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So berechnen Landwirte die Klimabilanz von Schweinefleisch

Welche Stellschrauben beeinflussen die Klimabilanz in der Schweinehaltung? SUS zeigt, wie Landwirte den CO2-Fußabdruck für ihren Betrieb berechnen können.

Lesezeit: 9 Minuten

Die Forderungen nach einem Abbau von Tierbeständen und dem Fleischverzicht aus Gründen des Klima- und Umweltschutzes häufen sich. Immer mehr Verbraucher möchten wissen, welchen CO2-Fußabdruck sie hinterlassen und welche Konsumgüter oder Lebensmittel wie klimaschädlich oder klimafreundlich sind.

Auch der Druck seitens des Lebensmitteleinzelhandels und der Schlachtunternehmen ist groß, um den Ansprüchen der Konsumenten gerecht zu werden. Die Müller Gruppe, die nach eigenen Angaben etwa 40 % der Schweineschlachtungen im Süden abdeckt, will beispielsweise in Süddeutschland bis zum Jahr 2030 gemeinsam mit allen Partnern der Wertschöpfungskette und der Politik eine nachhaltige Schweinefleischproduktion umsetzen. Dann sollen Verbraucher in Baden-Württemberg und Bayern flächendeckend CO2-neutrales Schweinefleisch kaufen können.

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Ein anderes Beispiel liefern die Niederlande, hier können Kunden neuerdings klimazertifiziertes Schweinefleisch per Bestellung kaufen. Um die CO2-Bilanz möglichst gering zu halten, bekommen die Schweine ausschließlich regional produziertes Getreide und Reststoffe aus der Brotherstellung. Zudem nutzen die Schweinehalter überwiegend Energie aus Solar- und Biogasanlagen.

Auch die Dänen haben die Bedeutung einer klimafreundlichen CO2-Bilanz als Wettbewerbsvorteil erkannt: Die dänische Schweinebranche will bis zum Jahr 2050 klimaneutral werden. Viele Schweinehalter haben ihre Betriebe bereits klimazertifizieren lassen und legen großen Wert auf nachhaltiges Wirtschaften. Für die Dänen ist Klimaneutralität ein wichtiges Exportargument.

Alle Beispiele zeigen: Der CO2-Fußabdruck von Schweinefleisch gewinnt an Bedeutung – für die Verbraucher, den LEH, Schlachtunternehmen und somit schließlich auch für die Landwirte. Es könnte daher künftig für Landwirte ein Vermarktungsvorteil sein, wenn sie Schweinefleisch mit einer geringen CO2-Bilanz anbieten. Denn die Konkurrenz auf den internationalen Märkten ist groß.

Optimierungspotenziale bei der Erzeugung und Produktion erkennen, Verbesserungsmaßnahmen ergreifen und so nachhaltiger und klimaschonender wirtschaften – das ist der künftige Anspruch. Zahlreiche Landwirte haben bereits eine Klimabilanz für ihren Betrieb erstellt. So können sie Stellschrauben im Stall und auf dem Feld identifizieren und ihre Erzeugung klimafreundlicher gestalten.

Klima- und Ökobilanz

Bevor sich ein Betrieb damit beschäftigt, auszurechnen, wie klimaschädlich oder klimafreundlich er wirtschaftet, gilt es verschiedene Begriffe zu unterscheiden:

  • CO2-Fußabdruck (Carbon Footprint) und Klimabilanz: Der CO2-Fußabdruck bewertet ausschließlich die Wirkungen und den Gesamtbetrag klimaschädlicher Gase. In der Praxis unterscheidet man zwischen dem Corporate Carbon Footprint (CCF), der den CO₂-Fußabdruck des gesamten Unternehmens misst und dem Product Carbon Footprint (PCF), der die Klimaschädlichkeit eines einzelnen Produktes misst.
  • CO2-Äquivalente: Neben dem Treibhausgas CO2 gibt es weitere klimaschädliche Gase, wie Methan oder Lachgas. Diese Emissionen werden zur besseren Vergleichbarkeit je nach ihrem globalen Erwärmungspotenzial in CO2-Äquivalente (CO2e) umgerechnet.
  • Lebenszyklusanalyse (LCA)/Ökobilanz: Hierbei werden sämtliche Umweltwirkungen eines Unternehmens oder Produktes betrachtet. Die LCA fasst auch die Beiträge und Austräge und die potenziellen Umwelteinflüsse eines Produktionssystems während seines Lebenszyklus zusammen und bewertet sie. Darunter fallen zum Beispiel die Landnutzung oder Eutrophierung, also die übermäßige Anreicherung von Nährstoffen. Der CO2-Fußabdruck bzw. die Klimabilanz ist damit nur ein Teil der LCA.

