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Spaniens Schweinehalter spüren heftigen Gegenwind

Die spanische Schweinefleischerzeugung wächst seit Jahren rasant. Nun formiert sich Widerstand, vor allem gegenüber den Großbetrieben. Politik, Tier- und Umweltschützer nehmen die Bauern in die Zange.

Lesezeit: 16 Minuten

Die Zahlen sind beeindruckend: In den letzten 30 Jahren wuchs der spanische Schweinebestand von 15 auf über 30 Mio. Tiere. Allein in den letzten sechs Jahren betrug der Zuwachs gut 5 Mio. Schweine. „Jedes fünfte in der EU produzierte Schwein stammt heute aus spanischer Produktion“, betont Pablo Bernardos Hernández, Leiter des Fachbereichs Schwein und Geflügel beim spanischen Landwirtschaftsministerium in Madrid, stolz.

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Beachtenswert ist, dass die spanischen Produzenten ihre Spitzenposition seit Jahren immer weiter festigen. Zwar schwächt sich das Bestandswachstum etwas ab, weil aber der Zweitplatzierte Deutschland allein in den letzten zwölf Monaten über 3 % seiner Schweine verloren hat, steht Spanien heute unangefochten auf Platz eins in der Hitliste der größten EU-Schweinehalter.

Auch im Hinblick auf die Schweinefleischproduktion schicken sich die Südeuropäer an, den ersten Tabellenplatz von Deutschland zu übernehmen. Mit einer Jahresproduktion von rund 4,5 Mio. t Schweinefleisch liegen sie nur noch 1 Mio. t hinter Deutschland. Deutschland führt nur noch, weil die Schlachtgewichte im Schnitt gut 10 kg höher liegen.

Auch global gesehen arbeiten sich Spaniens Schweinehalter immer weiter nach vorn. Aktuell ist man der viertgrößte Schweinefleischproduzent weltweit. Der Umsatz in der Fleischindustrie liegt bereits bei gut 26 Mrd. € pro Jahr. Der Anteil an der spanischen Ernährungsindustrie beträgt 22%, am Bruttoinlandsprodukt 2,2%.

Veredlungshochburgen im Nordosten

Ähnlich wie in Deutschland konzentriert sich die Produktion sehr stark in wenigen Veredlungszentren. Die Hochburgen liegen im Nordosten des Landes. In der Region Katalonien stehen gut 24% der spanischen Schweine (7,8 Mio. Stück), in Aragonien etwa 26% (8,1 Mio. Stück). Vor allem Aragonien hat einen wahren Schweineboom erlebt. Zwischen 2009 und 2018 stieg der Bestand um mehr als 46% an, in Katalonien lag das Plus bei 17%. Große Bedeutung in der Veredlung hat auch noch die Region Kastilien-León. Hier stehen über 4 Mio. Schweine.

DER SPANISCHE SCHWEINEGÜRTEL

Strukturen ändern sich

Im Zuge der rasanten Entwicklung des spanischen Schweinefleischsektors verändern sich auch die Produktionsstrukturen. Die Zahl der Schweinehalter nahm mit bis zu 2800 Sauen- bzw. bis zu 7000 Mastplätzen in den letzten elf Jahren um 51% zu! Ein Plus von 16% gab es bei den Betrieben mit maximal 1200 Sauen bzw. 3000 Mastplätzen. Verlierer sind die kleineren, oft von Familien geführten Betriebe mit bis zu 400 Sauen oder 1000 Mastplätzen. Ihr Anteil sank um 25%. Noch deutlicher war der Rückgang bei den Kleinstbeständen mit weniger als 100 Schweinen. Das Minus betrug 47%.

Aktuell betreiben in Spanien knapp 47000 Betriebe intensive Schweinehaltung, so wie wir sie auch in Deutschland kennen. Hinzu kommen aber noch einmal fast 40000 sogenannte „sonstige Schweinehalter“. Dazu zählen die spanischen Behörden Höfe mit Eichelmast, Outdoorhaltung, Bioschweinehalter usw. Diese Betriebe sitzen vor allem in den westlichen Regionen Spaniens wie zum Beispiel Extremadura, Andalusien, dem westlichen Teil von Kastilien-León und Galizien.

