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EEG 2021: Bund will mehr Biogas im Süden

Lesezeit: 8 Minuten

Mit der Novelle des Erneuerbare-Energien-Gesetzes (EEG) hat die Bundesregierung erstmals eine „Südquote“ eingeführt. Was hat es damit auf sich und wie können Landwirte davon profitieren?


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Die Energiewende schreitet mit großen Schritten voran. Bereits mehr als jede zweite Kilowattstunde Strom stammt aus Anlagen mit erneuerbaren Energien. Doch mit dem weiteren Wachstum steigen die Herausforderungen: In Süddeutschland ist der Stromverbrauch wegen der hier ansässigen Industrie höher als im Norden. Im Norden stehen viele Windparks in Nord- und Ostsee, aber auch in den drei Küstenländern. Für den Stromtransport nach Süden fehlen aber noch Leitungen. Zudem gehen gerade in Süddeutschland in den nächsten Jahren große Atom- und Kohlekraftwerke vom Netz, die bisher „gesicherte Leistung“ bereitgestellt haben. Um diese im Süden weiterhin produzieren zu können und Netzengpässe zu vermeiden, will die Bundesregierung die Stromproduktion von Biogasanlagen stärker anreizen. Hierzu hat sie im novellierten Erneuerbare-Energien-Gesetz (EEG 2021) eine „Südquote“ eingerichtet.


Die Regelung betrifft drei verschiedene Anlagentypen:


  • Neue Biogasanlagen,
  • Biogasanlagen, die das Ende der 20-jährigen Förderung erreicht haben und ab 2022 in die zweite Vergütungsperiode wechseln wollen,
  • Blockheizkraftwerke, die ausschließlich mit Biomethan aus dem Gasnetz betrieben werden (kurz: Biomethan-BHKW).


Das Gesetz ist seit dem 1.1.2021 in Kraft. Die Südquote soll allerdings erst ab 2022 gelten. Grund ist, dass einzelne Bestimmungen erst noch von der EU-Kommission „notifiziert“, also genehmigt werden müssen. Trotzdem wirft die Südquote bereits heute erhebliche Diskussionen und Fragen auf.


Was ist die „Südregion“?


Wer eine neue Biogasanlage plant oder mit einer bestehenden Anlage nach 20 Jahren EEG-Förderung in die zweite Vergütungsperiode wechseln will, muss an einem Ausschreibungsverfahren teilnehmen. Hierfür gibt es zwei Termine im Jahr:


  • am 1. März und
  • am 1. September.


Ab dem Jahr 2022 müssen 50% der Zuschläge an Gebote aus einer genau umrissenen Südregion vergeben werden. Zu der Region, die in Anlage 5 des EEG definiert ist, gehören:


  • alle Landkreise in Baden-Württemberg,
  • fast alle in Bayern (bis auf die nördlichsten wie z.B. Hof),
  • Landkreise in Hessen südlich des Mains,
  • Landkreise in Rheinland-Pfalz westlich des Rheins und südlich der Mosel,
  • Landkreise im Saarland.


Folgen für die Ausschreibung


Die Quotenregelung bedeutet: Wenn beispielsweise bei der Ausschreibung 100 MW aus dem Süden kommen, erhalten auch nur 100 MW im Norden einen Zuschlag. Sollte die gebotene Menge aus dem Norden größer sein als aus dem Süden, wird die über 50% hinausgehende Leistung auf einen Ausschreibungstermin drei Jahre später übertragen.


