Die Regierungskoalition aus CDU/CSU und SPD hat sich nach monatelangem Ringen darauf verständigt, dass Baugesetzbuch (BauGB) noch in dieser Woche im Bundestag zu ändern. Das teilen die Spitzen von Union und SPD zu Wochenbeginn mit. Dies soll Sauenhaltern die Möglichkeit eröffnen, ihre Ställe zur Verbesserung des Tierwohls gemäß Tierschutz-Nutztierhaltungsverordnung umzubauen. Der Bundestag soll das Gesetz in dieser letzten Sitzungswoche vor der Bundestagswahl verabschieden.
300 Mio. € Fördergelder können fließen
Geschaffen haben die Koalitionäre dafür ein eigenes Gesetz mit dem Namen „Gesetz zur baulichen Anpassung von Anlagen der Jungsauen- und Sauenhaltung“. Es dient dem Zweck, dass die 300 Mio. € Fördergelder, die die Bundesregierung für den Umbau von Sauenställen nach dem Aus für den Kastenstand bis Ende 2022 bereitgestellt hat, abgerufen werden können. Das Gesetz gilt für Betriebs- und Umbaukonzepte zur Umstellung der vorhandenen Haltungseinrichtungen von Jungsauen und Sauen und der vorhandenen Abferkelbuchten. Die Änderung macht nach Informationen aus Regierungskreisen Konzepte mit An- und Erweiterungsbauten möglich. Das ist wichtig, weil jeder Sau im Deckzentrum künftig 5 m2 Platz zur Verfügung gestellt werden muss. Diese Vorgabe ist in vielen Betrieben nur zu erfüllen, wenn entsprechende Anbauten errichtet werden dürfen. Für den Abferkelbereich gilt Ähnliches: Künftig müssen die Abferkelbuchten mindestens 6,5 m2 groß sein. Wollen Ferkelerzeuger ihren Bestand konstant halten, müssen sie entsprechende Räumlichkeiten schaffen.
Vor allem futterflächenarme Betriebe profitieren von Änderung
Der Haken an dem Gesetzesentwurf ist, dass der Kompromiss nur für Sauenhalter gilt. Von der gesetzlichen Änderung profitieren werden nur futterflächenarme Betriebe oberhalb der UVP-Grenzen, die ihre Genehmigung vor dem 20. September 2013 erhalten haben. Die neue Regelung soll auch für Betriebe gelten, die zum Zeitpunkt der Genehmigung ausreichend Futterfläche nachweisen konnten, heute aber ohne ausreichende Futterfläche wirtschaften müssen, weil z.B. Pachtverträge nicht verlängert wurden. Betriebe mit ausreichend Futterfläche dürfen bereits heute um- oder anbauen bzw. Ersatzbauten errichten. Nicht berücksichtigt worden sind im Gesetzesentwurf die Mastbetriebe. Allerdings haben diese derzeit auch keinen Druck hinsichtlich baulicher Änderungen im Rahmen der Tierschutz-Nutztierhaltungsverordnung.
Wechsel der Tierart ist unzulässig
Der vorliegende Gesetzesentwurf schreibt außerdem vor, dass die Betriebe ihre Sauenställe so umbauen müssen, dass diese den Vorgaben der neuen Tierschutz-Nutztierhaltungsverordnung entsprechen. Das betrifft vor allem das Deckzentrum und den Abferkelbereich. Bestandsaufstockungen oder das Wechseln der Tierart sind laut dem Gesetz ausdrücklich unzulässig. Nur auf die Sauenbetriebe treffe zu, dass Anlagen, die ursprünglich als rechtmäßig galten, durch eine neue Rechtsprechung nicht mehr mit dem Tierschutzrecht vereinbar sind (Kastenstand), heißt es zur Begründung. „Diese besondere Situation trifft bisher auf andere Tierhaltungsanlagen nicht zu“, steht im Gesetzentwurf.
