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Pig Port: Neue Generation Außenklimaställe

Das Gesicht vieler Schweineställe wird sich verändern: Die Tiere erhalten künftig Zugang zu Außenklima und Stroh. top agrar stellt in einer Serie die neuen Konzepte für Außenklimaställe vor.

Lesezeit: 16 Minuten

Vielen Sauenhaltern und Mästern fällt es schwer, sich gedanklich von ihren bewährten Stallsystemen mit Vollspaltenboden und automatischer Klimaführung zu verabschieden. Das ist nachvollziehbar, schließlich wurde das Haltungssystem in den letzten 30 Jahren kontinuierlich weiterentwickelt und verbessert. Die Arbeitseffizienz ist ebenso gestiegen wie die biologischen Leistungen.

Doch die Zeiten ändern sich. Große Teile der Gesellschaft akzeptieren diese vor allem auf Effizienz getrimmte Haltungsform nicht mehr. Viele Verbraucher wollen, dass die Schweine Zugang zu Außenklima bekommen und sie sich mit Stroh oder anderen Beschäftigungsmaterialien die Zeit vertreiben können. Tierwohl liegt voll im Trend. Das zeichnet sich vor allem in den verschiedenen Labelprogrammen ab, die in den letzten Jahren entstanden sind. In vielen Programmen ist der Außenklimareiz neben anderen Vorgaben heute fester Bestandteil der Vorgaben.

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Neue Konzepte gefragt

Angesichts des anstehenden Richtungswechsels in der Veredlung entstehen mehr und mehr Außenklimaställe. Erinnerten die Pionierställe zunächst eher an enge Ställe mit viel Handarbeit, entstehen mittlerweile schicke, lichtdurchflutete Stallsysteme mit automatisch gesteuerten Windschutznetzen sowie computergesteuerter Futter- und Einstreutechnik.

top agrar stellt die neuen Schweinestallkonzepte in einer Serie vor. Dazu haben wir mehrere Landwirte besucht und uns die Haltung vor Ort erklären lassen.

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Reportage

„Unser Pig Port 5 ist zukunftsfähig“

Familie Muth-Köhne ist neu in die Mast eingestiegen. Anstatt einen konventionellen Maststall zu bauen, entschied sich Juniorchef Rainer für einen Pig Port mit Großgruppen und Einstreuroboter. Den Mist nutzt er für die Biogasanlage.

Familie Muth-Köhne hat schon mehrfach Mut bewiesen: Bereits in den 1970er-Jahren stiegen sie in der stark von der Milchviehhaltung geprägten Region im sauerländischen Schmallenberg in die Sauenhaltung ein. Mittlerweile hält der Betrieb gut 1.500 Sauen.

Im Jahr 2011 bauten sie zusammen mit einem Nachbarbetrieb eine Biogasanlage mit gut 1.100 kW Leistung und 2016 investierten Georg, Ursula und Juniorchef Rainer Muth-Köhne in die bis dato eher wenig verbreitete Futterfermentation. „Ein wenig gegen den Mainstream schwimmen und mal was Neues ausprobieren, das hat bei uns im Betrieb eigentlich immer gut funktioniert“, betont Seniorchef Georg Muth-Köhne.

Sohn Rainer steht seinem Vater in puncto Experimentierfreudigkeit in nichts nach. So hat sich der 25-jährige Landwirtschaftsmeister vor gut zwei Jahren dazu entschlossen, neu in die Schweinemast einzusteigen. „Wir können mit den 1.500 Mastplätzen zwar nur einen Teil unserer eigenen Ferkel mästen. Es ist aber ein Anfang“, erklärt Rainer Muth-Köhne.

Außenklimastall mit Stroh

Beim Stallsystem hat sich die Familie bewusst gegen einen konventionellen Schweinemaststall mit Vollspaltenboden und Zwangslüftung entschieden. Entstanden ist stattdessen ein Außenklimastall mit Großgruppen, Stroheinstreu und komplett überdachtem Außenauslauf. Belegt wurde dieser erstmals im Dezember 2020. „Wir wollten ein Haltungskonzept bauen, das zukunftsfähig ist, mit dem wir jederzeit auf Bioproduktion umsteigen können und das beim Verbraucher auf eine große Akzeptanz stößt“, begründet Betriebsleiter Rainer Muth-Köhne seine Entscheidung.

