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topplus Preiskrise am Schweinemarkt

Müller-Fleisch: „Wir machen schon lange 5xD“

„In Süddeutschland gibt es nicht zu viele Schweine“, sagt Stefan Müller. Der Schlachtunternehmer erteilt Ausstiegsprogrammen eine Absage und fordert mehr Solidarität – vor allem für Ferkelerzeuger.

Lesezeit: 6 Minuten

Wir sprachen mit dem Geschäftsführer der Müller Fleisch GmbH aus Birkenfeld, Stefan Müller, und dem Geschäftsführer der Ulmer Fleisch GmbH, Rolf Michelberger, über die Preiskrise am Schweinemarkt.

Die Stimmung unter Schweinehaltern war wohl noch nie so schlecht wie aktuell. Warum ist die aktuelle Preiskrise nicht mit dem normalen Schweinezyklus zu erklären?

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Stefan Müller: Wir erleben auf allen Stufen einen rasanten Wandel. Vor eineinhalb Jahren hatten wir in der Fleischwirtschaft noch völlig andere Voraussetzungen. Mit ASP und Corona haben sich die Rahmenbedingungen völlig verändert. Exportmärkte sind weggebrochen und die Produktionskosten gestiegen. Für die Landwirte selbst hat sich ebenso vieles verändert: Vor zwei Jahren konnten sich die Bauern den Abnehmer ihrer Schweine noch aussuchen. Jetzt heißt es eher, wer nimmt sie noch?

Das ist doch eine gute Ausgangslage für Sie als Schlachtunternehmen. Sie können den Preis nach Belieben festlegen, oder?

Rolf Michelberger: Das wäre viel zu kurzfristig gedacht und ist nicht unsere Philosophie. Unsere größte mittelfristige Herausforderung, in den nächsten zwei bis drei Jahre ist es, den Lieferanten und Erzeugern eine Perspektive zu geben und für uns somit den Rohstoff für die Zukunft zu sichern. Die Schlachttiere der Landwirte sind unsere unternehmerische Rohstoffgrundlage ohne diese können wir nicht arbeiten und sind am Fleischmarkt nicht präsent.

Durch ASP in Deutschland sind Exportmöglichkeiten weggefallen, gleichzeitig geht der Schweinefleischkonsum immer weiter zurück. Sie brauchen doch auch weniger Tiere als früher, oder nicht?

Müller: Uns als Müller-Gruppe fehlt der Drittlandexport natürlich auch. Wir waren allerdings mengenmäßig und vom Anteil nie so abhängig von diesen Umsätzen, auch weil wir weit weg sind von den Frachthäfen. Wir haben uns daher schon immer stärker auf den heimischen Markt konzentriert. Und hier kalkulieren wir mit stabilen Mengen.

Wir brauchen kein Ausstiegsprogramm in Süddeutschland

Bei den aktuellen Preisen und den miesen Aussichten dürften stabile Schlachtmengen Wunschdenken sein. Etliche Marktteilnehmer sehen ein neues Gleichgewicht erst bei Wochenschlachtungen von 700.000 Schweinen und fordern sogar Ausstiegsprogramme. Was halten Sie davon, und was bedeutet das für Müller Fleisch?

Müller: Wir brauchen kein Ausstiegprogramm, zumindest nicht in Süddeutschland. Wir haben bei uns in der Region keine Überversorgung und können jedes süddeutsche Schlachtschwein gebrauchen und vermarkten. Das liegt auch daran, dass Verbraucher im Süden offener sind für regionale Produkte. Perspektivisch sollte sich die Produktionsmenge an den Absatzmärkten und vor allem an dem Heimatmarkt orientieren.

Wie wollen Sie die Schweinehalter davon überzeugen, in der Produktion zu bleiben?

Michelberger: Geschlossene Lieferketten vom Erzeuger bis zu unseren Abnehmern sind die Zukunft. Wir brauchen sie, um neue Preismodelle zu entwickeln, die Schweinehalter Planungssicherheit geben. Damit würde Deutschland unabhängiger von den Drittlandmärkten.

