Einloggen / Registrieren

Startseite

Schlagzeilen
Messen & Termine
Themen
Wir für Euch
Sonstiges

Stilllegung 2024 Agrardiesel-Debatte Bürokratieabbau

topplus Aus dem Heft

Brotgetreide anbauen ohne Pflanzenschutzmittel

Lesezeit: 4 Minuten

47 Landwirte erzeugen ohne Pflanzenschutzmittel Brotgetreide für die Marktgemeinschaft „KraichgauKorn“. Das funktioniert pflanzenbaulich gut, aber die Vermarktung stößt an ihre Grenzen.


Das Wichtigste zum Thema Süd extra freitags per Mail!

Mit Eintragung zum Newsletter stimme ich der Nutzung meiner E-Mail-Adresse im Rahmen des gewählten Newsletters und zugehörigen Angeboten gemäß der AGBs und den Datenschutzhinweisen zu.

Der Hybridlandwirtschaft, dem Mittelweg aus konventionellem und biologischem Anbau, gehöre die Zukunft, prophezeien immer mehr Ackerbauexperten. Eine Gruppe von Landwirten aus dem Norden Baden-Württembergs praktizieren das schon seit 30 Jahren. Sie haben sich zur Marktgemeinschaft „KraichgauKorn“ zusammengeschlossen und produzieren Brotgetreide, ohne dabei Pflanzenschutzmittel einzusetzen.


Zur Marktgemeinschaft gehören inzwischen 47 Landwirte, zwei Mühlen und 40 Bäcker. Das Mehl und die Produkte werden an über 150 Verkaufsstellen angeboten. Die Erzeugung und das Vermarktungsgebiet erstrecken sich seit vier Jahren über das Kerngebiet, den Kraichgau im Nordwesten von Baden-Württemberg, hinaus.


„Wir hatten im Jahr 2016 enorme Probleme mit Fusarium und mussten Biogetreide zukaufen“, erklärt Roland Waldi, Vorstand der „KraichgauKorn“. „Deshalb haben wir inzwischen auch eine Handvoll Erzeuger außerhalb des Kraichgaus.“ Zu ihnen gehört Helmut Banzer aus Großrinderfeld (siehe Reportage Seite 14).


Logistischer Aufwand


Die Kraichgau-Bauern produzieren auf 1000 ha Weizen, auf 250 ha Roggen, auf 270 ha Dinkel, auf 25 ha Einkorn und auf 16 ha Emmer. Das Getreide liefern sie an die Störrmühle in Knittlingen oder an die Mönsheimer Mühle. Weite Strecken versucht die Gemeinschaft mit LKW zu fahren, üblicherweise liefern die Landwirte aber direkt.


„Je nach Entfernung kann das für die Landwirte während der Ernte ein enormer logistischer Aufwand sein“, erzählt Vorstand Waldi. „Zudem kann auch nur eine der Mühlen eine größere Menge Getreide einlagern.“ Etwa ein Drittel der Ernte lagern die Landwirte deshalb selbst ein – wenn der Platz dafür da ist.


Aussaat erst Ende Oktober


Im Unterschied zu anderen Abnehmern schließt „KraichgauKorn“ keine Verträge mit den Landwirten und hat mehrere Auszahlungstermine. Die Erzeuger bekommen bereits zu einem früheren Zeitpunkt Abschlagszahlungen. Das Ziel ist, den Landwirten 8 €/dt mehr zu bezahlen, als sie für konventionelle Ware bekommen würde. In den letzten Jahren lag der Aufschlag bei etwa 6 €.


Das Anbaujahr beginnt beim Weizen mit einer Saatgut-Sammelbestellung. „Wir bestellen den E-Weizen gesammelt, damit wir einen Überblick über die gesäte Menge haben“, erklärt Roland Waldi. „Aufgrund des Unkrautdrucks säen wir den Weizen allerdings erst Ende Oktober.“


Die teilnehmenden Landwirte verpflichten sich zum Verzicht auf Pflanzenschutzmittel – jedenfalls auf den Flächen, auf denen sie für „KraichgauKorn“ produzieren. Zur Unkrautregulierung wird ausschließlich auf mechanische Verfahren gesetzt. An allen „KraichgauKorn“-Flächen müssen sie außerdem Blühstreifen anlegen. Für die Düngung gibt es keine Vorgaben und ihre übrigen Flächen dürfen die Landwirte konventionell bewirtschaften.


Ein unabhängiger Prüfer kontrolliert die Einhaltung der Vorgaben, zieht Rückstandsproben und überwacht auch die Bäckereien und Mühlen.


Unterschiedlichste Betriebe


Die Produktion für „KraichgauKorn“ ist für die Betriebe eine Alternative zum Bioanbau. „Unsere Teilnehmer sind Bullen-, Schweine- oder Putenmäster, Gemüse-, Wein- oder Ackerbauern“, erklärt Landwirt Holger Söhner. Wenn Bio nicht zum Gesamtbetrieb passt, ist dieser Weg eine gute Option.“


Zurzeit herrscht allerdings ein Aufnahmestopp, weil der Absatz nicht weiter wächst. „Außer, wir finden mehr Bäcker, die sich uns anschließen“, betont Roland Waldi. Allerdings dürfen diese ausschließlich Kraichgau-Mehl verwenden. Nur in Ausnahmefällen ist der Zukauf von Biomehl erlaubt. Ein Grund, warum viele Bäcker zögern.


Stefan Reinmuth ist Inhaber von mehreren Bäckereien in Karlsruhe und arbeitet seit zehn Jahren mit der Marktgemeinschaft. Als er die Backstube von den Eltern übernommen hat, wollte er weg von Backmischungen. „Die Verbraucher sind immer kritischer geworden“, sagt er. „Bei ‚KraichgauKorn’ lerne ich die Landwirte kennen und weiß, woher das Getreide kommt. Die Kunden finden das gut.“ Das rechtfertigt für ihn den etwas höheren Preis, den er für das Mehl bezahlen muss.


Was ihm aufgefallen ist, als er erstmals mit dem Mehl gebacken hat: Er muss dem Teig für das gleiche Backergebnis 10% mehr Wasser zufügen.


Das Ziel ist unter anderem, mehr Verkaufsstellen aufzubauen. Außerdem soll der Onlineshop und die -präsenz weiter ausgebaut werden. Um weiter expandieren zu können, muss die Marktgemeinschaft weitere Bäcker finden. Landwirte, die bei „KraichgauKorn“ einsteigen möchten, sollten deshalb aktiv um Bäcker werben. „Wir suchen vor allem im Norden des Kraichgau Bäcker und Erzeuger, aber auch in Bayern“, sagt Roland Waldi.


anja.rose@topagrar.com

Die Redaktion empfiehlt

top + Letzte Chance: Nur noch bis zum 01.04.24

3 Monate top agrar Digital + 2 Wintermützen GRATIS

Wie zufrieden sind Sie mit topagrar.com?

Was können wir noch verbessern?

Weitere Informationen zur Verarbeitung Ihrer Daten finden Sie in unserer Datenschutzerklärung.

Vielen Dank für Ihr Feedback!

Wir arbeiten stetig daran, Ihre Erfahrung mit topagrar.com zu verbessern. Dazu ist Ihre Meinung für uns unverzichtbar.