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Kastration: Bundestag stimmt für Fristverlängerung

Die Abgeordneten des Deutschen Bundestages haben gestern am späten Abend für die Fristverlängerung beim Thema betäubungslose Ferkelkastration gestimmt. Auch Parlamentarier aus der Opposition stimmten für die Fristverlängerung.

Lesezeit: 6 Minuten

Die Abgeordneten des Deutschen Bundestages haben gestern Abend um 21.46 Uhr für die Fristverlängerung beim Thema betäubungslose Ferkelkastration um zwei Jahre gestimmt. Insgesamt wurden 650 Stimmen abgegeben. 421 Parlamentarier stimmten für die Änderung des Tierschutzgesetzes, 142 stimmten mit Nein, 87 Abgeordnete enthielten sich. Damit haben auch 23 Abgeordnete für die Fristverlängerung gestimmt, die nicht den beiden Koalitionsparteien angehören (Wie die einzelnen Bundestagsabeordneten abgestimmt haben, kann man auf der Homepage des Bundestages einsehen). Am 14. Dezember beschäftigt sich der Bundesrat noch einmal mit dem Thema. Die Länderkammer ist nicht zustimmungsberechtigt, kann aber Einspruch erheben. In diesem Fall müsste die Bundesregierung den Beschluss des Bundestages noch einmal prüfen. Ablehnen kann der Bundesrat das Gesetz aber nicht.

Zuvor hatte es noch einmal einen hitzigen Schlagabtausch im Bundestag zwischen den Befürwortern und Gegnern der Gesetzesänderung gegeben. Insbesondere Renate Künast von Bündnis90/Die Grünen forderte die Parlamentarier in ihrer Rede auf, gegen den Änderungsantrag der Koalitionsfraktionen zu stimmen. Künast hält die Gesetzesänderung für verfassungswidrig, aus ihrer Sicht ist die Kastration eine Straftat, wenn diese weiterhin nach dem bisherigen Schema durchgeführt wird. Künast erklärte weiter, dass sie sicher sei, dass es in spätestens zwei Jahren eine weitere Fristverlängerung geben werde. Sie begründete das damit, dass die Zulassung der Lokalanästhesie längere Zeit benötige und die Lobbyverbände und die Schlachtindustrie weiter Druck machen werden.

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Laut Entschließungsantrag von CDU/CSU und SPD müssen in den nächsten zwei Jahren die rechtlichen Voraussetzungen für den Einsatz von tierschutz- und praxisgerechten Alternativen zur betäubungslosen Ferkelkastration geschaffen werden. Das Tierschutzgesetz soll entsprechend geändert werden, sodass die betäubungslose Kastration von unter acht Tage alten männlichen Schweinen bis zum 31. Dezember 2020 zulässig ist.

Die Bundesregierung soll dafür sorgen, dass alle ihr zur Verfügung stehenden Möglichkeiten genutzt werden, damit isofluranhaltige Tierarzneimittel eine tierarzneimittelrechtliche Zulassung in Deutschland erhalten. Besondere Beachtung soll dabei dem Anwenderschutz gelten. Bis spätestens zum 31. Mai 2019 soll eine Rechtsverordnung beschlossen werden, die dem geschulten Landwirt die Durchführung der Isoflurannarkose ermöglicht. Bis Mitte des kommenden Jahres sollen in Abstimmung mit den Tierärzten die fachlichen Inhalte der notwendigen Schulungen erarbeitet werden.

Mithilfe einer Aufklärungskampagne soll eine größere Akzeptanz der alternativen Verfahren zur betäubungslosen Ferkelkastration bei Verbraucherinnen und Verbrauchern hergestellt werden.

Laut Beschluss soll auf eine konkrete und überprüfbare Vereinbarung mit den Schlachtunternehmen und dem Lebensmitteleinzelhandel hingewirkt werden, die die Vermarktung von Fleisch aus alternativen Verfahren zur betäubungslosen Kastration sicherstellt und nicht einzelne Verfahren benachteiligt bzw. ausschließt.

Bauernverband fordert mehrere praxistaugliche Verfahren

Erleichtert zeigt sich DBV-Präsident Joachim Rukwied. Er betonte am Freitag, dass die Bauern den geregelten Ausstieg aus der betäubungslosen Ferkelkastrationm wollen. Deshalb müsse die Branche die zwei Jahre jetzt unbedingt nutzen, um pragmatische Lösungen für alle Betriebe und Betriebsgrößen zu finden. „Unsere Priorität war nicht die Fristverschiebung, sondern die Verfügbarkeit praxistauglicher Lösungen“, stellt Rukwied klar.



