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Sauen: Gute Kondition, gute Leistungen

Für hohe Leistungen und gute Fruchtbarkeit in der Säugephase spielt die Körperkondition der Sauen eine wichtige Rolle. Um die Fütterung optimal abzustimmen, müssen Sie die Kondition regelmäßig prüfen.

Lesezeit: 10 Minuten

Laktierende Sauen müssen immer höhere Leistungen bringen. Die Wurfgrößen steigen und künftig sind deutlich längere Säugezeiten vorgesehen. In Stufe 2 des Borchert-Plans sind 28 Tage vorgesehen, in Stufe 3 im Schnitt sogar 35 Tage.

Damit die Sauen in dieser Zeit nicht schlapp machen, müssen die Tiere top konditioniert in die Laktation starten. Worauf im Detail zu achten ist, darüber sprach top agrar mit Tierarzt Dr. Andreas Palzer, Fachtierarzt für Schweine aus Scheidegg in Bayern.

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„Die korrekte Konditionierung spielt eine wesentliche Rolle für die Gesundheit und Leistungsfähigkeit der Sauen. Sowohl eine Unter- als auch eine Überkonditionierung wirken sich negativ aus“, erklärt Dr. Andreas Palzer. Sind die Sauen zu mager, können während der Trächtigkeit vermehrt Rangkämpfe auftreten, weil die Tiere ein Hungergefühl verspüren. Bei Überkonditionierung leidet hingegen oft die Fruchtbarkeit. Hinzu kommen Klauen- und Gelenkprobleme sowie Schwergeburten.

Energiereserve für die Laktation

Ein Maßstab, um den Konditionszustand zu beurteilen, ist die Rückenspeckdicke. Der Rückenspeck dient als Energiereserve während der Laktation, in der die Sauen hohe Leistungen bringen müssen. Um den Rückenspeck in der Säugezeit gezielt nutzen zu können, muss dieser zuvor während der Tragezeit durch eine entsprechende Konditionsfütterung aufgebaut werden.

„Sobald die Sau in die Laktation kommt, kann sie ihren Erhaltungs- und Leistungsbedarf nicht mehr allein über die Futteraufnahme decken. Für die erhöhte Milchleistung muss sie dann Körpermasse bzw. Energie abbauen“, beschreibt Andreas Palzer die Zusammenhänge. Dies geschieht über die Reserven aus dem Rückenspeck.

„Ein gewisser Abbau der Körpermasse in der Säugephase ist dabei aber durchaus gewünscht, ansonsten leidet die Fruchtbarkeit“, erklärt der Experte. „Zu viel Fett sollte die Sau jedoch auch nicht einschmelzen“, schränkt Palzer ein. „Denn dann muss die Sau nach dem Absetzen zunächst viel Körpermasse aufbauen, so dass die Fruchtbarkeit hinten ansteht und damit sinkt“, erklärt der Tierarzt. Als Faustregel gilt: Der Substanzverlust während der Laktation sollte mindestens 5% und maximal 10% des Körpergewichts der Sau betragen.

Regelmäßige Kontrolle

Im Produktionsrhythmus gibt es zwei kritische Zeitpunkte: Vor dem Abferkeln sowie nach dem Absetzen. „Zu diesen Terminen sollten Sauenhalter regelmäßig eine Konditionsbeurteilung vornehmen“, erklärt Tierarzt Palzer.

Vor dem Abferkeln kann durch die Konditionsmessung überprüft werden, ob die Sau während der Trächtigkeit genügend Energiereserven in Form von Rückenspeck für die anstehende Laktation aufgebaut hat. Nach dem Absetzen erhält man durch die Messung eine gute Aussage darüber, ob die Sau in der Säugezeit genügend Körpermasse eingeschmolzen hat.

