Der Bundesrat hat am vergangenen Freitag (27.9.24) der vom Bundeslandwirtschaftsministerium (BMEL) vorgelegten neuen Verordnung über tierärztliche Hausapotheken (TÄHAV) zugestimmt, wir berichteten.
Danach dürfen colistinhaltige Antibiotika von Tierärzten nicht länger umgewidmet werden. Denn Colistin, das auch für die Humanmedizin von besonderer Bedeutung ist, wird nach BMEL-Angaben vor allem bei Geflügel breit und teilweise in einer Weise eingesetzt, die nicht der Zulassung entspricht.
Einsatz in hoher Dosierung
Entgegen der zugelassenen Verwendung werde der Wirkstoff bei bestimmten Erkrankungen mit zu hohen Tagesdosen über die Tränke mehrere Tage lang bei allen Tieren gleichermaßen angewendet, erklärte das Ministerium. Dieser fahrlässige Antibiotikaeinsatz begünstige die Entstehung von multiresistenten Keimen, die eine große Gefahr für die menschliche Gesundheit seien. Mit der Novelle der TÄHAV solle diese Praxis nun deutlich eingeschränkt werden.
Vor allem bei Legehennen
Fakt ist, dass Colistin vor allem bei im Freiland gehaltenen Legehennen gegen systemische Coliinfektionen eingesetzt wird, also im Blut auftretende Infektionen mit Colikeimen. Denn zur Behandlung der sogenannten Coliseptikämie gibt es keine zugelassenen Antibiotika. Colistin wirkt jedoch in erster Linie im Darm. Soll es im Blut wirken, muss es deutlich höher dosiert werden. Deshalb ist eine Umwidmung erforderlich.
Wartezeiten bei alternativen Wirkstoffen
Nach Auskunft von Experten gibt es zwar Alternativen zum Colistin. Es sei jedoch nicht sicher, wie gut diese wirken. Zudem müssen bei diesen Alternativen Wartezeiten eingehalten werden, während die Wartezeit bei Colistin 0 Tage beträgt. Im Bereich der Eierproduktion sind Wartezeiten natürlich besonders problematisch.
Absetzdurchfall bei Ferkeln
Beim Schwein hat das Umwidmungsverbot hingegen keine ernst zu nehmenden Konsequenzen. Denn Colistin wird hauptsächlich zur Vorbeugung von Absetzdurchfällen eingesetzt. Dafür ist es zugelassen, wird in der zulässigen Dosierung eingesetzt und muss daher auch nicht umgewidmet werden.
Erhöhte Therapiehäufigkeit
Da Colistin von besonderer Bedeutung für die Humanmedizin ist („Reserveantibiotika“), muss hier jeder Behandlungstag mit dem Faktor 3 multipliziert werden. Dadurch erhöht sich die einzelbetriebliche Therapiehäufigkeit. Und wenn dieser im Rahmen des Antibiotikamonitorings die Kennzahl 2 überschreitet, müssen Tierhalter und Landwirt gemeinsam einen Maßnahmenplan erarbeiten, wie sich der Antibitikaeinsatz im Betrieb senken lässt.
Weniger Bürokratie als befürchtet
Einen Teilerfolg konnte die Tierärzteschaft allerdings mit ihrer Warnung vor zu viel Bürokratie erzielen. Denn die Empfehlung des Agrarausschusses, die Angaben „Diagnose“ und „Chargennummer“ eines Arzneimittels zusätzlich zu den neuen und vereinfachten Dokumentationspflichten über Erwerb, Abgabe und Anwendung von Arzneimitteln aufzuführen, bekam in der Plenarsitzung der Länderkammer am Freitag keine Mehrheit. Der Bundesverband praktizierender Tierärzte (bpt) hatte gewarnt, dass mit dieser Regelung erhebliche zusätzliche Bürokratielasten verbunden wären.