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Schlachtschweine künftig ohne CO2 betäuben?

Schlachtschweine werden meist mit CO2 betäubt. Allerdings steht das Verfahren aus Tierschutzgründen in der Kritik. Gibt es alternative Betäubungsgase ohne Nachteile für die Fleischqualität?

Lesezeit: 3 Minuten

Über die CO2-Betäubung von Schlachtschweinen wird seit Jahren diskutiert. Sie bietet Vorteile wie den gruppenweisen und damit stressarmen Zutrieb und ermöglicht ein effizientes Arbeiten am Schlachthof mit hohem Durchsatz. Üblicherweise werden jeweils zwei bis sechs Tiere mithilfe einer Gondel in einen Betäubungsschacht abgesenkt, der mit Kohlendioxid geflutet ist.

Zwei Systeme in der Praxis

Mangels Sauerstoff verlieren die Schweine das Bewusstsein und können anschließend fachgerecht entblutet sowie geschlachtet werden. Je nach Technik und Anzahl der Gondeln spricht man vom Dip­lift-System (eine Gondel) oder vom Pater­noster-Verfahren (mehrere ständig umlaufende Gondeln).

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Problem: Aversiv-Verhalten

Das Betäubungsverfahren wird in den meisten größeren Schlachtbetrieben angewendet und funktioniert. Allerdings steht es aus Tierschutzgründen wegen der aversiven Wirkungen bei den Tieren in der Kritik: Vor allem zu Beginn der Betäubung kommt es zu Atemnot, Lautäußerungen und Fluchtreaktionen. Seit Langem forschen Wissenschaftler deshalb an besser geeigneten Betäubungsgasen.

Im Verbund­projekt „TIGER“ beispielsweise haben das Friedrich-­Loeffler-Institut (FLI), die Georg-August-Universität Göttingen, der Vion-Schlacht­hof in Perleberg und der Gase- und Technologie­lieferant Air Liquide seit 2020 nach alternativen Gasen für eine schonendere Betäubung gesucht.

Unterstützt wurde das Vorhaben unter anderem vom Bundeslandwirtschaftsministerium, dem Verband der Fleischwirtschaft, vom QS-Wissen­schaftsfonds sowie von der Förde­rer­gesellschaft für Fleisch­for­schung in Kulmbach. Erste Ergebnisse wurden in der vergangenen Woche in Göttingen vorgestellt.

Stress und Angst vermeiden

Wie Dr. Inga Wilk und Dr. Jonas Knöll vom FLI erklärten, wurden bei TIGER als Alternative zum herkömmlichen CO2 die sogenannten Inertgase Argon (Ar) und Stickstoff (N2) sowie verschiedene Mischungen von diesen mit CO2 getestet. Neben Tierschutzfragen ging es im Projekt um die Auswirkungen der Ersatzgase auf die Fleischqualität sowie um die Praktikabilität und Wirtschaftlichkeit einer Gasumstellung in den Schlachtbetrieben. Bei den Messungen, Videoanalysen und weiteren Projektuntersuchungen ist unter anderem Folgendes herausgekommen:

Im Vergleich zu CO2 in hohen Konzentrationen führten alle untersuchten Inertgasgemische zu ­einem geringeren aversiven Verhalten der Schweine.

Genexpressions-Analysen im Angstzentrum des Gehirns lieferten Hinweise auf eine stärkere Angstreaktion bei CO2-Betäubung.

Die Fleischqualität im Blick

Bei der Fleischqualität gab es im Projekt zwar marginale Unterschiede zwischen herkömmlichen und alternativen Betäubungsgasen. Die Wissenschaftler messen diesen aber derzeit kaum praktische Relevanz zu: Der pH45-Wert lag bei N2-Betäubung etwas niedriger als beim CO2-Einsatz.

Die Lager- und Kochverluste waren etwas höher, aber ebenso wie Zartheit und Fleischfarbe vergleichbar mit denen der bisherigen Schlachtmethode. Die sensorische Prüfung mittels Testpersonen ergab ebenfalls keine signifikanten Unterschiede.

Mehr Zeit nötig

Auch technisch ist eine Umstellung vorhandener Anlagen auf alternative Betäubungsgase relativ einfach möglich.

Um eine garantierte Betäubungsrate von mindestens 99,5 % zu erreichen, müssen reine Inertgase jedoch etwa 40 % länger auf die Schweine einwirken als CO2. Das senkt den Durchsatz im Schlachtbetrieb oder macht Kapazitätserweiterungen in der Betäubung notwendig.

Durch solche Investitionen und höhere Gaskosten bei Einsatz von beispielsweise Argon verteuert sich die Fleischerzeugung. Die Betäubungskosten liegen jedoch weiterhin deutlich unter 1 ct/kg.

Weiterer Forschungsbedarf

Dennoch besteht weiterer Forschungsbedarf – vor allem, weil die Erkenntnisse zum Tierverhalten und zur Fleischqualität im Projekt bislang durchweg beim Einsatz der Diplift-Technik gewonnen wurden. Sie sollen möglichst im Paternoster-Verfahren verifiziert werden, welches in der Praxis weiter verbreitet ist. Ein entsprechender Tierversuch war auch bereits genehmigt. Der vorgesehene Vion-­Schlachthof ist jetzt aber als Projektpartner ausgefallen.

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