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topplus Praxistest „TA Luft“

Tierwohl contra Umweltschutz: Knackpunkte analysiert

Experten haben die genehmigungsrechtlichen Schwierigkeiten beim Bau von Tierwohlställen analysiert und diskutiert. top agrar sprach mit Martin Kamp, Sachgebietsleiter Immissionsschutz von der LWK NRW.

Lesezeit: 4 Minuten

Herr Kamp, zusammen mit rund 100 Teilnehmern - u.a. von Immissionsschutzbehörden und Verbänden aus Landwirtschaft, Natur- und Tierschutz - haben Sie einen Praxistest zum Thema „Tierwohl contra Umweltschutz“ durchgeführt. Was steckt dahinter?

Kamp: Im Rahmen des Praxistests haben wir konkrete Praxisfälle aus dem Bereich der Stallbaugenehmigung durchgespielt. Dadurch konnten wir den Behördenvertretern und Politikern verdeutlichen, welche Schwierigkeiten wir angesichts bestehender Umweltschutzvorgaben derzeit bei der Genehmigung von Tierwohlställen haben. Um die Probleme möglichst klar benennen zu können, haben wir die aktuell gültige TA Luft im Praxistest anhand mehrerer Fallbeispiele angewendet. Dabei wurden im Gespräch Fragen und Probleme dokumentiert.

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„Im Praxistest haben wir die TA Luft beispielhaft angewendet.“

Auch das Baurecht und die Frage der Privilegierung sind für die Genehmigung von Tierwohlställen wichtig. Spielten diese Aspekte im Praxistest auch eine Rolle?

Kamp: Nein, denn aus Sicht der Politik sind diese Fragen zwar nicht gelöst, aber praktisch geklärt, sodass diese Thematik im Praxistest ausgeklammert wurde.

Was waren die Ziele des Praxistests?

Kamp: Ein Ziel war, ein Genehmigungsverfahren für eine Tierhaltungsanlage bezüglich der Anforderungen der TA Luft praktisch durchzuspielen. Dafür haben wir eine bestehende Tierhaltungsanlage bzw. einen bestehenden Stall ausgewählt und die Schwierigkeiten bzw. Hürden identifiziert, die bei der Umsetzung von mehr Tierwohl auftreten können. Teilnehmer, die für ein Problem bereits eine Idee zur Lösung im Kopf hatten, konnten diese im Praxistest zur Diskussion stellen. Letztlich sollen aus den Ergebnissen Handlungsempfehlungen für die Politik bzw. den Gesetzgeber nicht nur allgemein, sondern möglichst detailliert und konkret zusammengetragen werden. Und das alles vor dem Hintergrund, dass der Auslöser die betriebsindividuelle Umsetzung von mehr Tierwohl ist.

Welche Fallbeispiele haben Sie für den Praxistest ausgewählt?

Kamp: Ich hatte die Vorgabe, die Schwierigkeiten anhand von drei Fallbeispielen zu verdeutlichen. Ausgewählt habe ich eine Mastschweine-, eine Sauen- und eine Milchviehhaltung. Beim Beispiel der Mastschweinehaltung habe ich mit einem Tierbestand von 1.490 Mastplätzen, und damit bewusst eine nicht nach BImSchG genehmigungsbedürftige Anlagengröße, gerechnet. An einen der Ställe mit 450 Plätzen sollte dabei ein Auslauf angebaut werden, um damit mehr Tierwohl zu ermöglichen.

„Wir konnten zeigen, dass die Schwierigkeiten selbst ohne Bestandserweiterung erheblich sind.“

Bei der Sauenhaltung habe ich mit 570 Tierplätzen bewusst das Beispiel einer genehmigungsbedürftigen Anlagengröße gewählt. Denn hier muss der Landwirt neben den gestiegenen Anforderungen aus der Tierschutz-Nutztierhaltungsverordnung auch die Technikanforderungen der TA Luft umsetzen. Damit einhergehend sollte mehr Tierwohl in Form von Anbauten für Ausläufe umgesetzt werden. Und außerdem war die Kapazität der Ferkelaufzuchtplätze aufgrund der inzwischen gestiegenen Leistung der Sauen nicht mehr ausreichend und musste vergrößert werden.

Beim Milchviehbeispiel sind Bestrebungen bzw. Möglichkeiten für mehr Tierwohl in Fachkreisen noch nicht soweit diskutiert wie bei den Schweinen. Hier bestand das Vorhaben darin, dass für einen relativ kleinen Betrieb mit 60 Milchkühen an einen Boxenlaufstall ein Laufhof angegliedert werden sollte.

Welche Erkenntnisse hat der Praxistest geliefert?

Kamp: Die Teilnehmer und Gäste haben anhand der Praxisfälle aus meiner Sicht einen guten Einblick darin bekommen, welche Schwierigkeiten auf Landwirte zukommen, wenn sie mehr Tierwohl in ihren Betrieben umsetzen möchten. Wir konnten zudem aufzeigen, dass die Schwierigkeiten selbst ohne eine Erweiterung des Bestandes erheblich sind.

Klar benannt werden konnten die konkreten Knackpunkte in der TA Luft und im Bundes-Immissionsschutzgesetz, die die Umsetzung von mehr Tierwohl auch ohne Bestandsaufstockung verhindern können. Ein Problem ist zum Beispiel, dass Vorhaben ohne Bestandsaufstockung vor dem Gesetz genauso auf ihre Auswirkungen geprüft werden müssen wie Vorhaben, bei denen die Tierzahl aufgestockt wird.

Eine weitere, grundsätzliche Erkenntnis ist auf der Grundlage des Rechtsgutachtens der Kanzlei Redeker deutlich geworden, dass im Auftrag des Landwirtschaftsministeriums NRW (MULNV) erstellt wurde: Nämlich, dass die Gleichstellung von Umweltschutz und Naturschutz zwar im Grundgesetz festgelegt ist, aber völlig unklar ist, wie diese praktisch aussehen soll. Die Genehmigungsbehörden haben deshalb nach wie vor große Schwierigkeiten im Genehmigungsverfahren.

Wie sehen die nächsten Schritte aus?

Kamp: Als nächstes wird ein Abschlussbericht erstellt, um die Ergebnisse noch einmal für alle zugänglich zu machen. Unabhängig davon gehe ich davon aus, dass bereits jetzt Aktivitäten auf der Grundlage der Erkenntnisse durch die jeweiligen Teilnehmer erfolgen, jeder in seinem Arbeitsumfeld. Da der Praxistest bundesweit auf reges Interesse gestoßen ist und auch bundesweit Teilnehmer in Präsenz vor Ort oder über Videokonferenz (Hybridveranstaltung) beteiligt waren, ist von Bewegungen über Nordrhein-Westfalen hinaus auszugehen.

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