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Sind Ökobetriebe die GAP-Verlierer?

Lesezeit: 11 Minuten

Ökobetriebe gelten als Förderziel der neuen GAP. Aber auch sie stehen vor Herausforderungen. Zwar dürfen sie an den Öko-Regelungen teilnehmen – zum Teil aber mit Abzügen bei den Fördersätzen. Was bringt die GAP-Reform der Ökobranche?

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Die GAP-Reform in Zahlen

Teil 3 von 3

▶Die GAP aus Ökosicht

Unsere Experten

Jan-Hendrik Buhk und Uwe Latacz-Lohmann von der Uni Kiel sowie Torben Tiedemann von der FH Kiel

Mit Vehemenz haben sich die Interessensvertreter der Ökolandwirtschaft in den Reformverhandlungen zur Gemeinsamen Agrarpolitik (GAP) dafür eingesetzt, dass die Ökolandbauförderung in der zweiten Säule bleibt. Gewarnt haben die Bioverbände auch davor, die Ökobetriebe von den sogenannten Öko-Regelungen auszuschließen. Ihre Angst: Die Biolandwirte würden zu den Verlierern der GAP-Reform ab 2023. Nun ist jedoch klar, dass die gesamte Ökoförderung in der zweiten Säule bleibt und auch Biolandwirte an den Öko-Regelungen teilnehmen können, wenn auch mit Prämienkürzungen.

Deutliches Plus

Der Bund passt die Förderhöhen für Umstellung und Beibehaltung des ökologischen Landbaus mit der GAP-Reform ab 2023 an. Übersicht 1 zeigt die Fördersätze, die das Landwirtschaftsministerium im Rahmenplan der GAK (Gemeinschaftsaufgabe Agrarstruktur und Küstenschutz) für die Förderperiode 2023 bis 2027 voraussichtlich festlegen wird. Von diesen Förderhöhen dürfen die Bundesländer um plus/minus 30% abweichen. Im Vergleich zur gegenwärtigen Förderung ist das ein deutliches Plus, insbesondere für Umsteller.

Lässt sich die Ökolandbauförderung in Zukunft mit den Öko-Regelungen kombinieren? Übersicht 2 zeigt, was geht und wo es Abzüge geben wird. Die Öko-Regelungen „Grünbrache“ und „Blühstreifen“ lassen sich nicht mit der Ökolandbauförderung kombinieren. Die Logik dahinter: Der Bund will den Ökolandbau dort fördern, wo er produziert. Überall dort, wo keine Ökoprodukte erzeugt werden, zahlt der Bund auch keine Ökoprämien. Das gilt im Übrigen auch für die Stilllegung im Rahmen der GAP-Auflagen. Ökobetriebe müssen ab 2023 alle GAP-Auflagen (Konditionalität) erfüllen und somit 4% ihrer Ackerfläche stilllegen oder in Form von Landschaftselementen nachweisen. Bislang waren sie vom Greening befreit.

Logisch erscheint, die Ökolandbauförderung um die jeweilige Prämie der Öko-Regelung Pflanzenschutzverzicht zu kürzen (130 €/ha bzw. 60 € /ha bei Feldfutter). Das gebietet das Verbot der Doppelförderung. Obwohl diese Öko-Regelung formell auch Ökobetrieben offensteht, bedeutet die vollständige Prämienkürzung de facto einen Ausschluss der Ökobetriebe von dieser Maßnahme. Dass bei Teilnahme an der „Extensivierung des gesamten Dauergrünlands“ 50 €/ha bei der Ökolandbau-Prämie wegfallen, leuchtet ein, denn bei den meisten Ökobetrieben liegt der Viehbesatz unterhalb von 1,4 RGV/ha Dauergrünland (RGV = Raufutter verzehrende Großvieheinheit).

Gewinner oder Verlierer?

Anhand zweier unterschiedlich strukturierter, eher mittelintensiv bis intensiv wirtschaftender Ökobetriebe haben unsere Autoren die betriebswirtschaftlichen Auswirkungen der GAP-Reform durchgerechnet. Beim ersten Betrieb handelt es sich um einen grünlandbasierten Milchviehbetrieb in hessischer Mittelgebirgslage (Übersicht 3). Der zweite Betrieb ist ein viehloser Ackerbaubetrieb in Sachsen. Da ab 2023 auch die Ökobetriebe alle GAP-Auflagen erfüllen müssen, muss der Bio-Ackerbauer 4% seiner Ackerfläche als „nicht-produktive“ Fläche nachweisen: 2,5 ha über (bereits vorhandene) Landschaftselemente und 7,5 ha über aktive Stilllegung von Ackerland. Besonders ärgerlich: Auf den 7,5 ha Stilllegung entfällt auch die Ökolandbauprämie. Mit Freude blickt der Betriebsleiter hingegen auf die Öko-Regelung „Vielfältige Kulturen im Ackerbau“, denn mit seiner breit gefächerten Fruchtfolge aus Leguminosen und Getreide erfüllt er die Förderbedingungen schon heute.