MEGA-BETRIEBE WACHSEN DEUTLICH

Integrationsmodell dominiert

Während das Thema vertikale Integration in Deutschland noch immer in den Kinderschuhen steckt und vielfach kritisch gesehen wird, arbeiten die Spanier bereits seit den 1960er-Jahren mit diesem Modell. Die Formen sind dabei sehr unterschiedlich.

  • Zu einer Integration können z.B. die Mischfutterproduktion, die Ferkelerzeugung, die Aufzucht und die Mast gehören.
  • Die Zusammenarbeit kann sich aber auch auf die Sauenhaltung, Aufzucht, Mast, Schlachtung und Verarbeitung beziehen.
  • In einer dritten Variante arbeiten Ackerbauern, Futtermühlen und Sauenhalter zusammen.
  • Darüber hinaus gibt es Integrationen, die die gesamte Produktionskette abdecken. Das heißt, vom Futtereinkauf bis zum Fleischexport ist alles in einer Hand organisiert.

Das vertikale Integrationsmodell dominiert mit einem Anteil von 65% die spanische Schweinefleischproduktion ganz klar. Allein die 20 größten Unternehmen haben fast zwei Drittel Marktanteil. 17% der Erzeugung findet in Genossenschaften statt. Einige Genossenschaftsmodelle entsprechen dabei sehr stark dem Integrationsmodell. Auch hier ist die Konzentration groß. Die sieben größten Genossenschaften kommen auf einen Marktanteil von 72%. Freie Landwirte sind in der Minderheit. Ihr Anteil an der Gesamtproduktionsmenge beträgt nur noch 18%.

INTEGRATIONSMODELL LIEGT KLAR VORN

Nach Aussage von Pablo Bernardos Hernández ist das Integrationsmodell in Spanien fest etabliert. „Den größten Vorteil sehen viele Landwirte in dem geringeren Marktrisiko“, betont der Fachmann. Er erklärt: „Der Betriebsleiter stellt z.B. den Stall und seine Arbeitskraft zur Verfügung und erhält dafür eine Vergütung. Außerdem sorgt er für die Verteilung der Gülle. Um den Futterbezug, die tierärztliche Versorgung, die Vermarktung usw. kümmert sich der Integrator.“

Positiv bewertet Hernández zudem die Tatsache, dass der Integrator ein viel größeres finanzielles Polster hat, effiziente Strukturen aufbauen und neue Absatzmärkte besser erschließen kann. „Die Größe der Integration zahlt sich vor allen in schwierigen Marktphasen aus“, betont Hernández.

Der Experte aus dem Ministerium verschweigt aber auch die Nachteile nicht. Er gibt zu, dass die Handlungsfähigkeit des einzelnen Landwirts stark eingeschränkt ist. „Keine Frage, der Landwirt verliert die Kontrolle über sein Geschäft. Er hat keinen Einfluss auf den Ein- und Verkauf der Schweine und Produktionsmittel wie Futter oder Arzneimittel“, so Hernández. Als Nachteil sieht er auch die fehlenden Gestaltungsmöglichkeiten und die mitunter mangelnde Transparenz. „In einer Integration ist der einzelne Landwirt nur ein Zahn im großen Zahnrad“, gibt Hernándes zu bedenken.

Gründe für den Erfolg

Am Ende überwiegen für den Fachmann aus Madrid aber die Vorteile. „Aus meiner Sicht ist das Integrationsmodell der Schlüsselfaktor für den rasanten Aufstieg unseres Schweinefleischsektors. Ohne die enge Zusammenarbeit in der Kette hätten wir es in der kurzen Zeit nicht geschafft, eine starke Inlandsproduktion aufzubauen und weltweit neue Exportmärkte zu erschließen“, betont der spanische Behördenvertreter.

Einen weiteren Eckpfeiler des Erfolgs sieht Hernández in der sehr dünnen Besiedelung der spanischen Veredlungsregionen. Während die Mehrzahl der rund 46 Mio. Spanier in Städten oder den Küstenregionen lebt, ist die Einwohnerzahl im Landesinnern überschaubar. In Aragonien z.B. leben nur 28 Einwohner pro Quadratkilometer. Zum Vergleich: In einigen niedersächsischen und nordrhein-westfälischen Landkreisen mit starker Veredlung sind es teilweise über 200 Menschen.

