Nächste Woche Freitag wird sich der Bundesrat erneut mit der Tierschutz-Nutztierhaltungsverordnung befassen. Die Chancen auf eine Einigung sind gestiegen.
Nordrhein-Westfalen hat das Thema Tierschutz-Nutztierhaltungsverordnung am Donnerstag auf die Tagesordnung für die kommende Bundesratssitzung am Freitag, den 5. Juni 2020, setzen lassen (TOP 44). Damit steigen die Chancen, dass Ende nächster Woche endlich eine Entscheidung fällt. Offen ist bislang allerdings noch, mit welcher Beschlussvorlage das Bundesratsplenum in seine Beratungen geht.
Umsetzung des Magdeburger Urteils nach 8 Jahren?
Deckzentrum: Wie top agrar aus gut informierten Kreisen erfuhr, soll das von NRW und Schleswig-Holstein ausgehandelte Kompromisspapier zum Thema Kastenstände im Deckzentrum von den G-Ländern (Bundesländer mit grüner Regierungsbeteiligung) mitgetragen werden. Einige dieser Länder hatten sich lange dagegen ausgesprochen, dass Sauen im Liegen ihre Beine durch die Seitenteile des Kastenstandes stecken müssen. Der jetzige Kompromiss sieht vor, dass die Kastenstände so beschaffen sein müssen, dass das Durchstrecken zu jeder Zeit gewährleistet ist. Es soll auch nichts dagegensprechen, wenn im benachbarten Kastenstand eine Sau steht.
Die Regelung soll nach einer Übergangszeit in spätestens acht Jahren auslaufen. Danach müsse das Urteil des Oberverwaltungsgerichts (OVG) Magdeburg 1:1 umgesetzt werden, so der Entwurf. Das OVG hatte im November 2015 geurteilt, dass die Sauen ihre Gliedmaßen in Seitenlage ungehindert austrecken können müssen. Streit gibt es seitdem darüber, wie das Urteil im Detail zu bewerten bzw. auszulegen ist. Reicht es, wenn die Sauen ihre Gliedmaßen ungehindert durch das seitliche Kastenstandgitter hindurchstrecken können, oder muss der Kastenstand tatsächlich so breit sein, dass die Tiere auch bei ausgestreckten Gliedmaßen ausreichend Platz im Kastenstand haben? Kritiker bemängeln, dass sich die Sauen bei sehr breiten Kastenständen umdrehen und verletzen.
Derzeit liegt weiterhin folgender Vorschlag auf dem Tisch: Für Schweine mit einer Schulterhöhe von bis zu 80 cm soll die Kastenstandbreite mindestens 65 cm betragen, für Schweine mit 90 cm Stockmaß 75 cm und für Tiere mit 90 cm Schulterhöhe soll der Kastenstand mindestens 85 cm breit sein. In diesem Fall wäre gewährleistet, dass für den Rumpf der Sauen ausreichend Platz im Kastenstand vorhanden ist. Die Gliedmaßen können dann durch die seitlichen Gitter gestreckt werden. Insbesondere in CDU-Kreisen sieht man durch diese Regelung das Magdeburger Urteil erfüllt. Andere Stimmen fordern hingegen, dass entweder der benachbarte Stand frei bleiben muss oder ein Zwischenraum zwischen zwei Kastenständen vorhanden sein muss.
Abferkelstall: Anders als beim Zankapfel Deckzentrum soll es bei der Neuregelung der Haltung von Sauen im Abferkelstall bei dem zuletzt vom Agrarausschuss des Bundesrates vorgelegten Plan bleiben. Laut Empfehlung des Ausschusses müssen Abferkelbuchten künftig 7 m2 groß sein. Rund um die Geburt dürfen die Sauen maximal 5 Tagen fixiert werden. Der Vorschlag der Bundesregierung sah ursprünglich 6,5 m2 vor. Letztendlich wird es darauf ankommen, ob die Empfehlung des Agrarausschusses im Bundesratsplenum eine Mehrheit findet oder nicht.