Auf den 7,5 ha Stilllegung entgeht dem Betrieb nicht nur der um die Arbeitszeit korrigierte durchschnittliche Deckungsbeitrag der Fruchtfolge (241 €/ha), sondern auch die Ökolandbauprämie (230 €/ha). Hinzu kommen die Kosten für das Mulchen des Aufwuchses von 25 €/ha. Insgesamt ein sattes Minus von 3720 € [(241+230+ 25 €/ha)×7,5 ha]. Mit den übrigen Auflagen hat der Betrieb kein Problem: Den Fruchtwechsel erledigt er mit seiner fünfgliedrigen Fruchtfolge im Handumdrehen. Und auch die Mindestbodenbedeckung im Winter dürfte in den meisten Ökobetrieben kein Problem sein, da Stoppelbrache nach Getreide und Leguminosen als Mindestbedeckung anerkannt werden und der Zwischenfruchtanbau im Ökolandbau weit verbreitet ist.

Bei Öko-Regelungen rechnen

Die betriebswirtschaftliche Kalkulation der Öko-Regelungen ist nicht ganz ohne. Es liegt nahe, zunächst ins Körbchen zu sammeln, was schon da ist: Da wäre an erster Stelle die fünfgliedrige Fruchtfolge zu nennen, die sich der Landwirt über die Öko-Regelung „Vielfältige Kulturen“ entgelten lassen könnte. Kompliziert wird es durch das Zusammenspiel mit der Öko-Regelung „Grünbrache“, denn auf der Stilllegung entfällt die Förderprämie für die weite Fruchtfolge. Bei der betriebswirtschaftlichen Bewertung der Öko-Regelung „Grünbrache“ muss deshalb auch der Wegfall der Prämie für die „Vielfältigen Kulturen“ beachtet werden. Hierzu wird die Prämie für die „Grünbrache“ (1300 €/ha für das erste Prozent der Ackerfläche, 500 €/ha für das zweite Prozent und 300 €/ha für das dritte bis sechste Prozent) den Anpassungskosten gegenübergestellt. Die Anpassungskosten der Stilllegung (241+230+25 €/ha) werden dazu um die entgangene Förderung der „Vielfältigen Kulturen“ (30 € je ha) ergänzt und betragen insgesamt 526 €/ha. Damit wird sofort klar: Das erste Prozent der Ackerfläche (2,5 ha) in Grünbrache zu legen, lohnt sich auf jeden Fall. Beim zweiten Prozent ergibt sich bereits eine negative Einkommenswirkung von -65 €. Mehr Stilllegung lohnt also nicht.

Ein wenig Zusatzeinkommen lässt sich durch Anlage von Blühflächen auf den zusätzlichen 2,5 ha Stilllegungsfläche erzielen. Die Prämie hierfür beträgt 150 €/ha. Abzüglich von 103 €/ha variablen Kosten, inkl. Arbeit für eine zweijährige Blühfläche, ergibt sich insgesamt ein Plus von knapp 118 € auf 2,5 ha. Für unseren Ackerbaubetrieb ergibt sich durch die Teilnahme an den „Vielfältigen Kulturen“ ein zusätzlicher Einkommensbeitrag von 7200 € (30 €/ha ×240 ha). Die Prämie erhält er nur für 240 ha. Das liegt daran, dass der Betrieb insgesamt 10 ha stilllegt.

Weniger im Portemonnaie

Übersicht 4 zeigt die große Abschlussrechnung für den sächsischen Ackerbaubetrieb unter Einbeziehung aller Prämien. Gegenübergestellt wird die Situation im letzten Jahr der aktuellen Förderperiode (2022) und im ersten Jahr der neuen Förderperiode (2023). Für 2023 werden auch die zusätzlichen Anpassungskosten ausgewiesen, die sich durch die Konditionalität und die Teilnahme an den Öko-Regelungen ergeben. Die im Rahmen der zweiten Säule geförderte Ökofläche reduziert sich durch die Stilllegung und die Öko-Regelung „Grünbrache“ um 10 ha.

