Einloggen / Registrieren

Startseite

Schlagzeilen
Messen & Termine
Themen
Wir für Euch
Sonstiges

Stilllegung 2024 Agrardiesel-Debatte Bürokratieabbau

topplus Aus dem Heft

Damit Biokälber auch Biopreise erzielen

Lesezeit: 5 Minuten

Die meisten Biokälber aus der Milchviehhaltung werden konventionell vermarktet. Landwirte aus dem Schwarzwald wollen das ändern. Dr. Lukas Kiefer stellt das Projekt vor.


Das Wichtigste zum Thema Süd extra freitags per Mail!

Mit Eintragung zum Newsletter stimme ich der Nutzung meiner E-Mail-Adresse im Rahmen des gewählten Newsletters und zugehörigen Angeboten gemäß der AGBs und den Datenschutzhinweisen zu.

Bei Milchpreisen zwischen 40 und 50ct/kg die eigenen Kälber zwölf Wochen lang mit Vollmilch tränken, ohne dass sich dieser Mehraufwand später im Kälberpreis niederschlägt?


Mastbetrieb unbekannt:

Man kann es vielen Biomilchviehbetrieben nicht verdenken, dass sie unter solchen Vorzeichen nur die für die eigene Nachzucht nötigen Kälber aufziehen und überschüssige früh abgeben. In welche konventionellen Mastbetriebe diese Tiere dann letztlich gebracht werden oder ob sie gar im Ausland landen, wissen die meisten Tierhalter aber wohl nicht.


Um wie viele Biokälber geht es dabei? In Baden-Württemberg gibt es etwa 30000 Biomilchkühe. Bei einer Abkalberate von 100% werden jährlich circa 30000 Biokälber geboren. Von diesen sind in der Regel etwa 15000 männlich und 15000 weiblich. Von den männlichen können möglicherweise 500 (d.h. 3,3%) als Deckbullen auf dem Betrieb bleiben.


50000 Biokälber betroffen:

Von den weiblichen Kälbern werden bei einer Nutzungsdauer von vier Jahren pro Kuh etwa 50% für die eigene Bestandsergänzung aufgezogen. Unter Berücksichtigung eines „Sicherheitszuschlags“ kalkulieren wir mit 70%.


In Summe verlassen also mindestens 19000 in Baden-Württemberg geborene Biokälber (14500 männliche und 4500 weibliche) den Biosektor bereits im Alter von zwei (Holstein) bis sechs Wochen (Fleckvieh). Rechnet man diese Zahlen auf ganz Süddeutschland hoch, kommt man auf eine Tierzahl im mittleren fünfstelligen Bereich. Wie lassen sich diese Biokälber künftig sinnvoller und preislich attraktiver vermarkten?


Welche Alternativen gibt es?

Lösungen für diese Frage erarbeiten derzeit mehrere Institutionen bundesweit gemeinsam im Projekt „Grünlandnutzung durch ein innovatives Bioweiderind-Konzept (GiB).“ Hierbei wird unter anderem die Möglichkeit geprüft, diese ohnehin vorhandenen Biokälber als Biorinder auszumästen und damit den Biorindfleischmarkt zu beliefern. Dieser wird bisher überwiegend aus der Biomutterkuhhaltung bedient.


Doch wie stellt sich bei dieser Aufzucht und Abgabe der Kälber an spezialisierte Mäster die Wirtschaftlichkeit dar? Und wie arbeiten Milchviehhalter und Mäster effizient zusammen?


Pilotprojekt im Schwarzwald:

Als Modell dienen die im Rahmen des Projektes kooperierenden Milchviehhalter und Rindermäster aus dem Südschwarzwald. Diese Milchviehhalter verfügen gemeinsam über 400 Milchkühe verschiedener milchbetonter Rassen (u.a. Holstein-Friesian, Braunvieh). Durch eine gezielte Zuchtauswahl lassen sie bis zu 35% ihrer Milchkühe mit Fleischrassen belegen, um die Masteigenschaften der Kälber zu verbessern.


Diese insgesamt etwa 140 Kreuzungskälber sollen in Zukunft von zwei (später noch mehr) Rindermästern, die über die Erzeugergemeinschaft Schwarzwald Bio-Weiderind organisiert sind, aufgekauft und für die Edeka Südwestfleisch GmbH ausgemästet werden. Damit können die Rindermäster ihre bisherigen Mutterkuhbestände reduzieren und das vorhandene Futter effektiver in der Mast einsetzen.


