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Klöckner: „Landwirtschaft ist für Kritiker dankbares Wahlkampf-Thema“

Im Wahlkampf drohen Bauern in einem Überbieten von Negativstimmung zur Landwirtschaft zerrieben zu werden, warnt Klöckner. Den Kritikern sei keine Reform genug, es gebe immer weitere Forderungen.

Lesezeit: 7 Minuten

Im kommenden Bundestagswahlkampf wird die Zukunft der Landwirtschaft ein Kern-Thema der Parteien werden. Davon geht Bundesagrarministerin Juli Klöckner aus. Wie sie bei der Fragestunde der Agrarjournalisten am Rande der virtuellen Grünen Woche sagte, sei zu erwarten, dass wieder bekannte Feindbilder in den Vordergrund gerückt werden.

„Viele haben Landwirtschaft als dankbares Thema für sich entdeckt, um bei der Bevölkerung anzukommen. Ich sehe die Gefahr darin, dass Bauchgefühle und ein schlichtes schwarz/weiß-Denken bedient werden“, sagte die Ministerin und erwähnte Umweltministerin Svenja Schulze (SPD), die ihrer Meinung nach nur an die Ökologie denke. „Das gibt Applaus bei den Naturschützern.“

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Ohnehin sieht Klöckner die SPD gerade alles andere als geschlossen, da sage ein Politiker Miersch das genaue Gegenteil von Politiker Weil. Bei den Sozialdemokraten zeige sich eher, was sie ablehnen, damit sie sich nicht festlegen müssen. Es gebe keine politische Position, was auch in der Politik von Mecklenburg-Vorpommerns Landwirtschaftsminister Till Backhaus (SPD) im Vergleich zu den Parteiforderungen zum Ausdruck komme, so die Gastrednerin, die ebenfalls schon im Wahlkampf angekommen ist.

CDU und CSU stehen an der Seite der Bauern

Auch mit den Grünen werde man sich auseinandersetzen, so Klöckner weiter. Aussagen von Renate Künast, unser Ernährungssystem sei gescheitert, verurteilt sie scharf. „Dieses Schlechtreden tut uns nicht gut. Bei der moralischen Überhöhung ist den Grünen jedes Mittel recht: Mehr Vorschriften, mehr Steuern. Stattdessen müssen wir mehr die Sprache der Leute sprechen“, fordert Klöckner, die in dem Zusammenhang noch Widersprüche von Robert Habeck aus Theorie und Praxis anführte. Die Landwirte dürften nicht zerrieben werden in Themen, die populär wären.

Weiter betonte sie, dass es sich das BMEL in der Agrarpolitik keinesfalls leicht mache und nicht den einfachsten Weg gehe. „Wir wollen die Landwirtschaft vor die Welle der Diskussion bekommen, gerade wegen der Zuspitzung im Wahlkampf.“

Trotz Umbau noch nie so wenig Anerkennung

„Wir müssen uns ganz konkret in die Lage der Landwirte versetzen, und da helfen unsere Förderprogramme“, so die Ministerin am Donnerstag weiter. Die Landwirtschaft befände sich derzeit in einer intensiven, ja massiven Umbauphase, wie es sie seit Jahrzehnten nicht mehr gab. Gleichzeitig war die Agrarwirtschaft in der Bewertung noch nie so ohne Anerkennung.

„Die Landwirtschaft ist in einem Prozess der Modernisierung, wir stellen das GAP-System um, fördern Umwelt- und Tierschutz u.a. durch Anpassung des Pflanzenschutzes. Aber es ist den Kritikern alles nie genug, es gibt immer weitere Forderungen“, bedauert die Politikerin. Mit eine Ursache seien die Geschäftsmodelle mancher Organisationen, aber auch der Wunsch nach heiler Welt oder einer Einzelbetreuung jedes Tieres. Auf der anderen Seite werde aber weiter Fleisch gegessen. Diesen Konflikt gelte es aufzulösen und die Landwirte zu unterstützen.

Heile Welt-Vorstellungen der städtischen Bevölkerung werden bedient

Die Bauern seien ja zu Veränderungen bereit, verlören aber jede Debatte mental. Das frustriere die Betriebsleiter sehr. In diesem Zusammenhang kritisierte Klöckner die Medien, die einseitig ein negatives Grundgefühl über die Landwirtschaft prägten und Ansichten einer städtischen Bevölkerung bedienten.

Als künftige Aufgabe kündigte Klöckner an, die Bedeutung der Ernährungssicherung wieder bei den Bürgern in den Vordergrund zu stellen, das sei aus dem Blick geraten. „Mehr Regionalität Ja, aber es muss auch bezahlt werden.“ Es gelte zudem, den jungen Landwirte Zukunftsperspektiven zu geben, anstatt ihnen mit immer neuen Auflagen die Lust an dem Beruf zu nehmen.

Ungerechte Auslegung der Regelungen innerhalb der EU

Sie verstehe auch, dass z.B. die Rübenanbauer sehr verärgert sind, wenn sie sehen, dass es im EU-Ausland nationale, produktionsorientierte Möglichkeiten sowie Notfallzulassungen gibt, die bei uns verboten sind. Dagegen hat die Ministerin nach eigener Aussage auch schon Beschwerde bei der EU eingereicht, die nun jede einzelne nationale Regelung auf Wettbewerbsgleichheit prüfe.

