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Haltungs-VO: Entspannte Tiere und gute Arbeitsqualität

Die neue Haltungs-VO verlangt von vielen Ferkelerzeugern den Neu- bzw. Umbau ihrer Ställe. Bei den Praktikern, die bereits heute umgestallt haben, überwiegen die positiven Erfahrungen.

Lesezeit: 8 Minuten

Die künftigen Vorgaben der Tierschutz-Nutztierhaltungsverordnung stellenFerkelerzeuger vor große Herausforderungen. Ab 2029 dürfen sie die Sauen im Deckzentrum nur noch während des Besamungsvorgangs fixieren. Außerdem sind für die Tiere vom Absetzen bis zur Besamung 5 m2 Platz vorgeschrieben. Die Abferkelbucht muss ab 2036 mindestens 6,5 m2 groß sein. Auch hier dürfen die Sauen nur noch für max. fünf Tage um die Geburt herum fixiert werden.

Vor diesem Hintergrund sind die meisten Sauenhalter gezwungen, ihre Ställe neu- bzw. umzubauen, wenn sie weiter Ferkel produzieren wollen. Einige haben das System ihrer Arbferkel-, Warte- oder Deckställe bereits umgestellt. Sie konnten dafür meist Mittel aus dem Agrarinvestitionsförderprogramm (AFP) nutzen. top agrar hat vier von ihnen besucht und sie zu ihren Erfahrungen befragt.

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Abferkelstall: Ruhige Sauen und Ferkel

Der Abferkelbereich im Altgebäude von Ferkelerzeuger Heinz-Georg Hartmann war renovierungsbedürftig. 2019 baute der 56-jährige aus Münster (NRW) für seine insgesamt 240 produktiven Sauen deshalb einen neuen Stall. Trotz der damals noch ausstehenden Entscheidung zur Haltungs-Verordnung kam für Hartmann ein konventioneller Stall nicht in Frage: "Wir wollten auch ohne Vorschrift mehr Tierwohl umsetzen und uns für künftige Herausforderungen wie z.B. den intakten Ringelschwanz wappnen."

So entschied er sich für eine Hallenkonstruktion mit "Dach gleich Decke". Sie beherbergt 64Bewegungsbuchten, die seit Herbst 2020 im Einsatz sind.

Im Vorfeld hatte sich Hartmann verschiedene Varianten von Bewegungsbuchten angeschaut. "Der Sauentrog und das Ferkelnest sollten direkt am Gang liegen. Das erleichtert die täglichen Kontroll- und Reinigungsarbeiten", erklärt der Landwirt. Außerdem wollte er die Ferkel im Nest z.B. zum Impfen fixieren können. Nicht zuletzt sollte der Schutzkorb mit wenigen Handgriffen verschließbar sein. So fiel seine Wahl auf die 7 m2 großen "Be-free"-Buchten der Firma Schauer.

Im Abferkelstall herrscht nun vor allem eins: Ruhe! "Die Sauen sind dank der größeren Bewegungsfreiheit deutlich entspannter. Sie schrecken nicht mehr auf, wenn jemand den Stall oder die Bucht betritt", freut sich Hartmann. Er fixiert die Sauen nur noch einen Tag vor und vier Tage nach dem Geburtstermin. Vor allem Jungsauen sind seiner Erfahrung nach schnell vertraut mit dem System: "Bei ihnen wäre auch freies Abferkeln in Zukunft denkbar."

"Die Arbeit macht mehr Spaß"

Im Vorfeld des Neubaus hat der Ferkelerzeuger die Genetik seiner Herde durch Eigenremontierung auf die schweizerische Suisag-Herkunft umgestellt. "Die Sauen sind ruhig und besonders mütterlich. Sie passen gut zum System", freut sich Hartmann. Höhere Erdrückungsverluste verzeichnet der Landwirt bisher nicht.

Der Stallneubau war natürlich nicht günstig. "Insgesamt hat der Neubau netto 10.000 € pro Abferkelplatz gekostet", sagt der Ferkelerzeuger. Glücklicherweise konnte er eine AFP-Förderung in Anspruch nehmen. Dadurch bekam er 40 % der Baukosten erstattet.

