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Betäubungslose Ferkelkastration

Hitzige Diskussion zur Isoflurannarkose

Die in der vergangenen Woche vom Bundeskabinett beschlossene Ferkelbetäubungssachkundeverordnung, die die Abschaffung des Tierarztvorbehalts für diese Kastrationsmethode vorsieht, wird in der Praxis kontrovers diskutiert.

Lesezeit: 4 Minuten

Die Ferkelbetäubungssachkundeverordnung (FerkBetSachkV) soll die rechtliche Grundlage dafür schaffen, dass künftig auch Landwirte und andere sachkundige Personen die Vollnarkose mit Isofluran durchführen können. Sie soll in der zweiten Jahreshälfte 2019 in Kraft treten. Dafür bedarf es aber noch der Zustimmung sowohl des Bundesrates als auch des Bundestages. Voraussetzung für die Durchführung der Kastration unter Isoflurannarkose soll nach der vorliegenden Verordnung ein Sachkundenachweis sein. Zulassungsvoraussetzungen sind laut Verordnungsentwurf unter anderem die Vollendung des 18. Lebensjahres sowie eine Fachausbildung oder ein einschlägiges Studium oder berufliche Erfahrung im Umgang mit Ferkeln. Für die Erlangung des Nachweises müssen ein theoretischer Lehrgang und eine anschließende Praxisphase unter Anleitung eines fachkundigen Tierarztes absolviert werden. Die gewonnenen theoretischen Kenntnisse und praktischen Fähigkeiten sollen durch Prüfungen nachgewiesen werden müssen.

Offenbarungseid in Sachen Tierschutz

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Die agrarpolitische Sprecherin der Linksfraktion im Bundestag, Dr. Kirsten Tackmann, nannte es einen „Offenbarungseid in Sachen Tierschutz“, die Isoflurannarkose in die Hand tierärztlicher Laien zu geben. Für die Parlamentarierin ist die Kastration unter Isoflurannarkose eine „Scheinlösung“, die zwar für Schlacht- und Handelskonzerne die einfachste Lösung sei, aber nicht im Interesse der Ferkelerzeuger liege. Nach Auffassung der Tierärztin ist die Durchführung einer Narkose bei der chirurgischen Kastration der männlichen Ferkel inklusive Vor- und Nachsorge, der notwendigen schmerzausschaltenden Vorbehandlung und der Reaktion auf Narkosezwischenfälle ein komplexer Vorgang, der eine tierärztliche Ausbildung erfordere. „Ein Sachkundenachweis für tierärztliche Laien sichert keinen Tierschutz, schon gar nicht im Routinebetrieb großer Bestände“, so Tackmann. Dieses erhebliche Risiko für den Vollzug des Staatsziels Tierschutz sei unnötig, da mit der Jungebermast und der Immunokastration zwei verlässliche und wirtschaftlichere Methoden zur Verfügung stünden, mit denen ganz auf eine chirurgische Kastration der Ferkel verzichtet werden könne.

Am Staatsziel Tierschutz vorbei

Der Präsident der Bundestierärztekammer, Dr. Uwe Tiedemann, zeigte sich über die FerkBetSachkV empört. Die Verordnung führe am Staatsziel Tierschutz vorbei. „Was nutzt eine Staatszielbestimmung wenn sich Rechtsetzungsorgane nicht daran halten?“, fragte Dr. Uwe Tiedemann in einer Pressemitteilung. Es gebe keinen Grund mehr, an der chirurgischen Kastration festzuhalten. Der Ebergeruch im Fleisch könne auch mit anderen Methoden sicher vermieden werden. Darüber hinaus sei eine Ferkelkastration mit dem ethischen Anspruch des Tierschutzgesetzes unvereinbar.

Immense Kosten

Ebenfalls kritisch äußerte sich AfD-Agrarsprecher Stephan Protschka. Er begründete seine Vorbehalte insbesondere mit immensen Kosten für die Landwirte. Die Anschaffungskosten pro Narkosegerät würden zwischen 3.000 € und 10.000 € liegen, schätzungsweise würden 3.000 bis 5.000 Geräte benötigt. Die Anschaffungskosten lägen damit insgesamt zwischen 9 Mio. € und 50 Mio. €. Für die Förderung wolle die Bundesregierung allerdings nur 2 Mio. € zur Verfügung stellen. „Wenn wir neben diesen hohen Anschaffungskosten noch das Ozonzerstörungspotential und die gesundheitsschädlichen Wirkungen auf die Anwender betrachten, wird schnell klar, dass die chirurgische Ferkelkastration unter Inhalationsnarkose mit Isofluran keine sinnvolle Alternative für die Ferkelerzeuger ist“, so der AfD-Politiker.

Kostengünstiges Verfahren

Der Präsident des Landvolks Niedersachsen, Albert Schulte to Brinke, räumte zwar einen großen finanziellen Aufwand ein, vor allem für kleinere Betriebe. Er begrüßte jedoch, dass die Politik endlich die berufsständische Forderung aufgreife, Landwirten die Schmerzausschaltung bei der Ferkelkastration zu ermöglichen.

Der Vorstandssprecher des Neuland-Vereins für tiergerechte und umweltschonende Nutztierhaltung, Jochen Dettmer, indes weist die Kritik an vermeintlich hohen Kosten der Isoflurannarkose zurück. Die zehnjährigen Erfahrungen im Neuland-Qualitätsfleischprogramm hätten gezeigt, dass das Verfahren bei entsprechender Förderung und Durchführung der betäubten Kastration durch den Landwirt sehr kostengünstig sein könne. Dettmer beziffert die Kosten bei einem Betrieb mit 30 Sauen auf 2,49 € pro männlichem Ferkel bzw. 1,24 € pro Tier, umgelegt auf alle Ferkel. Bei einem Betrieb mit 60 Sauen lägen die Kosten bei 1,70 € pro männliches Ferkel und bei 0,85 € je Tier, umgelegt auf alle Ferkel. Die Kosten für das Isofluranbetäubungsverfahren wären damit laut Dettmer nicht höher als bei der Impfung gegen Ebergeruch.

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