Einloggen / Registrieren

Startseite

Schlagzeilen
Messen & Termine
Themen
Wir für Euch
Heftarchiv
Sonstiges

Bürokratieabbau Maisaussaat Erster Schnitt 2024 Rapspreis

topplus Aus dem Heft

Alte Maissorten neu entdeckt

Lesezeit: 5 Minuten

Es gibt sie noch: alte urbayerische Maissorten mit einem ganz eigentümlichen Geschmack und ungewöhnlicher Kornfärbung. Zwei innovative Vermarktungsprojekte haben sie wiederbelebt.


Das Wichtigste zum Thema Süd extra freitags per Mail!

Mit Eintragung zum Newsletter stimme ich der Nutzung meiner E-Mail-Adresse im Rahmen des gewählten Newsletters und zugehörigen Angeboten gemäß der AGBs und den Datenschutzhinweisen zu.

Wie schön bunt Mais sein kann, wissen die meisten Leute gar nicht“, sagt Dr. Barbara Eder aus Bernried (Lkr. Weilheim-Schongau) mit leuchtenden Augen und einem roten Maiskolben in der Hand.


Der Kolben stammt von der alten Tiroler Maissorte „Gruber“, aus der die ausgebildete Agrarwissenschaftlerin wohl die bayernweit ersten roten Tortilla-Chips herstellen lässt und vermarktet. „Ich sehe im Anbau und in der Verwertung der alten Maissorten aus Bayern noch ungenutztes Potenzial“, schwärmt sie.


Auf ihr Herzensthema, alte regionaltypische Maissorten zu erhalten, stieß Barbara Eder während ihrer Arbeit an der LfL Bayern. Im Rahmen des „historischen Maissortenprojektes“ gruben sie und ihre Kollegen etwa 18 deutsche Landsorten aus, die seit dem Vormarsch der Hybridmaissorten in den 60er Jahren nicht mehr genutzt wurden und in Genbanken lagern. Etwa fünf dieses offen abblühenden Sortentyps stammen aus Bayern. Dazu gehören die Sorten Chiemgauer, Rottaler, Pfarrkirchner, Caspersmeyer und Pautzfelder, die durch jahrzehntelangen Anbau besonders gut an diese Regionen angepasst sind.


Ihr Erhalt nur in Genbanken sei schwierig, zumal Mais ein Fremdbefruchter ist, erklärt Barbara Eder. „Nur durch den Anbau bleibt eine Sorte vital und kann sich dem vorherrschenden Klima anpassen und sich gegen Krankheiten wehren.“ Und so war schnell ihr Chips-Projekt geboren.


Eder entschied sich für den Anbau der bereits neu zugelassenen Landsorte „Alpenfex“ mit ihren besonders hellgelben Körnern sowie für die Tiroler Körnermais-Sorte „Gruber“, die sich durch rote, gelbe und weiße Kolben auszeichnet. „Mit roten Chips kann ich mich am Markt abheben.“ Dafür muss sie allerdings auch jeden roten Kolben einzeln von Hand pflücken.


Beide Maissorten lässt Eder seit drei Jahren von einem Biobauern aus Etterschlag auf ca. 1000 m² anbauen, dreschen, trocknen und reinigen. Für die Trocknung wird die Abwärme einer Biogasanlage bei maximal 40°C genutzt. Aus den gerebelten Maiskörnern stellt ein Partnerunternehmen schließlich Tortilla-Chips und Fladen her. Eder verpackt sie in 120 g- und 250 g-Tüten und vertreibt sie in drei verschiedenen Varianten – nämlich rote, hellgelbe und gemischte – über Hof- oder Dorfläden. Für die Lagerung der Kolben hat die Unternehmerin extra ein Lager angemietet, aus dem sie je nach Bedarf welche entnimmt und verarbeiten lässt.


Anderer Geschmack


Der Anbau der alten Sorten unterscheidet sich kaum von den Hybridsorten. Neun bis zehn Pflanzen kommen auf den Quadratmeter bei einem Reihenabstand von 75 cm. Für die Saatgutgewinnung ist allerdings wichtig, dass die alten Sorten rein bleiben und daher mit mindestens 200 m Abstand zu anderen Maisflächen angebaut werden, sodass kein fremder Pollen einfliegt.