Ins kalte Wasser gesprungen ist der junge Betriebsleiter aber nicht. Bevor der Stallbau beantragt wurde, reiste er viel herum und schaute sich Außenklima-Stallkonzepte bei Berufskollegen in Deutschland, Schweden, Österreich und Dänemark an.

Am Ende fiel die Entscheidung für die Mast im Außenklimastall nach intensiver Beratung mit Pig Port-Erfinder Rudi Wiedmann ohne Gegenstimmen in der Familie. Und dann ging alles ganz schnell. Bereits nach gut einem Jahr lag die Baugenehmigung vor. Zugute kam dem Landwirt dabei, dass der Stall im bergigen Sauerland auf einer Anhöhe von 450 m über Normalnull steht.

Zudem bot Rainer Muth-Köhne der Gemeinde an, einen Wanderweg zum Stall zu bauen. So können die Touristen den Auslauf und die Tiere sehen. Dadurch schafft er einen touristischen Mehrwert für die Urlaubsregion. „Ich bin dankbar, dass wir schnell bauen durften. Denn wenn neue Bau- bzw. Haltungskonzepte auf den Markt kommen, kann man oft nur am Anfang Vermarktungsvorteile mitnehmen“, ist sich Rainer Muth-Köhne sicher.

Der Stall besteht aus einer Halle mit Leimholzbindern und isolierten Trapezblechen als Dacheindeckung. Der Betonboden ist vollständig planbefestigt. An der nördlichen Wand des Stalles hängen elektrisch justierbare Doppelstegplatten, die Südseite ist offen. Hier liegt auch der komplett überdachte Außenauslauf. „Zur Überdachung gibt es bei gut 1.100 mm Regen pro Jahr keine Alternative“, betont Rainer Muth-Köhne.

Zum Stallinneren ist der Auslauf mit Windschutznetzen abgetrennt, die sich elektrisch hoch- und runterfahren lassen. Das passiert automatisch in Abhängigkeit von der Temperatur, der Windstärke und der Windrichtung. Die Fütterung arbeitet mit Trockenfutterautomaten, die automatisch befüllt werden.

Die Mastschweine stehen in 200er-Großgruppen, jedes Schwein hat 1,6 m2 Platz. Das schreibt der Vermarkter vor. Insbesondere das große Flächenangebot wirkt sich natürlich erheblich auf den Baupreis aus. Pro Mastplatz hat Familie Muth-Köhne deutlich über 1000 € investiert.

Der Einsatz von Stroh bedeutet, dass der Arbeitsaufwand steigt. Auch im Stall von Familie Muth-Köhne ist das so. Allerdings haben Vater und Sohn von Anfang an darauf geachtet, dass ihnen die Arbeit im neuen Stall nicht über den Kopf wächst bzw. sie nicht zu viel mit der Hand erledigen müssen.

Roboter streut Buchten ein

Neben der automatischen Airfeed-Fütterung haben sie sich deshalb auch für einen Einstreuroboter entschieden. Dieser fährt auf einer Hängeschiene ca. 3 m über den Buchten längs durch den Stall und wird automatisch befüllt. Rainer Muth-Köhne muss lediglich regelmäßig neue Quaderballen auf den Annahmetisch legen. „Die Einstreutechnik nimmt uns viel Arbeit ab. Diese freie Zeit können wir in die Tierbetreuung investieren“, berichtet der sauerländische Junglandwirt.

Der Roboter verfügt über verschiedene Abwurffunktionen. Er kann das Stroh auf einer Breite von bis zu 6 m im Stall verteilen oder es punktuell abwerfen. Wie oft der Roboter fährt, legt Rainer Muth-Köhne fest. Bislang orientiert er sich an der Jahreszeit und dem Gewicht der Schweine.

