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Russland pumpt 3,3 Mrd. € in den Veredlungssektor

Russland baut seine Schweinefleischproduktion weiter aus und drängt in den Export. Im Visier: China. Wir sind wettbewerbsfähig, sagt Sergey Yushin vom russischen Nationalen Fleischverband.

Lesezeit: 5 Minuten

Mit Sergey Yushin vom russischen Nationalen Fleischverband sprach Vladislav Vorotnikov. Das Interview basiert auf einem Artikel, der zuerst in Pig Progress erschienen ist.

Herr Yushin, wo steht der russische Veredlungssektor heute?

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Yushin: Nach dem Zusammenbruch der Sowjetunion war Russland ­jahrzehntelang weltweit der größte ­Importeur von Schweinefleisch. Heute sind wir Exportnation.

Was sind die Gründe für den Erfolg?

Yushin: Wir haben 15 Jahre lang massiv investiert. Insgesamt sind über 12 Mrd. € Investitionen in den Sektor geflossen. Dank des massiven Kapi­taleinsatzes konnte die Produktion 2019 gegenüber dem Vorjahr nochmals um 150.000 t Schweinefleisch ­gesteigert werden. Bei den Exporten haben wir um 90.000 t zugelegt.

Wo wird in Russland Schweinefleisch produziert?

Yushin: Hauptsächlich im europä­ischen Teil unseres Landes, wo die ­Bevölkerungsdichte am höchsten ist. Dank der guten Logistik sind wir ­mittlerweile aber auch in der Lage, Schweinefleisch selbst in weit ent­fernte östliche Regionen unseres Landes zu fahren.

Wir investieren außerdem im Osten zusehends in Produktionskapazitäten. Das Ziel ist, nahe an den asiatischen Absatzmärkten Schweinefleisch zu produzieren. Mittelfristig ist unser erklärtes Ziel, russisches Schweinefleisch nach China zu exportieren.

Welche Folgen hat die Coronakrise für Russlands Schweinebranche?

Yushin: Den Schweinefleischsektor hat es bislang weniger stark getroffen als den Rindfleischbereich. Das liegt daran, dass Schweinefleisch seltener in der Gastronomie und Hotellerie ­verkauft wird. Die zuletzt gefallenen Schweinefleischpreise haben sogar den Absatz angekurbelt.

Belastend wirkt sich die Coronapandemie auf die Produktionskosten aus. Die eingeleiteten Vorsichtsmaßnahmen in den Betrieben kosten viel Geld.Keine Probleme haben wir bislang im Schlacht- und Zerlegebereich. Doch das kann sich schnell ändern, wie die Beispiele aus den USA und ­Europa zeigen.

Wie sieht die wirtschaftliche Situation der russischen Betriebe aus?

Yushin: Insgesamt war 2019 ein gutes Jahr für die Branche. Die Schlachtschweinepreise gingen erst zum Jahresende in den Keller und eine wesentliche Erholung ist bislang leider nicht in Sicht. Das trifft vor allem Produzenten, die erst vor kurzem in die Produktion eingestiegen sind. Insbesondere die Bankdarlehen belasten diese Betriebe stark.

Sehr stabil laufen Betriebe bzw. ­Unternehmen, die vertikal integriert sind. Dank ihrer Größe von oft mehreren tausend Sauen, liegen deren Produktionskosten umgerechnet bei rund 1,40 € je kg Schlachtgewicht (SG).

Rechnen Sie mit weiteren ­Investitionen?

Yushin: Bis Ende 2023 erwarten wir die Fertigstellung zahlreicher neuer ­Betriebe und Gesamtinvestitionen in den Sektor von über 3 Mrd. €. Laut unserer Prognose wird der Kapazitätsausbau bei rund 300.000 t Schweinefleisch liegen. Das Geld stammt dabei aus verschiedenen Quellen. Große Familienunternehmen wie z. B. Miratorg oder Cherkizovo investieren weiterhin große Summen. Auch ehemalige Politiker liebäugeln mit der Schweinefleischproduktion. Die Oligarchen hingegen suchen sich – anders als oft behauptet wird – eher andere Investitionsfelder.

