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„Ferkel werden in diesem Jahr noch knapper“

Heimische Ferkel sind Mangelware, Importferkel kaum verfügbar. Können Sauenhalter davon profitieren? Wir haben bei Willi Wittmann von der Erzeugergemeinschaft Südbayern nachgefragt.

Lesezeit: 6 Minuten

Herr Wittmann, die Ferkelerzeuger ­haben eine jahrelange Durststrecke hinter sich. In den letzten Monaten hat sich die wirtschaftliche Situation ­jedoch verbessert. Ist die Ferkelerzeugung bereits wieder kostendeckend?

Wittmann: Ja, nach meiner Wahr­nehmung können die Ferkelerzeuger ihre Kosten derzeit wieder decken, ­allerdings erst seit März. Damit das so bleibt, brauchen sie aber beständig hohe Preise, weil die Betriebe in allen Bereichen mit einer Kostenexplosion konfrontiert sind. Zudem müssen die Betriebe erst einmal ihre Finanzlöcher stopfen, die durch die hohen Verluste in den letzten Jahren entstanden sind.

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Hat sich die Stimmung bei den ­Sauenhaltern und Mästern gedreht?

Wittmann: Die Stimmung ist noch nicht grundsätzlich besser geworden, weil die Sauenhalter ihre Perspektiven wegen des fehlenden politischen Rückhalts weiter sehr kritisch sehen. Viele fragen sich, ob und wie sie weitermachen wollen. Bei den Mästern sind die Meinungen geteilt. Die Futterkosten sinken zwar, aber viele erhoffen sich wegen der hohen Ferkelpreise noch bessere Preise für Schlachtschweine.

Wie werden sich die Preise und ­Kosten in den nächsten Monaten voraussichtlich weiterentwickeln?

Wittmann: Bei einsetzenden wärmeren Temperaturen dürfte der Absatz von Schweinefleisch durch Grillaktivitäten und Feste positive Impulse erhalten. Sollten die Getreidepreise fallen, wird sich die Einstallbereitschaft der Mäster zwar verbessern. Dennoch rechne ich mit einem sinkenden Angebot an heimischen Schlachtschweinen. Denn auch das Angebot an heimischen Ferkeln geht noch weiter zurück, auch wenn derzeit in den Betrieben wieder vernünftig gedeckt wird.

Das Preisniveau für Schlachtschweine ist aktuell in Spanien und Frankreich deutlich höher als bei uns, in ­Dänemark und Holland kosten Schweine weniger. Was leiten Sie ­daraus für die weitere Preisentwicklung in Deutschland ab?

Wittmann: Nachdem sich die Lebend-importe aus Dänemark, Holland und Belgien ausgeweitet haben, konnten sich die Schlachtzahlen in Deutschland bei über 700 000 Schweine pro Woche halten. Ohne Importe hätten wir diese Schallmauer längst unterschritten.

Trotzdem wird das 2. und 3. Quartal 2023 durch die rückläufige Pro­duktion in Deutschland relativ stabile Preise bringen. Auch wenn der Absatz aktuell nicht so gut läuft, wie es die Schlachtschweinepreise vermuten ­lassen, halte ich in der Spitze einen Preis von über 2,50 €/kg SG für möglich. Denn die Stückzahlen bei den Schlachtschweinen und bei den Ferkeln werden weiter nach unten gehen.

Was bedeutet das für die weitere Wirtschaftlichkeit der Ferkelerzeugung?

Wittmann: Die Ferkelerzeuger werden von der sinkenden Zahl an Zuchtsauen in Deutschland und in der EU profitieren. Nachdem die Dänen ihre Ferkel verstärkt nach Polen expor­tieren und holländische Ferkel in den von PRRS gebeutelten spanischen Markt abfließen, sind Importferkel in Deutschland mittlerweile begrenzt. All das wird hoffentlich mittelfristig zu einer zufriedenstellenden Wirtschaftlichkeit für unsere Ferkelerzeuger führen. Aktuell nehmen die Ferkelerzeuger das vernünftige Preisniveau jedenfalls mit, sodass der Rückgang der Betriebsaufgaben 2023 etwas verhaltener sein wird als in den beiden Vorjahren.