Momentan fährt der Roboter drei bis vier Mal pro Tag durch den Stall und ein Mal durch den Auslauf. Dabei werden knapp 500 g Stroh pro Tier und Tag gestreut. „Die Technik funktioniert wunderbar, hat aber auch ihren Preis. Rund 120.000 € hat allein die Robotertechnik gekostet“, gibt Muth-Köhne ehrlich zu.

Als Nachteil erweist sich die hohe Staubbelastung durch die Stroheinstreu. Da die Schweine quasi ständig damit beschäftigt sind und das Stroh zerkleinern, entsteht laufend neuer Staub im Stall. Muth-Köhnes versuchen die Belastung zu reduzieren, in dem sie die Ventilatoren, die sie im First eingebaut haben, kontinuierlich laufen lassen. „Durch die aktive Lüftung bekommen wir einen Teil des Staubes aus dem Stall. Zudem helfen die festen Abluftpunkte bei der Genehmigungsfähigkeit von solchen Stallsystemen“, betont Rainer Muth-Köhne.

Ausmisten von zwei Seiten

Auch zum Thema Ausmisten haben sich Vater und Sohn vorab viele Gedanken gemacht. Denn diese Arbeit soll schnell und einfach erledigt sein. Entscheidend ist aus ihrer Sicht, dass man mit dem Teleskoplader überall rasch hinkommt und nicht mit der Hand Mist aus den Ecken schaufeln muss.

Muth-Köhnes haben die Buchten so gebaut, dass die Großgruppen von beiden Stirnseiten aus mit dem Teleskoplader befahren werden können. Der Kontrollgang wurde extra 5 m breit gebaut. „Dank der zwei Zufahrtsmöglichkeiten können wir den Mist sehr schnell aus den Großgruppen schieben“, erklärt Georg Muth-Köhne.

Gemistet wird im Auslauf zwei Mal pro Woche, im Stall alle vier bis sechs Wochen. Das Misten des Auslaufs schafft eine Person bequem alleine. Dazu wird zuerst das äußere Gitter mit dem Teleskoplader leicht angehoben, dann werden die Schweine damit in den Innenbereich zurückgedrängt. Beim Zurückfahren zieht Rainer Muth-Köhne den Mist raus, nimmt dabei das Gitter mit zurück und hängt es wieder ein. Sobald alle Ausläufe gemistet sind, schiebt er den Mist auf die Mistlagerplatte. „Während der gesamten Entmistung brauche ich in der Regel nicht ein einziges Mal abzusteigen“, ist der Schmallenberger Landwirt zufrieden.

Nach den ersten sechs Betriebsmonaten zeigt sich, dass sich die tägliche Arbeit nicht wesentlich von der Arbeit in einem konventionellen Stall unterscheidet. Mehr Arbeit machen aber die Stroherntekette sowie das Ein- und Ausmisten. Muth-Köhnes kalkulieren mit rund 1,3 bis 1,5 Stunden pro Mastplatz und Jahr. Das sind gut 50% mehr als in einem konventionellen Maststall.

Vermarktung als Stufe 4-Tiere

Mit ihrem Außenklimastall ist Familie Muth-Köhne trotz AFP-Förderung finanziell erheblich in Vorleistung gegangen. Denn beim Bau stand noch nicht fest, ob sie ihre Frischluft-Schweine am Ende auch höherpreisig vermarktet bekommen. „Viele Angebote kommen erst rein, sobald der Stall steht“, lautet die Erfahrung von Rainer Muth-Köhne. Er und sein Vater verkaufen die Schweine aktuell über das Schlachtunternehmen Horst und Nico Brand in Lohne bzw. das Projekt „Reinert Herzenssache“ als Tiere der Haltungsformstufe 4.

Vorgabe hierbei ist, dass die Mastschweine im Offenfrontstall stehen, mindestens 1,5 m2 pro Tier zur Verfügung haben, keine Antibiotika erhalten, organisches Beschäftigungsmaterial zur Verfügung haben und GVO-freies Futter fressen.

