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Neue Chancen für Schweinehalter?

Die Zuschläge für Schweine aus der Region steigen und der LEH baut neue Premiumfleisch-Programme auf. Was haben die Erzeuger davon? Ohne die Zuschläge durch die Initiative Tierwohl und das Agrarumweltprogramm FAKT hätten die desolaten Preise der letzten beiden Jahre bei uns ein großes Loch gerissen“, sagt Armin Herzog

Lesezeit: 11 Minuten

Die Zuschläge für Schweine aus der Region steigen und der LEH baut neue Premiumfleisch-Programme auf. Was die Erzeuger davon haben, beantwortet top agrar Südplus:


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Ohne die Zuschläge durch die Initiative Tierwohl und das Agrarumweltprogramm FAKT hätten die desolaten Preise der letzten beiden Jahre bei uns ein großes Loch gerissen“, sagt Schweinehalter Armin Herzog aus Burgrieden im Kreis Biberach.


Er zieht auf 1 100 Plätzen Ferkel auf und bewirtschaftet 800 Mastplätze. „Da ich nicht weiß, wie sicher diese Zuschläge sind, suche ich einen Weg, um meine Wertschöpfung dauerhaft zu verbessern. Denn weiteres Wachstum ist nicht drin“, sagt der 44-Jährige.


Viele seiner Berufskollegen in Süddeutschland stecken in einer ähnlichen Situation. Angesichts der drohenden Auflagen in der Ferkelerzeugung, den immer längeren Durststrecken bei den Preisen und der anhaltenden öffentlichen Schelte suchen sie händeringend nach Perspektiven für ihren Hof. Klar ist: Ein guter Vermarktungsweg wird gerade für kleinere und mittlere Betriebe künftig eine noch größere Rolle spielen als bisher schon. Doch auf welchen Märkten gibt es neue Chancen?


Höhere Zuschläge für GQ


Hoch gehandelt wird in dieser Debatte das Potenzial von Regionalfleisch-Programmen. Sie versprechen den Erzeugern einen gesicherten Absatz und höhere Erlöse. Da die Nachfrage nach solchen Tieren beim Handel steigt, klettern derzeit die Zuschläge.



Vion in Landshut und Vilshofen hat den bayerischen GQ-Zuschlag für definierte Qualitäten von 2 auf 5 ct/kg SG erhöht. Die VVG Oberbayern-Schwaben belohnt die bayerische Herkunft zusätzlich noch mit 0,75 ct/Schwein. „Der regionale Markt ist für unsere Erzeuger nicht nur aufgrund der Zuschläge eine Chance, sondern auch, weil das Produkt dadurch weniger austauschbar wird“, sagt Franz Mitterberger von der VVG. In Bayern laufen bereits über 50 %, das heißt 3,65 Mio. Tiere im Jahr, über GQ.


Von einer solchen Erfolgsquote ist das Gütesiegel aus Baden-Württemberg, QZ BW, noch weit entfernt, wenngleich die Nachfrage steigt. Laut Stuttgarter Landwirtschaftsministerium (MLR) werden ca. 6,4 % der Schweine über das Siegel vermarktet: „Dabei wäre das regionale Programm der einfachste Weg, um Wertschöpfung zu halten“, glaubt Helmut Schleker, Ferkel- und Schweinehaltungs GmbH, aus Ehingen.


20 bis 25 % der Verbraucher seien bereit, für Fleisch aus Baden-Württemberg mehr zu bezahlen. „Wenn wir diesen Prozentsatz mit QZ BW erreichen würden, wären wir ein gutes Stück weiter. Hier sind Politik und Vermarkter gefordert“, sagt er. Schleker hofft, dass die bereits für 2018 geplante Einführung der GVO-freien Fütterung verschoben wird. Denn diese Auflage wäre in der Breite kaum umsetzbar und verteuere die Ware um 6 bis 12 ct/kg SG. Nach Aussage des MLR wolle man eine Fristverlängerung prüfen.


Je nach Vermarktungsweg und Maske würden laut MLR für QZ BW-Fleisch Zuschläge zwischen 2 bis 10 ct/kg SG gezahlt. Die Müller-Gruppe zahlt für ihr „Süddeutsches Schweinefleisch“-Programm (SdS) 1 ct/kg SG plus Gesundheitsbonus von 0,5 € pro Tier (Übersicht oben). Laut Rolf Michelberger von Ulmer Fleisch steigt auch hier die Nachfrage: „Unser Programm war ursprünglich als reines Rohstoff-Sicherungskonzept gedacht, mittlerweile ist es sogar zunehmend als Marke im LEH etabliert.“


Wie profitieren Ferkelerzeuger?