Dennoch bleibt Klöckner bei der Linie, dass Deutschland EU-Recht umsetze und nicht wie andere Staaten das Maximum an nationalen Alleingängen ausreizt. Vielmehr müssten die Abweichler wieder auf gemeinschaftlichen Kurs gebracht werden. „Es darf kein weiteres Unterbieten beim Aushöhlen der Regelungen geben. Ich fordere mehr Verbindlichkeit und Fairness. Dennoch wird es natürlich weiter nationale Spielräume geben, auch bundesländerspezifisch“, stellte sie klar.

Borchert-Pläne: Ende Februar kommt Machbarkeitsstudie

Zuversichtlich ist Klöckner bei der Umsetzung der Borchert-Empfehlungen. Die Beratungen um mehr Tierwohl seien weit gediehen. „Wir wollen und müssen die Tierhaltung umbauen. Das wird in Europa allerdings unterschiedlich gesehen, wie z.B. in Osteuropa. Es hilft aber nicht, immer nur auf die EU zu warten, dann opfern wir unsere Landwirtschaft“, begründet Klöckner den nationalen Alleingang.

Sie kündigte in dem Zuge an, dass die Borchert-Kommission zusammen mit dem BMEL im Frühjahr detaillierte Kriterien für Rind und Geflügel vorlegen werde. Schon Ende Februar/Anfang März sollen die Ergebnisse der Machbarkeitsstudie vorliegen.

Einen Seitenhieb gab es dabei für Bundesumweltministerin Svenja Schulze: Sie solle sich mal mit den Details der Pläne befassen, anstatt pauschal die Umsetzung der Borchert-Empfehlungen zu fordern, sagte Klöckner. Es lägen seit längerem verschiedene Vorschläge offen auf dem Tisch, die nun rechtlich auf ihre Umsetzbarkeit geprüft werden. Das müsse man abwarten. „Es haben sich alle geweigert, sich festzulegen, ohne vorher eine Machbarkeitsstudie zu sehen. Daher geht bloßes Fordern jetzt nicht“, ärgert sich die Ministerin über Forderungen von SPD und Grünen.

Klöckner hält auch nichts von Agrarwende-Forderungen. Aktuell gehe es einigen Kritikern nun schon wieder zu schnell. „Wir brauchen einen rechtlich abgesicherten Strategieplan, der muss durch die Ausschüsse, den Bundestag und den Bundesrat. Auch Kritik aus den Bundesländern lässt sie nicht gelten. „Reden die nicht mit ihren Fachabteilungen? Seit einem Jahr sind die Länder eingebunden, wir diskutieren an einem lebendigen Dokument, an dem wir schon viele Änderungen gemeinsam vorgenommen haben. Da dürfe jetzt keiner überrascht sein“, so die CDU-Politikerin.

Eine Vermutung, warum das so ist, präsentierte Klöckner auch: „Viele (Politiker, Anm. d. Red.) wollen sich nicht festlegen, weil sie sonst eine Haltung zu dem Thema haben müssten. Stattdessen halten sie sich das offen, um so im eigenen Bundesland Grün als Wahlkampfthema platzieren zu können.

Beim Verbot des Kükentötens weltweit Vorreiter

Klöckner hob die Bedeutung des Beschlusses zum Verbot des Kükentötens ab 2022 hervor. Deutschland sei das erste Land weltweit, dass diesen Schritt geht. Doch einfach ein Gesetz zu erlassen und zu sagen, „alles wird gut“, funktioniert laut Klöckner nicht. Stattdessen setze ihr Haus auf eine Konfliktlösung, die Tier- und Umweltschutz zusammenbringe mit den ökonomischen Interessen.

Das habe international viel Beachtung gefunden, Frankreich habe etwa angefragt, wie Deutschland das mache. Klöckner sprach von einem Exportschlager. In Deutschland sei die Stimmung gerade so, dass es den einen viel zu schnell geht und den anderen zu langsam.

Gespräch mit Handel zäh, Altmaier bremst

Zu den Gesprächen mit dem LEH betonte Klöckner erneut ihre Kritik an der Marktmacht des Handels. „Die Art und Weise, wie mit Preisen und Lebensmitteln umgegangen wird, prägt die Meinung der Verbraucher.“ Die laufenden Gespräche mit dem LEH bezeichnete sie als „zäh“. Es sei vor allem die Sorge vor Problemen im lukrativen Weihnachtsgeschäft gewesen, die die Handelsvertreter im Dezember zu Gesprächen veranlasst habe. Auch jetzt gebe es noch permanent Gespräche, allerdings stehe das Bundeswirtschaftsministerin von Peter Altmaier eher auf Seiten der Wirtschaft, bedauerte Klöckner.

Das hat die Regierung erreicht

In ihrer Rede ging die Rheinland-Pfälzerin noch auf die erreichten Ziele der Bundesregierung ein. Hierzu erwähnte sie die Ackerbaustrategie, Maßnahmen zur Klimaanpassung, neue Züchtungstechniken oder die Förderung der Digitalisierung. Gleichzeitig laufe das größte Waldumbauprogramm der Geschichte der Bundesrepublik. Aktuell werde zudem ein Berechnungsmodell für die CO2-Bindeleistung des Waldes erarbeitet.

Auf die Frage nach dem Deutschlandbonus hob die Politikerin hervor, dass die Regierung ja längst einen Bonus zahle. Da sei das Investitionsprogramm für die Anschaffung neuer Pflanzenschutz- und Gülletechnik, der Bonus für Stallumbauten, Agrarumweltmaßnahmen, die 4,2 Mrd. € Zuschuss zu den agrarsozialen Sicherungssystemen, der Klimaschutzfonds mit der Wiedervernässung der Moore usw. Das hätten die anderen EU-Länder nicht.

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