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topplus top agrar-Serie: Bioschweine

Mütterliche Sauen für den Biobetrieb

Brauchen Bioschweinehalter besondere Sauen- und Eberlinien für ihren Betrieb? top agrar hat das Thema mit Praktikern, Beratern und Zuchtunternehmen diskutiert.

Lesezeit: 6 Minuten

Freies Abferkeln gehört für Bioferkelerzeuger schon lange zum Alltag. Aber auch in der konventionellen Schweinehaltung rücken durch die neue Tierschutz-Nutztierhaltungsverordnung zunehmend Abferkelbuchten in den Fokus, die den Sauen mehr Bewegungsfreiheit bieten sollen. In der Bioschweinehaltung sind Abferkelbuchten mit einer Fläche von 7,5 m² und zusätzlichen 2,5 m² Auslauf Pflicht. Die Säugezeit beträgt zudem mindestens 40 Tage.

Bioferkelerzeuger stellen deshalb besondere Ansprüche an die Genetik bzw. die Zucht. Nicht nur das Verhalten der Sauen beim Abferkeln ist entscheidend, sondern auch der Einfluss von langen Säugezeiten und die Gruppentauglichkeit sind wesentliche Punkte für die Ferkelerzeuger. Doch ist die Zucht auf Ökomerkmale angesichts der geringen Anzahl von Biosauenhaltern überhaupt ein Thema?

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Im zweiten Teil unserer Serie „Bioschweine“ hat top agrar bei Praktikern, Beratern und Zuchtunternehmen nachgefragt, welche Zuchttrends sie in der ökologischen Schweinehaltung sehen.

Regeln für den Zukauf

Bei Ulrike Westenhorst, Bioberaterin der Landwirtschaftskammer Nordrhein-Westfalen, häufen sich aktuell die Anfragen für eine Umstellungsberatung von Konventionell auf Bio. „Sauenhalter können ihre Tiere mit in die Umstellung nehmen“, erklärt die Beraterin. Die Umstellungszeit beträgt sechs Monate. In der Regel stocken die Betriebe in dieser Zeit ihren Sauenbestand ab und nehmen die besten und jüngsten Sauen mit in die Ökohaltung.

„Pro Jahr dürfen Biosauenhalter aber maximal 20 % ihres Sauenbestandes aus konventioneller Aufzucht zukaufen“, sagt Westenhorst. Und auch nur dann, wenn Ökosauen nachweislich nicht verfügbar sind. Bei einer Rassenumstellung, einer Bestandsaufstockung oder -erneuerung kann der Anteil bei einer Genehmigung der Kontrollbehörde auf bis zu 40 % steigen. Neu ab Januar 2022 ist zudem die Online-Datenbank „organic x livestock“, in der Schweinehalter direkt einsehen können, ob bzw. welche Biotiere verfügbar sind.

Ausgeglichene Zuchtziele

Derzeit werden Ökojungsauen nach Aussage von Beraterin Ulrike Westenhorst gut nachgefragt. „Der große Vorteil ist, dass die Tiere die Biohaltung dann schon kennen“, sagt die Expertin.

Die Anpassung an alternative Haltungssysteme ist für die Zuchtunternehmen deshalb durchaus ein Thema. „Die Zuchtmerkmale zwischen der konventionellen und ökoorientierten Zucht sind weitgehend identisch. Die Schwerpunkte sind jedoch anders verteilt“, betont Dr. Hubert Henne, Zuchtleiter bei BHZP. Für die Biohaltung züchtet das Unternehmen eigens die Sauenlinie „db.Klara“. Die Vermehrung der Jungsauen übernimmt Landwirt Andreas Kopf aus Hungen in Hessen (siehe Reportage morgen).

"Die Sau muss die Ferkel selbst aufziehen"

Auch das Zuchtunternehmen PIC bietet seit kurzem eigene Ökojungsauen an. Seit 2019 vermehrt Landwirtin Ulrike Liescher aus Teterow in Mecklenburg-Vorpommern für PIC Camborough-Jungsauen für die Ökoschiene.

Auf eine Zuchtausrichtung, die sich nicht nur allein an Leistungsmerkmalen orientiert, sondern auch an nachhaltigen Merkmalen wie Robustheit, Langlebigkeit und Mütterlichkeit, setzt auch Topigs Norsvin. „Diesen Ansatz verfolgen wir in der kompletten Zucht, da wir die Nachfrage nach diesen Merkmalen künftig auch in der konventionellen Haltung sehen“, sagt Stefanie Nuphaus, Projektmanagerin bei Topigs Norsvin.

Die „TN70“-Sau sei bereits in einigen Biobetrieben im Einsatz. „Durch unser Eigenremontierungskonzept können zudem noch mal gezielt Anpaarungen für ökologische Anforderungen vorgenommen werden“, erläutert Stefanie Nuphaus.

Bei German Genetic arbeitet man im Ökobereich neben der klassischen Hybridsau auch gezielt mit den reinen Rassen Deutsches Edelschwein und Landrasse. „Unsere Erfahrungen zeigen, dass der Kunde im hochpreisigen Fleischsegment hinter dem Produkt traditionell gezüchtete, regionale Rassen erwartet“, betont Zuchtleiter Albrecht Weber.

