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topplus Praxisfall Lahmheiten

Lahme Schweine – häufig liegts am Futter

Lahmheiten bei Schweinen nehmen zu. Oftmals ist ein fütterungsbedingter Phosphormangel die Ursache, wie der nachfolgende Praxisfall zeigt.

Lesezeit: 6 Minuten

Unser Autor: Dr. Torsten Pabst, Tierarzt aus Dülmen-Buldern

Gesunde Ferkel, im Idealfall aus einem Herkunftsbetrieb, bilden den Grundstock für gute Leistungen in der Mast. Dessen ist sich Ingo Wernicke (Name geändert) bewusst. Deshalb bezieht der Mäster aus dem westlichen Münsterland die Ferkel für seine 3.000 Mastplätze bereits seit sieben Jahren ausschließlich von einem einzigen Sauenhalter.

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Zudem pflegt er einen engen Draht zu seinem Ferkellieferanten. Probleme, Impfungen und notwendige Untersuchungen werden zeitnah miteinander besprochen.

Das Ergebnis kann sich sehen lassen. Wernickes BHZP-Kreuzungshybriden erreichen im Schnitt 900 g Tageszunahmen. Die Verluste liegen knapp unter 2 %, und die Tiergesundheitskosten haben sich auf einem niedrigen Niveau eingependelt.

Angeschwollene Gelenke

In jüngster Zeit entdeckte Wernicke jedoch immer häufiger Tiere mit Fundamentproblemen. Einige Tiere wiesen bereits eine Woche nach dem Aufstallen dicke Gelenke bzw. eine Fehlstellung der Vordergliedmaßen auf oder standen mit aufgebogenem Rücken in der Bucht – ein deutliches Zeichen, dass ihnen das Stehen oder Gehen Schmerzen bereitet.

Als sich die Probleme häuften, schaltete Ingo Wernicke seinen Tierarzt ein. Der nahm zunächst einmal die betroffenen Mastbuchten genauer unter die Lupe. Der Spaltenboden wies jedoch weder scharfe Kanten noch Beschädigungen auf. Es gab zudem keine gefährlichen Stolperkanten oder rutschige Bereiche, die die Fundamentprobleme der Schweine erklären könnten.

Auch an der Futterzuteilung schien es nicht zu liegen. Die Schweine werden zwar am Sensor gefüttert. Das Tier-Fressplatzverhältnis liegt mit 1 : 3 jedoch im grünen Bereich. Und nach jedem Futterblock findet man noch kleine Restmengen im Trog. Die Tiere bekommen also offensichtlich genug zu fressen. Damit schieden auch Rangkämpfe am Trog als Ursache für die Fundamentprobleme der Tiere aus.

Bakterielle Infektion?

Um abzuklären, ob die Lahmheiten möglicherweise durch einen bakteriellen Infekt ausgelöst wurden, führte der Tierarzt daraufhin bei mehreren Tieren mit geschwollenen Gelenken eine Punktion durch. Er narkotisierte die Schweine, reinigte und desinfizierte die Gelenke gründlich, führte eine schmale Kanüle in die Gelenkhöhle ein und entnahm etwas Flüssigkeit.

Bei der Laboruntersuchung ließen sich tatsächlich Mykoplasmen (M. hyosynoviae) in der Gelenkflüssigkeit nachweisen. Der Tierarzt entschied sich daher zu einer kombinierten Behandlung mit einem schmerzlindernden Mittel und einem Tiamulinpräparat. Die Behandlung wirkte auch, die betroffenen Tiere wirkten deutlich mobiler.

Vermutlich war der Erfolg jedoch hauptsächlich auf die schmerzlindernde Wirkung zurückzuführen. Denn bei zwei weiteren Punktionen, die der Tierarzt in den Folgewochen bei Problemtieren durchführte, bestätigte sich der Mykoplasmenverdacht nicht. Bei einem Tier wurden stattdessen alpha-hämolysierende Streptokokken nachgewiesen. Und bei einem dritten Schwein ergab die Untersuchung der Gelenkflüssigkeit überhaupt keinen Befund.

Starker Knochenverschleiß

Der Tierarzt entschied sich daher zur Sektion eines lahmenden Schweines. Dabei stellte er krankhafte Veränderungen am Oberschenkelkopf des Tieres fest. Es hatte ein deutlicher Abbau von Knorpel- und Knochensubstanz stattgefunden. Experten sprechen von einer sogenannten Osteochondrose. Röntgenbilder, die der Tierarzt daraufhin mit einem mobilen Gerät von den Gliedmaßen zwei weiterer Schweine anfertigte, bestätigten den Befund.