Für die Messung der Körperkondition gibt es verschiedene Varianten. Für die Routinekontrolle empfiehlt Andreas Palzer eine einfache und praktikable Methode, die der Landwirt mit wenig Zeitaufwand in den Arbeitsalltag integrieren kann. Von der Konditionsmessung per Auge rät der Experte jedoch ab. „Das führt bei verschiedenen Anwendern oft zu unterschiedlichen Ergebnissen und ist ungenau“, so Palzer.

Daher rät der Tierarzt z.B. zum Einsatz eines Messschiebers. Dieser liefert objektive Ergebnisse, die auch über längere Zeiträume miteinander vergleichbar sind. Durch die einfache Handhabung wird er von den Sauenhaltern gut angenommen und auch kontinuierlich benutzt, lautet die Erfahrung des Tierarztes. Einen Erfahrungsbericht zum Einsatz des Calipers lesen Sie in der Betriebsreportage auf Seite S16.

„Sind die Sauen viel zu dünn oder viel zu fett, sollten Sauenhalter mehr Zeit investieren und ausführlich nach den Ursachen forschen“, rät Dr. Palzer. Dazu eignet sich ein Scan der Rückenspeckdicke, womit Sauenhalter auch einen Berater beauftragen können. Dabei ist eine möglichst genaue Messmethode gefragt, um die passenden Gegenmaßnahmen treffen und deren Erfolg beurteilen zu können.

„Die exakte Dicke des Rückenspecks zu messen ist bei der Routinekontrolle weniger wichtig. Entscheidend sind kontinuierliche Messungen, die dem Landwirt Auskunft über den Auf- und Abbau der Körpersubstanz während des Produktionsrhythmus liefern“, erklärt Dr. Palzer. Für den Vergleich der Werte ist es daher wichtig, dass der Betrieb immer mit dem gleichen Gerät misst. Die optimale Methode muss betriebsindividuell gefunden werden.

Fütterung anpassen

Bei größeren Konditionsproblemen im Bestand sollten Landwirte ihren Tierarzt und Futtermittelberater hinzuziehen. Meistens liegt die Ursache nicht in der Zusammensetzung des Sauenfutters. Vor allem Fertigfutter sind in der Regel passgenau auf die Bedürfnisse der Tiere abgestimmt.

Stattdessen passt die Menge des zugeteilten Futters oft nicht, sodass die Sauen zu wenig bzw. zu viel Futter erhalten. Bei einer Abruffütterung, die jede Sau einzeln versorgt, lässt sich die Futterkurve leicht anpassen. In Gruppenhaltungssystemen mit z.B. Langtrögen ist die korrekte Futterzuteilung hingegen schwieriger. „Einige Sauen fressen schneller als andere. Letztendlich muss aber jede Sau die benötigte Futtermenge aufnehmen können, ohne dass ihnen die Buchtengenossinnen etwas wegfressen“, so Dr. Palzer weiter. Daher ist eine Gruppenzusammenstellung der Sauen nach Konditionsklassen extrem wichtig.

Nahezu alle Sauenherkünfte zeigen heutzutage hohe Aufzuchtleistungen mit einem ausreichenden Körpermasseabbau während der Laktation. Bei der optimalen Kondition gibt es jedoch durchaus Unterschiede. Die Sauen einiger Genetiken verfetten schneller als andere. Manche Herkünfte benötigen eine höhere Rückenspeckauflage, damit sie optimale Leistungen abrufen können. Daher können Empfehlungen zwischen den Genetiken nicht immer übertragen werden.

„Bei der Frage nach der optimalen Rückenspeckdicke sollten sich Sauenhalter nicht zu sehr an Standardwerten aus der Literatur orientieren, sondern die Kondition betriebsindividuell beurteilen“, empfiehlt der Experte. Die Zuchtunternehmen kennen die optimale Kondition der jeweiligen Genetik und können eine passende Futterkurve für die Tragezeit zusammenstellen, so der Rat von Dr. Palzer.

