Der jüngste Anlauf der Weltgesundheitsorganisation (WHO) zur Reduzierung der Anwendung antimikrobieller Mittel bei Lebensmittel liefernden Tieren stößt auf Unverständnis bei den Tierarzneimittelherstellern. Die „Leitlinien zur Anwendung humanmedizinisch wichtiger Antibiotika bei Lebensmittel produzierenden Tieren“ lasse die Einschätzung der Welttiergesundheitsorganisation (OIE) zu wichtigen Antibiotika für die Tiergesundheit außer Acht und ignoriere Fortschritte durch den „One-Health“-Aktionsplan der Europäischen Union, kritisierte der Bundesverband für Tiergesundheit (BfT) in Bonn.
Der BfT sieht die Antibiotikareduzierung in der Ländergemeinschaft auf einem guten Weg. Mit der Einführung des Antibiotikaminimierungskonzeptes in Deutschland seien beispielsweise Maßnahmen ergriffen worden, die zu einer deutlich rückläufigen Nutzung der Wirkstoffe geführt hätten. Der Bundesverband kündigte an, sich auch weiterhin für einen verantwortungsvollen Umgang mit Antibiotika einzusetzen. Einen Vorbehalt bestimmter Klassen für die humanmedizinische Anwendung hält er jedoch nicht für sinnvoll. „Eine pauschale Reduzierung dieser Mittel bei der Therapie führe nicht unbedingt zur gewünschten Resistenzvermeidung, insbesondere wenn die Verfügbarkeit der Wirkstoffe gleichzeitig eingeschränkt werde“, gab BfT-Geschäftsführerin Dr. Sabine Schuller zu bedenken. Der Europäische Tierärzteverband (FVE) stellte zwar eine „sehr ähnliche Richtung“ seiner Position zum verantwortungsvollen Umgang mit antimikrobiellen Mitteln verglichen mit der WHO fest. „Allerdings sei eine Reduzierung „nicht das vorrangige Ziel“, so FVE-Präsident Dr. Rafael Laguens.
Aus Sicht des FVE ist eine ausreichende Zahl anschlagender Wirkstoffe vorhanden, um erkrankte Tiere zu behandeln. Die WHO-Leitlinien seien aus globaler Sicht formuliert worden, während in Europa bereits viele Maßnahmen existierten, stellte Laguens fest. So sei in vielen europäischen Ländern und in allen EU-Staaten die Empfehlung der WHO, Antibiotika für die Wachstumsförderung zu verbieten, bereits seit mehr als einem Jahrzehnt umgesetzt. Derweil wies die Bundestierärztekammer (BTK) darauf hin, dass sie schon seit mehr als 20 Jahren darauf hinwirke, dass Tierärzte sorgsam mit Antibiotika umgingen und diese nur einsetzten, wenn es unvermeidbar sei. Aber auch die Tierhalter könnten mithelfen: „Ein gesundes Tier brauche kein Antibiotikum. Gute Pflege, regelmäßige Impfungen, Wurmkuren und ein jährlicher Gesundheitscheck beim Tierarzt sollten darum selbstverständlich sein“, so BTK-Präsident Dr. Uwe Tiedemann.