Dürfen sich Deutschlands Ferkelerzeuger und Schweinemäster auch in den nächsten Monaten über gut auskömmliche Ferkel- und Mastschweineerlöse freuen? Markus Fiebelkorn, Marktanalyst bei Danske Svineproducenter, einer dänischen Branchenorganisation ähnlich der deutschen ISN, sieht vorerst keine dunklen Wolken am Horizont aufziehen. „Alle Marktdaten sprechen derzeit für weiterhin sonnige Preisaussichten“, erklärte der Marktkenner bei der Generalversammlung des Erzeugerrings Westfalen im westfälischen Davensberg.
Stabile Notierungen, sinkende Futterkosten
Im zweiten Quartal 2024 geht er im Mittel von 86 € für ein 25 kg-Ferkel und 2,30 bis 2,40 € je kg Schlachtgewicht (SG) für Schlachtschweine aus. Im dritten Quartal rechnet Fiebelkorn mit durchschnittlich 76 € je 25 kg-Ferkel und rund 2,25 € je kg SG für Schlachtschweine. Zudem geht er von leicht sinkenden Futterkosten aus.
Fiebelkorn erklärte, dass für die stabilen Notierungen folgende Gründe ausschlaggebend sind:
In Spanien bremsen zunehmende Umweltprobleme, Wasserknappheit und landesweite Proteste der Bevölkerung gegen den weiteren Ausbau der Veredlung das Wachstum. Die EU-Kommission rechnet in diesem Jahr sogar mit einem Minus von 2 %.
In Polen bekommen die Behörden die Afrikanische Schweinepest (ASP) nicht in den Griff. Der polnische Schweinebestand hat sich seit 2004 fast halbiert. Die katastrophale ASP-Situation ist auch der Grund dafür, dass nicht in die Schweinehaltung investiert wird. Die Gefahr, dass der Bestand nach einer Investition gekeult werden muss, ist vielerorts hoch.
In Italien wird die ASP ebenfalls zu einem ernsthaften Problem.
In den Niederlanden und Belgien sorgen staatliche Aufkaufprogramme dafür, dass Schweinehalter aus der Produktion ausstiegen und die Schweinebestände deutlich sinken. Allein der niederländische Staat stellt 1,45 Mrd. € zur Verfügung. Wer Geld in Anspruch nimmt, muss seine Produktionsrechte zurückgeben. Landesweit wird mit minus 2,3 % weniger Schweinen gerechnet.
In keinem anderen EU-Land wirft die Politik den Tierhaltern so viele Knüppel zwischen die Beine wie in Deutschland. Das führt zu einem landesweiten Stillstand. Es wird nicht investiert und die Produktion sinkt, weil viele Bauern entnervt aufgeben. In Deutschland werden nur noch 21 Mio. Schweine gehalten. 2024 könnte der Bestand um knapp 2,5 % sinken, so die Schätzung der EU-Kommission.
„LEH wird seine Tierwohlversprechen nicht einhalten können“
Kritisch sieht Markus Fiebelkorn die Ankündigungen des Lebensmitteleinzelhandels (LEH) zum Thema Tierwohl. „Es ist mir ein Rätsel, wie die deutschen Discounter ihre Versprechen einhalten wollen bis 2030 auf 100 % Haltungsform 3 und 4 umzustellen? Das funktioniert nicht, wenn aktuell 98 % des Fleisches aus den Haltungsformen 1 und 2 stammen“, so Fiebelkorn. Solange Politik und Handel den Bauern keine verlässliche Zukunftsperspektive bieten, wird sich die Situation nicht ändern, stellte der Fachmann klar.
Fiebelkorn glaubt aber auch nicht daran, dass der LEH seine Tierwohl-Versprechen gänzlich zurückzieht. Womöglich wird er dann Tierwohlware aus dem Ausland einkaufen, denn leere Regale sind im Handel tabu. „Aus Sicht der Bauern ist es umso wichtiger, dass sich der Handel klipp und klar zu 5xD bekennt“, erklärte Fiebelkorn.
Dänemark bleibt wichtiger Ferkellieferant
Als Ferkellieferant für deutsche Mäster wird Dänemark weiterhin eine große Rolle spielen, ist Fiebelkorn überzeugt . Den deutschen Mästern komme entgegen, dass der dänische Schlachtschweinepreis zur Zeit 38 Cent/kg unter dem deutschen liegt. Angesichts der großen Differenz sieht Fiebelkorn bei den Stückzahlen noch Spielraum nach oben: „Wer kann wohl höhere Preise fürs Ferkel zahlen? Der dänische Mäster oder der deutsche?“
Bei hohen Preisen an der Produktionstechnik feilen
Bernhard Schulze Dorfkönig, Berater beim Erzeugerring Westfalen, rät den Schweinehaltern angesichts der momentanen guten Erlössituation dazu, jetzt an der Produktionstechnik zu feilen. „In Hochpreisphasen lohnt es sich ganz besonders, genau hinzuschauen und Optimierungen im Bereich der Produktionstechnik umzusetzen“, so Schulze Dorfkönig.
Kritisch blickte der Berater auf das Staatliche Tierwohlförderprogramm. Schulze Dorfkönig hinterfragt insbesondere die vielen hohen Hürden, die die Landwirte erfüllen müssen. „Die Vorgabe, 70 % intakter Ringelschwanz zum Mastende sind eine extrem hohe Hürde für die Betriebe. Wir alle wissen, wie schnell Beißereien anfangen können“, so der Experte.