Die Achillesferse der regionalen Schweinevermarktung werden angesichts des starken Strukturwandels bei den Sauenhaltern die Ferkel sein. „Wir spüren schon jetzt, dass regionale Ferkel knapp sind“, sagt Dr. Rainer Pflugfelder, Viehzentrale Südwest.


Daher müssen höhere Boni vor allem auch bei den Ferkelerzeugern ankommen. „Damit sie davon profitieren, sind Zuschläge von mindestens 5 bis 8 ct/kg erforderlich“, hat Josef Weiß von der LfL Bayern kalkuliert. Erste Ansätze dafür gibt es: Die EG Franken-Schwaben sowie die VVG Oberbayern-Schwaben honorieren die bayerische Geburt mit 1 € pro Tier. Besonders bei den neuen Premiumfleisch-Linien sollten die Erzeuger genau durchrechnen, ob sich die Mehrerlöse rentieren. Denn die Anforderungen an die Betriebe sind zum Teil sehr hoch. „Achten Sie zudem auf langfristige Abnahmegarantien“, rät Weiß.


Neue Konzepte geplant


Das Interesse  an diesen Produktlinien seitens der Betriebe ist da. „Derzeit wollen mehr in unser Hofglück-Programm, als wir aufnehmen können“, sagt Stephanie Schrimpf von Edeka Südwest. 


Wie dieses Fleisch, das nach der Premium-Stufe des Tierschutzlabels „Für Mehr Tierschutz“ des Deutschen Tierschutzbundes produziert wird, an der Theke ankommt, ist noch offen (Reportage S. 52). Edeka steigt erst jetzt, wo ausreichend Ware verfügbar ist, in die Werbung ein. Dennoch sind bereits weitere Premiumlinien in der Pipeline: Der Tierschutzbund ist derzeit im Gespräch mit Handelspartnern aus anderen Bundesländern. Netto will offenbar mit Schweinefleisch aus GVO-freier Fütterung an den Start gehen.


Und auch bei Metzgern tut sich etwas. So hat z. B. die Metzgerei Buchmann aus Ravensburg mit fünf Betrieben das „Landschwein“-Konzept aufgelegt, das bei der Gastronomie und bei Kantinen gefragt sei. Zu den Auflagen gehören u. a. ein Auslauf und GVO-freie Fütterung. Die Bauern erhalten dafür ca. 15 % höhere Preise. Derzeit schlachtet Buchmann dafür 180 Schweine pro Woche. Tendenz steigend. 


Trend Strohschweine


Die jüngste Idee für mehr Wertschöpfung kam sogar aus der Praxis selbst: Landwirt Ludwig Lang aus der Oberpfalz will mit 20 weiteren Bauern Metzgereien, Schulen, Gastronomie und Kantinen mit Strohschweinen beliefern. Zeitgleich lancierte das Deutsche Institut für Gemeinschaftsgastronomie mit einem Mäster ein ähnliches Projekt bei Großkantinen in Bayern. Die Zuschläge liegen zwischen 25 bis 45 ct/kg SG.

Im Fokus haben die neuen Marktsegmente den Kunden, der eine bessere Tierhaltung unterstützen möchte, dem Biofleisch aber zu teuer ist. Hofglück-Fleisch von Edeka Südwest beispielsweise soll 40 bis 50 % teurer sein als konventionelles. An der Theke strebe man einen Marktanteil von 10 % an, sagt Stephanie Schrimpf. Bei Bioschweinefleisch seien ca. 2 % das Ziel.


Erhofftes Marktpotenzial?


Zur Frage, welches Marktpotenzial die Premium- und Regionalfleisch-Labels insgesamt erreichen können, gehen die Meinungen auseinander. Rudolf Bühler, Chef der Bäuerlichen Erzeugergemeinschaft Schwäbisch Hall (BESH), ist überzeugt: „Im kaufkräftigen süddeutschen Markt gibt es für Qualitätsprogramme gute Potenziale.“ Wichtig sei jedoch, die gesamte Wertschöpfungskette abzubilden. Die Qualitätsprogramme der BESH würden immer noch zweistellig wachsen und im süddeutschen Raum pro Jahr rund 120 Mio. € erlösen.