Nach den bisherigen Erfahrungen ist es praktikabel, wenn die Milchviehhalter und nicht die Rindermäster die zwölfwöchige Tränkephase übernehmen. Schließlich ist dort die notwendige Vollmilch vorhanden.


Die Aufzucht eines drei Monate alten Absetzers verursacht auf dem Milchviehbetrieb Vollkosten in einer Größenordnung von 550 bis 650€. Die Übersicht unten zeigt die Kalkulation von fünf Milchviehbetrieben, deren Kosten im Rahmen des Projektes ausgewertet wurden. Die Abnahme ist für den Rindermastbetrieb damit in Bezug auf das Alter des Kalbes zwar keine günstige, aber dennoch meistens lohnenswerte Investition. Schließlich kann er dafür auf die Haltung einer häufig noch deutlich teureren Mutterkuh verzichten.


Nachfrage steigt:

Im Rindfleischmarkt kann es zwar immer zu Schwankungen kommen. Die meisten größeren Abnehmer signalisieren jedoch, dass sie grundsätzlich auf der Suche nach Biorindfleisch guter Qualität sind und zukünftig noch mehr Tiere abnehmen würden. Edeka Südwest beispielsweise will pro Jahr mindestens 1000 Biorinder vermarkten.


Bisher hakt die Vermarktung allerdings häufig noch an zu geringen Mengen und einer verlässlichen Belieferung mit Tieren. Die Preise liegen dabei mit 4,50 bis 5,50€ pro kg Schlachtgewicht bei Qualitäten von R2 oder R3 deutlich über dem konventionellen Niveau.


Wie Kosten senken?

Für eine lohnenswerte Biorindermast spielen jedoch – genau wie bei der Mutterkuhhaltung – immer auch die Flächenprämien eine sehr wichtige Rolle. Insbesondere flächenstarke Dauergrünlandbetriebe mit viel Weideland und niedrigen Flächenkosten profitieren von den Prämien der Ersten und Zweiten Säule. Eine Möglichkeit zur Senkung des Arbeitsaufwandes und der Kosten besteht in der Ammenkuhhaltung mit mehreren Kälbern pro Muttertier. Doch hierfür sind betriebsindividuelle Voraussetzungen nötig, die nicht überall erfüllbar sind. Insgesamt scheint die Wertschöpfungskette innerhalb des Ökolandbaues von der Geburt der Kälber bis zur Schlachtung der Mastrinder ökonomisch in vielen Fällen gewinnbringend darstellbar zu sein – vorausgesetzt, die Vermarktung stimmt.


Zwei Drittel bleiben bio:

Von den etwa 400 geborenen Kälbern pro Jahr können auf den betroffenen Milchviehbetrieben künftig etwa zwei Drittel statt bisher ein Drittel im Biosektor bleiben. Möchten die Tierhalter diesen Anteil auf 100% steigern, so kommen sie – gesextes Sperma ausgeklammert – nicht umhin, auf Zweinutzungsrassen zu setzen. Dadurch erfüllen alle geborenen Kälber die Voraussetzungen für die erfolgreiche Weidemast.


Das geschilderte Kooperationsmodell zwischen Biomilchviehhalter und Biomäster ist auch auf Betriebe aus anderen Regionen Deutschlands übertragbar. Davon sind die Projektpartner überzeugt. Eine breite Umsetzung kann dazu beitragen, die Art der Tierhaltung sowie die Akzeptanz der Landwirtschaft in der Gesellschaft zu verbessern – und zwar ohne eine Steigerung der Produktionskosten!


Dr. Lukas und Anna Kiefer


Kontakt: silvia.lehnert@topagrar.com

Die Redaktion empfiehlt

top + Letzte Chance: Nur noch bis zum 01.04.24

3 Monate top agrar Digital + 2 Wintermützen GRATIS

Wie zufrieden sind Sie mit topagrar.com?

Was können wir noch verbessern?

Weitere Informationen zur Verarbeitung Ihrer Daten finden Sie in unserer Datenschutzerklärung.

Vielen Dank für Ihr Feedback!

Wir arbeiten stetig daran, Ihre Erfahrung mit topagrar.com zu verbessern. Dazu ist Ihre Meinung für uns unverzichtbar.