Der Deutsche Bauernverband fordert, mehrere unterschiedliche Verfahren praxistauglich zu etablieren, damit für alle Betriebe und Betriebsgrößen eine Lösung zur Verfügung steht. Dazu gehört aus Sicht des Bauernverbandes auch die Einführung der Lokalanästhesie in Erwägung zu ziehen. Dänemark und Schweden gehen diesen Weg bereits und hätten sich für die Lokalanästhesie als das praxistauglichste Verfahren entschieden. Bereits jetzt importiert Deutschland rund 6 Millionen Ferkel pro Jahr aus Dänemark. „Wir fordern gleiche Wettbewerbsbedingungen für unsere Bauern“, so DBV-Präsident Rukwied.

DRV hätte sich andere Lösung gewünscht

Erleichterung auch bei DRV-Präsident Franz-Josef Holzenkamp. Er spricht von einem „Hoffnungszeichen für die Fleischwirtschaft in Deutschland“. Zugleich betont er aber, dass dieses Ergebnis nicht die ideale und vom Raiffeisenverband favorisierte Lösung sei.

„Die Fristverlängerung wahrt für unsere Mitgliedsunternehmen und die gesamte Fleischwirtschaft in Deutschland die Wettbewerbsfähigkeit mit anderen EU-Ländern, wenn auch nur vorerst. Die Genossenschaften haben seit 2010 in enger Kooperation mit Wissenschaftlern intensiv nach Alternativen gesucht. Zudem haben wir seit 2016 das Bundesministerium immer wieder darauf hingewiesen, welche Umsetzungsprobleme es bei den verfügbaren Alternativen gibt und welche anderen Lösungen nötig wären. Kurz vor Ablauf der Frist haben wir nun für alle Beteiligten die schlechteste Lösung – einen Aufschub“, so Holzenkamp.

Mit der Fristverlängerung endeten nicht die notwendigen Bemühungen der Branche, der Bundesregierung und der Wissenschaft. DRV-Präsident Holzenkamp: „Der Sektor muss die gewonnene Zeit nutzen, auch für die Entwicklung der Lokalanästhesie. Es muss möglich werden, dass ein geschulter Landwirt dem Tier das Betäubungsmittel vor dem Eingriff verabreicht.“

DTB: "Bandenmäßig, organisierte Wirtschaftskriminalität!"

Mit scharfer Kritik reagiert der Deutsche Tierschutzbund. „Für das Streben nach größtmöglichem ökonomischem Vorteil müssen nun die Ferkel büßen; das Staatsziel Tierschutz wird mit Füßen getreten“, sagt Thomas Schröder, Präsident des Deutschen Tierschutzbundes.

Die Regierung sei einen offenen Pakt mit der Agrarindustrie eingegangen, der sehr stark an Strukturen „bandenmäßig, organisierter Wirtschaftskriminalität“ erinnert, poltert Schröder weiter. Keine andere Branche dürfe es sich erlauben, gesetzliche Fristen so offen und angekündigt zu ignorieren, gesellschaftlichen Mehrheitswillen so gnadenlos zu untergraben. „Gesetzgeber und Bundesregierung, in Kumpanei mit Landesregierungen, zeigen sich devot. Die Lobby ruft, die Koalitionäre schlagen die Hacken zusammen. Das wird nachwirken, dauerhaft.“

FDP verärgert über Tatenlosigkeit

Die FDP warnte am Donnerstag in der Debatte vor einer Benachteiligung deutscher Sauenhalter und verlangte von der Bundesregierung, schnell eine Methode zur Ferkelkastration zu ermöglichen, die sowohl der Wettbewerbsfähigkeit der deutschen Landwirte als auch dem Tierschutz gerecht wird.

Für die stellvertretende Vorsitzende des Agrarausschusses, Carina Konrad MdB (FDP), ist die Debatte um die Ferkelkastration „eine Sauerei“. „Fünf Jahre lang fällt die Bundesregierung in den Tiefschlaf und verkauft ihre erneute Fristverlängerung bis zum Ende der betäubungslosen Ferkelkastration jetzt sogar als Schützenhilfe für die Landwirte“, kritisiert Konrad.

Die zwei zusätzlichen Jahre sollten lediglich genutzt werden, um nur die Inhalationsanästhesie breitenwirksam durch den Landwirt zu ermöglichen. Eine Methode, bei der nicht nur der Tierschutz ungeklärt sei, sondern auch der Anwenderschutz, so die Politikerin. Stattdessen hätten die vergangenen fünf Jahre genutzt werden müssen, um alle Möglichkeiten einschließlich der Lokalanästhesie praxistauglich zu machen. „Die Lokalanästhesie kategorisch auszuschließen, obwohl die Anwendung in unseren Nachbarländern gängige Praxis und auch in der Humanmedizin weit verbreitet ist, bringt Wettbewerbsnachteile. Die FDP könnte einer Fristverlängerung nur zustimmen, wenn den Landwirten verbindliche und verlässliche Rahmenbedingungen Planungssicherheit bieten; davon ist aber keine Rede mehr.“

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