Seit anderthalb Jahren dürfen männliche Ferkel in Deutschland nur noch betäubt kastriert werden. Zahlreiche Sauenhalter haben sich dabei für die Isoflurannarkose entschieden und in ein entsprechendes Narkosegerät investiert. Vor dem ersten Einsatz mussten sie entsprechende Lehrgänge besuchen und ihre Sachkunde in theoretischen und praktischen Prüfungen unter Beweis stellen.
Die bisherigen Erfahrungen zeigen, dass die meisten Landwirte sehr zufrieden mit der Isoflurannarkose sind. Viele loben die Ruhe beim Kastrieren, wenn die Ferkel betäubt sind. Einige Anwender beklagen jedoch, dass das ein oder andere Ferkel nicht ausreichend betäubt sei. Häufig sind Bedienfehler die Ursache. Deshalb hier einige Tipps, die man unbedingt beachten sollte.
1. Narkosegerät aufwärmen
Die Isofluran-Verdampfer sind medizinische Präzisionsgeräte. Bei 20 °C Umgebungstemperatur arbeiten sie optimal. Das wird im Winter auf dem Zentralgang aber oft nicht erreicht. Die Verdampfer verfügen zwar über eine Heizung. Gasflaschen, Leitungen und Masken benötigen jedoch lange, um die optimale Betriebstemperatur zu erreichen. Die Folge: Das eingeatmete Gasgemisch ist zu kalt und die Narkosewirkung mitunter unzureichend.
Deshalb ist es wichtig, das Narkosegerät rechtzeitig ins Abteil oder in einen beheizten Vorraum zu stellen, damit sich die Technik akklimatisieren kann. Im Notfall kann man das Gerät mit einem Heizstrahler erwärmen.
2. Für Frischluft sorgen
Aus arbeitswirtschaftlichen Gründen betäuben und kastrieren immer mehr Sauenhalter direkt im Abferkelabteil. Um sich selbst zu schützen, müssen Sie dann jedoch auf eine ausreichende Durchlüftung des Abteils achten. Der Narkosewagen sollte zwischen dem Zu- und Abluftpunkt aufgestellt werden. Wobei der optimale Standort vom jeweiligen Lüftungssystem abhängt!
Beispiel Nasenlüftung: Steht der Narkosewagen zwischen der Abteiltür und dem Abluftschacht, kann die Abteiltür geöffnet bleiben. Steht das Gerät dagegen weiter hinten im Gang, sollte man die Abteiltür besser schließen, damit genügend Zuluft über die Rohre der Sauen-Nasenlüftung in das Abferkel-abteil strömen kann.
3. Stress vermeiden
Unruhe im Abteil führt bei den Ferkeln zur Ausschüttung des Stresshormons Adrenalin, und das kann die Narkosewirkung beeinträchtigen. Gehen Sie deshalb möglichst ruhig mit den Ferkeln um. Bewährt hat sich zudem, andere zootechnische Maßnahmen wie die Eisengabe oder das Einziehen der Ohrmarke möglichst bereits einen Tag vor dem eigentlichen Kastrationstermin zu erledigen.
4. Maskengröße beachten
Wichtig ist, dass die Größe der Narkosemasken zur Ferkelgröße passt. Das PigNap-Gerät von Schulze Bremer verfügt z. B. über eine eher kleine Maske. Deshalb sollte man die Ferkel hier etwas früher kastrieren. Denn wenn der Ferkelkopf zu groß ist, erreicht die Rüsselscheibe nicht den Ventilstempel, der das Narkosegas freisetzt. Erst wenn die Leuchte rot blinkt, strömt das Gas.
Der Pigsleeper von Schippers und der PigletSnoozer der GFS sind dagegen mit größeren Masken ausgestattet. Ist der Ferkelkopf noch zu klein, kann Isoflurangas an den Kopfseiten vorbeiströmen, sodass die Narkosewirkung beeinträchtigt ist und das Gas bis zum Anwender strömen kann.
5. Transportkisten belüften
Werden die Ferkel in Kisten oder Wannen zum Narkosegerät transportiert bzw. anschließend zurück ins Abferkelabteil gebracht, muss die Kiste im unteren Bereich über Luftlöcher verfügen. Denn nach dem Kastrieren atmen die Ferkel noch Narkosegas aus. Da es schwerer ist als Luft, sammelt es sich im Bodenbereich der Kiste. Dadurch verlängert sich die Narkosedauer unnötig und die Träger laufen Gefahr, das Gas selbst einzuatmen.
Aus Arbeits- und Tierschutzgründen geht der Trend deshalb dahin, die Ferkel direkt im Abferkel-abteil zu kastrieren und die Tiere nach dem Eingriff gleich wieder zurück ins Ferkelnest zu setzen. Die Abdeckung des Ferkelnestes sollte dazu hochgeklappt werden.
6. Kondenswasser ablassen
Mit der Raumluft wird auch immer Feuchtigkeit angesaugt, die im Kompressor kondensiert. Die Feuchtigkeit kann sich mit dem Narkosegas vermischen. Dadurch werden die Ferkel unter Umständen nicht ausreichend narkotisiert. Deshalb ist es wichtig, das Kondenswasser von Zeit zu Zeit aus dem Kompressor abzulassen.
7. Gasflasche schließen
Beim PigletSnoozer der GFS wird das Narkosegas mit reinem Sauerstoff vermischt. Einige Landwirte beklagen einen extrem hohen Sauerstoffverbrauch. Auf Nachfrage stellte sich jedoch heraus, dass kein technischer Fehler vorlag, sondern die Anwender mitunter vergessen hatten, die Gasflasche nach dem Einsatz wieder zu verschließen.
8. Verschlussstopfen
Beim Reinigen kann Wasser und Schmutz in die Leitungen des Gerätes gelangen. Beides beeinträchtigt die Narkosewirkung. Deshalb bieten einige Hersteller bzw. Vertreiber (GFS, GDO, Schulze Bremer) Stopfen an, die man nach dem Abbau der Schalen und Masken in die Anschlüsse einsetzt bzw. aufschraubt. Die GFS empfiehlt zudem, die Narkoseschläuche durch kurzzeitiges Umstöpseln mit Sauerstoff zu spülen.
9. Kastrationszange
Die Narkose führt bei den Ferkeln zur Entspannung von Muskeln und Gefäßen. Deshalb blutet die Kastrationswunde mitunter stärker nach. Wird statt Klinge eine Kastrationszange verwendet, ist das Nachbluten geringer.
---
Neues Isofluran-Kompetenzzentrum
Haben Sie Probleme bei der praktischen Anwendung der Isoflurannarkose? Wünschen Sie neutralen Rat oder benötigen Sie technische Hilfe? Das im letzten Jahr gegründete Isofluran-Kompetenzzentrum „IsoKomp“ berät Landwirte, Tierärzte und Überwachungsbehörden in allen Fragen rund um die Isoflurannarkose bei Ferkeln. Der Service ist kostenlos.
Regionale Ansprechpartner sind Mitarbeiter der Ludwig-Maximilian-Universität München sowie der Schweinegesundheitsdienste in Niedersachsen und Nordrhein-Westfalen. Die Adressen finden Sie unter www.topagrar.com/isofluran2022