Die zahlreichen Haltungsvorgaben und der teure Strohstall haben ihren Preis. Georg und Rainer Muth-Köhne betonen, dass sie als Ausgleich für die höheren Kosten mindestens 40 bis 50 Cent pro kg Schlachtgewicht mehr benötigen. „Die Tierwohl-Mast geht richtig ins Geld und wird sich nur durchsetzen, wenn die Abnehmer bereit sind, mindestens die Mehrkosten auszugleichen. Wir müssen mit unseren Tieren Geld verdienen, sonst ist die Investition auf Dauer nicht sinnvoll“, fordern Muth-Köhnes langfristige Perspektiven und Preiszusagen seitens der Schlachter und des Handels.

Rundes Gesamtkonzept

Auch wenn derzeit noch nicht abzusehen ist, wie stark sich die Strohmast im Außenklimastall in Zukunft durchsetzt, Familie Muth-Köhne ist sich sicher, auf das richtige Pferd bzw. Schwein gesetzt zu haben. „Wir glauben, dass wir auf dem richtigen Weg sind, denn die Tierwohl-Schweine sind nicht nur gefragt. Der Außenklimastall passt auch sehr gut in unser Betriebskonzept. Den Mist zum Beispiel verwerten wir zeitnah in unserer Biogasanlage. Dadurch konnten wir die sehr teure Mistlagerplatte wesentlich kleiner bauen als üblich“, erklärt Junglandwirt Rainer Muth-Köhne.

Und er ist sich sicher: „Die Nutztierhaltung in Deutschland bleibt künftig nur dann im Land erhalten, wenn sie sich vom Weltmarkt abhebt, transparenter wird und der Verbraucher sie wieder besser akzeptiert.“

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Reportage

„Der Außenklimastall passt optimal zum Hofladen“

Familie Gödde betreibt einen eigenen Hofladen. Da passt der neue Pig Port 5-Außenklimastall gut ins Konzept. Hier sehen die Käufer, wie die Schweine gehalten werden.

Clemens Gödde und seine Frau Kathrin mästen in Balve im Sauerland Schweine und verkaufen einen Teil der Tiere über den eigenen Hofladen. Rund 20 Jahre erfolgte die Mast in Atlantic-Außenklimaställen. Mittlerweile waren die Holzställe in die Jahre gekommen und Göddes suchten nach Ersatz.

Die Familie entschied sich für einen Pig Port 5 mit rund 800 Mastplätzen. Im November 2020 wurden die ersten Mastläufer aufgestallt. „Wir wollten ein Stallkonzept, bei dem unsere Kunden sich die Haltung der Tiere jederzeit ansehen können. Außerdem war uns wichtig, dass uns die Arbeit trotz Stroheinsatz nicht über den Kopf wächst“, erläutert Clemens Gödde die Hintergründe der Entscheidung.

Ein Tiefstreustall oder ein Pig Port 3 schieden deshalb von vornherein aus. Beim Tiefstreustall hätte der Landwirt enorme Mengen Stroh einsetzen müssen, das im Sauerland ohnehin knapp ist. Und beim Pig Port 3, der aus einer Pultdachhalle besteht, wäre das Gebäude doppelt so lang geworden. „Die Laufwege wären extrem lang geworden, das wollte ich nicht. Zudem ist der Standort bei uns im bergigen Sauerland für so einen langen Stall gar nicht vorhanden“, beschreibt Clemens Gödde die Verhältnisse vor Ort.

Beim Pig Port 5, der aus einer Leimbinderhalle mit isoliertem Satteldach und 20 Grad Dachneigung besteht, gefällt ihm die kompakte Bauweise besonders gut. Die Arbeitsachsen sind kurz und übersichtlich. Den Auslauf kann Clemens Gödde der Länge nach entmisten. Dazu schwenkt er zunächst alle Absperrgitter herum und sperrt die Mastschweine in den Innenbereich. Anschließend schiebt er den Mist mit dem Teleskoplader der Länge nach vor die Stirnwand des Stalles und kippt diesen auf die im Stall integrierte, rund 95 m² große Mistlagerplatte. „Weil wir den Auslauf in einem Rutsch ausmisten können, benötigen wir dafür alle zwei bis drei Tage nur 30 Minuten“, ist der Landwirt mit der Lösung gut zufrieden.