Der Wegfall der Greeningprämie reißt eine Lücke, die die Teilnahme an den Öko-Regelungen nicht schließen kann. Insgesamt verliert der Betrieb 11,7% an Prämieneinkommen. Rechnet man die zusätzlichen Anpassungskosten mit ein, fällt der Verlust noch etwas höher aus (15,5%). Somit würde der Ackerbaubetrieb als Verlierer der Reform hervorgehen. Im Vergleich zu konventionell wirtschaftenden Betrieben ist der Verlust allerdings deutlich geringer (top agrar 2/2022, Seite 30).

Grünland profitiert

Neben 100 ha Grünland bewirtschaftet der hessische Milchviehbetrieb 25 ha Ackerland mit einer typischen Fruchtfolge aus zweijährigem Kleegras, gefolgt von Weizen, Ackerbohnen und Dinkel bzw. Winterroggen. Mit seinen 75 Kühen plus Nachzucht kommt der Betrieb auf 1,3 RGV/ha Dauergrünland. Durch den Grünlandanteil von 80% ist der Betrieb von der verpflichtenden Stilllegung befreit. Die Grenze liegt hier bei 75% Gras und Grünfutterpflanzen. Die „Mindestbodenbedeckung“ im Winter erfüllt der Milchviehbetrieb durch Zwischenfruchtanbau nach dem Winterweizen. Mit seiner fünfgliedrigen Fruchtfolge ist auch der „Fruchtwechsel“ kein Problem. Kleegras ist vom „Fruchtwechsel“ ausgenommen. Mit 1,3 RGV/ha Dauergrünland qualifiziert sich der Betrieb automatisch für die Öko-Regelung „Extensivierung des gesamten Dauergrünlands“ und kassiert damit die Prämie von 115 €/ha auf seiner gesamten Grünlandfläche von 100 ha. Hier wird allerdings die Ökolandbauprämie um 50 €/ha gekürzt, um Doppelförderung zu vermeiden (siehe Übersicht 2). Im Saldo bleiben somit 65 €/ha übrig – bei 100 ha Grünland insgesamt 6500 €. Anpassungskosten fallen nicht an, da der Betrieb die Förderbedingungen schon heute erfüllt.

Weiterhin finden sich auf den extensiv genutzten Jungviehweiden (30 ha) vier regionale Kennarten. Der Betriebsleiter kann also auch die Prämie für die „Ergebnisorientierte extensive Bewirtschaftung“ in Höhe von 240 €/ha beantragen – ohne die Bewirtschaftung anzupassen. Das ergibt weitere 7200 € an voll einkommenswirksamer Prämie. Dieses Ergebnis ist stark annahmebehaftet. Aber es dürfte durchaus realistisch sein, dass Ökobetriebe auf ihren extensiv genutzten Jungviehweiden vier Kennarten vorweisen können. Weniger Geld bringt hingegen die Öko-Regelung „Altgrasstreifen auf Grünland“. Hier werden für das erste Prozent der Grünlandfläche (im Beispiel 1 ha) 900 €/ha gezahlt und zusätzlich die variablen Kosten in Höhe von 820 €/ha eingespart. Demgegenüber stehen die Kosten für Futterersatzbeschaffung und das Nachmähen des überständigen Grases. Beides zusammen veranschlagen wir mit 1135 €/ha. Damit verbleibt ein Überschuss von 585 €/ha. Das zweite und dritte Prozent (2 ha) lohnen sich ebenfalls: 800 € Prämie+1640 € eingesparte variable Kosten – 2270 € Ersatzfutter und Mulchen = 170 € Plus. Für weitere Altgrasstreifen gibt es nur noch 200 €/ha. Das lohnt nicht mehr.

