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„Die Arbeit mit Streuobst lohnt sich wieder“

Lesezeit: 4 Minuten

Traditionelle Streuobstbestände erhalten will derzeit jeder. Doch wer bezahlt den Aufwand? Jörg Geiger und der schwäbische Verein Wiesenobst zeigen, wie das gehen kann.


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Jörg Geiger (50) aus Schlat (Lkr. Göppingen) hat mit seinem Verein Wiesenobst e.V. geschafft, wovon aktuell viele reden: In seiner Obst-Manufaktur stellt er aus den Säften alter Obstsorten Schaumweine, Schnaps und Cidres sowie alkoholfreie Prisecci her und vermarktet sie erfolgreich unter regionaler Marke.


Stärken der Sorte kennen


Bohnapfel, Stuttgarter Gaishirtle, Champagner-Bratbirne – das sind alles alte, fast vergessene hochstämmige Streuobstsorten der Schwäbischen Alb, die zu Geigers Leidenschaft geworden sind und die Basis für seine Getränke bilden. Riechen, Schmecken und Kombinieren – ein Talent, das dem gelernten Koch dazu verholfen hat, mit seiner Manufaktur jährlich einen Umsatz von 5 Mio.€ zu generieren. „Man muss wissen, was die Stärken, was die Schwächen der jeweiligen Obstsorte sind. Und daraus entsprechende Produkte machen“, erklärt Geiger.


Damit die Rohware aus den Landkreisen Esslingen, Göppingen und Stuttgart seinen Qualitätsansprüchen genügt, hat Geiger 2016 zusammen mit mehreren Vereinen und engagierten Privatpersonen den Verein „Schwäbisches Wiesenobst“ gegründet.


Mit dabei waren der Verband der Agrargewerblichen Wirtschaft, Slow Food Deutschland, der Landesverband für Obstbau, Garten und Landschaft, der Verein zur Erhaltung und Förderung alter Obstsorten und das Schwäbische Streuobstparadies. „Aktuell sind rund 270 Mitglieder im Verein Wiesenobst dabei. Wir sind bei knapp 600 ha Fläche und 18000 Bäumen“, erzählt Geiger. Mitglieder, die sich auf ihren Flächen an den eigens von ihm entwickelten Kriterienkatalog halten, bekommen über die Wiesenobst-Zertifizierung höhere Preise. So lag der Erlös bei einer sortenreinen Anlieferung exklusiver Sorten, wie z.B. bei der Birnensorte Stuttgarter Gaishirtle, im letzten Jahr bei bis zu 70€/dt. Für gemischte Ware zahlte Geiger 18 bis 21€/dt. Am freien Markt betrug das Niveau für gemischtes Streuobst zwischen 5 und 10€/dt.


Zu den Kernkriterien im Katalog des Wiesenobst e.V. zählen z.B. die Nutzung einer starken Wachstumsunterlage, eine maximale Bestandsdichte sowie Vorgaben für die Düngung und den Pflanzenschutz. „Die Verwendung von Glyphosat ist nicht zugelassen. Das kann einfach nicht das Mittel der Wahl sein“, sagt Geiger. Für besondere, alte Sorten, für eine ökologische Bewirtschaftung oder für die Nachpflanzung von Bäumen erhalten die Landwirte zusätzliche Bonuspunkte. Angeliefert wird das Obst von jedem Vereinsmitglied selbst. Meist teilen die Bauern dem Verarbeiter schon im Frühsommer eine erste Ernteschätzung pro Sorte mit, denn Geiger legt Wert auf eine sortenreine Anlieferung. Um das zu überprüfen, steht der Unternehmer auch persönlich auf dem Anhänger. „Nach einigen Tagen Lagerzeit kann es schon passieren, dass manch einer das Obst nochmal sortieren muss“, erzählt er.


Welche Sorte wann angenommen wird, teilt er den Bauern wöchentlich per Mail mit. Abnahmeverträge gibt es zwar, doch in extrem ertragreichen Jahren sei ein Lieferstopp, z.B. wenn die Qualität nachlasse, möglich.


100 Produkte im Sortiment


Was einst mit ersten Schaumweinen in der elterlichen Schnapsbrennerei von Jörg Geiger begann, umfasst heute ein Sortiment von circa 100 Produkten. „Die bekannteste Marke ist PrisSecco – prickelt wie Sekt, aber alkoholfrei“, sagt Geiger. Durch die Kombination mit biologisch angebauten Gewürzen, Kräutern, Beeren und Blättern kreiert der Unternehmer einzigartige Geschmackserlebnisse.


Oftmals werde er gefragt: „Ob sich das Aufklauben bei wenigen Baumbeständen überhaupt rentiert“ Doch für ihn ist das überhaupt keine Frage, sondern eher seine Lebensphilosophie: Er sieht sich als Obstveredler und will die Schätze der Natur, die ihn umgeben, zu etwas Wertigem verarbeiten und dabei die Bäume und die Kulturlandschaft erhalten. Um diesen Traum zu leben, hat Geiger über Jahrzehnte den Gewinn aus dem übernommenen Gastronomiebetrieb der Eltern gespart. Vor vier Jahren hat er ein zweites Werk in Schlat mit einer modernen Presse, riesigen Lagertanks aus Edelstahl, mit Abfüllanlagen und Etikettier-Stationen eröffnet.


Alte Sorten weiter Gesucht


Neben einer automatischen Packstation laufen Rollbänder vorbei an den Schnellläufern und führen direkt zur Versandstation. Von hier aus finden die „echt schwäbischen“ Produkte schließlich ihren Weg direkt zum Kunden im In- und Ausland. Das sind z.B. Weinfachhändler, Edeka-Märkte, Hotel- und Gastronomiebetriebe. Jörg Geiger kann sich vorstellen, noch weitere Streuobstwiesen-Besitzer aufzunehmen. „Gesucht sind vor allem solche mit alten Sorten.“ Tamara Lehmann


silvia.lehnert@topagrar.com

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