klassiker, die Geld bringen. Welche Teile vom Schwein bieten sich als Edelstücke an?

Kremer: Da gibt es mehrere Fleischstücke, die nur entsprechend aufgearbeitet werden müssen. Schon durch besondere Zuschnitte werte ich die Ware auf, weil die Optik eine ganz andere ist. Das „Karree Steak“ bzw. „Tomahawk Steak“ sind solche Produkte. In beiden Fällen wird der Rippenknochen herausgeschält, beim klassischen Kotelett bleibt er umhüllt. Auch „Spareribs St. Louis Style“ sind etwas Besonderes. Im Vergleich zur bekannten Schweinerippe sind sie dicker geschnitten und haben eine breitere Fleischauflage.

Viele Landwirte hängen am Tropf der Fleischbranche und wollen ihre Schweine lieber selbst vermarkten. Wie kann das gelingen?

Kremer: Dazu braucht es vier Dinge: Erstens Mut zur Veränderung. Zweitens müssen die Bauern für ihre Sache brennen. Drittens müssen sie Fleischwaren anbieten, die sich abheben.

Und viertens müssen sie Geld in die Hand nehmen und Verkostungen organisieren. Dadurch kommen sie mit den Verbrauchern ins Gespräch und erfahren, was ihre Kunden wünschen. Viele jüngere Landwirte machen es uns vor. Da gibt es immer wieder tolle Ideen, wie man sein Schicksal selbst in die Hand nimmt und eine eigene Vermarktungsschiene aufbaut.

Das hört sich einfach an. Der LEH ist aber oft gnadenlos.

Kremer: Sicher, der Wettbewerb untereinander ist hart. Wir Händler stehen aber auch in der Pflicht und müssen den Bauern die Abnahme ihrer Tiere garantieren, und zwar das komplette Schwein. Bei unserem Vermarktungskonzept „Duke of Berkshire“ funktioniert das. Bis auf die Pfötchen, Ohren, den Schwanz und das Eisbein verarbeiten wir alles. Wir müssen auch davon wegkommen, Schweinefleisch immer wieder als Lockangebot zu nutzen. Fleisch darf keine Ramschware mehr sein.

Die deutschen Landwirte produzieren rund 45 Mio. Schweine pro Jahr. Wie viele davon lassen sich künftig als Premiumware verkaufen?

Kremer: Wenn wir die entsprechenden Qualitäten züchten und erzeugen können, glaube ich, dass wir jährlich gut 4 Mio. Tiere über die Premiumschiene absetzen können. Es könnten aber mehr werden, wenn wir die entsprechenden Vermarktungsschienen aufbauen können.

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