Dank der geringen Einwohnerdichte werden neue Baugenehmigungen sehr schnell ausgestellt, spezielle Bauauflagen sind selten. Abluftfilter sind in Spanien bislang ein Fremdwort. Das große Platzangebot bietet weitere Vorteile: Wenn ein neuer Stall gebaut wird, beträgt der Abstand zur nächsten Produktionseinheit oft mehrere Kilometer. Das ist aus Sicht der Tiergesundheit natürlich ein riesiger Vorteil.

Auch die Produktionskosten sind geringer als bei vielen europäischen Mitwettbewerbern. Die Spanier produzieren laut Landwirtschaftsministerium für 1,35 € je kg Schlachtgewicht. Ihnen kommen dabei unter anderem die geringen Baukosten von nur 200 € pro Mastplatz bzw. 1500 € pro Sauenplatz entgegen. Energiekosten fallen kaum an. Auf Heizungs- und Lüftungsanlagen können die spanischen Mäster aufgrund der klimatischen Gegebenheiten komplett verzichten. Die freie Lüftung ist weit verbreitet. Auch die Verteilung der Gülle ist günstiger als in Deutschland, da diese in der Region auf Ackerflächen ausgebracht wird. In der Regel entstehen dem abgebenden Betrieb keine bzw. nur sehr geringe Kosten.

Bauern spüren Gegenwind

Bleibt die Frage: Geht die spanische Erfolgsstory ungebremst weiter, oder stößt der Sektor irgendwann an Grenzen? Viele Experten sehen bereits erste dunkle Wolken aufziehen. „Wir spüren deutlich, dass die Kritik an unserer Arbeit wächst“, sagt Pablo Bernardos Hernández. Druck machen vor allem die Tier- und Umweltschützer. Ihr Einfluss wächst täglich und sie haben eine starke Lobby. Insbesondere die Megabetriebe mit mehreren tausend Sauen oder Mastschweinen sind den Aktivisten ein Dorn im Auge. Überall im Land formiert sich Widerstand gegen die Großanlagen, ihre Botschaften verbreiten die Gegner der Tierhaltung millionenfach in den sozialen Netzwerken. Ähnlich wie in Deutschland fällt es den Branchenvertretern schwer, argumentativ dagegen zu halten.

Kritik wird auch an dem stark steigenden Wasserverbrauch durch die Schweinehaltung laut. Schon heute fließen Millionen Kubikmeter Wasser aus den Pyrenäen nach Katalonien und Aragonien, um die Bevölkerung ausreichend mit Frischwasser zu versorgen. Dafür hat der spanische Staat teure Kanäle gebaut. Viele Umweltschützer sehen die Gefahr, dass der Wasservorrat in Zukunft nicht mehr ausreichen wird, um zusätzlich zur Bevölkerung Millionen Tiere zu versorgen.

Kritik hagelt es auch für den rasant steigenden Futterimport. Spanien muss etwa 50% seines Futters bzw. der Nährstoffe importieren – Tendenz steigend. Viele Kritiker bemängeln, dass die Landwirtschaft immer mehr Nährstoffe ins Land einführt und sich diese im Boden anhäufen.

Eine neue Strategie muss her

Viele Vertreter aus der Politik und der Veredlungsbranche glauben vor dem Hintergrund der immer lauter werdenden Proteste, dass der spanische Schweinefleischsektor jetzt dringend eine neue Entwicklungsstrategie braucht. „Ungebremstes Wachstum ist keine Zukunftsoption mehr für uns“, betont Pablo Bernardos Hernández.

Doch wie kann die Zukunft aussehen? Laut Landwirtschaftsministerium soll der Sektor zwar weiter wachsen dürfen, beim Ausbau der Kapazitäten will man aber verantwortungsvoller handeln. Es soll eine Zukunftsstrategie entwickelt werden, bei der sowohl die intern als auch die extern Beteiligten der Kette eingebunden werden. „Durch die stärkere Einbindung der Behörden, der Tier- und Umweltschützer, der Bürgerinitiativen, Lieferanten und Kunden wollen wir die Akzeptanz wieder verbessern“, beschreibt Hernández die Zukunftsstrategie.

Auch der Gesetzgeber ist nicht untätig. Nächstes Jahr soll eine neue Rahmengesetzgebung für die Schweinehaltung verabschiedet werden. Diskutiert wird u.a. über Obergrenzen für die Tierhaltung. Geplant ist z.B. eine maximale Bestandsgröße von 720 Großvieheinheiten. Das entspricht 1000 Mastplätzen im geschlossenen System. Zudem sollen größere Mindestabstände zu Ökosystemen eingehalten werden müssen. Geplant sind auch schärfere Biosicherheitsmaßnahmen – Umzäunung, Einbau von Hygieneschleusen usw.