Die Bundesregierung begründet das Vorgehen so: Dadurch, dass das Gebotsvolumen aus dem Norden nicht über 50% hinausgehen darf, sollen innerdeutsche Netzengpässe vermieden und damit auch der Bedarf für den weiteren Netzausbaubedarf reduziert werden. Was der Fachverband Biogas jedoch befürchtet: 60% der in Deutschland installierten Biogasanlagenleistung stehen im Norden. Das bedeutet auch, dass dort entsprechend viele Betreiber nach Auslaufen der EEG-Vergütung eine Verlängerung beantragen könnten. Wenn die Gebotsmenge wegen der Südquote niedrig bleibt, können nicht alle Betreiber aus dem Norden einen Zuschlag erhalten. Zusätzlich macht die Südquote das Ausschreibungsverfahren auch für die Bieter undurchsichtiger. Wie genau die Vergabe der Gebote erfolgt, regelt die zuständige Bundesnetzagentur.


Neu: Biomethan-BHKW


In § 39k des aktuellen EEG 2021 führt die Bundesregierung das Segment der Biomethan-BHKW ganz neu ein. Der Gesetzgeber spricht hierbei sehr ungenau von „Biomethananlagen“. Gemeint sind aber nicht die bisher so benannten Biogasanlagen mit Gas-aufbereitung und Einspeisung ins Erdgasnetz, sondern reine BHKW. Theoretisch könnten es auch andere Gasaggregate wie z.B. Gasturbinen sein, in der Praxis dürften sich aber vor allem die Blockheizkraftwerke durchsetzen.


Der Paragraf regelt, dass in dieser Ausschreibung nur Gebote für Biome-than-BHKW abgegeben werden dürfen, die in der Südregion errichtet werden. Das BHKW bzw. die Turbine zur Stromerzeugung bezieht dazu bilanziell Biomethan aus dem Gasnetz. Das bedeutet: Sie entnimmt de facto Erdgas aus dem Netz, muss aber über Zertifikate nachweisen, dass an anderer Stelle genau die gleiche Menge Biomethan eingespeist wurde. Diese wird dann im Biogasregister der Deutschen Energieagentur (www.biogasregister.de) entwertet, kann also kein zweites Mal genutzt werden.


Mit dieser Regelung ist der Standort, wo das Biomethan erzeugt und ins Netz eingespeist wird, ausdrücklich nicht geregelt, d.h., die Biomethanerzeugung und -einspeisung kann überall im Bundesgebiet erfolgen.


Spezielle Regelungen


Wer ein Biomethan-BHKW errichten will, muss Folgendes beachten:


  • Er muss an einer speziellen Ausschreibung teilnehmen. Diese findet nur an einem Termin im Jahr statt, jeweils am 1. Dezember. Im Jahr 2021 ist sie noch offen für Gebote aus ganz Deutschland, ab 2022 gilt sie nur noch für Gebote aus der Südregion.
  • Das Ausschreibungsvolumen beträgt 150 MW. Das ist sehr viel im Vergleich zum EEG 2017. Denn dort musste sich diese Leistung die gesamte Bioenergiebranche (Biogasanlagen und Holzheizkraftwerke) teilen.
  • Das Biomethan-BKHW muss mindestens 151 kW Leistung haben. Denn Anlagen unter 150 kW dürfen nicht an einer Ausschreibung teilnehmen.
  • Sie dürfen bis zu 19 ct/kWh bieten. Diese Höchstgebotsgrenze ist deutlich höher als in der regulären Ausschreibung für neue Biogasanlagen. Denn dort liegt der Höchstgebotswert bei 16,4 ct/kWh.
  • Die Anlage darf höchstens 15% der installierten Leistung im Kalenderjahr produzieren, darüber hinaus gibt es keine Vergütung für den eingespeisten Strom. Wenn ein BHKW also 1000 kW Leistung hat, darf es im Jahresschnitt nur 150 kW einspeisen. Der Gesetzgeber geht im Schnitt von 1300 Volllaststunden im Jahr aus.


Für wen interessant?


Biomethan-BHKW sind unabhängig von einer Biogasanlage. Daher geht die Branche davon aus, dass dieses Segment in erster Linie für Energieversorger wie Stadtwerke interessant ist. Sie könnten damit z.B. Erdgas-BHKW ersetzen. „Die BHKW könnten aber auch eine Alternative für bestehende Biogasanlagen werden“, sagt Rechtsanwalt Dr. Helmut Loibl aus Regensburg.