Typisch für die alten Sorten sind lange, schmale Kolben, runde Flintkörner und oft eine stärkere Gelbfärbung der Körner. Die Pflanzen sind wüchsig, erreichen aber nur ein Drittel bis die Hälfte des Ertrages von Hybridsorten. Im Schnitt erntet Eder etwa 30 dt/ha. Bei der Anfälligkeit für den Maiszünsler oder bei der Lagerneigung stellt sie keine Unterschiede fest. Ob sie sich besser an den Klimawandel anpassen können, lässt sich aufgrund ihrer genetischen Vielfalt vermuten.


Und der Geschmack? „Krähen und Wildschweine mögen die Landsorten lieber als die Hybridsorten“, so Dr. Eder. Möglicherweise sind die Inhaltsstoffe durch weniger Pflanzenmasse konzentrierter?


Absatz steigt


Der Absatz ihrer Chips steigt, der Arbeitsaufwand ebenso. 2017 hat sie rund 300 kg verkauft, 2019 waren es schon 1000 kg. „Wenn ich mehr Zeit in den Vertrieb und in mehr Aufklärungsarbeit über die alten Sorten stecken würde, ginge da sicherlich auch noch mehr“, ist sich die Pionierin sicher. Die Biozertifizierung würde ihr weitere Vorteile verschaffen.


Bei der Ernte muss ihre komplette Familie ran. „Der geringere Ertrag und der hohe Arbeitsaufwand rechtfertigen einen dreifach höheren Preis für unsere Maisprodukte.“ Für 200 g Chips verlangt sie zwischen 4,50 und 5 €.


Weil ihre tatsächliche Arbeitszeit damit aber noch nicht entlohnt ist, will sie die Abläufe optimieren: „Ich möchte die Anbaufläche und die erforderlichen Mengen besser steuern, sodass ich den Mais nur alle drei Jahre auf einem Hektar anbauen muss.“ Ein weiteres Ziel der Geschäftsfrau ist, in verschiedenen Regionen Bayerns Anbauer mit guten Vermarktungsideen zu finden. „Denn nur wenn wir einen dauerhaften Absatz für diese Maisprodukte schaffen, können wir die Sorten erhalten.“


Mit der Sorte „Rottaler Ur-Mais“ ist ihr das gemeinsam mit der Antersdorfer Mühle und Landwirt Hans Lachner bereits gelungen (Seite 16). In Südbayern plant sie ein Projekt mit der Sorte Chiemgauer.


An Anfragen seitens interessierter Landwirte mangele es derzeit nicht, sagt die Züchterin. Zu viele Erzeuger in einer Region dürften es aber dennoch nicht sein, damit sie sich mit ihren Produkten keine Konkurrenz machen.


Datenbank geplant


Eder und ihr Kollege, Klaus Fleißner, bauen an der LfL Bayern eine Datenbank für alte Landsorten auf. Zudem entwickeln sie aus dem neuen Zuchtmaterial offen abblühende Maissorten, um für ungünstige Lagen oder Biobetriebe mehr Vielfalt bieten zu können. Die drei Populationssorten Weihenstephaner I bis III, die rund 80% des Ertrages von Hybridmaissorten erreichen, können sie schon vorweisen. ▶


silvia.lehnert@topagrar.com

Die Redaktion empfiehlt

top + Top informiert in die Maisaussaat starten

Alle wichtigen Infos & Ratgeber zur Maisaussaat 2024, exklusive Beiträge, Videos & Hintergrundinformationen

Wie zufrieden sind Sie mit topagrar.com?

Was können wir noch verbessern?

Weitere Informationen zur Verarbeitung Ihrer Daten finden Sie in unserer Datenschutzerklärung.

Vielen Dank für Ihr Feedback!

Wir arbeiten stetig daran, Ihre Erfahrung mit topagrar.com zu verbessern. Dazu ist Ihre Meinung für uns unverzichtbar.