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topplus Tierschutz-Nutztierhaltungsverordnung

Prof. Ziron: „Wir brauchen Flexibilität bei der Fixierung“

Laut Tierschutz-Nutztierhaltungsverordnung sollen im Deckzentrum und Abferkelstall künftig feste Zeiträume für die Fixierung gelten. Nötig wären aber flexible Zeitfenster, sagt Prof. Martin Ziron.

Lesezeit: 4 Minuten

Prof. Ziron, im Mai soll der Bundesrat über die Tierschutz-Nutztierhaltungsverordnung abstimmen. Welche der geplanten Vorgaben sehen Sie kritisch?

Ziron: Große Probleme sehe ich insbesondere im Hinblick auf die geplante Dauer der Fixierung von Sauen im Deckzentrum und Abferkelstall. Auch bei der Größe der Abferkelbuchten sollte sich die Politik vor der endgültigen Entscheidung noch einmal mit Wissenschaftlern beraten.

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Im Deckzentrum sind fünf Tage Fixierung im Gespräch. Reicht diese kurze Zeitspanne aus?

Ziron: Nein. Aus meiner Sicht brauchen wir mehr Spielraum. Das ist wichtig, weil ca. 3 bis 5% der Sauen später rauschen als der Rest der Gruppe. Diese Tiere müssen also länger im Deckzentrum bleiben. Der Landwirt hat aus Platzgründen aber nur die Möglichkeit, immer alle Sauen einer Absetzgruppe im Deckzentrum gleichzeitig auszustallen. Die spät rauschenden Sauen können also nicht im Kastenstand stehen bleiben. Laufen diese Tiere dann mit dem Rest der Absetzgruppe zusammen, kommt es zum Aufreiten, Unruhe und Verletzungen. Wenn die Fünf-Tage-Regelung beschlossen wird, befürchte ich, dass bis zu 5% der Sauen unnötig gemerzt werden müssen.

Wie viele Tage halten Sie für passend?

Ziron: Ich plädiere für mindestens sieben, besser acht Tage. Damit würde die Politik den Sauenhaltern helfen, unnötige Tierverluste zu vermeiden.

Rein theoretisch könnte man die Sauen zunächst in einer Arena laufen lassen und dann im Deckzentrum fixieren. Richtig?

Ziron: Die Ferkelerzeuger, die bereits mit einer Arena arbeiten, können so vorgehen. Diejenigen, die keine Arena besitzen, haben diese Möglichkeit nicht. Sie können auch keine Arena bauen, weil Umbaugenehmigungen derzeit nicht erteilt werden bzw. bei einem Änderungsantrag gegebenenfalls die Betriebsgenehmigung erlischt.

Ein weiterer Streitpunkt sind die Kastenstandbreiten. Es werden Breiten von bis zu 85 cm für große Sauen gefordert. Wie bewerten Sie das?

Ziron: Fakt ist, dass die Verletzungsgefahr steigt, wenn die Kastenstände zu breit sind. Das Kernproblem ist, dass sich die Sauen umdrehen. Das einmalige Umdrehen ist dabei gar nicht das Problem. Kritisch ist, dass Sauen, die sich einmal umgedreht haben, dies immer wieder versuchen.Verschiedene Untersuchungen zeigen, dass sich 7% der Jungsauen regelmäßig umdrehen, wenn der Kastenstand 65 cm breit ist. Bei den Altsauen drehen sich 15% der Tiere mehrmals täglich um, wenn der Kastenstand 75 cm oder breiter ist. Aus meiner Sicht sollten wir die Erfahrungen aus Dänemark, Österreich und der Schweiz nutzen. Dort müssen Kastenstände für Jungsauen 60 cm breit sein, bei Ständen für Altsauen sind Mindestbreiten von 70 cm vorgesehen. Wir dürfen bei der Diskussion auch den Landwirt nicht vergessen. Der Arbeitsschutz muss gewährleistet sein.

Thema Abferkelstall: Welche Vorgaben sollte der Gesetzgeber hier machen?

Ziron: Laut Entwurf darf die Sau frühestens einen Tag vor dem Abferkeltermin bis drei Tage danach im Ferkelschutzkorb fixiert werden. Diese Vorgabe soll generell gelten. Ich plädiere für variable Zeiträume, denn die Tiere verhalten sich z.T. sehr unterschiedlich. Sauen sind keine Maschinen. Bei unruhigen Sauen z.B. riskieren wir stark steigende Saugferkelverluste, wenn wir den Korb zu früh öffnen. Untersuchungen von Dr. Eckhard Meyer vom sächsischen Lehr- und Versuchsgut Köllitsch zeigen, dass die Saugferkelverluste im Vergleich zu einer sieben- bzw. zehntägigen Fixierung um 1 bis 2% ansteigen, wenn der Korb bereits fünf Tage nach der Geburt geöffnet werden muss.

Warum ist die Fixierung vor der Geburt so wichtig, man könnte die Fixierungsdauer doch auch komplett in die Tage nach dem Abferkeln legen?

Ziron: Die frühe Fixierung ist zum einen deshalb wichtig, weil sich die Sau dann in Ruhe an die Bedingungen im Ferkelschutzkorb gewöhnen kann. Zum anderen, weil durch die rechtzeitige Fixierung sichergestellt wird, dass der Tierbetreuer gefahrlos Geburtshilfe leisten kann.

Brauchen wir im Abferkelstall „Öffnungsklauseln“?

Ziron: Ja. Bei sehr unruhigen Sauen muss der Ferkelerzeuger die Möglichkeit haben, die Tiere während der Laktation gegebenenfalls längere Zeit im Ferkelschutzkorb stehen zu lassen. Das kann gerade bei Jungsauen sinnvoll sein, die oft sehr unruhig sind. Am Ende tun wir den neugeborenen Ferkeln damit einen großen Gefallen. Sollte der Gesetzgeber in Zukunft 6 m2 große Abferkelbuchten vorschreiben, plädiere ich dafür, die Fixierungsdauer auf mindestens zehn Tage zu verlängern. Das ist wichtig, weil die Sauen bei einem großen Bewegungsbereich während des Abliegens schwer Halt finden und sich daher abrupt fallen lassen. Einige Sauen rollen sich bei zu viel Platz außerdem von rechts nach links und umgekehrt. Sind die Ferkel noch sehr jung und schwerfällig bzw. langsam, steigen die Erdrückungsverluste im Abferkelstall überproportional stark an. Das können wir verhindern, wenn wir die Mütter etwas länger fixieren.

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