Die meisten Branchenvertreter schätzen die Erfolgsaussichten aber nüchterner ein. Angesichts des mittlerweile unter 50 % gesunkenen Selbstversorgungsgrades bei Schweinefleisch in Baden-Württemberg, sei ein Marktanteil von 20 bis 25 % denkbar. „Entscheidend dafür ist, wie der LEH dieses Fleisch im Markt platziert und auch bewirbt“, sagt Ralf Bundschuh, LfL Bayern.


Wie sich besser aufstellen?


Die meisten Betriebe werden weiterhin für den konventionellen Markt und den Export produzieren. Deshalb dürfe man die internationale Wettbewerbsfähigkeit nicht aus den Augen verlieren, warnen die Experten. Was das heißt, macht Verena Mutz vom Beratungsdienst Schweinehaltung Öhringen klar: „Auch künftig ist eine gewisse Größe sowie die Optimierung der biologischen Leistungen und der Kosten wichtig.“


Der Viehhandel wünscht sich Ferkelerzeuger mit einem festen Produktionsrhythmus und Partien von 200 bis 400 Tieren sowie Mastbetriebe mit ca. 1 000 Plätzen. Willi Wittmann von der EG Südostbayern: „Wir können aber auch in Zukunft kleine und mittlere Partien aus bayerischer Herkunft gut vermarkten.“ Voraussetzung sei allerdings der QS-Standard. „Wer das nicht liefern kann, verzichtet inklusive des GQ-Zuschlages auf 10 ct/kg SG.“, rechnet er vor. Bei seiner EG seien das immerhin noch 3 % der angelieferten Tiere.


Wie geht es weiter?


Der Fleischmarkt wird sich künftig vermutlich weiter aufspalten. Für manche Betriebe kann die Produktion für ein Qualitätsprogramm durchaus eine neue Perspektive bieten – vorausgesetzt die Zuschläge decken die oftmals deutlich höheren Produktionskosten. Metzger Ralf Buchmann: „Die Zeit ist reif für solche Programme, allerdings muss man dafür kräftig die Werbetrommel rühren und sie werden nur langsam wachsen können.“


Erst 1 % bio 


Bioschweine werden zwar von einzelnen Vermarktern wie z. B. Feneberg oder Edeka Südwest noch gesucht. Doch dass Biofleisch in absehbarer Zeit aus der Nische kommt, ist wenig wahrscheinlich. Derzeit liegt der Marktanteil nach Schätzungen von Ralf Bundschuh, LfL Bayern, erst bei max. 1 %. „Dieser Markt schwankt stärker als der konventionelle und reagiert sensibler auf ein Überangebot“, sagt er.


In Baden-Württemberg werden laut Bioland-Fachberater Thorsten Ott derzeit wöchentlich 60 bis 100 Bioschweine der Verbände Bioland, Naturland und Demeter geschlachtet. Tendenz steigend. Er hofft, dass bis Ende 2017 durch neue Biosauenhalter ausreichend Bioferkel zur Verfügung stehen.


„Zuschläge erlauben keine Investition“


Armin Herzog aus Burgrieden sichert sich durch einfache Maßnahmen verschiedene Zuschläge und Boni.


Armin Herzog ist mit seinem 800er- Maststall nach dem Nürtinger System prädestiniert für die Teilnahme an einem Premiumprogramm für artgerechte Haltung. „Die Auslaufhaltung hätte uns gut gefallen. Doch der geforderte Umbau unseres Aufzuchtstalles mit 1 100 Plätzen war zu teuer“, erklärt der 44-jährige Betriebsleiter. „Die Zuschläge reichten dafür nicht aus.“


Mehrerlös verpufft


Zurzeit sichert er sich zusätzliche Erlöse über die Initiative Tierwohl (ITW) und das Agrarumweltprogramm FAKT in Baden-Württemberg. Dafür musste er die Mastplätze auf 740 reduzieren, für Beschäftigungsmaterial sorgen und eine Beregnung installieren. Investiert hat er ca. 2 500 €. Pro Tier erhält er über ITW so 8 €, über FAKT 9 €.


