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Was bedeutet die Machbarkeitsstudie zu den Borchert-Plänen für die Bauern?

Die Borchert-Pläne zum Umbau der Tierhaltung sind rechtlich möglich. Welche Details hat die Machbarkeitsstudie zu Finanzierung, Stallumbau und Kennzeichnung geklärt? Ein FAQ der wichtigsten Aspekte.

Lesezeit: 6 Minuten

Die vom BMEL beauftragte Machbarkeitsstudie sieht keine Verfassungs- oder EU-rechtlichen Hindernisse für die Borchert-Pläne zum Umbau der Tierhaltung. Bundeslandwirtschaftsministerin Julia Klöckner geht allerdings davon aus, dass das Vorhaben nicht vor der Bundestagswahl 2021 abgeschlossen wird. „Es ist ein Prozess, wir brauchen Mehrheiten dafür“, sagte sie bei der Vorstellung der Studie Anfang März. Der Leiter des Kompetenznetzwerkes Nutztierhaltung, Jochen Borchert, fordert, bis zum Sommer zumindest eine politische Grundsatzentscheidung zur Finanzierung und zur Ausgestaltung der Verträge mit der Landwirtschaft herbeizuführen.

top agrar hat die wichtigsten Aussagen der Machbarkeitsstudie analysiert und zusammengefasst:

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Welche Finanzierung wird favorisiert?

Höhere Mehrwertsteuer: Die 275-Seiten starke Studie legt nahe, dass die Finanzierung über eine Anhebung des Mehrwertsteuersatzes für tierische Produkte von 7 auf 19 % am geeignetsten ist. Eine strikte Zweckbindung der Einnahmen ist EU-rechtlich problematisch. Es wird mit Steuermehreinnahmen von 5,5 bis 6,3 Mrd. € gerechnet. Die Verwaltungskosten wären gering, da es ein etabliertes Steuersystem ist. Der Nachteil, dass höherpreisiges Bio- oder Tierwohlfleisch stärker besteuert wird, könnte über höhere Tierwohlprämien für diese Betriebe ausgeglichen werden. Möglich wäre auch, die Mehrwertsteuer auf alle Lebensmittel, um etwa 2 % zu erhöhen, um den Umbau der Tierhaltung zu finanzieren.

Verbrauchssteuer: Die bisher von der Borchert-Kommission favorisierte Verbrauchssteuer auf Fleisch schneidet in der Machbarkeitsstudie schlecht ab. Sie darf aufgrund des EU-Rechts nicht zweckgebunden sein. Sie erzeugt außerdem hohe Verwaltungskosten, weil ein völlig neues System dafür etabliert werden müsste. Die Verbrauchssteuer würde mit 4,2 Mrd. € außerdem weniger Geld einbringen als die Mehrwertsteuererhöhung.

Tierwohl-Soli: Als neue Variante brin­­gen die Autoren eine Ergänzungsabgabe auf die Einkommenssteuer -einen Soli – ins Spiel. Er könnte bei rund 1 % liegen. Das Geld kann zweckgebunden für die Tierhaltung verwendet werden. Der Soli ist nicht an den Verbrauch geknüpft und belastet damit nicht den EU-Warenverkehr. Er hat keine Lenkungswirkung, Vegetarier und Veganer sind genauso betroffen wie Fleischesser. Rechtlich und ver­waltungstechnisch ist der Soli die einfachste Lösung. Er ist sozial ausgewogen, weil Geringverdiener weniger belastet werden als Gutverdiener.

GAP-Mittel: Von der alleinigen Verwendung der Mittel aus der Gemein­samen EU-Agrarpolitik (GAP) für den Umbau der Tierhaltung raten die Autoren ab. Das würde zulasten der einkommenswirksamen Direktzahlungen und der Honorierung von Umwelt- und Klimaschutz im Ackerbau gehen. Die GAP-Mittel könnten zudem den Finanzbedarf nicht decken.

Umlage: Eine Finanzierung über eine Umlage wie beim Erneuerbaren-Energien-Gesetz (EEG) halten die Autoren für nicht umsetzbar. Die dort genutzte Abnahmepflicht und Preisregelung sei bei der Tierwohlförderung nicht praktikabel.

Privatwirtschaft: Gegen eine privatwirtschaftliche Finanzierung über einen Branchenverband wie die Initiative Tierwohl (ITW) wenden die Autoren ein, dass die Langfristigkeit und Verlässlichkeit des Projektes aufgrund privatwirtschaftlicher Interessen nicht gesichert sei.

Reichen die geplanten Gelder aus?