Vorreiter Schweiz

Ein Blick nach Österreich und in die Schweiz zeigt, dass dort die Eignung zur freien Abferkelung ein entscheidender Punkt ist. In der Schweiz ferkeln die Sauen bereits seit mehr als 20 Jahren frei ab – auch in konventionellen Betrieben. „Deshalb brauchen die Ferkelerzeuger besonders umgängliche und ruhige Sauen. Gleichzeitig ist ein Hauptziel, die Saugferkelverluste züchterisch weiter zu senken“, sagt Dr. Henning Luther, Zuchtleiter beim Unternehmen Suisag.

Das österreichische Zuchtunternehmen Pig Austria setzt auf Tiere, die sich für unterschiedliche Produktionssysteme eignen. „Auch der Ökobereich ist uns wichtig“, erklärt Zuchtleiterin Dr. Christina Pfeiffer. „Denn erfasste Merkmale wie die Wurfvitalität, Aufzuchtleistung der Muttersau und mütterliches Verhalten spielen sowohl in der konventionellen als auch in der ökologischen Schweinezucht eine wichtige Rolle“, erläutert Christina Dr. Pfeiffer.

Keine zu großen Würfe

Eine große Herausforderung für Bioferkelerzeuger sind kleine Abferkelgruppen mit großen Würfen. Denn dort stößt ein gezielter Wurfausgleich schnell an Grenzen. „Große Würfe mit 18 und mehr leichten Ferkeln sind zudem nicht für die großen Abferkelbuchten mit Außenklimaeinflüssen geeignet“, weiß Bioberaterin Ulrike Westenhorst.

Und auch PIC-Vermehrerin Ulrike Liescher rät von zu großen Würfen ab. „Im Biobereich brauchen wir homogene Würfe mit 12 bis 15 vitalen Tieren. Die kann eine mütterliche Sau mit guter Milchleistung selbstständig großziehen“, lautet ihre Erfahrung. Ähnlich sieht es auch Dr. Christina Pfeiffer von Pig Austria: “Extreme Fruchtbarkeitsleistungen sind nicht das Ziel, wenn die Ferkelqualität darunter leidet.“ Die Sauen sollten die Ferkelaufzucht selbstständig übernehmen. Der zusätzliche Managementaufwand sollte so gering wie möglich gehalten werden.

Umgänglichkeit wichtig

Neben den klassischen Fruchtbarkeitsmerkmalen müssen im Biobereich auch funktionale Merkmale berücksichtigt werden, z. B. zum Verhalten. Vor allem im Abferkelbereich sind ruhige und umgängliche Sauen wichtig. Sie sollten eigenständig abferkeln, weniger Ferkel erdrücken und beim Kontakt mit den Tierbetreuern gar kein oder nur ein geringes Verteidigungsverhalten zeigen. „Die züchterische Bearbeitung von Verhaltensmerkmalen stellt jedoch eine große Herausforderung dar,“ sagt Dr. Christina Pfeiffer. Denn um sichere Aussagen treffen zu können, werden in der Zucht große Datenmengen benötigt.

Ulrike Liescher setzt bei ihren Sauen seit dem Einstieg in die Ökojungsauenvermehrung stark auf Mütterlichkeit und Umgänglichkeit. „Hohe Aufzuchtleistungen und eine gute Arbeitssicherheit lassen sich nur mit mütterlichen Sauen erreichen“, ist sie überzeugt. Als Reinzuchtsauen wählt Ulrike Liescher deshalb ausschließlich Sauen aus, die noch nie umgerauscht und keine Ferkel erdrückt haben. Zudem sollten die Sauen pro Wurf mindestens 12 abgesetzte Ferkel, homogene Würfe und auf beiden Seiten acht Zitzen aufweisen. Auch bei den Zuchtunternehmen steht die Mütterlichkeit der Tiere zusehends im Fokus. German Genetic zeichnet beispielsweise mit dem sogenannten Maternalfaktor Mutterrassentiere aus, die sowohl gegenüber den Ferkeln als auch gegenüber dem Tierbetreuer ein friedliches Verhalten aufweisen.

„Auf das Merkmal ‚ruhiger Grundcharakter‘ kann aufgrund einer hohen Erblichkeit gut selektiert werden“, erklärt Dr. Hubert Henne. „Auch bei BHZP wird das mütterliche Verhalten der Sauen zur Geburt und während der Aufzucht sowie die Toleranz gegenüber Menschen in die Selektion einbezogen“, erklärt der Zuchtleiter.

Fleischige Eber gefragt

In der Ökoschweinemast ist ein entscheidender Punkt die Futterverwertung. Denn Ökofutter ist extrem teuer. Um wirtschaftlich zu arbeiten, benötigen die Betriebe deshalb eine Genetik, die das Futter möglichst effizient verwertet. Bei Suisag selektiert man beispielsweise künftig auf Mastschweine mit geringerer Futteraufnahme bei gleichbleibender Zunahme und Fleischigkeit. „Die Mastschweine werden dadurch noch effizienter“, fasst Zuchtleiter Dr. Henning Luther zusammen.

In der Biofleischproduktion wünschen viele Vermarkter unter dem Strich ein Mastschwein, das sich kaum von dem aus konventioneller Haltung unterscheidet. „Die Frage des Endstufenebers richtet sich deshalb auch im Ökobetrieb nach der Vermarktungsform und der Bezahlung nach Magerfleischanteil“, sagt Dr. Christina Pfeiffer. Der Großteil der Betriebe setzt auf Piétraineber. Für die Direktvermarktung oder besondere Markenprogramme mit besonderer Fleischqualität kommen zudem auch Duroceber zum Einsatz.

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