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topplus „Faire Preise trotz Vertrag“

Schweinemarkt: Was bedeuten Lieferverträge für die VEZG-Preisfindung?

Die Schweinevermarktung verändert sich. Wie stehen die Erzeugergemeinschaften dazu, die das Angebot bündeln und für höhere Erzeugerpreise kämpfen? Funktioniert das Modell weiterhin?

Lesezeit: 5 Minuten

Der Vormarsch der Lieferverträge gefährdet die seit über 20 Jahren ­funktionierende VEZG-Preisfindung. Schweine der Initiative Tierwohl sind künftig überwiegend an den Abnehmer gebunden und können nicht mehr flexibel vermarktet werden. Dr. Albert Hortmann-Scholten be­fürchtet, dass das Zuschlagswesen am Schweinemarkt weiter ausufert und die Transparenz verloren geht.

Immer mehr Schweinehalter unterschreiben Verträge für Schlachttiere. Wie bewerten Sie als Geschäftsführer der Vereinigung der Erzeugergemein­schaften (VEZG) die Lage?

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Hortmann-Scholten: Das stimmt. Die Vertragsvermarktung wurde im letzten Jahr durch den Schweinestau im Herbst/Winter und die ­an­stehende Umstellung der Inititive ­Tierwohl (ITW) auf die sogenannte „Marktlösung“ mit Nämlichkeit ­an­geschoben. Auch Erzeugergemeinschaften (EZG) müssen darauf ­rea­gieren und sich neu positionieren, ­damit sie weiterhin ihre Kern­aufgaben erfüllen ­können.

Welche Aufgaben meinen Sie, und ­warum ist diese gefährdet?

Hortmann-Scholten: Die Erzeuger­gemeinschaften bzw. die Dachorganisation VEZG hat am nordwesteuro­päischen Schweinemarkt eine maß­gebliche Funktion bei der Preisbildung. Der Handel bündelt das Schlachtvieh von den Erzeugern, um es bestmöglich an die Schlachthöfe zu vermarkten. An diesem Kernauftrag ändert sich nichts. Allerdings wachsen die logistischen Ansprüche, da sich die Erzeuger beim Thema Tierwohl nun unterschiedlich schnell entwickeln. Einige EZG-Mitglieder liefern weiterhin ­Standardschweine, während andere Betriebe Tiere der LEH-Haltungs­formen 2 bis 4 anbieten.

Was bedeutet das für die ­Preis­findung?

Hortmann-Scholten: Für die Preis­empfehlung der VEZG spielen Tiere, die zu wesentlich höheren Standards, z. B. im Rahmen von Festverträgen, ­erzeugt wurden, eine untergeordnete Rolle. Sie sind vertraglich an einen ­Abnehmer gebunden und können nicht mehr umgeleitet werden.

Wie wollen Sie sich als VEZG bei so vielen Vertragstieren noch gegen den Druck der Schlachter wehren?

Hortmann-Scholten: Nun, noch überwiegt der „freie Markt“. Der Marktanteil der ITW-Schlachtschweine liegt Mitte 2021 bei ca. 30 %. Der überwiegende Anteil der Tiere wird ­somit noch in den herkömmlichen Vertriebswegen vermarktet. Selbst wenn die Fleischwirtschaft und der LEH die Tierwohlleistungen künftig besser vergüten und die Haltungsformen 2 bis 4 stark an Bedeutung gewinnen, wird ein größerer Teil der Schweine auch langfristig „frei“ vermarktet.

Warum müssen Schweinehalter ­überhaupt Lieferverträge un­ter­schreiben?

Hortmann-Scholten: Ohne eine ­Abnahmegarantie geht ein Mäster, der keine Standardschweine erzeugt, ein hohes Risiko ein, dass die ­er­brachten Vorleistungen nicht honoriert ­werden. Möglicherweise würden ­ITW-Schweine dann nur zum Basispreis ­abgerechnet. Genauso brauchen Schlachtunternehmen Planungssicherheit, wenn der Lebensmittelhandel (LEH) ab Juli die Nämlichkeit einführt und die Haltungsform 1 auslisten will. Ohne vertragliche Regelung funktioniert das nicht.

