Der Lebensmitteleinzelhandel setzt zunehmend auf höhere Tierwohlstandards. topagrar hat bei der Westfleisch SCE nachgefragt, wie sich das Unternehmen strategisch für die Zukunft aufstellt – insbesondere mit Blick auf die Haltungsform 3. Michael Schulze-Kalthoff erklärt im Interview, welche Pläne das Unternehmen verfolgt.
Westfleisch konnte die Schlachtzahlen im letzten Jahr um fast 5 % steigern. Gas geben wollen Sie weiterhin explizit in der Haltungsform 3 (HF3). Warum genau dort? Werden HF1 und 2 zum Auslaufmodell?
Schulze Kalthoff: Wir wollen 2025 in allen Haltungsformen wachsen. Unser Fokus liegt aber auf HF2 und 3. Denn der für Westfleisch wichtige deutsche Lebensmitteleinzelhandel (LEH) bezieht vorrangig Fleisch aus diesen beiden Stufen. Als Kernlieferant des LEH ist es unsere Aufgabe, künftig die steigende Nachfrage nach HF3 zu bedienen. Dennoch sind weder HF1 noch HF2 ein Auslaufmodell.
Die Zahl der HF3-Schweine soll von derzeit 6.000 auf 9.000 Tiere pro Woche steigen. Wie hoch ist der aktuelle Bedarf und wie hoch wird der Anteil von HF3 bei Westfleisch in Zukunft sein?
Schulze Kalthoff: Die aktuelle Zielmarke für HF3 liegt bei mindestens 15 % gemessen an den gesamten Schlachtzahlen, also noch deutlich mehr als 9.000 Schweine pro Woche. Entscheidend dafür sind konkrete Zusagen und Abnahmegarantien des LEH. Wir wollen hier organisch wachsen, also in enger Abstimmung mit der Handelsnachfrage und den Produktionsmöglichkeiten der Landwirte.
Für Landwirte muss sich die Umstellung lohnen. Welche finanziellen Anreize bieten Sie den Schweinehaltern?
Schulze Kalthoff: Westfleisch bietet aufwandsbezogene und marktgerechte Aufschläge sowie mindestens fünfjährige Vertragslaufzeiten an. Zusätzlich entwickeln wir weitere, individuell auf die Betriebe zugeschnittene Programme mit dem deutschen LEH.
Der Bau von Tierwohlställen ist schwierig, weil nur wenige genehmigt werden. Wie unterstützen Sie die Landwirte?
Schulze Kalthoff: Wir führen Gespräche mit Behörden und Entscheidern auf regionaler, Landes- und Bundesebene, um Vereinfachungen im Bundes-Immissionsschutzgesetz und Baurecht zu erreichen. Der Abbau von Bürokratie und erleichterte Genehmigungsverfahren sind essenziell für weitere Mengenerhöhungen. Darüber hinaus unterstützt Westfleisch die Landwirte mit einem eigenen Kompetenz-Team in den Bereichen Stallbau, Technik, Fütterung und Finanzierung.
Bei der Ferkelvermarktung haben Sie im vergangenen Jahr ein Minus von 5 % eingefahren. Was sind die Gründe?
Schulze Kalthoff: Zu den Ursachen gehören Betriebsaufgaben bei unseren Lieferanten sowie sinkende Importe aus den Niederlanden. Dort zeigen die staatlichen Aufkaufprogramme mittlerweile Wirkung.
„Übergeordnetes Ziel ist mehr Planungssicherheit für die gesamte Kette.“
Landwirte brauchen Absatzsicherheit. Sie sehen große Chancen in der Integration. Wie könnte so ein Modell in der Praxis aussehen?
Schulze Kalthoff: Das Integrationsmodell setzt auf bedarfsgerechte Produktion, höchste Effizienz in der Mast und optimale Rahmenbedingungen. Dazu gehören sowohl die Wahl der bestmöglichen Genetik und eine optimale Futterzusammenstellung mit günstigen Einkaufspreisen als auch eine zielgerichtete Produktion zur Deckung von Bedarfsspitzen. Übergeordnetes Ziel ist eine höhere Planungssicherheit für die gesamte Wertschöpfungskette.
Der CO2-Fußabdruck wird künftig eine größere Rolle spielen. Gibt es einen Zielkonflikt zwischen den Themen Nachhaltigkeit und Tierwohl?
Schulze Kalthoff: Ein Zielkonflikt entsteht, wenn Maßnahmen zur Verbesserung des Tierwohls mehr Ressourcen verbrauchen oder zu einer höheren Umweltbelastung führen. Die CO2-Spannbreite ist in höheren Haltungsformen insgesamt größer. Entscheidend ist, wie effizient produziert wird. Hier spielt die Futterverwertung die größte Rolle, da sie unabhängig von der Haltungsform einen wesentlichen Einfluss auf die Gesamtbilanz hat.