Jungsauen Selektieren

Wichtig für die spätere Lebensleistung ist außerdem eine korrekte Konditionierung der Jungsauen zur Erstbelegung. Hier sollten Sauenhalter die Dicke des Rückenspecks exakt bestimmen, um gezielt Sauen für die weitere Zucht auswählen zu können. Das gilt insbesondere für Eigenremontierer.

Dazu bietet sich wiederum ein Scan der Rückenspeck- und Muskeldicke an. Über die Funktionsweise lesen Sie Dienstag mehr in der folgenden Reportage. Daneben sollten Sauenhalter auch das Körpergewicht der Tiere überprüfen, rät der Tierarzt.

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R E P O R T A G E

Selektion mit exakten Messwerten

Durch die Anschaffung eines eigenen Scanners ist Martin Schröder bei der Konditionsbestimmung sehr flexibel. Anhand der Rückenspeck- und Muskeldicke selektiert er seine Jungsauen.

Ein eigener Scanner muss her! So lautete der Entschluss von Sauenhalter Martin Schröder aus Lünne im Emsland (Niedersachsen), der seit 2009 Eigenremontierung betreibt. In der Vergangenheit hatte er den Scanner-Service der Genossenschaft zur Förderung der Schweinehaltung (GFS) genutzt. Ein Fruchtbarkeitsberater kam damals regelmäßig auf den Betrieb mit 280 Sauen, um im Drei-Wochen-Rhythmus die Kondition der Jungsauen zu bestimmen. Häufig wurden diese Termine mit der Trächtigkeitsuntersuchung kombiniert.

Betriebsleiter Schröder wünschte sich jedoch mehr Flexibilität und Unabhängigkeit bei der Konditionsbeurteilung. Seit vier Monaten besitzt der 43-Jährige nun ein eigenes Gerät. Nach einer Einweisung durch die GFS beherrscht er den Umgang mit dem Scanner mittlerweile routiniert.

Insbesondere Eigenremontierer sollten die Kondition der Jungsauen genau messen. Eine schlechte Kondition zur Erstbelegung kann sich auf die gesamte Lebensleistung der Sau auswirken. Denn Jungsauen wachsen zu diesem Zeitpunkt meist noch. „Werden die Sauen zu früh belegt, kann dies das Wachstum stören und die Trächtigkeit eine Belastung darstellen. Dadurch sinken dann die Leistungen“, erklärt Gerd Vahrenhorst von der GFS.

Kabelloser Scanner

Der Scanner besteht aus einem herkömmlichen Tablet mit robuster Schutzhülle und einem Ultraschallkopf. Beides ist kabellos miteinander verbunden. Auf dem Tablet ist ein spezielles Messprogramm vorinstalliert.

Das Scannen des Gewebes erfolgt über Ultraschallwellen. Auf dem Bildschirm erhält Martin Schröder eine genaue Aufnahme von der Körpersubstanz. Der Rückenspeck erscheint dabei in weißen Linien auf dem Bildschirm, dunkle Felder bilden den darunter liegenden Muskel ab. Die Grenzen dieser beiden Schichten stellt das Gerät durch blaue Linien dar. Dazu zeigt es die genauen Messwerte in Millimetern an.

Der richtige Messpunkt liegt auf Höhe der letzten Rippe, etwa 5cm nach rechts oder links von der Wirbelsäule entfernt. Etwa 30 Sekunden vor der Messung trägt Landwirt Schröder ein Ultraschallgel auf den Rücken der Sau auf, damit der Scanner einen noch besseren Kontakt aufbauen kann.

Regelmäßige Kontrolle

Gerd Vahrenhorst empfiehlt die Bestimmung der Rückenspeckdicke ab dem 180. Lebenstag. In diesem Alter werden die Tiere üblicherweise von den Vermehrungsbetrieben angeliefert bzw. aus der Aufzucht in den Quarantänestall umgestallt. Der Rückenspeck sollte dann etwa 9–12 mm stark ausgeprägt sein, die Muskeldicke sollte ca. 50 mm betragen. Der Rückenspeck zeigt dabei die aktuelle Ernährungssituation der Sauen, die Muskeldicke spiegelt die langfristige Versorgungslage wider.