Die Machbarkeitsstudie geht von höheren Kosten als die Borchert-Kommission aus. Diese hatte einen jährlichen Finanzbedarf von 1,2 Mrd. € im Jahr 2025, 2,4 Mrd. € 2030 und 3,6 Mrd. € 2040 veranschlagt. Die Gutachter kalkulieren jährlich 2,9 Mrd. € im Jahr 2025, 4,3 Mrd. € 2030 und 4,0 Mrd. € 2040. Sie erwarten, dass die Kosten vor allem zu Beginn deutlich steigen und begründen das mit den ineffizienten Arbeitsverhältnissen und den Kapazitätseinschränkungen in den dann dominierenden Haltungssystemen der Stufe 1.

Wie sollen die Tierwohlprämien aussehen?

Schwerpunkt der Förderung sollen Tierwohlprämien sein, die höhere laufende Kosten und Einkommensverluste ausgleichen. Sie können nur für Haltungsbedingungen, die über den Mindeststandard hinaus gehen, gezahlt werden. Die Autoren der Studie regen an, über die Höhe der Prämien noch einmal zu diskutieren. Bislang geht die Borchert-Kommission davon aus, dass der Staat rund 80 bis 90 % der Kosten übernimmt. Die Förderhöhe würde damit jedoch nur für leistungsfähige Betriebe einen Anreiz darstellen.

Grundsätzlich empfiehlt die Studie für die Förderung eine vertragliche Bindung einzugehen. Kritisch bewerten die Autoren die vorgeschlagene Laufzeit von 20 Jahren für die Tierwohlprämien. Rechtssicher sind bisher nur Zahlungen von bis zu sieben Jahren. Eine anschließende Verlängerung oder Neuauflage sei aber möglich. Revisionsklauseln sollen helfen, die pauschalen Prämien anzupassen, wenn sich EU-Standards ändern oder ein Teil der Mehrkosten durch den Markt und Preiszuschläge gedeckt werden können.

Wie ist die Investitionsförderung geregelt?

Die Investitionsförderung soll die Anhebung der Haltungspraxis auf die Tierwohlstufen 2 und 3 unterstützen. Laut der Studie kann diese so gestaltet werden, dass sie mit EU-Recht vereinbar ist. Dass das Thema Beihilfen auf EU-Ebene derzeit überarbeitet wird, kommt den Plänen entgegen. Die EU-Kommission will den Höchstsatz für die Förderung von Investitionen in die ländliche Entwicklung, zu der das Tierwohl gehört, auf 75 % anheben.

Was passiert beim Bau- und Immissionsschutzrecht?

Die Borchert-Pläne sehen unter anderem vor, dass Schweine Außenklimakontakt erhalten. Dafür sind bauliche Änderungen nötig, die eine Anpassung des Bau- und Immis­sionsschutzrechts notwendig machen. Die Machbarkeitsstudie empfiehlt die von der Bundesregierung bereits angestoßene Baurechtsänderung weiter zu verfolgen. Dadurch könnten Betriebe mit gewerblicher Tierhaltung „reprivilegiert“ werden, sofern die Baumaßnahmen das Tierwohl verbessern und die Tierzahl nicht erhöht wird. Die Autoren empfehlen, dies für den Umbau und den Ersatzneubau zu ermöglichen. Der aktuell im Bundesrat diskutierte Entwurf der TA Luft bringt laut der Machbarkeitsstudie die Reduktion von Ammoniakemissionen und die Förderung von tierwohlgerechten Ställen mit Außenklimazugang in Ausgleich.

Wie werden Standards und Kennzeichnung geregelt?

Die Machbarkeitsstudie unterstützt die bereits von der Bundesregierung beschlossenen Entwürfe für ein freiwilliges dreistufiges staatliches Tierwohlkennzeichen und die dafür bereits ausgearbeiteten Kriterien für Schweine. Die von der Borchert-Kommission vorgeschlagene Anhebung der Tierwohlstufen 1 und 2 ab den Jahren 2030 bzw. 2040 als gesetzlichen Mindeststandard bezeichnet die Studie als „umsetzbar“. Die höheren Anforderungen könnten in die Tierschutz-Nutztierhaltungsverordnung überführt werden. Diese Vorgaben würden dann auch für Betreiber von zugelassenen Bestandsanlagen unmittelbar gelten.

Mit der Verschärfung der Mindeststandards kann das Tierwohlkennzeichen ab 2030 nur noch zweistufig und ab 2040 einstufig sein. EU-rechtlich darf das Kennzeichen allerdings keine Präferenz für deutsche Produkte zum Ausdruck bringen und muss Erzeugnissen aus anderen EU-Staaten offen stehen.

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