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topplus Dr. Heike Harstick/ VDF

Verbot von Werkverträgen: Droht der Mitarbeiter-Kollaps in der Fleischbranche?

Werkverträge sollen verboten werden. Wir sprachen mit der Geschäftsführerin des Verbandes der Fleischwirtschaft (VDF), Dr. Heike Harstick. Sie befürchtet Engpässe und warnt vor steigenden Kosten.

Lesezeit: 4 Minuten

top agrar: In einer Hauruckaktion hat das Bundeskabinett das Ende von Werkverträgen in der Fleischbranche ab Januar 2021 beschlossen. Bundesarbeitsminister Hubertus Heil will die Arbeitnehmer so besser schützen. Hat es die Fleischbranche „zu bunt“ getrieben?

Dr. Heike Harstick: Die pauschalen Vorwürfe von Politikern gegen die Fleischbranche sind völlig unberechtigt. Die Branche hält sich an Recht und Gesetz. Dies haben die Arbeitsschutzkontrollen in den Fleischbetrieben und den Unterkünften von Werkvertragsarbeitnehmern eindeutig belegt.

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Wenn sich einzelne Unternehmen nachweislich nicht an die gesetzlichen Regelungen halten, müssen diese zur Rechenschaft gezogen werden. Als Branchenvertretung haben wir absolut kein Interesse daran, Missstände in einzelnen Unternehmen klein zu reden oder gar zu decken. Im Gegenteil, wir treten dafür ein, dass Rechtsverstöße schonungslos geahndet werden.

Was ist eigentlich falsch daran, wenn alle Arbeiter direkt bei den Schlachtunternehmen angestellt sind?

Harstick: Gar nichts. Ebenso wenig ist etwas falsch daran, Werkverträge einzusetzen. Einige Unternehmen sind von Werkverträgen abhängig, da sie vor Ort nicht genügend Mitarbeiter finden und selbst nicht in der Lage sind, diese im europäischen Ausland anzuwerben.

Die Form der Werkverträge zur Arbeitserledigung in der Fleischwirtschaft ist historisch gewachsen. Ursprünglich waren Einzelselbstständige an den zumeist kommunalen Schlachthöfen tätig. Mit dem Übergang in die Privatisierung und Strukturveränderungen bei gleichzeitigem Arbeitskräftemangel vor Ort werden Werkverträge seit 30 Jahren weit verbreitet zur Arbeitserledigung in der Fleischwirtschaft eingesetzt. Das ist in anderen Branchen wie z.B. in Logistikzentren oder im Schiffbau nicht anders.

Welche konkreten Folgen ergeben sich aus dem Beschluss für die Schlachtbranche?

Harstick: Das ist noch nicht absehbar, da der konkrete Gesetzesvorschlag noch nicht bekannt ist. Im Übrigen geht es hier nicht allein um die Schlachtung, sondern auch um die Zerlegung und Verarbeitung von Fleisch.

Sicher dürfte sein, dass die Unternehmen zum 01.01.2021 nicht die Anzahl von Mitarbeitern zur Direktanstellung finden werden, die sie benötigen. Die Dienstleister werden sich ihre Mitarbeiter nicht einfach abwerben lassen, sondern sie in anderen Branchen einsetzen. Die Werkvertragsarbeitnehmer werden auch nicht sämtlich bereit sein, sich bei einem Fleischunternehmen anstellen zu lassen.

Die Dienstleister werden sich ihre Mitarbeiter nicht einfach abwerben lassen.

Wie viele Werksvertragsarbeitnehmer gibt es in der deutschen Fleischwirtschaft aktuell?

Harstick: Es gibt leider keine Arbeitsmarktstatistik, die Werkvertragsarbeitnehmer von direkt in einer Branche angestellten Arbeitnehmern getrennt erfasst.

Das Verbot halten einige Experten für verfassungswidrig. Wie sehen Sie das und werden Sie als Verband rechtlich dagegen vorgehen?

Harstick: Es gibt gute Ansatzpunkte, die die Verfassungsmäßigkeit durchaus in Frage stellen. Als Verband werden wir im Anhörungsverfahren - sofern es denn eines geben wird, das diesen Namen verdient - selbstverständlich mit rechtlichen und sachlichen Argumenten gegen das vollständige Verbot vorgehen. Eine Verfassungsklage ist nur für direkt Betroffene (Unternehmen und Personen) möglich und auch erst dann, wenn das Gesetz vorliegt.

Welchen Kompromissvorschlag haben Sie anzubieten?

Harstick: Wir haben der Bundesregierung bereits vor dem Kabinettsbeschluss einen 5-Punkte-Plan vorgeschlagen, der genau an den Stellen ansetzt, die in Kritik stehen. Im Kern geht es um einheitliche Standards für die Unterbringung von Werkvertragsarbeitnehmern und mehr Verantwortung der Fleischunternehmen für die Werkvertragsmitarbeiter. Dies kann durch gesetzlich festgelegte Pflichten und Rechte für die Werkvertragsgeber erreicht werden, die dann bundeseinheitlich umgesetzt und kontrolliert werden.

Es geht nicht allein um Kosten, sondern um die Verfügbarkeit von Mitarbeitern.

Wie verändern sich die Schlacht- und Zerlegekosten durch den Beschluss?

Harstick: Das ist noch nicht berechenbar. Es wird aber gar nicht allein um die Kosten gehen, sondern vielmehr um die Verfügbarkeit von Arbeitskräften für Schlachtung und Zerlegung. Sowohl höhere Kosten für die Arbeitserledigung als auch der zu erwartende Mangel an Arbeitskräften wird dazu führen, dass einige Unternehmen ihre Tätigkeiten dorthin verlagern, wo die Arbeitskräfte verfügbar sind. Fleischzerlegung und Verarbeitung findet dann verstärkt im Ausland statt.

Steigende Kosten muss der Verbraucher tragen.

Viele Bauern befürchten, dass sie die Mehrkosten „aufs Auge gedrückt“ bekommen. Inwieweit können Sie die Bauern beruhigen?

Harstick: Auf jeder Stufe müssen die Erlöse die Kosten decken und auch einen Gewinn ermöglichen. Dies gilt für die Bauern genauso wie für die Fleischbetriebe. D. h. zusätzliche Kosten auf einer Stufe müssen nach vorne, also beim Verbraucher, durchgesetzt werden.

Inwieweit verlieren die deutschen Schlachtunternehmen durch die neuen Vorgaben an Wettbewerbsfähigkeit gegenüber ausländischen Unternehmen?

Harstick: Die Frage sollte eher lauten: Wieviel Wertschöpfung und Wirtschaftskraft bei der Fleisch- und Fleischwarenerzeugung bleibt noch im eigenen Land? Die Antwort wäre: Es wird auf jeden Fall weniger werden.

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