Auf Acker nur Kleine Beträge

Der Betrieb erfüllt mit seiner Fruchtfolge die Förderbedingungen der Öko-Regelung „Vielfältige Kulturen im Ackerbau“. Das bringt ihm 750 € Prämieneinkommen (30 €/ha auf 25 ha). Die zusätzliche Stilllegung lohnt sich nur für das erste Prozent der Ackerfläche. Bei 25 ha Ackerfläche sind das gerade einmal 0,25 ha. Die Kalkulation sieht genauso aus wie für den Ackerbaubetrieb: Prämie (1300 €/ha) minus durchschnittlich entgangenem Deckungsbeitrag der weichenden Kulturen (396 €/ha) minus entgangene Ökolandbauprämie (300 €/ha) und Kosten für das Mulchen (25 €/ha). Das ergibt einen Mehrgewinn von 579 €/ha, bei 0,25 ha gerade mal 145 €. Wichtig ist, dass die zusätzliche Stilllegung die Prämie der „Vielfältigen Kulturen“ um 0,25 ha × 30 €/ha, also 7,5 € reduziert. Betriebswirtschaftlich betrachtet Peanuts, dennoch anzumerken im Hinblick auf die damit verbundene Komplexität. Die Anlage einer Blühfläche auf den 0,25 ha Grünbrache ist nahezu ein Nullsummenspiel: Die Prämie (150 €/ha) deckt die variablen Kosten inkl. Arbeit für die Anlage der Blühfläche (105 €/ha). Letztere sind höher als im sächsischen Ackerbaubetrieb, da die Maschinenausstattung an die kleineren Strukturen angepasst ist. Bei 0,25 ha Blühfläche bleiben jedoch nur 11 € über [(150 €/ha -105 €/ha)×0,25 ha]. Ferner ist der logistische und administrative Aufwand nicht zu unterschätzen. Fraglich also, ob die Maßnahme umgesetzt wird.

Unterm Strich positiv

Betrachtet man wieder alle Prämien zusammen (Übersicht 5), zeigt sich unterm Strich ein Plus beim nominalen Prämieneinkommen von 9,5% und beim realen Prämieneinkommen (also abzüglich der Anpassungskosten) von 8,8%. Hauptverantwortlich für dieses positive Ergebnis sind die Öko-Regelungen auf dem Grünland, mit denen der Betriebsleiter sich bereits Vorhandenes honorieren lässt, ohne die Bewirtschaftung ändern zu müssen. Dadurch gelingt es, den Wegfall der Greeningprämie und die Reduktion der Basisprämie zu kompensieren – und sogar noch etwas mehr an realem Prämieneinkommen zu erwirtschaften als 2022.

Fazit Betriebsabhängig

Die Frage, ob Ökobetriebe Gewinner oder Verlierer der GAP-Reform sein werden, lässt sich nicht pauschal beantworten. Der Ackerbaubetrieb verliert im Vergleich zur aktuellen GAP. Der Milchviehbetrieb gewinnt. Was den Milchviehbetrieb nach vorne bringt, sind die beiden Öko-Regelungen auf Grünland, die der Betrieb schon in der Ausgangssituation erfüllt: „Extensivierung des Dauergrünlands“ und „Vier Kennarten“. Für Ersteres wird die Prämie auf der gesamten Dauergrünlandfläche gezahlt, für Letzteres immerhin auf den Jungviehweiden des Beispielbetriebs, annahmegemäß 30 ha. Das Pendant dazu im Ackerbaubetrieb sind die „Vielfältigen Kulturen". Der Betriebsleiter erhält die Prämie, ohne etwas an der Bewirtschaftung ändern zu müssen. Mit nur 30 €/ha Ackerfläche erhält er allerdings deutlich weniger als bei den beiden „Mitnahme-Öko-Regelungen“ des Milchviehbetriebs. Daher ist der Hebel auf das Betriebseinkommen entsprechend geringer. Ein weiterer Grund für das schlechtere Abschneiden ist, dass die Ökolandbauförderung und auch die Prämie für die „Vielfältigen Kulturen“ nur auf der produktiven Fläche gezahlt wird. Das reduziert den Anreiz, freiwillig Ackerfläche für die Umwelt aus der Produktion zu nehmen. Die Folge: eine geringere Umweltleistung auf ökologisch bewirtschafteten Ackerflächen und ein geringeres Prämieneinkommen in ökologisch wirtschaftenden Marktfruchtbetrieben.

Viele der intensiver wirtschaftenden Ökobetriebe dürften irgendwo in der Mitte zwischen unseren beiden Beispielbetrieben angesiedelt sein. Ob dann auch die Prämiensummen je Hektar zwischen den hier errechneten Werten liegen, lässt sich pauschal nicht sagen. Hierzu bedarf es einzelbetrieblicher Kalkulationen. Wer eine Mutterkuhherde hat oder sehr extensiven Marktfruchtbau betreibt, wird sicherlich zu den Gewinnern der Reform gehören. Aber: Je vielseitiger der Betrieb, desto komplexer die Kalkulationen. Die neue GAP macht das Leben nicht unbedingt leichter.

Ihr Kontakt zur Redaktion:konstantin.kockerols@topagrar.com

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