Hinzu kommen der Gutfleisch-Zuschlag sowie Regional- und Tiergesundheitsboni von seinen Handelspartnern, der Viehzentrale Südwest und Ulmer Fleisch. „Durch die schlechte Marktlage ist der erhoffte Mehrerlös bis jetzt aber verpufft“, sagt Herzog. Mit täglichen Zunahmen von 850 g und 58 % MFA seien die biologischen Leistungen ausgereizt. Der Mäster sucht weiter nach Wegen, um sich besser aufzustellen: „Die Ebermast kommt aufgrund der starken Verschmutzung der Kisten durch männliche Tiere aber nicht infrage.“ Er hofft jetzt, bei der zweiten ITW-Runde wieder dabei zu sein.


„Mehr Arbeit, aber auch mehr Spaß“


Georg Leuter aus Boms-Glochen mästet seine Schweine für das Premiumfleisch-Programm „Hofglück“ der Edeka-Südwest.


Die feste Vergütung, der geregelte Ferkelbezug über die Erzeugerorganisation Süd und die Verträge mit einer Laufzeit von zehn Jahren haben uns davon überzeugt, für das Hofglück-Programm zu produzieren“, erklären Silke und Georg Leuter. Die Familie war auf der Suche nach neuen Perspektiven für ihren Hof mit damals 700 Mastplätzen im Außenklimastall mit Teilspalten.


Jetzt erzeugt er auf 1 300 Mastplätzen Schweine für Hofglück, das sich an den Richtlinien der Premiumstufe des Tierschutzlabels „Für Mehr Tierschutz“ des Deutschen Tierschutzbundes orientiert. Dafür hat Leuter in insgesamt vier bestehenden Ställen ein Platzangebot von 1,0 m²/Tier (50 bis 120 kg) geschaffen und für jede Bucht einen Auslauf (je nach Gewicht 0,3 bis 0,8 m2/Tier) eingerichtet. Seine gesamten Investitionskosten inklusive Eigenleistung schätzt er auf rund 230 000 €. Bisher hat er seine Tierwohlmaßnahmen noch nicht über FAKT fördern lassen, will das dieses Jahr aber nachholen.


Strohnachschub wichtig


Die Produktionstechnik hat Georg Leuter im Griff. Die Fütterung ohne GVO laufe reibungslos. Auch mit den langen Schwänzen gebe es durch den täglichen Nachschub von frischem Stroh kaum Probleme. „Wir setzen so gut wie keine Medikamente ein.“ Die Tierverluste liegen bei lediglich 0,7 %. Dazu trägt auch die gute Abstimmung mit seinem Ferkelerzeuger aus Meßkirch bei, der ihm alle zwei Wochen 240 Ferkel liefert, sowie die intensive Tierbeobachtung zweimal pro Tag. Die täglichen Zunahmen gibt Georg Leuter mit 800 g an, beim Muskelfleischanteil erreicht er im Schnitt 58 %.


Doppelter Arbeitsaufwand


Der Mäster freut sich, wenn sich seine Tiere genüsslich im Stroh räkeln und herumtollen: „Die Arbeit macht mehr Spaß als früher“, sagt er. Auch wenn sich der Arbeitsaufwand durch die Strohhaltung und die Tierbeobachtung in den Großgruppen mit 30 bis 100 Tieren gegenüber früher verdoppelt habe. Leuter musste dafür extra eine weitere Vollzeitkraft einstellen. Der Strohbedarf ist mit ca. 1 000 Ballen pro Jahr enorm. Stroh zukaufen muss er bisher aber noch nicht. 


Geschlachtet werden die Hofglück-Schweine in einer getrennten Schiene im Ulmer Schlachthof, der dafür nach den Kriterien des Tierschutzbundes zertifiziert wurde. Auch Leuters Betrieb durchlief vor dem Einstieg eine Zertifizierung durch den Deutschen Tierschutzbund. Außerdem bekommt er zweimal jährlich unangekündigte

Kontrollen durch ein unabhängiges Institut sowie Besuch von Verbandsmitarbeitern.


Garantierter Preis


Der Schlachtschweinepreis beträgt immer mindestens 2,15 €/kg SG. Überschreitet der konventionelle Preis 1,80 €/kg werden 40 ct Aufschlag gezahlt. Für ein 30-kg-Ferkel bezahlt er aktuell 85 €/Tier. Den Deckungsbeitrag gibt Leuter mit 45 €/Tier an. Früher hat er einen Teil über einen Metzger vermarktet: „Trotz dieses Direktabsatzes waren die Erlöse nicht besonders hoch. Zudem nahm er zu wenig ab.“ Über ihren Hofladen verkauft die Familie bisher nur wenige Tiere. Georg Leuter: „Dieses Geschäft ist ausbaufähig, der Absatz steigt.“


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