Aktuell sind vor allem die Dreiecksverträge zwischen Landwirt, Schlachter und Vermarkter auf dem Vormarsch. Ist dies das Modell der Zukunft?

Hortmann-Scholten: Dieses Modell favorisieren vor allem die großen Unternehmen wie z. B. Tönnies und Vion. Dabei übernehmen drei Mitglieder der Wertschöpfungskette Verantwortung für die Schlachttiere. Im Rahmen einer partnerschaftlichen Qualitäts- und Herkunftssicherung ist dies ein gutes Modell. Insbesondere durch die Rückverfolgbarkeit können Schwächen in der Qualitätssicherung schneller ­erkannt und aufgearbeitet werden.

Also favorisieren Sie dieses ­Modell ebenfalls?

Hortmann-Scholten: Nur mit Einschränkungen, denn es birgt auch ­Gefahren. Vermarktungsunternehmen könnten in solchen Dreiecksverträgen letzten Endes auf die reine Transportdienstleistung reduziert werden. Dies würde nicht nur die Wettbewerbs­fähigkeit der Erzeugergemeinschaften gefährden, sondern auch die Markt­transparenz in der Vieherfassung ­aushebeln.

Das müssen Sie erklären.

Hortmann-Scholten: In einer alleinigen Geschäftsbeziehung zwischen Landwirt und Schlachthof werden die Preise und Zuschläge zwischen diesen Partnern ausgehandelt. Wir wären nur noch Spediteure und bekämen eine Provision pro Tier. Dieser Markt läuft dann quasi unter dem Radar ohne ­Einblick der EZG.

Das untergräbt doch den Zweck ­einer EZG. Warum müssen die ­ITW-Schweine an den Schlachtbetrieb gekoppelt sein? Könnte eine EZG nicht auch diese Tiere bündeln, um die besten Zuschläge auszuhandeln?

Hortmann-Scholten: Ja, das wäre durchaus möglich und könnte bei knapp versorgtem Markt zu höheren Zuschlägen führen. Einige Erzeuger­gemeinschaften gehen auch diesen Weg. Andere wollen aber vor allem, dass die ITW sich erstmal weiterent­wickelt und zum 1. Juli verlässliche Mengen zur Verfügung stehen. Die Idee ist, dass dann bei Neuverträgen höhere Zuschläge möglich sind.

Welchen ITW-Bonus brauchen die Landwirte?

Hortmann-Scholten: Für das zweite Halbjahr kann der Landwirt nach ­jetzigem Stand nur 5,28 €/Schwein einkalkulieren. Dieser Ausgleichsbetrag ist in vielen Betrieben nicht kostendeckend und damit nicht marktgerecht. Bei älteren Ställen, in denen beispielsweise neue Fenster­fläche geschaffen werden muss, sind aufgrund der ­erheblichen Investitionskosten höhere Entschädigungssätze notwendig. Auch die Ferkelerzeuger haben unter den ­ge­genwärtigen Bedingungen das Nachsehen. Die angestrebte Nämlichkeit am ­deutschen Markt werden wir so nicht erreichen.

Was glauben Sie, wie sieht die ­Vermarktung von ITW-Tieren in der Praxis aus?

Hortmann-Scholten: Wir erwarten, dass das Zuschlagswesen weiter ­ausufert. Vor allem, wenn der Spitzen­bedarf in der Grillsaison oder zu Weihnachten bedient werden muss, könnten ITW-Schweine höhere Zuschläge ­erhalten. Sie werden dann aber wohl unabhängig von den 5,28 € bezahlt.

Wie lautet Ihre Empfehlung für die Schweinehalter beim Thema ­Vermarktung und Verträge?

Hortmann-Scholten: Es gibt keine pauschale Lösung. ­Einige Schweine­halter schaffen den Sprung mit einem Mehr an Tierwohl in die Direkt- oder Regionalvermarktung. Daher kann man nur raten, den Markt – auch lokal – intensiv im Blick zu behalten und alle Vermarktungs­optionen zu prüfen. Hierzu zählen natürlich auch Verträge mit Vermarktern und Schlachthäusern im Rahmen der ITW 3.0. Hier sehen wir aber noch Verhandlungsbedarf beim Preiszuschlag.

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