Insgesamt haben sich aber nicht nur die Leistungen, sondern auch die Arbeitsqualität für den Landwirt verbessert. "Mir macht die Arbeit mehr Spaß, weil die Sauen zufriedener und ausgeglichener sind", erklärt Hartmann. Neben ihm steht auch Sohn Julian voll hinter dem Haltungssystem. "Das macht mir Mut, gemeinsam die nächsten Umbauschritte im Deckzentrum anzugehen", sagt Hartmann.

Deckzentrum: Freilauf nach dem Belegen

Bereits im alten Deckzentrum hat Ferkelerzeuger Jürgen Schmidt die Sauen seit 2006 nur für sieben Tage fixiert. Zusammen mit seiner Schwester hält er in Wetzhausen im Landkreis Schweinfurt (Bayern) 350 Sauen im Drei-Wochen-Rhythmus. "Die Fixierung von Sauen im Kastenstand steht schon länger in der Kritik. Wir hatten bis dahin gute Erfahrungen mit dem Freilauf von frisch besamten Sauen gemacht und wollten beim neuen Stall noch einen Schritt weiter gehen", berichtet Schmidt. Als teilnehmender Betrieb am Modell- und Demonstrationsvorhaben Tierschutz (MuD) konnten sie 2019 ein neues Deckzentrum bauen. So bekam die GbR 40 % der Baukosten erstattet.

Nach dem Absetzen stallt Schmidt die Sauen direkt in den neuen Deckstall. Dort befinden sich insgesamt 64 Selbstfangfressstände. Die Sauen stehen mit dem Kopf zur Wand, vor den Trögen verläuft jeweils ein Ebergang. Der Boden ist im Bereich der Fressstände und in den Laufgängen vollperforiert. In der Stallmitte gibt es Liegekojen mit planbefestigtem Boden. "Durch den Freilauf in der Gruppenhaltung kann ich den Stall gleichzeitig als Arena nutzen", freut sich Schmidt.

Vor allem die Bodengestaltung war dem Landwirt im neuen Stall wichtig. Er hat für die Festflächen spezielle Betonfertigteile mit Riffelblechoptik eingebaut. "Sie verringern die Rutschgefahr für die frisch besamten Sauen", erklärt der 34-Jährige. Um Verletzungen zu vermeiden, müssen die Tiere außerdem bei Bedarf vor den Artgenossinnen fliehen können. "Die Laufwege dürfen nicht in Sackgassen enden", weiß er zu berichten.

Um insbesondere die Jungsauen zu schützen, hält er diese zum Belegen weiterhin im ehemaligen Deckstall. Auch im Wartestall bleiben die Sauen getrennt, um Rangkämpfe zu vermeiden.

Sauen nur kurzzeitig fixieren

Jeden Morgen fixiert der Landwirt die Sauen während der Fütterung. Dazu kann er die Fressstände verriegeln. "So kann ich die Futteraufnahme besser kontrollieren und verhindern, dass einige Sauen anderen die Portion wegfressen", erklärt er das Prinzip. An den beiden Hauptbelegtagen fixiert Schmidt die Sauen dann dauerhaft für knapp 48 Stunden.

Außerhalb dieser Zeiten haben die Sauen Freigang. Bei Bedarf können sie sich in die Fressstände zurückziehen, sodass die Tiere vor den anderen Sauen geschützt sind. Zwei Wochen nach dem Belegen stallt Schmidt die Absetzgruppe dann in den Wartestall um. Schmidt verzeichnet durch die Gruppenhaltung im Deckzentrum keine höhere Umrauschquote bei seinen Sauen. Sie liegt momentan bei 8-10 %.

Vor Kurzem hat der Landwirt die Sauen in zwei Durchgängen probeweise nur während des Besamungsvorgangs fixiert. "Die Sauen sprangen nach dem Freilassen unkontrolliert aufeinander auf. Das führte zu Knochenbrüchen, weswegen ich jeweils eine Sau erlösen musste", beschreibt Jürgen Schmidt die negativen Folgen. Auch die Umrauschquote stieg im Experiment an.

Daher bedauert Schmidt, dass die Sauen künftig nur noch zum Zeitpunkt der Besamung fixiert werden dürfen: "Das verringert aus meiner Sicht den Schutz von Mensch und Tier."

