Eines muss man dem Discounter Lidl lassen: Das Unternehmen lässt sich einiges einfallen, um die deutschen Schweinehalter zu unterstützen. Was bislang kein Schweinehalter wusste: Lidl hat seit dem ASP-Ausbruch Mitte September 2020 seine Beschaffungspreise unverändert gelassen. Das hat der Discounter top agrar mitgeteilt und auch das Unternehmen Tönnies bestätigt das offen gegenüber top agrar. Andere Unternehmen der Branche zeigen sich zugeknöpft, dementieren den Vorgang aber nicht. Schriftlich teilt Lidl mit: „…trotz Einbruch der Notierung mit Beginn der Afrikanischen-Schweinepest-Krise haben wir die Beschaffungspreise nicht nachverhandelt und das Preisniveau unverändert gehalten.“ Heißt im Klartext: Lidl hat seinen Lieferanten trotz des massiven Einbruchs der Schlachtschweinenotierung auf 1,19 € je kg SG weiterhin stabile Preise gezahlt. Wie Lidl erklärt, nutzt man nach wie vor das Preisniveau von 1,47 € je kg als Kalkulations- bzw. Abrechnungsgrundlage.
Bauern profitieren nicht
Angesichts der unveränderten Einkaufskonditionen von Lidl gegenüber seinen Fleischlieferanten stellt sich die Frage, in welcher Form die Bauern von Lidl’s höherer Zahlungsbereitschaft profitieren? Anscheinend gar nicht. Denn wie uns Vertreter der Fleischbranche per Mail schreiben, brauche man das Geld selbst, um die fehlende Wertschöpfung durch den weggebrochenen Export auszugleichen. Das sind rund 20 Cent pro kg, heißt es dazu. Bedeutet im Klartext: Der Mehrwert, den Lidl seinen Lieferanten zu Gute kommen lässt, wird nicht solidarisch über die gesamte Wertschöpfungskette verteilt, sondern bleibt an den Werkstoren der Fleischindustrie hängen. Ein gutes Geschäft! Denn die Differenz zwischen 1,47 € und 1,19 € beträgt genau 28 Cent. Warum die Fleischbranche den Bauern dann nach Abzug ihrer Mehrkosten in Höhe von 20 Cent nicht zumindest 8 Cent auszahlt, bleibt ihr Geheimnis.
Kurz kommentiert:Für die Bauern ist das Verhalten von Teilen der Fleischbranche ein Schlag ins Gesicht. Denn von dem Lidl-Geld, dass die rote Seite nun seit über fünf Monaten klammheimlich kassiert, sehen - und wissen - die Bauern nichts. Es ist auch nur ein schwacher Trost für die Landwirte, dass die Fleischbranche ASP- und Coronabedingt über eine mangelhafte Wertschöpfung im Export klagt. Den Bauern geht es seit fast einem Jahr nicht besser. Auch den Ferkelerzeugern und Mästern fehlt seit Monaten Wertschöpfung – und das nicht zu knapp! Fair wäre deshalb gewesen, wenn die Fleischbranche die stabilen Einnahmen aus dem Fleischverkauf an Lidl wenigstens zur Hälfte an die Schweinehalter weitergegeben hätte.
Strauß von Lidl-Aktion
In den letzten Monaten hat Lidl verschiedene Aktionen zur Unterstützung der deutschen Landwirte gestartet. Dazu zählen:
- In einem ersten Schritt hat Lidl 50 Mio. € an die Initiative Tierwohl (ITW) gezahlt, die nun nach und nach an die teilnehmenden Betriebe ausgeschüttet werden.
- Parallel dazu hat der Discounter sieben Wochen lang in einem Feldversuch die Preise für zehn Schweinefleischprodukte um 1 € je kg erhöht. Die zusätzlichen Einnahmen wurden über die Schlachter und Viehhändler an die Bauern ausgeschüttet. Leider ist Lidl mit seinem Versuch gescheitert, weil die Konkurrenz nicht mitgezogen hat. Anstatt sich solidarisch zu zeigen, haben Aldi und Co. die Preise unverändert gelassen und so Kunden in die eigenen Läden gezogen. Lidl hatte am Ende keine andere Chance, als das Projekt wieder einzupacken. Näheres finden Sie hier.
- Um den Absatz von Schweinefleisch zusätzlich zu fördern und damit den Schweinestau aufzulösen, bietet Lidl ab dem 18. Februar zusätzlich 5-kg-XXL-Fleischpakete an. Lidl betont, dass man das dafür benötigte Fleisch ausschließlich aus Deutschland bezieht und so den Absatz deutscher Ware forcieren möchte.