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Kondition der Sau schnell per Winkelmesser kontrollieren

Landwirt Markus Leimer überprüft die Kondition seiner Sauen regelmäßig mit dem Caliper-Messgerät. Durch die Optimierung der Fütterung konnte er Schwergeburten deutlich reduzieren.

Lesezeit: 7 Minuten

Früher gehörten Schwergeburten für Markus Leimer zur Tagesordnung im Abferkelstall. Der 41-jährige Landwirt hält 450 Sauen im Zwei-Wochen-Rhythmus in Schwabmühlhausen im Landkreis Augsburg (Bayern). Er dachte zunächst daran, dass er die Geburtsüberwachung vor allem nachts noch stärker ausdehnen müsse.

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Als er 2018 begann, seine Herde durch Verdrängungskreuzung auf die PIC-Genetik mit Camborough-Sauen umzustellen, schaute sich PIC-Beraterin Christiane Tülp zum ersten Mal Leimers Tiere an. Sie kontrollierte damals die Kondition der Sauen mit einem Winkelmesser, dem sogenannten Caliper, und stellte fest: Die Sauen sind viel zu dick!

„Die gesamte Herde war stark überkonditioniert. Das äußerte sich neben den Schwergeburten auch in massiven Problemen an Klauen und Fundamenten“, schildert die Expertin Christiane Tülp ihre damaligen Eindrücke.

Einfaches Handling

Die Funktionsweise des Calipers ist simpel. Das Messgerät wird auf Höhe der letzten Rippe mittig auf den Rücken der Sau gelegt. So erfasst der Caliper den Winkel des Rückens.

Durch einen Zeiger mit zugehöriger Skala zeigt der Winkelmesser an, ob die Sau dünn, ideal konditioniert oder dick ist. Der rote Bereich steht für die optimale Kondition. Bei zu dünnen Sauen zeigt das Messgerät in den grünen, bei zu dicken in den blauen Bereich.

Entwickelt wurde der Caliper an der Universität North Carolina von dem Wissenschaftler Dr. Mark Knauer. Er hat untersucht, bei welcher Kondition eine Sau die meisten Ferkel aufzieht. Dieser Bereich überschneidet sich mit den klassischen Konditionsklassen von 1 bis 5. Die Skala des Calipers ist so konzipiert, dass der Optimalbereich etwa bei Konditionsklasse 3 liegt. „Zum Einstallen in den Abferkelbereich sollte die Kondition bestenfalls an der oberen Grenze des Optimalbereichs liegen. Zum Belegen wiederum an der unteren Grenze“, erklärt Tülp.

Weitere feinere Einheiten auf der Rückseite des Messgeräts zeigen die Substanzveränderung noch detaillierter an. „Während der Laktation sollten die Sauen optimalerweise nicht mehr als 2,3 Einheiten am Caliper an Substanz verlieren. Das entspricht etwa 10 % des Körpergewichts der Sau“, empfiehlt Tülp. Versuche von PIC haben gezeigt, dass jede Einheit zusätzlichen Substanzverlusts während der ersten Laktation etwa 0,27 Ferkel weniger im zweiten Wurf bedeuten.

Der Caliper wurde an tausenden Camborough-Sauen validiert. Er ist jedoch nach Auskunft des Entwicklers, ähnlich wie der visuelle Body-Condition-Score, für alle modernen Hybrid-Sauen nutzbar.

Im Betrieb Leimer führt Mitarbeiter Klaus Kramer die Konditionsbeurteilung durch. Nach kurzer Einweisung durch die PIC konnte er direkt selbst Hand anlegen. Dabei nimmt er sich alle Absetz- und Besamungsgruppen vor.

Er bestimmt die Kondition zum Absetzen, um den Substanzverlust während der Laktation beurteilen zu können. Dazu geht er am Vortag des Absetzens an allen Sauen der Absetzgruppe entlang, wenn sie noch im Ferkelschutzkorb fixiert sind. Kurz vorher löst er die Fütterung aus, damit alle Tiere stehen. Eine Gruppe von 40 Sauen misst er so in ca. fünf Minuten. Muss er einzelne Sauen zunächst auftreiben, dauert das Prozedere entsprechend länger.

Anschließend markiert er die Sauen mit einem Farbspray entsprechend der Konditionsklasse auf dem Caliper. Anhand dieser Kennzeichnung bildet er die Konditionsgruppen im Deckzentrum. Dort werden die Sauen am Längstrog über eine Flüssigfütterung versorgt. Durch die Gruppenzuteilung nach Kondition gewährleistet er, dass jede Sau die richtige Menge Futter zugeteilt bekommt und dickere Sauen den Dünneren nichts wegfressen. Dünne Sauen bekommen dabei einen Zuschlag zur herkömmlichen Ration, dicke Sauen einen Abschlag. „Die Konditionierung der Sauen läuft ausschließlich über eine Veränderung der Menge des Tragefutters. Die Zusammensetzung der Ration ist stets die gleiche“, erläutert Mitarbeiter Kramer.

