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Lidl/Rewe-Angebot: ISN fordert Rückkehr auf Schweinepreis-Niveau vor Corona

Die ISN befürchtet, dass der Handel seine Mindestpreis-Angebote schnell wieder einkassiert. Die Bauern sollten jetzt weiter Druck machen, so das Credo aus Damme.

Lesezeit: 7 Minuten

Wir sprachen mit ISN-Geschäftsführer Dr. Torsten Staack über das Entgegenkommen des LEH nach den Bauernprotesten.

Erst Lidl, jetzt Rewe: Der LEH erhöht die Verkaufspreise für Schweinefleisch und will das Geld an die Bauern weiterleiten. Wieso ist der Handel auf einmal gesprächsbereit?

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Staack: Es sind mehrere Dinge, warum der LEH plötzlich Verhandlungsbereitschaft signalisiert. Zum einen sind es der anhaltende Schweinestau und der Vorwurf, dass der Handel derzeit richtig Marge macht. Zum anderen ist es die Umsetzung der UTP-Richtlinie – also der Richtlinie gegen unfaire Handelspraktiken.

Mit ihrem Vorstoß hat Bundeslandwirtschaftsministerin Julia Klöckner den Handel unter Druck gesetzt, er muss jetzt den Umgang mit seinen Lieferanten überprüfen. Mit dem Brief des LEH an Bundeskanzlerin Angela Merkel, in dem man sich sehr hochmütig darstellt, hat der Handel dann ein klassisches Eigentor geschossen. Die Art und Weise, wie man sich beschwert hat, hat eine Lawine an Protesten und Blockaden ausgelöst. Die Folgen spürt der Handel jetzt.

Jetzt vor Weihnachten macht der Handel Kasse, da kann er sich keine Blockade durch die Bauern leisten. Kassiert der LEH das Angebot womöglich schon im Januar wieder ein?

Staack: Derzeit beobachten wir, dass der Handel versucht, möglichst schnell auf „Business as usual“ umzuschalten. Man will die Lage tatsächlich schnellstmöglich beruhigen und macht deshalb Angebote an die Bauern. Unterstützt wird das Ganze durch großformatige Anzeigen in Tageszeitungen mit dem Tenor „Wir haben verstanden“. Davon sollten sich die Bauern nicht täuschen lassen. Jetzt gilt es, das Thema weiter „zu reiten“, die Bauern müssen am Ball bleiben und den Druck aufrechterhalten.

Die Bauern müssen weiter Druck machen!

Was glauben Sie, welche Discounter bzw. Händler noch nachziehen werden?

Staack: Die Erfahrungen der letzten Jahre zeigen, wenn einer vorangeht, dann ziehen alle anderen nach. Bestes Beispiel dafür war die Haltungsform-Kennzeichnung bei Frischfleisch. Hier hat zunächst auch Lidl vorgelegt. Anschließend haben alle anderen nachgezogen.

Was passiert, wenn der Rest des LEH „stur“ bleibt?

Staack: Dazu wird es nicht kommen. Denn auch Aldi Nord und Aldi Süd haben sich bereits zu den UTP-Vorgaben bekannt. Allerdings fehlen noch konkrete Vorschläge für die Umsetzung. Bezeichnenderweise noch nichts gesagt haben diejenigen, die nach eigener Aussage Lebensmittel lieben – nämlich der Branchenprimus Edeka. Ich glaube aber, dass auch Edeka nachziehen wird. Denn es ist doch vollkommen klar, dass sich der ganze Ärger auf diejenigen konzentrieren wird, die jetzt kein Entgegenkommen zeigen. Das wird kein Lebensmitteleinzelhändler wollen.

Rewe teilt mit, dass man die Beschaffungspreise auf das Marktniveau vor dem Ausbruch der ASP Anfang September anheben wird. Auf welche Produkte bezieht sich das Angebot von Rewe und wie wirkt sich das für den Landwirt in Euro und Cent aus?

Staack: Auf welche Produkte sich Rewe und Penny beziehen, wissen wir zum jetzigen Zeitpunkt nicht. Und es ist auch nicht abwegig, dass die beiden Einzelhändler das derzeit selbst nicht genau wissen. Unbekannt sind auch die genauen Beschaffungspreise und damit auch die genaue Preiserhöhung, auf die sich der ganze Vorstoß bezieht. Wahrscheinlich ist, dass der finanzielle Effekt am Ende eher marginal ausfällt.

Corona hat die Bauern 60 Cent pro kg SG gekostet

Der erste Preisknick kam bereits mit dem Ausbruch der Coronapandemie im Frühjahr. Müssten Rewe und Co. nicht fairerweise auf dieses Preisniveau zurückgehen? Immerhin sind die Landwirte bereits dadurch unverschuldet in wirtschaftliche Schwierigkeiten geraten!