Bilanz von Schweinefleisch

Die Treibhausgasemissionen der deutschen Landwirtschaft betrugen im Jahr 2021 insgesamt 61 Mio. t CO2e. Bis zum Jahr 2030 soll diese Menge laut Bundesregierung auf 56 Mio. t reduziert werden. Die Landwirtschaft hatte 2021 einen Anteil von 8 % an den deutschlandweiten jährlichen Treibhausgasen. Sie verteilen sich wie folgt: 56,4 % Methan (CH4), 38,8 % Lachgas (N2O) und 4,7% Kohlendioxid (CO2). Dabei haben CH4-Emissionen eine ca. 28-fach höhere Klimawirksamkeit als CO2. N2O sogar eine ca. 265-fach höhere Wirksamkeit. Zudem gelten Ammoniakemissionen (NH3) als indirekt wirkendes Treibhausgas, denn es ist durch die kurze Verweilzeit in der Atmosphäre nicht unmittelbar klimarelevant.

Von dem 8 %-Anteil stammen die meisten landwirtschaftlichen Emissionen aus der Tierhaltung durch Verdauungsvorgänge und das Pumpen, Lagern und Ausbringen von Gülle und Festmist. Daher wird besonders der Konsum von Fleisch als klimaschädlich kritisiert. Eine Studie des Institut für Energie- und Umweltforschung (ifeu) zur CO2-Bilanz von verzehrfertigem Schweinefleisch aus dem Supermarkt zeigt: Im Durchschnitt stammen etwa 70 % der Gesamtemissionen aus der landwirtschaftlichen Erzeugung. Die Schlachtung trägt nur etwa 5 % der Emissionen zur Bilanz bei, die Vermarktung macht ca. 25 % aus.

Doch wie sieht die Bilanz umgerechnet auf ein Schwein bzw. 1 kg Lebendgewicht (LG) aus? Den Product Carbon Footprint der Ferkelerzeugung und Schweinemast hat das Institut für Betriebswirtschaft und Agrarstruktur der Bayerischen Landesanstalt für Landwirtschaft (LfL) basierend auf den Standardwerten der Ökonomie-Anwendung „LfL-Deckungsbeiträge und Kalkulationsdaten“ mit Daten aus 2021 berechnet. Die Standardwerte sind jährlich gepflegte Werte, die für Bayern erhoben werden. In der Ferkelerzeugung fallen demnach in der Landwirtschaft durchschnittlich knapp 2.500 kg CO2e je Sau bzw. 3,33 kg je Ferkel (LG) an (Übersicht 1).

Bei einem Mastschwein sind es 3,41 kg pro kg Schlachtgewicht (Übersicht 2).

Verschiedene Studien haben ähnliche Werte ermittelt: Diese schwanken zwischen 3 und 5 kg CO2e/kg Schlachtgewicht (SG). Zum Vergleich: Der CO2-Fußabdruck von Rindfleisch weist im Durchschnitt 13,6 kg CO2e/kg auf, für Hähnchenfleisch sind es 5,5 kg CO2e/kg.

Analyse individuell erstellen

Möchte ein Landwirt eine betriebsindividuelle Klimabilanz erstellen, hat er verschiedene Möglichkeiten: Er kann in Eigenregie eine Bilanz mithilfe von Programmen im Internet erstellen oder einen Fachberater zu Rate ziehen. Es gibt bereits zahlreiche, zum Teil frei zugängliche Tools, die eine Analyse ermöglichen (www.thekla-netzwerk.de).

Beispielsweise bietet die LfL ein kostenloses webbasiertes Tool an: Das IDB.THG-Tool. Es berechnet den CO2-Fußabdruck einzelner Produktionsverfahren und macht ökonomische Folgen sichtbar. Der Online-Rechner wird kontinuierlich auf Basis bayerischer Kennzahlen ausgebaut (www.stmelf.bayern.de/idb/thg betriebstart.html). Exemplarisch für die Schweinemast benötigt der Landwirt zur Eingabe folgende Daten:

  • Mastanfangsgewicht, Schlachtgewicht, tägliche Zunahmen und Ausschlachtung;
  • Verluste und Stallplatzauslastung;
  • Futterwertung und Futterrationen;
  • Art des Wirtschaftsdüngersystems und Lagersystems.

Der Landwirt kann aber noch zusätzlich Angaben machen, z.B. zu Energie- und Wasserverbrauch und zur Herkunft des eingesetzten Stroms. Damit erreicht er ein betriebsindividuelleres Ergebnis.

Außerdem kann die Aufstellung eines CO2-Fußabdruckes erfolgen, wenn dieser mithilfe eines Beraters erstellt wird:

Niedersachsen: Die LWK Niedersachsen arbeitet mit dem Rechentool TEKLa (Treibhausgas-Emissions-Kalkulator-Landwirtschaft). Diese Anwendung gibt es für alle gängigen landwirtschaftlichen Produktionsverfahren. In einigen Regionen Niedersachsens ist die Erstellung einer Klimabilanz seitens der Kammer durch Förderungen kostenlos: Beispielsweise in den Landkreisen Cloppenburg, Oldenburg und Vechta. Bei der Berechnung des CO2-Fußabdrucks arbeitet die LWK mit Emissionsfaktoren aus dem Berechnungsstandard für einzelbetriebliche Klimabilanzen (BEK) des KTBL, die regelmäßig auf Aktualität überprüft werden.