Eingestreut wird derzeit per Hand. Ein Einstreuroboter bzw. eine Strohkette waren Familie Gödde eindeutig zu teuer. Der Landwirt und sein Mitarbeiter Fabian Dusny haben sich stattdessen einen Einstreuwagen gebaut, der an ein überdimensionales Bett mit Fahrgestell erinnert. Jeden Tag legen sie mit dem Teleskoplader einen Quaderballen Stroh auf den Wagen und schieben diesen an den Stirnseiten der Buchten entlang durch den Kontrollgang. Vor jeder Bucht wird ein Teil des Strohbundes in die Buchten geworfen. Die Schweine übernehmen das Verteilen. Der Strohverbrauch liegt bei 400 bis 500 g pro Tier und Tag. Das Einstreuen inklusive Tierkontrolle dauert ca. 45 Minuten.

Liegebereich im Norden

Das Einstreuen per Hand ist zwar arbeitsintensiver als bei jeder technischen Lösung, funktioniert aber gut. Auch der Stall selbst läuft prima, betonen Clemens und Kathrin Gödde. Mit den Tageszunahmen in Höhe von rund 800 g sind sie zufrieden, die Futterverwertung ist mit 1:2,9 allerdings ein wenig höher als üblich.

Gut ist die Tiergesundheit. „Klauen- oder Gelenkprobleme haben wir überhaupt nicht. Nur ab und zu husten einige Schweine. Ob das am Staub liegt oder am Wetter, kann ich noch nicht eindeutig sagen“, erklärt Clemens Gödde. „Die Schlachtbefunde sind jedenfalls unauffällig.“ Wichtig ist, dass man im Winter genug Stroh einstreut, zudem hat Clemens Gödde noch Kistendeckel über dem Liegebereich eingebaut.

Um kein Risiko einzugehen, hat sich Familie Gödde zunächst mehrere baugleiche Ställe angesehen und zu 100% an die Empfehlungen von Pig Port-Pionier Rudi Wiedmann gehalten. Der Kotbereich des Stalles liegt auf der Südseite, der Liege- bzw. Ruhebereich auf der Nordseite des Gebäudes. „Hier ist es bei hohen Temperaturen wesentlich kühler und wegen der mit Doppelstegplatten geschlossenen Längsseite tagsüber dämmriger. Das gefällt den Schweinen, sie ziehen sich daher gern in diesen Bereich zurück und Verschmutzungen sind selten“, berichtet Clemens Gödde von seinen Beobachtungen.

Wer sich für einen Strohstall entscheidet, sollte schmale, lange Buchten bauen. Denn dadurch werden die Abstände zwischen den verschiedenen Funktionsbereichen größer. Bei Familie Gödde ist jede Bucht knapp 25 m lang und gut 6,60 m breit. In der Mitte ist die Bucht geteilt, hier stehen die Futterautomaten und Tränken. Zwei Öffnungen sorgen dafür, dass die Tiere die Seiten jederzeit wechseln können. Und die Breite von 3,30 m auf jeder Seite reicht aus, um die Mastbuchten mit dem Teleskoplader bequem ausmisten zu können. „Durch die Unterteilung der Buchten in zwei Hälften können wir die Schweine zum Misten zunächst in die linke Buchtenhälfte sperren und die rechte Seite ausmisten. Danach treiben wir die Tiere rüber und entfernen den Mist auf der anderen Seite“, erklärt Mitarbeiter Fabian Dusny das Prozedere.

Bis 5 Grad Bodengefälle

Anders als bei einem Vollspaltenstall sammeln sich Flüssigkeiten auf der Betonplatte, wenn diese kein Gefälle hat. Im Stall von Familie Gödde weist die gesamte Bodenplatte leichtes Gefälle auf. Im Liegebereich reichen 1%, im Auslauf 3 bis 5%. Alle Flüssigkeiten werden in einer Harnrinne aufgefangen, die am Ende des Auslaufs im Boden eingelassen ist. In der Harnrinne, einem KG-Rohr mit 250 mm Durchmesser, sind in regelmäßigen Abständen Öffnungen eingelassen. Darauf liegt ein 5 mm starkes, rostfreies Edelstahlblech mit 5 mm Bohrungen. „Das fest aufgedübelte Lochblech liegt etwa 2 cm tiefer als der Betonboden und wird beim Entmisten automatisch mit freigeschoben“, erklärt Clemens Gödde.