Eine bedeutende Rolle im neuen Gesetz wird auch der Umweltschutz spielen. So sollen die Betriebe spezielle Maßnahmen umsetzen, mit dem der Stickstoffausstoß gesenkt wird. Konkret geplant ist die Abdeckung der Güllelager. Zudem ist vorgesehen, dass die Güllekanäle zwei Mal pro Woche geleert werden müssen. Auch im Bereich der Haltungsauflagen plant man deutliche Verschärfungen und es sollen betriebliche Eigenkontrollen eingeführt werden.

Beim Thema Tierwohl halten sich die Spanier indes noch zurück. Zwar hat der spanische Branchenverband Interporc im Mai dieses Jahres das Tierwohllabel „Bienestar Animal Certificado“ vorgestellt. Bei genauerer Betrachtung wird aber deutlich, dass man sich noch relativ wenig Gedanken zur näheren Ausgestaltung gemacht hat. Neben den fünf von der Weltorganisation für Tiergesundheit (OIE) festgelegten Tierschutzgrundsätzen Freiheit von Hunger, Durst, Angst und körperlichen Schmerzen sowie der Vorgabe, dass die Tiere ihr arttypisches Verhalten ungestört ausleben können müssen, macht das Label keine weiteren Tierwohl-Vorgaben. Kritiker sagen bereits deutlich, dass das Label nur ins Leben gerufen wurde, um den Absatz und den Export nicht zu gefährden.

„Die Beteiligten der Veredlungskette werden sich auf neue Herausforderungen einstellen müssen. Klar ist schon heute, dass der Sektor dabei nicht mehr mit allen Bällen selbst jongliert. Auf der Bühne stehen künftig mehr Jongleure, mit denen sich der Sektor die Bälle zuwerfen muss. Bleiben alle Bälle in der Luft, mache ich mir um die Zukunft der spanischen Schweineproduktion keine großen Sorgen“, so das Fazit von Pablo Bernardos Hernández.

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Auch Spanien hängt am China-Tropf

Spaniens Selbstversorgungsgrad (SVG) bei Schweinefleisch erreicht immer neue Höhen. Lag der SVG zur Jahrtausendwende noch bei 114%, sind es aktuell 180%. Der rasante Ausbau der spanischen Produktion einerseits und der seit Jahren nur leicht steigende Verzehr andererseits haben dazu geführt, dass immer mehr Fleisch exportiert werden muss. Die Exportmenge erreichte im letzten Jahr den Rekordwert von gut 2,2 Mio. t. Das ist eine Verdoppelung in zehn Jahren.

SCHWEINEFLEISCHEXPORT LEGT ZU

Gut die Hälfte der Ware geht in EU-Länder, allen voran Frankreich, Portugal und Italien. Die Exportmenge in die EU insgesamt sinkt aber leicht. Demgegenüber steigen die Exporte in Drittländer. Japan nahm von 2017 auf 2018 knapp 6% und Südkorea fast 60% mehr spanisches Schweinefleisch ab. Mengenmäßig der größte Abnehmer ist China mit 300000 t im letzten Jahr. Diese Zahl wird sich 2019 wahrscheinlich fast verdoppeln! Denn allein von Januar bis Juni 2019 lieferten die Spanier mehr als 250000 t Schweinefleisch ins Reich der Mitte.

Angesichts solcher Steigerungsraten herrscht momentan große Euphorie bei den spanischen Exporteuren. Es gibt aber auch warnende Stimmen. Angst hat man vor allem vor dem Wiedererstarken der chinesischen Produktion. „Wenn China seine ASP-Probleme in den Griff bekommt, wird das fatale Folgen für den spanischen Schweinefleischexport haben“, warnt Pablo Bernardos Hernández vor einem riesigen Fleischberg, auf dem seine Landsleute dann sitzen. „Die Überschüsse werden auch die 80 Mio. Touristen, die unser Land jedes Jahr besuchen, nicht essen können.“

Als nicht weniger gefährlich ordnet der Fachmann die ASP-Entwicklung in Europa ein. Der spanische Schweinefleischsektor hat große Angst vor einem ASP-Fall im Inland. Denn Exportsperren würden den Export bis ins Mark treffen. Die landwirtschaftlichen Produzenten zeigen sich deshalb sehr zugeknüpft. Für Besucher aus dem Ausland heißt es im Moment „Zutritt verboten“. Niemand kommt in die Ställe rein, besonders wenn man aus Ländern anreist, in denen es ASP-Fälle gibt bzw. die gefährdet sind.