Staack: Genau so muss man das sehen. Die Preissenkungen, die vor ASP bereits durch Corona aufgetreten sind, waren viel größer. Der Preisabsturz auf der Erzeugerseite beträgt seit Anfang der Corona-Pandemie rund 80 Cent je kg Schlachtgewicht. Das Auftreten der Afrikanischen Schweinepest in Deutschland hat daran einen Anteil von rund 20 Cent. Der Rest – immerhin 60 Cent – ist durch Corona ausgelöste Marktturbulenzen verursacht worden.

Damit nicht genug: Die Lebensmitteleinzelhändler haben sogar doppelt von der durch Corona bedingten schwierigen Lage am Fleischmarkt profitiert. Zum einen sind die Erzeuger- und damit die Beschaffungspreise für die Händler dramatisch gefallen, die Verkaufspreise aber sogar gestiegen. Das heißt, die Marge des LEH ist viel größer geworden. Zum anderen sind auch die Verkaufsmengen beim Fleisch im LEH gestiegen, weil der Weg über den Außer-Haus-Verzehr weitgehend weggebrochen ist.

Lidl erhöht die Preise bei zehn Frischfleischprodukten um 1 € pro kg. Wie groß ist der Preiseffekt von Lidl’s Angebot für den Landwirt?

Staack: Es ist derzeit völlig unklar, wie viel Geld am Ende bei den einzelnen Landwirten ankommt. Denn statt bei ihrer Marge anzusetzen, schlägt Lidl den Preis einfach oben auf den Verkaufspreis drauf. Wenn die Verbraucher dann zur billigeren Konkurrenz wechseln, verpufft der Effekt ganz schnell. Hinzu kommt, dass es durch Preissteigerungen zu negativen Mengeneffekten kommen kann, sprich die Verkaufsmengen im Discount oder Supermarkt zurückgehen. Und das können wir aktuell gar nicht gebrauchen. Gerade in Zeiten des Schweinestaus, von Gastronomieschließungen und Exportsperren in Drittländer brauchen wir Mengenabsatz.

Die Lieferanten sollen das Geld verteilen

Die Händler fordern ihre Lieferanten auf, dass Geld zu 100 % an die Landwirte auszuzahlen. Wie kann das konkret geschehen?

Staack: Es ist wie immer: die Händler stellen ihre Lieferanten vor vollendete Tatsachen. Wie das Ganze konkret erfolgen soll, weiß derzeit keiner. Rewe schlägt vor, dass vertragliche Regelungen abgeschlossen werden, damit sichergestellt wird, dass das Geld auch bei den Landwirten ankommt. Lidl macht die Lieferanten verantwortlich, das irgendwie umzusetzen. Ob Sonderkonten gebildet werden und wie der Verteilungsschlüssel am Ende aussieht, ist nach unserem Kenntnisstand derzeit noch unklar. Einfach wird das bei dem Flickenteppich an Maßnahmen jedenfalls nicht. Hinzu kommt, dass man klären muss, wie auch die Ferkelerzeuger profitieren können.

Rewe betont, dass man auf die langfristige und nachhaltige Unterstützung der heimischen Landwirtschaft setzt. Lidl äußert sich ähnlich. Was muss der Handel jetzt tun, damit dieses Ziel am Ende auch erreicht wird?

Staack: Wenn man die heimische Landwirtschaft wirklich nachhaltig unterstützen will, dann muss man neben der Haltungsform-Kennzeichnung endlich auch flächendeckend eine eindeutige und transparente Herkunftskennzeichnung im Handel einführen. Denn nur wenn auf den tierischen Produkten klar ersichtlich ist, wo die Tiere geboren und erzeugt wurden, können sich die Verbraucher mit dem Kauf der Produkte gezielt zur heimischen Landwirtschaft bekennen.

Wichtig ist in diesem Zusammenhang, dass die Herkunftskennzeichnung vollumfassend ist. Es kann doch nicht sein, dass für den LEH das Leben eines Schweines erst ab der Mast anfängt, nur weil dem LEH der Bereich der Ferkelerzeugung zu kompliziert und zu teuer ist.

Im Rahmen der Initiative Tierwohl sollte man zudem über einen Nämlichkeitsbonus nachdenken. Solch ein Bonus könnte gezahlt werden, wenn die Schweine durchgängig von der Geburt bis zur Schlachtung in Betrieben gehalten werden, die an der Initiative Tierwohl teilnehmen. Das wäre endlich ein klares Bekenntnis zur deutschen Ferkelerzeugung.

Einerseits lockt der Handel die Bauern, andererseits laufen derzeit wieder zahlreiche Aktionswochen für Fleisch. Gehören diese nicht endlich abgeschafft?

Staack: Bei allen Diskussionen um die preislichen Entwicklungen, es muss im LEH auch zukünftig Aktionswochen und Angebote geben dürfen. Das ist allein deshalb wichtig, um den Absatz von Schweinefleisch zu fördern. Gerade in schwierigen Marktphasen wie diesen und angesichts des Schweinestaus von ca. 700.000 Schweinen braucht man jede Verkaufsförderung dringender denn je! Was aber nicht geht, sind Angebote auf Ramschniveau. Das gehört verboten!

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