Wartestall mit Außenklima

Der Wartestall von Familie Lange in Borgentreich im Kreis Höxter (NRW) erinnert an einen Kuhstall: Hohe Stahlhalle, offene Seitenwände und ein langer Futtertisch mit großen Rolltoren an beiden Stirnseiten. Doch statt Rindern rupfen 288 tragende Sauen genüsslich Stroh aus einer knapp 60 m langen Raufe am Futtertisch.

Klaus Lange bewirtschaftet den Betrieb gemeinsam mit Sohn Jonas. 2017 hatte er die Chance, an einem MuD-Projekt teilzunehmen. Im Rahmen dieses Projektes erweiterte er den bestehenden Wartestall um einen Außenklimabereich. "Wir wollten den Sauen mehr Tierwohl bieten und unseren Betrieb zukunftsfähig weiterentwickeln", beschreibt er seine Beweggründe. Dank der Projektteilnahme wurden die Baukosten in Höhe von 450.000 € zu 40 % gefördert.

Um den neuen Außenbereich für alle tragenden Sauen zugänglich zu machen, stellte der 57-Jährige im Wartestall auf dynamische Großgruppen um. Der ganze Bereich ist zweigeteilt:

  • In einer Hälfte des Stalls hält er Jungsauen, Erstlingssauen und allgemein kleinere Tiere.
  • In der anderen Hälfte sind die älteren und größeren Sauen untergebracht.

"Durch die Großgruppen sind die Sauen viel ruhiger. Sie sind es gewohnt, dass wir regelmäßig durch den Stall gehen und springen nicht mehr so häufig auf", freut sich Jonas Lange.

Der Innenbereich mit Vollspaltenboden ist in beiden Stallhälften durch Buchtenwände in verschiedene Liegekessel unterteilt, zwischen denen sich alle 144 Sauen der Gruppe frei bewegen können. An einem Ende befinden sich jeweil vier Abrufstationen. Hat eine Sau gefressen, wird sie über den Ausgang der Station automatisch in den Auslauf geleitet. "Wir hoffen, dass die Sauen dadurch überwiegend draußen koten", erklärt Jonas Lange. Über weitere winddichte Doppeltüren können die Tiere auch außerhalb der Fütterungszeiten jederzeit ins Freie gehen.

Im Außenbereich finden die Sauen neben dem Raufutterangebot einen perforierten Liegebereich und Scheuermöglichkeiten. "Der Außenauslauf wird von den Tieren vor allem an warmen Sommertagen intensiv besucht. Daher haben wir ausreichend Platz eingeplant", beschreibt der 28-Jährige. Insgesamt stehen jeder Sau im Wartestall über 4 m2 zur Verfügung.

Umrauschquote ist nicht höher

Familie Lange arbeitet mit den 450 produktiven Sauen im Wochenrhythmus. Aus arbeitswirtschaftlichen Gründen stallen sie die Sauen eine Woche nach dem Belegen in den Wartestall um. Ein früherer Termin, etwa zwei Tage nach der Belegung, wäre aus ihrer Sicht aber ebenfalls unproblematisch. "Rangkämpfe finden in der Regel nur zwischen den Sauen der neu eingestallten Gruppe statt. Die anderen Tiere halten sich meist raus", so die Beobachtung von Junglandwirt Jonas.

"Das frühe Umstallen in die Großgruppen hat bislang keien Auswirkungen auf die Umrauscherquote", freut er sich. Diese schwankt im Betrieb weiterhin zwischen 8 und 12 %. Dank einer Rauscherkennung an der Eberbucht kann die Familie Umrauscher frühzeitig erkennen und erneut belegen.

Die Trächtigkeitsuntersuchung übernimmt sein Onkel Reiner Lange. Um ganz sicherzugehen, scannt er die Sauen zweimal im Abstand von 21 Tagen. Dazu hat die Familie einen eigenen Scanner angeschafft.

Bei der Planung des Auslaufs fiel die Entscheidung bewusst gegen einen Strohstall. "Wir wollten keine zusätzliche Arbeitsbelastung schaffen, die wir nicht honoriert bekommen", erklärt Klaus Lange. Momentan verursacht das Befüllen der Strohraufe dreimal pro Woche mit insgesamt zwei Rundballen Mehrarbeit. Außerdem dauert die Tierkontrolle und das Scannen in der Großgruppe etwas länger. "Ich wünsche mir, dass der Mehraufwand für uns Ferkelerzeuger künftig honoriert wird", erklärt Jonas Lange.

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