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Bei Trinkschwäche kommt es auf die Pflege an

Lesezeit: 4 Minuten

Kälber, die nach der Geburt nicht trinken, stellen den Landwirt vor eine zeitintensive Aufgabe. Martin Kaske vom Schweizer Kälbergesundheitsdienst erklärt, was bei Trinkschwäche hilft.


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Ein neugeborenes Kalb liegt auf einem Strohbett – es ist das Sorgenkind von Landwirt Müller. Seit es auf der Welt ist, möchte es weder Kolostrum noch Milch trinken. Müller steckte dem Kalb seine frisch gewaschenen Finger ins Maul, doch das Jungtier begann nicht daran zu nuckeln. Das zeigt: Das Tier hat keinen oder einen ungenügend ausgeprägten Saugreflex.


Das Kalb von Landwirt Müller ist keine Ausnahme. Immer wieder gibt es Kälber, die nach der Geburt nicht trinken wollen oder können. Aber was ist die Ursache?


Sekundäre Trinkschwäche


Unterschieden werden muss zunächst zwischen einer primären und einer sekundären Trinkschwäche. Bei der sekundären Trinkschwäche leidet das Kalb unter einer schwerwiegenden Erkrankung.


In vielen Fällen handelt es sich um Durchfall. Die hohen Flüssigkeitsverluste über den Darm führen zu einer massiven Übersäuerung des Blutes. Der Organismus trocknet immer mehr aus – deutlich erkennbar am Einsinken der Augäpfel in die Augenhöhle. Das Neugeborene hört dann mit dem Trinken auf. Das Problem der Trinkschwäche liegt somit bei der Grunderkrankung.


Ähnlich ist es bei Kälbern, die nach einer sehr langen Geburtsdauer oder einem schweren Auszug geboren wurden. Diese Tiere leiden während der Geburt unter massivem Stress bedingt durch einen Sauerstoffmangel. Grund dafür ist, dass die Kälber während der Austreibung über die Nabelgefäße mit Sauerstoff versorgt werden müssen.


Wenn das Becken der Kuh eng oder das Kalb besonders groß ist, werden die Nabelgefäße insbesondere bei forcierter Zughilfe komprimiert. Dadurch sinken die Blutversorgung und damit die Sauerstoffzufuhr. Unter dem Sauerstoffmangel leiden vor allem die Nervenzellen im Hirnstamm.


Eine Konsequenz kann ein verminderter Saugreflex und damit Trinkschwäche sein. Die Kälber wirken dann nach der Geburt angeschlagen und haben häufig eine geschwollene Zunge. Auch das erschwert das Saufen der Kälber über einen Nuckel.


Primäre Trinkschwäche


Anders sieht es bei der primären Trinkschwäche aus. Hier möchte ein an sich vitales, schönes Kalb nach unkomplizierter Geburt von der ersten Minute seines Lebens an keine Milch aufnehmen. Als Ursache kommen ein Selenmangel des Muttertieres vor der Geburt oder genetische Ursachen infrage.


Lange schon weiß man, dass die primäre Trinkschwäche bei Kälbern der Rasse Braunvieh häufig auftritt. Weniger betroffen sind neugeborene Fleckvieh-Kälber und noch seltener sieht man das Problem bei Holstein-Kälbern.


BiestmilchGabe sicherstellen


Tatsächlich ist es nicht so einfach, diese Kälber angemessen zu versorgen. Jeder kennt die übergroße Bedeutung einer reichlichen Versorgung mit Biestmilch für die spätere Gesundheit des Kalbes – aber was soll man tun, wenn das Neugeborene partout nicht trinken mag? Wenn alle Bemühungen erfolglos bleiben, sollte die Biestmilch zunächst mit einer Sonde verabreicht werden („Drenchen“).


Zudem wird der Tierarzt helfen: Er wird ggf. die Grunderkrankung behandeln und verfügt zudem über ein bestimmtes Medikament mit dem Wirkstoff Brotizolam, das in die Vene injiziert wird und direkt das Appetitzentrum im Gehirn stimuliert. Viele – aber leider nicht alle – Kälber beginnen dann innerhalb von fünf Minuten zu saufen.


Selenversorgung überprüfen


Der Tierarzt wird in der Regel auch ein Präparat mit Selen und Vitamin E verabreichen, da gehäufte Fälle von Trinkschwäche vielfach auf einer Unterversorgung der Kühe (und damit auch der Kälber) mit Selen beruhen. Grundsätzlich gilt, dass angesichts selenarmer Böden jeder Betrieb ein Selenproblem hat, der nichts gegen eine Selenunterversorgung tut! Im Verdachtsfall kann man die Diagnose durch die Untersuchung von Blutproben der Trockensteher auf Selen stellen. Wichtig ist dann, über die Fütterung von selenreichem Mineralfutter das Defizit auszugleichen.


Vorsicht vor Hausrezepten


Problematisch ist es, Kälber mit Trinkschwäche mit bestimmten Hausrezepten zu behandeln. Zwar gibt es positive Erfahrungsberichte, dass ein Einlauf gute Ergebnisse haben kann, weil so der Abgang des Darmpechs erreicht wird.


Unbedingt abzuraten ist aber vom Einreiben eines Teelöffels Salz in das Maul. Das ist sehr gefährlich, denn Kälber erleiden schnell eine Kochsalzvergiftung – insbesondere dann, wenn sie nicht trinken. Viel besser ist es, sich intensiv um das Kalb zu kümmern. Die Bedeutung von „tenderness, love and care“ (TLC), d.h., liebevoller Zuwendung), kann man gar nicht hoch genug einschätzen.


Stets gilt, dass man bei gehäuften Fällen von trinkschwachen Kälbern einen Berater oder den Kälbergesundheitsdienst hinzuziehen sollte, um das Bestandsproblem gemeinsam zu klären und abzustellen.Nadine Maier


silvia.lehnert@topagrar.com

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