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Kommentar: Spanien wird den deutschen Weg gehen

Ein Kommentar von Marcus Arden:

Viele deutsche Schweinehalter schauen neidisch auf ihre spanischen Kollegen. Im Land des Stierkampfes schien bislang fast alles möglich zu sein. Wer Schweineställe bauen wollte, dem wurden keine Steine in den Weg gelegt. Das Ergebnis ist bekannt: Jährliche Wachstumsraten, von denen andere Länder nur träumen können.

Doch auch in Spanien wachsen die Bäume nicht in den Himmel. Das zum Teil wilde, räumlich sehr konzentrierte Wachstum ruft immer mehr Kritiker auf den Plan. Spaniens Schweinehalter sprechen bereits von einem Protest-sturm, der aufzieht und sich v.a. in den sozialen Netzwerken rasant verbreitet.

Eine Zerreißprobe steht den Bauern auch beim Thema Wasser ins Haus. Wenn die Bevölkerung erste Einschränkungen hinnehmen muss, weil das Trinkwasser aufgrund der steigenden Tierbestände knapp wird, dürfte es richtig ungemütlich für die Tierhalter werden.

Wahrscheinlich wird der spanische Weg wie der deutsche enden: Die Veredlungsoffensive in den Zentren der Tierhaltung, die zu vielen Problemen geführt hat, wird der Branche eines Tages auf die Füße fallen. Und am Ende unterhält man sich auch in Spanien darüber, wie man die Tierhaltung wieder zurückfährt.

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Ibérico-Halter sauer auf Trittbrettfahrer

Für ein tolles Auto geben deutsche Verbraucher viel Geld aus, beim Essen hingegen sind sie Sparfüchse. In Spanien ist das anders. Dort stehen Lebensmittel hoch im Kurs. 8 € für ein Glas Marmelade oder 200 bis 250 € für ein Kilogramm Ibérico-Schinken, das zahlt der spanische Verbraucher anscheinend problemlos. Hochpreisige Lebensmittel bieten die Händler v.a. auf Märkten und in Markthallen an.

Der Einkauf von teuren Lebensmitteln scheint auch keine Eintagsfliege zu sein. Wenn man sich den Anteil der Ibérico-Schweine am spanischen Gesamtschweinebestand anschaut, fällt auf, dass die Rasse, die für ihr geschmacklich hochwertiges Fleisch bekannt ist, einen festen Platz in der spanischen Schweinehaltung hat. Jedes zehnte Schweine ist mittlerweile ein Ibérico-Tier.

ANTEIL AN IBÉRICO-SCHWEINEN WÄCHST

Schutz durch Farbetiketten

Von dem großen Erfolg wollen immer mehr Trittbrettfahrer profitieren. Vor allem Amerikaner und Asiaten versuchen, mit eigenen Zuchtanpaarungen Ibérico-Schinken zu kopieren. Gegen diesen Etikettenschwindel regt sich jetzt zunehmend Widerstand. Spanische Produzenten betonen, dass sich der Markenname Ibérico nicht nur auf das Schwein selbst bezieht, sondern vor allem auf seine Herkunft. „Im Ausland produziertes Fleisch darf deshalb gar nicht unter unserem Siegel verkauft werden. Dagegen muss unsere Regierung endlich vorgehen“, fordert der Vorsitzende der Kooperative Senora de Montanera, Franciso Espárrago. Das Unternehmen produziert jährlich über 11000 Eichelmast-Schweine.

Ihren geliebten Ibérico-Schinken wollen die Spanier nun mit Farbetiketten fälschungssicher markieren, sodass der Käufer genau erkennt, ob es sich tatsächlich um einen 100% echten spanischen Ibérico-Schinken handelt.

Nichtsdestotrotz muss sich die Branche aber auch kritische Fragen gefallen lassen. Jüngst kam heraus, dass für die immer weiter steigende inländische Produktion von Ibérico-Schinken gar nicht genug Eicheln und Wiesen zur Verfügung stehen.