CDU spricht vom 1. Schritt
Die stellvertretende Vorsitzende der CDU/CSU-Bundestagsfraktion, Gitta Connemann, zeigte sich trotz des sehr eng gefassten Kompromisses erleichtert. „Wir haben intensiv verhandelt. Am Ende steht ein Kompromiss für die Sauenhalter. Diese müssen investieren, weil sich das Recht geändert hat“, sagte sie. Connemann lies aber zugleich wissen, dass ihr der Kompromiss eigentlich nicht reicht. „Zur Wahrheit gehört: Das kann nur der erste Schritt gewesen sein. Auch anderen Tierhaltern müssen wir diese Tür öffnen“, sagte sie.
SPD pocht weiter auf Tierwohlkriterien
Dass sich Union und SPD nur auf den kleinsten gemeinsamen Nenner verständigen konnten, verdeutlicht auch der stellvertretender Vorsitzender der SPD-Bundestagsfraktion, Matthias Miersch. „Die Änderungen im Baurecht für Stallumbauten bei der Sauenhaltung sind nur ein kleiner Mosaikstein. Es muss viel mehr passieren“, sagte er nach dem Durchbruch der Verhandlungen. Für Baurechtsänderungen auch für andere Tierarten pochte Miersch erneut auf „geeinte Kriterien für die Nutztierhaltung aus der Borchert-Kommission“. Diese seien die Voraussetzung für ein von allen Seiten akzeptiertes verpflichtendes Tierwohllabel, sagte Miersch.
FDP kritisiert einen „faulen Kompromiss“
Von einem „faulen Kompromiss“ sprach hingegen der FDP-Bundestagsabgeordnete Karlheinz Busen. „Die jetzt geplante Regelung bringt nichts als Bürokratie und vor allem keinen Mehrwert für das Tierwohl in Ställen“, kritisierte der FDP-Politiker. Die Landwirte brauchten insgesamt „mehr Beinfreiheit“ beim Umbau von Stallhaltungsanlagen zu Tierwohlzwecken. Für Busen ist eine Beschränkung auf bestimmte Standards oder auf eine Eingrenzung der Tierarten „irrsinnig“
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Die Regierungskoalition aus CDU/CSU und SPD hat sich nach monatelangem Ringen darauf verständigt, dass Baugesetzbuch (BauGB) noch in dieser Woche im Bundestag zu ändern. Das teilen die Spitzen von Union und SPD zu Wochenbeginn mit. Dies soll Sauenhaltern die Möglichkeit eröffnen, ihre Ställe zur Verbesserung des Tierwohls gemäß Tierschutz-Nutztierhaltungsverordnung umzubauen. Der Bundestag soll das Gesetz in dieser letzten Sitzungswoche vor der Bundestagswahl verabschieden.
300 Mio. € Fördergelder können fließen
Geschaffen haben die Koalitionäre dafür ein eigenes Gesetz mit dem Namen „Gesetz zur baulichen Anpassung von Anlagen der Jungsauen- und Sauenhaltung“. Es dient dem Zweck, dass die 300 Mio. € Fördergelder, die die Bundesregierung für den Umbau von Sauenställen nach dem Aus für den Kastenstand bis Ende 2022 bereitgestellt hat, abgerufen werden können. Das Gesetz gilt für Betriebs- und Umbaukonzepte zur Umstellung der vorhandenen Haltungseinrichtungen von Jungsauen und Sauen und der vorhandenen Abferkelbuchten. Die Änderung macht nach Informationen aus Regierungskreisen Konzepte mit An- und Erweiterungsbauten möglich. Das ist wichtig, weil jeder Sau im Deckzentrum künftig 5 m2 Platz zur Verfügung gestellt werden muss. Diese Vorgabe ist in vielen Betrieben nur zu erfüllen, wenn entsprechende Anbauten errichtet werden dürfen. Für den Abferkelbereich gilt Ähnliches: Künftig müssen die Abferkelbuchten mindestens 6,5 m2 groß sein. Wollen Ferkelerzeuger ihren Bestand konstant halten, müssen sie entsprechende Räumlichkeiten schaffen.
