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Eckpunktepapier: Einigkeit sieht anders aus

Lesezeit: 5 Minuten

Der Runde Tisch hat zwar dazu geführt, dass ProBiene keine weiteren Stimmen für das Volksbegehren Artenschutz in Baden-Württemberg mehr sammeln will. Die Bauern sind jedoch tief gespalten.


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Bis zuletzt konnte sich keiner am Runden Tisch sicher sein, dass der Gesetzentwurf der baden-württembergischen Landesregierung als Alternative zum Volksbegehren Artenschutz – „Rettet die Bienen“ durchgeht. Denn die Uneinigkeit innerhalb der berufsständischen Verbände war groß und auch ProBiene ließ sich vorher nicht in die Karten schauen.


Landwirtschaftsminister Peter Hauk, der gemeinsam mit Umweltminister Franz Untersteller das zugrunde liegende Eckpunktepapier verantwortet, wurde in den letzten Wochen nicht müde, um Zustimmung und Einigkeit zu werben. „Auch wenn ich nicht weiß, ob es den Insekten hilft“, so der Minister am Tag des Showdowns in Stuttgart.


Keine Mobilisierung mehr


Jetzt liegt zwar ein Ergebnis vor, doch von einer allseitigen Zustimmung der Beteiligten kann keine Rede sein. Denn nur der Trägerkreis ProBiene, der aus 13 Verbänden und Organisationen besteht, hat einstimmig beschlossen, den vorgelegten Gesetzentwurf zu akzeptieren. „Die Mobilisierung für das Volksbegehren, die seit dem 15. Oktober ruht, wird nicht wieder aufgenommen“, teilte ProBiene mit. Formal-juristisch laufe das Verfahren allerdings bis 23. März 2020 weiter. Letzter Stand waren Anfang November rund 6400 abgegebene Stimmen.


Verbände zerrissen


Die landwirtschaftlichen Berufsverbände zeigten sich demgegenüber tief gespalten. Während der Landesbauernverband in Baden-Württemberg (LBV) das Eckpunktepapier „nach intensiven Beratungen und Diskussionen“ mitträgt, stellten sich die anderen Verbände, wie etwa der Badische Landwirtschaftliche Hauptverband (BLHV), der Landesverband Erwerbsobstbau Baden-Württemberg (LVEO), der Badische Weinbauverband sowie mehrere regionale Obst- und Weinbauverbände entschieden dagegen.


„Das Ergebnis der Verhandlungen kann uns noch nicht zufriedenstellen“, erklärt Werner Räpple, Präsident des BLHV. „Es fehlen wichtige Punkte, die einen echten Gesellschaftsvertrag einleiten könnten.“


Was gilt für Naturschutz-gebiete?


Die Hauptkritik der Verbände zielt nach wie vor auf das Vorhaben ab, den Einsatz von Pflanzenschutzmitteln um 40 bis 50% bis 2030 zu reduzieren. Denn trotz vielfach geäußerter fachlicher Einwände seitens der Verbände am Runden Tisch blieb dieser Punkt am Ende unverändert. „Aus Sicht der Praxis ist das nicht machbar. Dieses Ziel ist politisch motiviert und signalisiert, dass nur der Pflanzenschutz Verursacher des Artenschwundes ist. Daher muss die Landesregierung die volle Verantwortung übernehmen und darf nicht die Landwirtschaft vorführen, sollten die damit verfolgten Ziele nicht erreicht werden“, warnte Werner Räpple.


Auch Weinbauer Kevin Vogel von „Land schafft Verbindung“ ist enttäuscht: „Für uns ist das Festhalten an den festen Reduktionszielen ein Schlag ins Gesicht. Die Umsetzung wird sehr hart. Dabei wird völlig verkannt, was wir jetzt schon unternehmen, um Pflanzenschutzmittel einzusparen.“


Ein weiterer großer Knackpunkt ist für die Kritiker das geplante Verbot von Pflanzenschutzmitteln in Naturschutzgebieten. „Die Zukunft von Betrieben in diesen Gebieten ist nach wie vor nicht geklärt. Es war zwar von einem Ausgleich und Ausnahmeregeln die Rede. Aber einen konkreten Vorschlag gibt es nicht“, sagt Obstbäuerin Antonia Kitt aus Überlingen, die selbst am Runden Tisch dabei war. Genau aus diesem Grund haben auch mehrere Obst-, Obstbrenner- und Weinbauverbände von Bodensee, Kaiserstuhl und Mittelbaden das Eckpunktepapier abgelehnt. „Solange auch nur ein landwirtschaftlicher Betrieb im Naturschutzgebiet in seiner Existenz bedroht ist, lehnen wir das Eckpunktepapier in seiner Gesamtheit ab“, erklärt Hubert Lehle vom Verein Obstregion Bodensee.


War alles nur Show?


Bewirkt haben die Kritiker mit ihrer Haltung allerdings wenig. Der Entwurf geht nun vermutlich den üblichen Gesetzesweg, noch offene Details werden nicht-öffentlich festgezurrt.


Viele Verbandsvertreter und Landwirte in Baden-Württemberg, die gerade in Bezug auf die Reduktion von Pflanzenschutzmitteln auf einen fachlich und wissenschaftlich fundierten Dialog gehofft und mit großem Engagement dafür gekämpft haben, sind ernüchtert. Antonia Kitt: „Der Runde Tisch war statt eines konstruktiven Dialogs eher eine Anhörung, eine tragfähige Vertrauensbasis entstand dabei nicht.“ Gestaltungsspielraum habe es lediglich noch in wenigen Detailfragen gegeben, was sicherlich auch dem Zeitdruck geschuldet ist: „Das Ergebnis stand von vornherein fest und ist eine rein politische Lösung“, ist Kitt enttäuscht.


Ganz umsonst waren die Bemühungen der Basis trotz der unbefriedigenden Bilanz aber nicht, meint Kevin Vogel, der in Kiechlinsbergen am Kaiserstuhl Weinbau betreibt. „Wir haben damit den Verhandlungsführern den Rücken gestärkt und den Fachargumenten mehr Gehör verschafft.“ „Land schafft Verbindung“ konnte allein am Tag der Abschlussrunde etwa 400 bis 500 Bauern zur Fahrt nach Stuttgart bewegen.


Wie geht es jetzt weiter?


Der BLHV sieht sich erst mit einem Gesellschaftsvertrag am Ziel und will daher weiter Stimmen sammeln für den Volksantrag. Kevin Vogel sieht die Lösung in einem Zukunftsarbeitskreis Agrar und einer Kampagne, die die Öffentlichkeit darüber aufklärt, was die Landwirte heute schon für die Umwelt leisten. „Dafür müssen aber alle Verbände an einem Strang ziehen und auch die Politik ist gefordert, hier ein Zeichen zu setzen“, fordert Vogel.


Die Landesregierung müsse zudem dafür sorgen, dass die Umsetzung des Eckpunktepapiers finanziell für die Bauern nicht zum Desaster wird. „Die Fördersätze müssen sich daran orientieren, was eine Maßnahme wert ist und nicht daran, was sie kostet. Mit Maschinenring-Sätzen kann man uns hier nicht abspeisen!“


silvia.lehnert@topagrar.com

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