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Der Biomeerrettich-Pionier

Lesezeit: 5 Minuten

Karl Brehm machte zunächst Karriere als Architekt. Als er dann den Hof bekam, sattelte er um und ist heute einer der größten Anbauer für Biomeerrettich.


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Im Spätherbst läuft bei Karl Brehm (52) im mittelfränkischen Lonnerstadt die Meerrettichernte auf Hochtouren. Mit 7 ha der Sonderkultur gehört er zu den größten Anbauern in der Region.


Was man auf den ersten Blick nicht vermuten würde: Brehm hat Architektur studiert und arbeitete danach rund zehn Jahre in renommierten Planungsbüros im In- und Ausland.


Zurück auf den Hof


Als ihm sein Vater im Jahr 2000 den 50 ha-Hof überschrieb, entschied sich Karl Brehm für die Landwirtschaft, anstatt die Flächen zu verpachten. Der Quereinsteiger stellte den Betrieb auf biologischen Anbau um. „Das wollten meine Frau und ich auf jeden Fall, auch wenn die Eltern nicht begeistert waren“, sagt Brehm.


Die ersten drei Jahre fuhr er zweigleisig. Er arbeitete weiterhin als Architekt und führte den Hof im Nebenerwerb. Dabei kam er zur Erkenntnis: „Man kann sich im Leben nur auf eins konzentrieren.“ Er holte die Ausbildung zum Landwirtschaftsmeister nach, die er mit Auszeichnung abschloss. „Da hab ich viel gelernt“, lacht er, „von da an ging es aufwärts mit dem Hof.“


Er stellte alle Kulturen auf den Prüfstand. Grünland, Getreide und Kartoffeln sollten bleiben. Brehm nahm den Meerrettich in die Fruchtfolge auf, obwohl wenig für die Kultur sprach.


Zum Zeitpunkt der Hofübernahme standen nur noch 50 Meerrettichstangen auf dem Hof Brehm. Die baute seine Mutter noch an, um die lange Anbautradition der Familie fortzusetzen.


Um den Meerrettich ausreichend mit Nährstoffen zu versorgen, baut der Landwirt als Vorfrucht Kleegras an, das drei Jahre steht. Zusätzlich düngt er die Kultur mit Festmist und Hornspänen.


Den Mist erhält er von einem benachbarten Milchbauern, den er im Gegenzug mit Heu von seinem Grünland versorgt. „Den wertvollen Rindermist bekommen nur mein Meerrettich und die Kartoffeln“, sagt Böhm, „der Boden lechzt regelrecht danach.“


Maschinen selbst gebaut


Da er vergeblich nach Geräten suchte, die ihm die Arbeit erleichterten, baute er sie sich selbst. „Meerrettich ist eine absolute Nischenkultur, da ist kein Markt für Spezialmaschinen“, sagt er.


Er pflanzt die Kultur mit einer vierreihigen Pflanzmaschine mit selbstlaufenden Rädern, die ihm ein Schmied nach seinen Plänen herstellte. Das Gerät legt die etwa 30 cm langen Wurzeltriebe, die Fechser, schräg in den Boden ab, pro Hektar 20000 Pflanzen. Am Schluss bedecken Schare, wie beim Kartoffellegen, das Pflanzgut mit Erde und formen einen Damm.


Würde er die Stangen senkrecht setzen, blieben viele Wurzeln unerreichbar tief im Boden. Meerrettich vermehrt sich aus jedem noch so kleinen Wurzelteil und wird im Weizen, der als Folgefrucht kommt, zum lästigen Unkraut. „Im konventionellen Anbau behandelt man diese Pflanzen mit Glyphosat“, sagt Brehm. Im Öko-Anbau sei die Bekämpfung jedoch aufwendiger.


Der Landwirt hat sich mit einem befreundeten Berufskollegen aus einem Kartoffelroder eine Meerrettich-Erntemaschine gebaut. Die arbeite bereits sehr sorgfältig, sagte er. Trotzdem folgt während der Ernte immer noch ein Mitarbeiter dem Roder und sammelt Wurzelteile, die aus dem Boden hochgekommen sind, in einen Korb.


Mit Grubbern, Fräsen und Pflügen bekommt er das restliche Unkraut schließlich in den Griff.


Meerrettich braucht Frost


Da Meerrettich erst ab Ende Oktober geerntet wird, geschieht das oft unter schwierigen Bedingungen. Oft ist es zu nass, der Boden nicht befahrbar – „da ist dann jeder Tag kostbar“, so Brehm. „Meerrettich sollte einen Frost hinter sich haben“, sagt er. „Steht die Pflanze bei der Ernte noch im Saft, hat die Wurzel einen bitteren Geschmack – und das will der Kunde nicht.“


Besonders stolz ist der Biolandwirt auf seine selbst entwickelte Technik, mit der er den wichtigsten Schädling im Meerrettich, den Erdfloh, unter Kontrolle hält. Mit zwei Holzplatten mit Leimfolie im Frontanbau fährt er über die Pflanzen. Der dabei geworfene Schatten lässt die Flöhe hochspringen – sie bleiben an der Folie kleben.


1000 Stunden pro Hektar


Trotz Technik müssen noch viele Arbeitsschritte von Hand erledigt werden. „Für Pflanzung, Pflege und Ernte eines Hektars Meerrettich braucht es um die 1000 Arbeitsstunden“, schätzt Brehm. Im Frühjahr zum Pflanzen. Im Sommer, zum Entfernen der Kopfwurzeln, die sich an den Hauptwurzeln bilden. Ohne seine polnischen Arbeiter, zu denen er ein gutes Verhältnis pflegt, müsste er aufhören, gibt der Landwirt offen zu.


Auch das Sortieren und Reinigen der Meerrettichstangen nach der Ernte ist Handarbeit. Seine Mitarbeiter entfernen Blätterreste, separieren nach Stangen und Pflanzgut für die nächste Saison. Die Fechser legen sie direkt auf dem Hof im feuchten Sand ein. Die zwischen 300 und 1000 g schweren Stangen zum Verzehr verpacken sie in Plastiksäcke und stapeln diese dann auf Paletten für den Lkw-Transport.


Brehm liefert seine Meerrettichstangen an verschiedene Verarbeiter und Großhändler, mit denen er direkt Verträge abgeschlossen hat.


Franken, Brehms Heimat, ist mit einer Jahresernte von rund 1500 t Meerrettich eine der bedeutendsten Anbauregionen. Doch mittlerweile komme große Konkurrenz aus Ungarn. „Die forschen dort richtig und produzieren bereits große Mengen für einen Preis um die 1 € pro kg, deutscher Meerrettich kostet um die 1,60 € pro kg“, berichtet Brehm.


Petra Jacob


klaus.dorsch@topagrar.com

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