Der Staat hat die Schweinefleisch­produktion bislang stark gefördert. Bleibt es dabei?

Yushin: Nein, es werden keine zinsgünstigen Darlehen mehr für den Bau von neuen Schweinefarmen ver­geben. Das ist auch gut so, weil dadurch kein zusätzlicher Druck auf den jetzt weitestgehend gesättigten russischen Markt ausgeübt wird.

Das alles hört sich traumhaft an. Was bereitet Ihnen Sorge?

Yushin: Kritisch sehe ich derzeit die steigenden Umweltanforderungen für Schweine haltende Betriebe. Der Gesetzgeber will Schweinehalter in die höchste Gefahrenstufe einordnen. ­Dadurch entstehen immense Zusatzkosten z. B. bei der Güllelagerung.

Schmerzhaft sind auch die neuen Auflagen zur ASP-Sicherheit. Ein Betrieb mit 3.000 bis 5.000 Sauen muss für Schutz- bzw. Biosicherheitsmaßnahmen wie Umzäunung, Hygieneschleuse etc. über 500.000 € ausgeben. Diese Summen könnten wir uns ­sparen, wenn die Regierung die ASP zielgerichteter bekämpfen würde.

Was ist aus Ihrer Sicht jetzt zu tun?

Yushin: Wir müssen vor allem die Hinterhofhaltungen besser kontrollieren, deren Anteil an der Gesamtproduktion aktuell 10 % beträgt. Diese werden zwar auch künftig nicht komplett verschwinden, weil sie in weit abgelegenen Regionen überlebenswichtig für die ländliche Bevölkerung sind. Es geht aber nicht, dass Hausschweine frei im Wald laufen und Kontakt zu infizierten Wildschweinen haben.

Ein zweites Problem ist, dass viele in den Großanlagen Beschäftigte selbst Schweine im Garten halten und das ­Virus dadurch immer wieder in die professionell aufgestellten Betriebe gelangt. Um das künftig zu vermeiden, verbieten viele Arbeitgeber ihren An­gestellten inzwischen die eigene Schweinehaltung.

Die ASP-Ausbrüche gefährden Ihre ambitionierten Exportziele. Richtig?

Yushin: Das ist so. Wir haben deshalb ein Regionalisierungsprogramm gestartet, um Fleisch aus virusfreien ­Regionen weiterhin auf den Exportmärkten absetzen zu können. Das ­Projekt beinhaltet unter anderem ein System zur elektronischen Rückverfolgbarkeit, um die Lieferketten transparenter machen zu können.

Auch in Russland werden wir künftig mit regionalen ASP-Ausbrüchen ­leben müssen. Entscheidend ist, dass wir das Virusgeschehen dann aber vor Ort schnell in den Griff bekommen.

Sie sagen, dass China künftig ihr ­Exportziel Nr. 1 sein wird. Warum?

Yushin: Der chinesische Markt ist ­riesig, zudem liegt er quasi vor unserer Haustür. Trotz der guten Beziehungen beider Länder wird der Export aber nicht von alleine laufen. Die Exportverhandlungen gestalten sich schwierig. Allein beim Geflügelfleisch haben wir sechs Jahre lang verhandelt, um Zugang zum chinesischen Markt zu bekommen. Bei Schweinefleisch wird es nicht leichter, befürchte ich.

Was ist das Problem?

Yushin: Soweit ich weiß, billigt das chinesische Landwirtschaftsministerium das russische ASP-Regionalisierungsprogramm nicht. Ein ähnliches, in Europa eingeführtes System, akzeptieren die Chinesen hingegen. Europä­ische Staaten dürfen den chinesischen Markt mit Schweinefleisch beliefern.

Welche Exportmärkte haben Sie noch im Visier?

Yushin: Südkorea und Japan sind für uns interessant, bislang aber haben wir keine Liefererlaubnis. Solange werden wir uns auf die Märkte in Afrika, ­Vietnam, Singapur, Venezuela und die GUS-Staaten konzentrieren. Gespräche laufen auch mit Vertretern der Philippinen und Indonesien.

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