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So rechnen die Integratoren

Mit welchen Kosten kalkulieren die spanischen Integratoren und wie entlohnen sie den Landwirt? Jaume Coma von der größten Integration, der Vall Company, hat es verraten.

Dass die Spanier Schweinefleisch günstiger produzieren als andere europäische Länder, ist kein Geheimnis. Doch wie genau kalkulieren die spanischen Integratoren? Jaume Coma, Direkter bei der spanischen Vall Company, kennt die Produktionskosten im Detail. Das Unternehmen gehört mit 215000 Sauen und 1,7 Mrd. € Umsatz zu den größten Integratoren weltweit.

Ansätze in der Sauenhaltung

  • Beim Sauenfutter kalkulieren die Spanier ca. 2 € günstiger als deutsche Ferkelerzeuger. Als Grund wird der um knapp 250 kg niedrigere Futterverbrauch pro Sau und Jahr genannt.



  • Deutlich günstiger scheinen auf den ersten Blick auch die Futterkosten für die Saug- und Aufzuchtferkel zu sein. Zu beachten ist hierbei aber, dass die Aufzucht in Spanien bereits bei ca. 19 kg Lebendgewicht endet.



  • Die niedrigeren Ansätze beim Kostenblock Tiergesundheit resultieren v.a. aus der Tatsache, dass man im Sauenstall weniger impft und dadurch geringere Impfkosten hat. Die Tiergesundheitskosten in der Aufzucht liegen in Spanien allerdings höher.



  • Bei der Remontierung setzen die Südeuropäer nur die reinen Kosten der Jungsau an. Sie argumentieren, dass die Nachzucht komplett im eigenen Betrieb erfolgt. In Deutschland sind in den Remontierungskosten Abgaben an Zuchtunternehmen, geringere Vermarktungserlöse für die Börge usw. berücksichtigt.



  • Bei den Kosten für den Landwirt kalkuliert der Integrator wie folgt: Der Landwirt erhält eine feste Vergütung von 16,5 € pro verkauftem 19 kg-Ferkel. Davon muss er die Kosten für AfA, Zinsen, Energie, Instandhaltung, ggf. Gülleabgabe, Versicherung, Arbeit und sein unternehmerisches Risiko decken. Zusammen sind das laut Kalkulationsmodell der Vall Company 13,9 €.



    Am Ende bleibt somit ein Unternehmergewinn von 2,6 € je verkauftem Ferkel bzw. knapp 68 € pro Sau und Jahr für den Landwirt übrig. Im spanischen Modell steigt der Überschuss weiter, wenn der Landwirt z.B. die Kosten der Arbeit senkt, indem er günstige Arbeitskräfte einstellt. Zum Vergleich: In Deutschland lag der Unternehmergewinn in der Sauenhaltung bei ca. 50 € im Schnitt der letzten zehn Jahre.
  • Die sonstigen Kosten für Buchführung usw. unterscheiden sich kaum.

KOSTEN IN DER SAUENHALTUNG INKL. AUFZUCHT

KOSTEN IN DER MASTSCHWEINEHALTUNG

So wird in der Mast gerechnet

  • Die Kosten für die Fütterung der Mastschweine unterscheiden sich in beiden Ländern um knapp 2 € pro Tier. Ein Grund für die höheren spanischen Kosten dürfte der relativ hohe Anteil an Importfuttermitteln sein. Zudem startet die Mastphase bereits mit 19 kg.



  • Der Aufwand für die Tiergesundheit und die sonstigen Kosten sind fast gleich hoch.



  • Hinsichtlich der Vergütung bietet die Vall Company dem Mäster 12 € pro Schwein. Davon muss der Landwirt genau wie der Ferkelerzeuger die Kosten für AfA, Zinsen, Energie, Instandhaltung, ggf. Gülleabgabe, Versicherung, Arbeit und sein unternehmerisches Risiko decken. Die Kosten setzt die Vall Company mit 12 € pro Tier an. Berücksichtigt ist hierbei ein Unternehmergewinn bzw. eine Risikoumlage von 1,1 € (Deutschland 4 € pro Mastschwein). Der Überschuss steigt nur, wenn der Landwirt die Kosten seiner Arbeit oder die Kosten für AfA und Zinsen reduziert.
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