Metzgervermarktung

Über 1.000 € pro Mastplatz hat Familie Gödde in ihren neuen Strohstall investiert. Viel Geld hat die Baugenehmigung gekostet, weil aufgrund zwischenzeit-licher Änderungen zwei separate Geruchsgutachten erstellt werden mussten. „Die Genehmigungsbehörden wollten aufgrund der fehlenden Berechnungsgrundlagen bei einem Außenklimastall auf Nummer sicher gehen. Zudem hat der Kreis die Gutachten zum NRW-Landesamt für Natur, Umwelt und Verbraucherschutz (Lanuv) geschickt, das dann die finale Entscheidung getroffen hat“, erklärt Clemens Gödde die langwierige Genehmigungsprozedur.

Preistreibend waren natürlich auch das große Platzangebot von rund 1,3 m² pro Schwein sowie die notwendigen Flächen für das Stroh- und Mistlager. Allein im Gebäude musste Familie Gödde vom beauftragten Bauunternehmen fast 1600 m² Fläche betonieren lassen. Hinzu kamen die zum Teil weitläufigen Rangierflächen außerhalb des Stalles.

Umso wichtiger ist für Clemens und Kathrin Gödde, dass sie ihre Schweine dauerhaft zu einem höheren Preis vermarktet bekommen. Ihre Tierverkäufe basieren derzeit auf mehreren Standbeinen. Etwa drei Schweine verkaufen sie jede Woche über ihren eigenen Hofladen im Sauerland. Weitere Schweine nehmen ihnen jede Woche zwei Metzger ab. Den Großteil der Tiere verkaufen sie über Rewe-Märkte in der Gegend.

Geschlachtet werden die Schweine mit rund 110 kg Schlachtgewicht bei Westfleisch in Gelsenkirchen, ein Metzger verarbeitet die zerlegten Hälften anschießend für Rewe zu Wurst und Fleisch. „Im Rahmen der Metzgervermarktung haben wir uns darauf geeinigt, dass die Schweine ohne Klassifizierungsmaske abgerechnet werden und wir einen festen Aufschlag auf den VEZG-Preis bekommen. Dieser muss bei mindestens 40 bis 50 Cent liegen, um wirtschaftlich arbeiten zu können“, erklärt Clemens Gödde das Abrechnungsmodell.

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Kommentar

Toll, aber auch teuer!

Die neue Generation Außenklimaställe kann sich sehen lassen. In den großen, hellen Hallen mit viel Frischluft lässt es sich aushalten – als Schwein und als Landwirt. Knackpunkt sind die Kosten: Der steigende Automatisierungsgrad erleichtert zwar die Arbeit, die Mistgabel hat ausgedient, der Zeitaufwand in den Ställen wächst aber trotzdem. Auch die Investitionskosten von über 1.000 € je Mastplatz sind kein Pappenstiel. Das Geld muss erst einmal zurückverdient werden. Und steigende Materialpreise treiben die Kosten weiter in die Höhe.

Wer sich letztendlich für ein solches Haltungssystem entscheidet, muss seine Vermarktung vor dem Bau langfristig gesichert haben. Und die Abnehmer müssen sich darüber im Klaren sein, dass man die Bauern nicht mit 10 oder 15 Cent mehr abspeisen kann. 50 Cent plus X, darunter geht es nicht! Und explodieren die Baukosten weiter, ist auch dieser Bonus Makulatur. Dann muss „nachgeschossen“ werden.

Schlachter, Handel und Verbraucher haben es in der Hand. Sollen künftig noch mehr Außenklimaställe mit Stroh entstehen, müssen sie Geld auf den Tisch legen. Passiert das nicht und wird die Strohhaltung unrentabel, stehen in den großen, hellen Hallen künftig Wohnwagen oder Wohnmobile.

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