Wollen Landwirte eine betriebsindividuelle CO2-Bilanz für die Mast erstellen, müssen sie ihre Betriebsdaten aus dem letzten Wirtschaftsjahr oder aus einem Durchgang bereithalten, um folgende Fragen zu beantworten (Übersicht 3):

  • Wie viele Schweine werden eingestallt und mit welchem Gewicht?
  • Wie viele Schweine werden verkauft? Wie hoch ist das durchschnittliche Verkaufsgewicht und die Ausschlachtung?
  • Wie viel Kraftfutter mit 88% Trockenmasse (TM) wird eingesetzt? Zu welchem Anteil ist es Importsoja ohne Nachhaltigkeitszertifikat?
  • Zu welchem Anteil wird stark N-/P-reduziertes Futter eingesetzt?
  • Wie viel Einstreu wird eingesetzt?
  • Wie hoch ist der Stromverbrauch?
  • Zu welchem Anteil wird eigener Photovoltaikstrom oder Ökostrom eingesetzt?
  • Wie hoch ist der Wärmeverbrauch und zu welchem Anteil stammt die Wärme aus erneuerbaren Energien?
  • Wie viel Wirtschaftsdünger (WD) gelangt direkt in gasdichte Behälter, z.B. in die Biogasanlage? Wie viel WD gelangt nach Vorlagerung in gasdichte Behälter?
  • Zu welchem Anteil wird Ammoniak per Abluftfilter aus der Luft aufgefangen?

Hat der Landwirt alle Fragen beantwortet, gibt der Berater die Werte in ein Rechenprogramm ein, welches den CO2-Fußabdruck in kg CO2e pro Tier und pro kg SG berechnet. Um den eigenen Wert einzuordnen, zeigt eine Übersicht zunächst Vergleichsdaten (Übersicht 3, zweite Spalte) von Betrieben mit dem gleichen Produktionszweig, für welche die Kammer in der Vergangenheit bereits eine Bilanz erstellt hat. In der dritten Spalte kann der Landwirt erkennen, wie sein Betrieb abschneidet (Ist-Betrieb). Zusätzlich zeigt die Berechnung, wie der Landwirt den CO2-Fußabdruck seiner Produktion verbessern kann (Soll-Betrieb, vierte Spalte). Der Vergleich vom Ist- zum Zielbetrieb macht deutlich: Würde der Betrieb Photovoltaik- bzw. Ökostrom einsetzen und beim importierten Soja auf Nachhaltigkeitszertifikate setzen, würde der Betrieb seinen CO2-Fußabdruck um 10,7% verringern.

„Die bisherigen Erfahrungen der LWK Niedersachsen mit Klimabilanzierungen zeigen, dass viele Betriebe bereits eine gute Klimaeffizienz aufweisen. Durch kleinere und größere Stellschrauben kann ein Betrieb aber im Durchschnitt pro Jahr 20 bis 200 t CO2e/Jahr einsparen – das sind 10 bis 20% seiner Emissionen“, so Friederike Gerken, LWK Niedersachsen, Bezirksstelle Oldenburg-Süd.

Schleswig-Holstein: Die Ingenieurgemeinschaft für Landwirtschaft und Umwelt (IGLU) bietet in Schleswig-Holstein eine geförderte kostenfreie Klima- und Energieeffizienzberatung an (www.iglu-goettingen.de/einzelbetriebliche-beratung/schleswig-holstein). Die Beratung reicht vom Betriebscheck bis hin zur konkreten Maßnahmenempfehlung bzw. Auflistung von Optimierungsansätzen und der Berechnung der möglichen Einsparung von Treibhausgasen. Bei der Umsetzung erfolgt eine Hilfestellung, zudem werden Fördermöglichkeiten aufgezeigt. Es gibt eine Grundberatung, eine Beratung zur Pflanzenproduktion und eine zur Tierproduktion. Ein Betrieb kann sich pro Jahr je zu zwei dieser drei Modulschwerpunkte beraten lassen.

NRW: Die LWK nutzt ein eigenes entwickeltes, auf Excel basierendes, Programm, dessen Grundlage der BEK-Standard ist. Eine Beratung ist seit Anfang des Jahres möglich und innerhalb der nächsten zwei Jahre kostenlos. Die Landwirte müssen ähnliche Fragen beantworten, wie beim TEKLa-Tool oder dem der LfL. Falls ein Betrieb bereits am Betriebszweig-Auswertungspogramm der LWK NRW teilnimmt, sind die meisten Daten bereits vorhanden. Der Arbeitsaufwand für den Landwirt liegt bei guter Datengrundlage bei ca. zwei Stunden für die Datenerfassung. Mithilfe des Tools kann der Berater aufzeigen, wie sich welche Stellschraube positiv auf die Bilanz auswirkt. Zusätzlich wird im Programm dargestellt, wie der Betrieb im Vergleich zu anderen eingeordnet werden kann.

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