Eine zweite Messung steht beim Umstallen der Sauen in den Wartestall an. Dort werden die Sauen an Abrufstationen mit drei verschiedenen Futterkurven gefüttert. Anhand der Konditionsmessung teilt Kramer die Kurven den dünnen, idealen und dicken Sauen zu.

Fütterung angepasst

Markus Leimer hat die Futterzuteilung früher hauptsächlich anhand der Wurfnummer bestimmt. „Wir haben gedacht, dass die Sauen so viel fressen müssen, damit die Geburtsgewichte der Ferkel entsprechend hoch sind“, erinnert sich Leimer rückblickend.

Christiane Tülp hingegen mahnt: „An Abrufstationen werden die Sauen in vielen Betrieben extra großzügig gefüttert, damit sie anschließend satt und ruhig sind. Das ist jedoch kontraproduktiv für die Aufzuchtleistungen.“ So nehmen überkonditionierte Sauen während der Laktation weniger Säugefutter auf, wodurch die Milchleistung sinkt. Daraufhin schmilzt die Sau mehr Körpersubstanz ein, was wiederum die Fruchtbarkeit zur nächsten Belegung senkt. Kurzum: Ein Teufelskreis.

Um die zu dicken Sauen im Betrieb Leimer auf eine normale Kondition zu bringen, hat die PIC-Beraterin die Futterkurve angepasst. Durch die Absenkung der Futtermenge musste der Aminosäure- und Mineralstoffgehalt leicht angehoben werden. Ebenso werden die Sauen im Wartebereich nun stärker mit Rohfaser versorgt, um einem Hungergefühl vorzubeugen.

Im Betrieb Leimer hat sich der Caliper längst bezahlt gemacht. Er kostet in der einfachen Version 100 €, das komfortablere Modell mit Handgriffen schlägt mit 150 € zu Buche. Gut angelegtes Geld, wie Markus Leimer findet. Seine Sauen befinden sich mittlerweile fast alle im Optimalbereich der Kondition.

„Wir konnten die Sauen während der Geburt deutlich entlasten. Schwergeburten kommen kaum noch vor, somit entfällt auch die Geburtshilfe für uns“, beschreibt Leimer die Auswirkungen der optimierten Kondition. Darüber hinaus konnte er auch die Milchleistung der Sauen deutlich erhöhen. Während der fünfwöchigen Säugezeit ziehen diese nun problemlos bis zu 15 Ferkel groß, ohne dass er viele Ferkel versetzen muss. Aktuell setzt der Betrieb 31,4 Ferkel pro Sau und Jahr ab, die Abferkelquote liegt bei über 90%. Seine Sorge, dass die Geburtsgewichte durch die Reduzierung des Tragefutters sinken könnten, blieb unbegründet.

Neben den gesteigerten Absetzgewichten der Ferkel auf mittlerweile über 10 kg und der längeren Nutzungsdauer der Sauen, konnte der Betrieb auch Kosten einsparen. „Im Vergleich zu früher benötigen wir jetzt knapp 150 kg Tragefutter weniger pro Sau und Jahr. Ebenso brauchen wir weniger Medikamente zur Behandlung von MMA“, freut sich Markus Leimer.

Optimierung bei Jungsauen

An seine Grenzen kommt der Caliper bei der Bestimmung der Zuchtreife von Jungsauen vor der ersten Belegung. Denn mit dem Gerät können weder Gewicht noch Rückenspeckdicke gemessen werden. „Wir empfehlen den Einsatz des Calipers grundsätzlich nicht vor der ersten Belegung der Sauen. Die Textur des Specks ist zu diesem Zeitpunkt noch relativ weich, was die Messergebnisse verfälschen kann “, erläutert Beraterin Tülp.

Bei der Kondition der Jungsauen zur ersten Abferkelung sieht Markus Leimer in Zukunft auch noch Optimierungspotenzial. „Jungsauen im ersten Wurf sind die kritischste Gruppe im Stall. Sie müssen zusätzlich zu den Leistungen selbst noch wachsen“, beschreibt der Betriebsleiter. Daher plant Leimer, die Jungsauenkondition bereits während der Aufzucht zu optimieren, damit die Tiere gut vorbereitet in die erste Laktation gehen.

Generell empfiehlt er den Caliper anderen Betrieben. „Man erhält durch den Schieber ein objektives Ergebnis der Kondition, egal wer gerade misst. Zusätzlich schult er das Auge, so dass falsch konditionierte Sauen auch ohne Messgerät schneller auffallen“, so die Erfahrungen von Leimer. Darüber hinaus gefällt ihm die einfache Bedienung und der geringe Zeitaufwand für die Messung.

Bislang legen nur relativ wenig Betriebe Wert auf eine regelmäßige Konditionsbeurteilung. „Ab 2028 ist jedoch keine Fixierung der Sauen im Deckzentrum mehr erlaubt, die eine Konditionsfütterung in Einzelhaltung ermöglicht“, gibt Christiane Tülp zu bedenken. Dann wird eine Gruppenbildung nach Kondition unverzichtbar.

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