Der chinesische Markt ist für Schweinefleisch aus Deutschland nach mehrjähriger Unterbrechung wieder offen. Die Westfleisch brachte in der vergangenen Woche erste Lieferungen auf den Weg. Eigenen Angaben zufolge macht das Unternehmen als erstes von der neuen Möglichkeit Gebrauch, deutsches Schweinefleisch direkt in die Volksrepublik China zu liefern. Damit sei der zeit-, kosten- und formalitätenaufwendige Weg über Hongkong in weiten Teilen Vergangenheit, erklärte die in Münster ansässige Genossenschaft. Sie erinnerte zugleich an die mehr als vierjährigen Verhandlungen zwischen Regierungsvertretern beider Länder, die auf deutscher Seite maßgeblich vom Parlamentarischen Staatssekretär im Bundeslandwirtschaftsministerium und Exportbeauftragten des Ressorts, Dr. Gerd Müller, vorangetrieben und letztlich zu einem erfolgreichen Abschluss gebracht worden seien. Müller selbst bezeichnete die erzielte Marktöffnung als Ergebnis guter und vertrauensvoller Gespräche mit den chinesischen Partnern. Die Verhandlungen seien geprägt gewesen von großer fachlicher Kompetenz und einem hohen Maß an Informationsaustausch. Sie hätten den Veterinärdiensten beider Seiten wichtige Erkenntnisse vermittelt. "Wir sehen in der Zusammenarbeit mit China eine win-win-Situation", betonte der Staatssekretär. Er unterstütze nachdrücklich das chinesische Anliegen, den bilateralen Handel auf der Grundlage dieser neuen vertrauensvollen Zusammenarbeit weiter auszubauen. Mit der erzielten Marktöffnung unterstreiche das Bundeslandwirtschaftsministerium erneut die Türöffnerfunktion als eine Kernaufgabe seiner Exportförderung, erklärte Müller.
Nur Fleisch von deutschen Tieren
Auf ausdrücklichen Wunsch Chinas wird vorerst nur Fleisch von Tieren geliefert, die ausschließlich in Deutschland geboren, aufgewachsen und gemästet worden sind. Müller wertet dies als Zeichen für die Anerkennung des hohen deutschen Qualitätsstandards. Der Exportbeauftragte äußerte die Hoffnung, dass die getroffenen Vereinbarungen bald auch auf Fleischerzeugnisse ausgedehnt werden könnten. Er kündigte an, im Herbst dieses Jahres erneut zu Gesprächen nach China zu reisen und sich für weitere Verbesserungen der Exportbedingungen für Agrarprodukte aus Deutschland einzusetzen. Dies sei eine wichtige Voraussetzung, die deutschen Agrarausfuhren nach China zu steigern. Dem Agrarressort zufolge wurden im ersten Quartal dieses Jahres nach vorläufigen Angaben Waren im Wert von 41 Mio Euro nach China geliefert. Das entspricht einer Steigerung um 49 % im Vergleich zum Vorjahreszeitraum. Der Gesamtwert der Agrarausfuhren nach China betrug 2009 rund 126 Mio Euro. Gegenüber dem Vorjahr bedeutete dies einen Zuwachs um rund 20 %. Wichtigste Exportprodukte waren Milch und Milcherzeugnisse mit einem Wert von 24,7 Mio Euro, gefolgt von Kartoffelerzeugnissen mit 14 Mio Euro und Bier mit 10,7 Mio Euro.
Mehrstufige Risikoanalyse
Als Bedingung für die Einfuhr von deutschem Schweinefleisch verlangen die chinesischen Vorschriften eine mehrstufige, detaillierte Risikoanalyse in Bezug auf die zu importierende Ware. Sowohl der deutsche Veterinärdienst als auch die Wirtschaftsbeteiligten mussten sich daher mehreren Audits und Inspektionen durch chinesische Veterinärexperten unterziehen. Im Rahmen der Audits hatte eine sechsköpfige Delegation hochrangiger Vertreter von Veterinärbehörden und Außenwirtschaftsressorts laut Westfleisch in einer zweiwöchigen Rundreise im Sommer letzten Jahres deutsche Fleischbetriebe auf ihre Lieferfähigkeit geprüft. Wichtige Kriterien seien dabei unter anderem der Hygienestatus über die gesamte Prozesskette, die Aufbereitung von Trinkwasser und der Umgang mit dem Produkt von Schlachtung bis Verpackung gewesen. Ebenso im Fokus gestanden habe die lückenlose, transparente Dokumentation aller Betriebsabläufe und Produktionsschritte, die für die Prüfer ein kompromissloses "K.O.-Kriterium" dargestellt habe. Dem westfälischen Unternehmen zufolge bekamen von den 25 untersuchten Betrieben lediglich vier die begehrte Zulassung, darunter das Westfleisch-Center in Coesfeld.
Klassische Teilstücke finden zunehmend Interesse
Eigenen Angaben zufolge hat die Westfleisch inzwischen mit chinesischen Partnern einen Lieferumfang vereinbart, der im Vergleich zum bisherigen Status bereits eine Verdoppelung darstelle. Abgewickelt werde das Geschäft über den Westfleisch-Partner vor Ort, Han Wei Frozen Foods, eine Kooperation in Shanghai mit dem niederländischen Unternehmen van Hessen. Den Anlass für die Vereinbarung mit der chinesischen Seite habe zuletzt die Fachmesse für Fleisch und Fleischwaren, die China International Meat Industry Exhibition (CIMIE), Anfang dieses Monats in Peking geboten. Neben den bekannten Nebenprodukten wie Masken, Zungen, Ohren und Knochen, die im asiatischen Markt gegenüber westlichen Maßstäben von hoher Wertigkeit seien, fänden sich in den Auftragslisten zunehmend auch klassische Teilstücke vom Schwein wie Bäuche und Kotelettstränge. "Damit stellte die China-Zulassung auch für landwirtschaftliche Westfleisch-Vertragspartner in Nordwestdeutschland eine interessante Vermarktungschance mit neuer Wertschöpfungsperspektive dar", so der westfälische Fleischverarbeiter.
Quelle: AGE