Bei uns hat jeder Mäster seinen ITW-Bonus bekommen

Eine geschlossen Lieferkette allein wird nicht reichen, wenn am Ende für Ferkelerzeuger und Mäster zu wenig übrigbleibt. Wo ist da die Perspektive für die Erzeuger?

Michelberger: Wir müssen den Erzeugern beweisen, dass wir zu Ihnen stehen. Eine Lieferkette lebt auch von Vertrauen und Solidarität. Einige Handelsketten verzichten aktuell auf Marge und garantieren Schweinepreise von 1,40 € pro kg SG. Das ist ein gutes Signal und könnte Schule machen. Ich vermisse in unserer Branche an vielen Stellen diese Solidarität. Landwirte haben beispielsweise in die Initiative Tierwohl investiert und erhalten teilweise keine Boni. So etwas zerstört Vertrauen. Bei Müller Fleisch hat jeder Vertragsmäster seinen Bonus bekommen, obwohl wir diesen im Fleischverkauf noch nicht vollständig erhalten.

Auch die Solidarität der Mäster ist gefragt

Besonders dramatisch ist die Lage bei den Ferkelerzeugern. Wie wollen Sie denen durch die Krise helfen?

Müller: Für uns gehört der Ferkelerzeuger zur einer geschlossenen Lieferkette immer dazu. Aus diesem Grund zahlen wir bereits seit Ende vergangenen Jahres im Rahmen des Solidarpakts für das süddeutsche Schwein einen Bonus direkt an unsere Ferkelerzeuger. Ich kann mir eine nachhaltige Schweineproduktion ohne regionale Ferkelerzeugung nicht vorstellen. Daher unterstützen wir die Forderung nach 5xD absolut. Wir schlachten schon immer ausschließlich Schweine mit deutscher Geburt und mussten uns mit diesem Ansatz bei einigen Lieferanten gegen Widerstände durchsetzen. Klar ist aber auch: Wir können die Ferkelerzeuger nicht alleine retten. Auch die Solidarität der Mäster ist gefragt. Wer immer nur auf den günstigsten Ferkelpreis achtet, muss sich nicht wundern, wenn die Sauenhalter in der Nachbarschaft verschwinden. Wir sollten alle kurze Lieferketten wertschätzen und dieses auch aus den vergangenen Monaten lernen.

Der Preisdruck kommt doch von oben. Die Erfahrung zeigt, dass der LEH im Zweifel auf den Preis schaut und die Herkunft zweitrangig ist. Warum sollte sich das ändern?

Michelberger: Gerade der Lebensmitteleinzelhandel spürt den Druck von NGO`s und den gesellschaftlichen Wandel. Alle Nachhaltigkeitsprogramme im LEH setzen neben Tierwohl vor allem auf regionale Lieferanten und kurze Transportwege. Das ist die Chance der süddeutschen Landwirtschaft und auch unsere.

Ist es nicht blauäugig zu glauben, dass der LEH dauerhaft auf Marge verzichtet, um heimische Tierhalter zu unterstützen?

Müller: Das eine schließt das andere ja nicht aus. Handelsketten sind Wirtschaftsunternehmen und wollen Gewinn machen. Der Handel wird auf deutsche Ware setzen, wenn er damit die Wünsche der Verbraucher befriedigt. Am Ende will der LEH die Kunden in den Markt holen. Wenn der Verbraucher wissen will, wie und wo das Fleisch erzeugt wurde und es dann auch wertschätzt. Dann haben wir es gemeinsam geschafft. Als Landwirte und Fleischvermarkter.

Der Borchert-Plan muss nach der Bundestagswahl endlich umgesetzt werden

Das hört sich gut an. Wie erreicht die Branche dieses Ziel, sodass in der Wertschöpfungskette Schwein alle Stufen auf ihre Kosten kommen?

Müller: Das kann meiner Meinung nach nur gelingen, wenn sich nach der Bundestagswahl alle an einen Tisch setzen und den Borchert-Plan umsetzen. Der Markt kann seinen Beitrag leisten, wird das aber nicht alleine lösen können. Die Landwirte machen nur mit, wenn es eine langfristige Planungs- und Investitionssicherheit gibt. Dafür braucht es die Unterstützung der Politik und der Gesellschaft.

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