Nach drei bis sechs Wochen ist eine Wiederholung der Messung empfehlenswert. Am 220. Lebenstag sollte die Rückenspeckdicke dann bei etwa 14–16 mm liegen. Wichtig ist vor allem die Entwicklung der Messwerte. Rückenspeck und Muskel sollten kontinuierlich wachsen.

Krankheiten und andere Einflüsse, wie z.B. schlechte Futterqualitäten, können dazu führen, dass die Körpersubstanz wieder abgebaut wird. „Durch regelmäßige Messungen können Sauenhalter einen Substanzverlust frühzeitig feststellen und schnell reagieren“, rät Berater Vahrenhorst.

Zu dünne Sauen sollten so lange auf Kondition gefüttert werden, bis die Werte wieder passen. Zum Erstbelegungsdatum sollte der Rückenspeck etwa 16–18 mm betragen. Treten in der gesamten Sauengruppe Abweichungen auf, müssen Landwirte genauer nach den Ursachen forschen.

Martin Schröder scannt grundsätzlich alle Jungsauen um anhand der Messung die richtige Selektionsentscheidung treffen zu können. Dazu treibt er sie am 180. Lebenstag im Jungsauen-Quarantänestall auf eine Waage im Gang. „Die Sauen sind dadurch kurzzeitig fixiert, sodass ich den Messpunkt schnell finde und der Ultraschallkopf nicht verrutschen kann“, erklärt Schröder. Das gesamte Prozedere dauert pro Sau etwa eine Minute. Gleichzeitig erfasst er das Gewicht der Sau sowie die Anzahl der Zitzen und beurteilt das Exterieur.

Die Messwerte pflegt Schröder anschließend in die App seines Sauenplaners ein. Dieser exportiert die Zahlen wiederum in die Karteikarte der Sau in Excel. Eine Farbampel zeigt ihm dort, ob der Wert passt. „Liegt die Rückenspeckdicke unter 15 mm und die Muskeldicke unter 50 mm, verfärbt sich das Feld rot. Diese Sauen selektiere ich dann aus und paare sie nicht weiter an“, erklärt der Landwirt.

Die Kosten des Scanners liegen bei 2600€ netto. Für Schröder macht sich das eigene Gerät bezahlt: „Ich bin dadurch im Produktionsablauf flexibel und muss auf keinen Außendienstmitarbeiter warten. Außerdem kann ich den Scanner zusätzlich zur Trächtigkeitsuntersuchung nutzen.“ Ein weiterer Pluspunkt ist für ihn die hohe Biosicherheit, da der Scanner nicht von Betrieb zu Betrieb getragen wird.

Bei Fragen Hilft der Fachmann

Bei Unsicherheiten kann sich Schröder jederzeit an die GFS wenden. Die Aufnahmen des Scanners lassen sich zur Ferndiagnose schnell per E-Mail verschicken. Alternativ schaut einer der Berater auf dem Betrieb vorbei, um die Handhabung des Geräts zu überprüfen.

Für ein korrektes Messergebnis ist es wichtig, die Einstellung von Zeit zu Zeit mit anderen Scannern abzugleichen. „Durch regelmäßige Messungen stellt sich aber eine Routine ein, sodass die Werte sicherer werden“, meint Experte Gerd Vahrenhorst. Bei Ausreißern sollte wiederholt gemessen und der Messpunkt ggf. korrigiert werden.

In Zukunft möchte Schröder noch eine zweite Messung am 220. Lebenstag der Jungsauen vornehmen. So kann er die Entwicklung der Kondition noch besser beurteilen und in die Selektionsentscheidung mit einbeziehen.

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