Vor allem futterflächenarme Betriebe profitieren von Änderung
Der Haken an dem Gesetzesentwurf ist, dass der Kompromiss nur für Sauenhalter gilt. Von der gesetzlichen Änderung profitieren werden nur futterflächenarme Betriebe oberhalb der UVP-Grenzen, die ihre Genehmigung vor dem 20. September 2013 erhalten haben. Die neue Regelung soll auch für Betriebe gelten, die zum Zeitpunkt der Genehmigung ausreichend Futterfläche nachweisen konnten, heute aber ohne ausreichende Futterfläche wirtschaften müssen, weil z.B. Pachtverträge nicht verlängert wurden. Betriebe mit ausreichend Futterfläche dürfen bereits heute um- oder anbauen bzw. Ersatzbauten errichten. Nicht berücksichtigt worden sind im Gesetzesentwurf die Mastbetriebe. Allerdings haben diese derzeit auch keinen Druck hinsichtlich baulicher Änderungen im Rahmen der Tierschutz-Nutztierhaltungsverordnung.
Wechsel der Tierart ist unzulässig
Der vorliegende Gesetzesentwurf schreibt außerdem vor, dass die Betriebe ihre Sauenställe so umbauen müssen, dass diese den Vorgaben der neuen Tierschutz-Nutztierhaltungsverordnung entsprechen. Das betrifft vor allem das Deckzentrum und den Abferkelbereich. Bestandsaufstockungen oder das Wechseln der Tierart sind laut dem Gesetz ausdrücklich unzulässig. Nur auf die Sauenbetriebe treffe zu, dass Anlagen, die ursprünglich als rechtmäßig galten, durch eine neue Rechtsprechung nicht mehr mit dem Tierschutzrecht vereinbar sind (Kastenstand), heißt es zur Begründung. „Diese besondere Situation trifft bisher auf andere Tierhaltungsanlagen nicht zu“, steht im Gesetzentwurf.
CDU spricht vom 1. Schritt
Die stellvertretende Vorsitzende der CDU/CSU-Bundestagsfraktion, Gitta Connemann, zeigte sich trotz des sehr eng gefassten Kompromisses erleichtert. „Wir haben intensiv verhandelt. Am Ende steht ein Kompromiss für die Sauenhalter. Diese müssen investieren, weil sich das Recht geändert hat“, sagte sie. Connemann lies aber zugleich wissen, dass ihr der Kompromiss eigentlich nicht reicht. „Zur Wahrheit gehört: Das kann nur der erste Schritt gewesen sein. Auch anderen Tierhaltern müssen wir diese Tür öffnen“, sagte sie.
SPD pocht weiter auf Tierwohlkriterien
Dass sich Union und SPD nur auf den kleinsten gemeinsamen Nenner verständigen konnten, verdeutlicht auch der stellvertretender Vorsitzender der SPD-Bundestagsfraktion, Matthias Miersch. „Die Änderungen im Baurecht für Stallumbauten bei der Sauenhaltung sind nur ein kleiner Mosaikstein. Es muss viel mehr passieren“, sagte er nach dem Durchbruch der Verhandlungen. Für Baurechtsänderungen auch für andere Tierarten pochte Miersch erneut auf „geeinte Kriterien für die Nutztierhaltung aus der Borchert-Kommission“. Diese seien die Voraussetzung für ein von allen Seiten akzeptiertes verpflichtendes Tierwohllabel, sagte Miersch.
FDP kritisiert einen „faulen Kompromiss“
Von einem „faulen Kompromiss“ sprach hingegen der FDP-Bundestagsabgeordnete Karlheinz Busen. „Die jetzt geplante Regelung bringt nichts als Bürokratie und vor allem keinen Mehrwert für das Tierwohl in Ställen“, kritisierte der FDP-Politiker. Die Landwirte brauchten insgesamt „mehr Beinfreiheit“ beim Umbau von Stallhaltungsanlagen zu Tierwohlzwecken. Für Busen ist eine Beschränkung auf bestimmte Standards oder auf eine Eingrenzung der Tierarten „irrsinnig“