Doch was war die Ursache für den Knochenabbau? Verschleiß konnte es nicht sein, dafür waren die Tiere zu jung. Der Tierarzt tippte deshalb auf ein gestörtes Knochenwachstum während der Aufzucht. Mögliche Ursachen dafür können ein zu schnelles Wachstum der Tiere, eine genetische Veranlagung oder Fütterungsfehler sein. Deshalb stellte sich die Frage, ob die Fundamentprobleme bei Wernickes Tieren womöglich fütterungsbedingt waren.

Wenn ja, dann mussten die Fütterungsfehler bereits während der Aufzucht passiert sein. Denn die Probleme traten bereits kurz nach dem Aufstallen in den Maststall auf. Wernicke nahm deshalb umgehend Kontakt mit seinem Ferkellieferanten auf. Der Sauenhalter füttert seine Schweine ausschließlich mit Fertigfutter. Zum Glück hatte er von den letzten beiden Futterchargen für das Flatdeck Rückstellmuster gezogen, die nun im Labor untersucht werden konnten.

Knochenabbau im Flatdeck

Die Laboranalyse ergab, dass die eine Futterlieferung (Charge 1) zwar ausreichend Kalzium enthielt, jedoch eindeutig zu wenig Phosphor. Und die zweite Charge beinhaltete rein rechnerisch zwar genügend Kalzium und Phosphor. Das Verhältnis von Kalzium zu Phosphor war mit 1,03 : 1 jedoch eindeutig zu eng. Empfohlen wird ein Verhältnis von 1,2 bis 1,6 zu 1.

Um zu klären, wie sich die Mineralstoffimbalance auf den Knochenbau der Tiere ausgewirkt hatte, ließ der Tierarzt den Knochenstoffwechsel der Schweine untersuchen. Dazu entnahm er von 20 Ferkeln am Ende der Aufzucht Blut, poolte jeweils fünf Proben und ließ sie vom niederländischen Tiergesundheitsdienst in Deventer (GD) untersuchen. Dort hat man sich auf die Anwendung des Verfahrens bei Tieren spezialisiert.

Anhand des Osteocalcinwertes, der als Marker für die Knochenneubildung dient, und des CTX-Wertes, der den Knochenabbau abbildet, wurde deutlich, dass während der Wachstumsphase ein Knochenabbau stattgefunden hatte. Gerade in dieser Phase ist jedoch ein ausgewogenes Zusammenspiel zwischen knochenaufbauenden und -abbauenden Prozessen wichtig. Die Phosphorunterversorgung bzw. Mineralstoffimbalance im Flatdeckfutter hatte im vorliegenden Fall zu verstärkten Abbauprozessen und dadurch zu den Fundamentproblemen geführt.

Futterlieferant gewechselt

Wernickes Ferkelerzeuger wechselte daraufhin den Futtermittellieferanten und das Aufzuchtfutter. Das neue Futter enthielt mehr Kalzium (7,5 g/kg) und wies ein weiteres Ca-/P-Verhältnis (1,32 : 1) auf. Zudem wurde der Vitamin D-Gehalt des Futters, der ebenfalls für die Knochenbildung wichtig ist, deutlich angehoben. Statt des bisher verwendeten Vit. D3 enthielt das neue Futter „High D-Vitamin“.

Der Effekt ließ nicht lange auf sich warten. Eine erneute Untersuchung des Knochenstoffwechsels drei Wochen nach der Futterumstellung bei zwölf Ferkeln zeigte, dass sich das Knochenwachstum der Tiere wieder normalisiert hatte. Und bereits bei den Ferkeln der nächsten Lieferung traten keine Lahmheiten mehr auf.

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Nicht am falschen Ende sparen!

Ein bedauerlicher Einzelfall? Leider nein. Fütterungsbedingte Lahmheiten bei Schweinen nehmen zu. Das liegt zum einen an den Vorgaben der Düngeverordnung. Denn um die Stickstoff- und Phosphoreinträge über die Gülle in den Boden zu reduzieren, werden immer öfter stark N- und P-reduzierte Futtermischungen eingesetzt.

Im Gegenzug wird Phytase zugemischt, damit die Schweine den im Futter organisch gebundenen Phosphor besser verwerten können. Doch wenn Mischfutterhersteller aufgrund des aktuellen ­Preisdrucks bewusst auf preiswertere, weniger leistungsfähigere Phytasen ­zurückgreifen, sind Fundamentprobleme und Leistungseinbußen vorprogrammiert.

Achten Sie deshalb auf eine ausreichende Phosphorversorgung Ihrer Schweine sowie ein ausgeglichenes Ca-/P-Verhältnis in der Ration. Und schauen Sie Ihrem Futterliefer­anten kritisch auf die Finger!

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