Wie über die übrigen im Frühjahr von den Bundesländern eingereichten knapp 30 Änderungsanträge abgestimmt wird, ist bislang völlig offen. Wie top agrar erfuhr, sollen mit der Einigung bei der Kastenstandbreiten im Deckzentrum noch längst nicht alle anderen strittigen Punkte vom Tisch sein. Ausgeschlossen ist also nicht, dass das leidige Gezerre um die künftige Sauenhaltung weiter auf dem Rücken der Ferkelerzeuger ausgetragen wird.
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Thema Ferkelkastration
SPD schließt abermalige Verlängerung kategorisch aus
Der stellvertretende Vorsitzende der SPD-Bundestagsfraktion, Dr. Matthias Miersch, stellte unterdessen am Donnerstag klar, dass die SPD einen neuerlichen Aufschub für das Verbot der betäubungslosen Ferkelkastration kategorisch ausschließt. „Mit uns ist das nicht zu machen“, so Miersch.
Der Abgeordnete sprach von einzelnen Stimmen, die vor dem Hintergrund des Corona-Geschehens auf eine abermalige Verlängerung der bis Ende dieses Jahres geltenden Regelung abzielten. Dem werde man jedoch nicht nachgeben, so Miersch, der die Ferkelkastration als „Thema für großer Symbolkraft“ für die notwendige Transformation der Tierhaltung in Deutschland bezeichnete.
Lobende Worte fand der Fraktionsvize für die Empfehlungen der Borchert-Kommission zum Umbau der Tierhaltung. Dies sei „ein guter Ansatz, wie das funktionieren kann“. Miersch warnte zugleich davor, die Diskussion auf die Ebene der Landwirtschaft zu begrenzen. Es gehe darum, Änderungen in der gesamten Wertschöpfungskette herbeizuführen.
Positiv beurteilt der SPD-Politiker den gegenwärtigen Zustand der Großen Koalition. Angesichts von Corona sei „eine neue Dynamik“ in der Zusammenarbeit der beiden Regierungsfraktionen zu beobachten. Nach der erzielten Einigung im Bereich der erneuerbaren Energien und zum Tabakwerbeverbot seien auch zu anderen Themen Ergebnisse zu erwarten.
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Nordrhein-Westfalen hat das Thema Tierschutz-Nutztierhaltungsverordnung am Donnerstag auf die Tagesordnung für die kommende Bundesratssitzung am Freitag, den 5. Juni 2020, setzen lassen (TOP 44). Damit steigen die Chancen, dass Ende nächster Woche endlich eine Entscheidung fällt. Offen ist bislang allerdings noch, mit welcher Beschlussvorlage das Bundesratsplenum in seine Beratungen geht.
Umsetzung des Magdeburger Urteils nach 8 Jahren?
Deckzentrum: Wie top agrar aus gut informierten Kreisen erfuhr, soll das von NRW und Schleswig-Holstein ausgehandelte Kompromisspapier zum Thema Kastenstände im Deckzentrum von den G-Ländern (Bundesländer mit grüner Regierungsbeteiligung) mitgetragen werden. Einige dieser Länder hatten sich lange dagegen ausgesprochen, dass Sauen im Liegen ihre Beine durch die Seitenteile des Kastenstandes stecken müssen. Der jetzige Kompromiss sieht vor, dass die Kastenstände so beschaffen sein müssen, dass das Durchstrecken zu jeder Zeit gewährleistet ist. Es soll auch nichts dagegensprechen, wenn im benachbarten Kastenstand eine Sau steht.
Die Regelung soll nach einer Übergangszeit in spätestens acht Jahren auslaufen. Danach müsse das Urteil des Oberverwaltungsgerichts (OVG) Magdeburg 1:1 umgesetzt werden, so der Entwurf. Das OVG hatte im November 2015 geurteilt, dass die Sauen ihre Gliedmaßen in Seitenlage ungehindert austrecken können müssen. Streit gibt es seitdem darüber, wie das Urteil im Detail zu bewerten bzw. auszulegen ist. Reicht es, wenn die Sauen ihre Gliedmaßen ungehindert durch das seitliche Kastenstandgitter hindurchstrecken können, oder muss der Kastenstand tatsächlich so breit sein, dass die Tiere auch bei ausgestreckten Gliedmaßen ausreichend Platz im Kastenstand haben? Kritiker bemängeln, dass sich die Sauen bei sehr breiten Kastenständen umdrehen und verletzen.