In der Spitze halte ich einen Preis von über 2,50 €/kg SG für möglich.“

Ein wichtiges Datum für die Sauen­halter ist der 9. Februar 2024. Bis ­dahin müssen die Ferkelerzeuger ein Betriebs- und Umbaukonzept für das Deckzentrum auf die neuen Vorgaben der Tierschutz-Nutztierhaltungs-­Verordnung vorlegen oder verbindlich ­erklären, dass sie die Sauenhaltung bis Februar 2026 einstellen. Wie sollten die Ferkelerzeuger reagieren?

Wittmann: Sie müssen sich zeitnah ­Gedanken machen, wie sie die neue Verordnung umsetzen wollen. Statt zu erklären, die Produktion einzustellen, wäre es vernünftiger, ein einfaches Umbaukonzept einzureichen, egal ob gebaut wird oder nicht. In diesem Fall könnte der Betrieb bis Ende 2026 weiter produzieren und im Fall einer Härtefallfrist möglicherweise noch länger. Eine weitere Aufgabewelle, wie es sich die Politik und Gesellschaft wünscht, wird es sowieso wieder geben.

Wie intensiv beschäftigen sich die ­Ferkelerzeuger damit?

Wittmann: In den letzten beiden Jahren haben sich wegen der miserablen Prei­se nur sehr wenige Sauenhalter mit dem Umbau auseinandergesetzt. Langsam beschäftigen sich zwar die ersten Zukunftsbetriebe mit dem Thema. Von einer Aufbruchstimmung, wie wir sie vor zehn Jahren bei diesem Preisniveau gehabt hätten, kann aber keine Rede sein. Von auslaufenden Betrieben höre ich, dass sie die guten Preise jetzt noch mitnehmen, danach aber Schluss ist.

Welche Betriebe finden einfache ­Lösungen, für wen ist es aufwändiger?

Wittmann: Grundsätzlich sollte jeder Betrieb abwägen, ob er seinen Sauenbestand halten will oder abstocken muss, wobei das Abstocken immer die letzte Lösung sein sollte. Für Ferkel­erzeuger, in deren Deckzentren schon jetzt der Platz knapp ist, wird der Umbau aufwändiger. Vor allem, wenn sie die Gebäudehüllen verändern müssen, zumal sie hierfür auch eine Bauge­nehmigung brauchen. Für Betriebe, die in bestehenden Ställen ausreichend Platz oder andere Möglichkeiten wie z. B. Lagerhallen oder Fahrsilos haben, sollte der Umbau weniger kompliziert werden. Grundsätzlich gilt, den Umbau so einfach und kostengünstig wie möglich umzusetzen.

Ferkelerzeuger sollten ein Umbaukonzept vorlegen, egal ob gebaut wird oder nicht.“

Gibt es vonseiten der Politik Unterstützung für die anstehenden Investitionen in den Ferkelerzeugerbetrieben?

Wittmann: Bei den Zuschüssen zu den Baukosten über das Agrarinvestitionsförderungsprogramm gibt es noch viele offene Fragen hinsichtlich der Kriterien. Positiv ist, dass Bayern über BayProTier die laufende Erzeugung in Tierwohlställe modulartig fördert. Dabei gibt es jeweils eine Komfort- und eine Premiumstufe. Für die Komfortstufe im Modul Deckstall erhalten Sauenhalter 50 € pro Sau und Jahr. Die Kriterien sind so, dass sie viele ­Betriebe nach dem Umbau erfüllen dürften. Antragsfrist ist der 30.6.2023.

Welche Folgen hätte es für die Erzeugung von bayerischem Schweinefleisch, wenn der Strukturwandel im gleichen Tempo voranschreitet wie bisher?

Wittmann: Schon jetzt fehlen in Bayern 30 % oder 1,2 Mio. Ferkel pro Jahr, die von außerhalb Bayerns eingeführt werden müssen. Das führt dazu, dass die heimischen Ferkel für die Regionalprogramme wie Geprüfte Qualität Bayern (GQB) nicht mehr komplett reichen. Wenn Anfang nächsten Jahres die Programme neu gestrickt werden, werden wir die verfügbaren Mengen an GQB-Ferkeln und -Schweinen sorgfältig planen.

Geht der Strukturwandel so weiter, werden die Auswirkungen auf die Mengenausstattung der Regionalprogramme gravierend werden. Mittlerweile sind sogar Importferkel schwer zu bekommen. Es wird also künftig unabhängig von der Ferkel­herkunft schwierig werden, alle Mastbetriebe zu bedienen.

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