Derzeit liegt weiterhin folgender Vorschlag auf dem Tisch: Für Schweine mit einer Schulterhöhe von bis zu 80 cm soll die Kastenstandbreite mindestens 65 cm betragen, für Schweine mit 90 cm Stockmaß 75 cm und für Tiere mit 90 cm Schulterhöhe soll der Kastenstand mindestens 85 cm breit sein. In diesem Fall wäre gewährleistet, dass für den Rumpf der Sauen ausreichend Platz im Kastenstand vorhanden ist. Die Gliedmaßen können dann durch die seitlichen Gitter gestreckt werden. Insbesondere in CDU-Kreisen sieht man durch diese Regelung das Magdeburger Urteil erfüllt. Andere Stimmen fordern hingegen, dass entweder der benachbarte Stand frei bleiben muss oder ein Zwischenraum zwischen zwei Kastenständen vorhanden sein muss.
Abferkelstall: Anders als beim Zankapfel Deckzentrum soll es bei der Neuregelung der Haltung von Sauen im Abferkelstall bei dem zuletzt vom Agrarausschuss des Bundesrates vorgelegten Plan bleiben. Laut Empfehlung des Ausschusses müssen Abferkelbuchten künftig 7 m2 groß sein. Rund um die Geburt dürfen die Sauen maximal 5 Tagen fixiert werden. Der Vorschlag der Bundesregierung sah ursprünglich 6,5 m2 vor. Letztendlich wird es darauf ankommen, ob die Empfehlung des Agrarausschusses im Bundesratsplenum eine Mehrheit findet oder nicht.
Wie über die übrigen im Frühjahr von den Bundesländern eingereichten knapp 30 Änderungsanträge abgestimmt wird, ist bislang völlig offen. Wie top agrar erfuhr, sollen mit der Einigung bei der Kastenstandbreiten im Deckzentrum noch längst nicht alle anderen strittigen Punkte vom Tisch sein. Ausgeschlossen ist also nicht, dass das leidige Gezerre um die künftige Sauenhaltung weiter auf dem Rücken der Ferkelerzeuger ausgetragen wird.
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Thema Ferkelkastration
SPD schließt abermalige Verlängerung kategorisch aus
Der stellvertretende Vorsitzende der SPD-Bundestagsfraktion, Dr. Matthias Miersch, stellte unterdessen am Donnerstag klar, dass die SPD einen neuerlichen Aufschub für das Verbot der betäubungslosen Ferkelkastration kategorisch ausschließt. „Mit uns ist das nicht zu machen“, so Miersch.
Der Abgeordnete sprach von einzelnen Stimmen, die vor dem Hintergrund des Corona-Geschehens auf eine abermalige Verlängerung der bis Ende dieses Jahres geltenden Regelung abzielten. Dem werde man jedoch nicht nachgeben, so Miersch, der die Ferkelkastration als „Thema für großer Symbolkraft“ für die notwendige Transformation der Tierhaltung in Deutschland bezeichnete.
Lobende Worte fand der Fraktionsvize für die Empfehlungen der Borchert-Kommission zum Umbau der Tierhaltung. Dies sei „ein guter Ansatz, wie das funktionieren kann“. Miersch warnte zugleich davor, die Diskussion auf die Ebene der Landwirtschaft zu begrenzen. Es gehe darum, Änderungen in der gesamten Wertschöpfungskette herbeizuführen.
Positiv beurteilt der SPD-Politiker den gegenwärtigen Zustand der Großen Koalition. Angesichts von Corona sei „eine neue Dynamik“ in der Zusammenarbeit der beiden Regierungsfraktionen zu beobachten. Nach der erzielten Einigung im Bereich der erneuerbaren Energien und zum Tabakwerbeverbot seien auch zu anderen Themen Ergebnisse zu erwarten.