Er hält es für denkbar, dass ein Biogasanlagenbetreiber ein Biomethan-BHKW als zweite Wärmequelle beispielsweise an einem vorhandenen Satellitenstandort ergänzt. Damit könnte man z.B. im Winter zusätzliche Wärme erzeugen. „Gerade bei größeren Wärmesenken wie z.B. einem Nahwärmenetz decken die Netzbetreiber Spitzenlast bei sehr tiefen Temperaturen häufig über Erdgasbrenner aus. Das könnte auch das BHKW übernehmen“, schlägt Loibl vor.


Die Wirtschaftlichkeit eines Biome-than-BHKW hängt nicht allein von der Einspeisevergütung ab, sondern auch von dem Flexzuschlag. Dieser beträgt 65 €/kW für die gesamte Leistung. Da die Stromproduktion auf 15% der installierten Leistung beschränkt ist, ist das BHKW hochflexibel.


Wie sich die Vergütung zusammensetzt, erklärt Loibl am Beispiel einer Anlage mit 1000 kW:


  • Die Grundvergütung beträgt im Jahr: 150 kW (15% von 1000 kW)×19 ct pro kWh = 249660 €. „Es ist nicht wahrscheinlich, dass die Anlage einen Zuschlag genau bei 19 ct/kWh bekommt, aber zur Vereinfachung rechnen wir hier damit“, sagt der Anwalt.
  • Der Flexzuschlag errechnet sich so: 1000 kW×65 € = 65000 € im Jahr.
  • Zusammen sind das 314660 € oder umgerechnet 23,97 ct/kWh.
  • Dazu kommt noch der Wärmeerlös.


Problem Genehmigung


Einschränkungen könnte es bei der Genehmigung des Biomethan-BHKW geben. Entscheidend ist, ob der gewünschte Standort innerhalb eines Bebauungsplans liegt. „In einem Sondergebiet für Biogas oder die Energieerzeugung bzw. in einem Gewerbe- oder Industriegebiet ist das in der Regel unproblematisch“, weiß Loibl aus seiner Erfahrung.


Anders sieht es innerhalb von Ortschaften aus, wenn es z.B. in der Nähe einer Schule oder anderen Gebäuden stehen soll. Hier sind die Emissionsgrenzen für Lärm und Geruch einzuhalten. Ein privilegierter Bau im Rahmen der Landwirtschaft gemäß § 35 Baugesetzbuch ist laut Loibl kaum möglich, da die Einsatzstoffe für die Anlage überwiegend aus der Umgebung stammen müssen, nur eine Anlage pro Hof-stelle genehmigt wird und ein räumlich-funktionaler Zusammenhang zum landwirtschaftlichen Betrieb bestehen muss – alles das ist mit dieser Form der Anlage schwer einzuhalten. „Denkbar wäre es nur, wenn das BHKW der öffentlichen Versorgung mit Strom und Wärme dient“, sagt Loibl. Das müssten Betreiber aber im Einzelfall mit der Genehmigungsbehörde abklären.


Loibls Fazit: „Das Segment der Biomethan-BHKW ist hochinteressant. Wer einen passenden Standort hat, an dem sich Wärme verkaufen lässt und der in der Nähe eines Erdgasanschlusses liegt, sollte einmal durchrechnen, ob eine Anlage für ihn infrage kommt.“ Noch ist dazu etwas Zeit: Bis drei Wochen vor dem Ausschreibungstermin am 1. Dezember muss eine Genehmigung vorliegen.


Biomethan als neuer Markt?


Das Marktsegment der Biomethan-BHKW könnte in Deutschland den Absatz von Biomethan ankurbeln. Das könnte eine Chance sein auch für Anlagen, die nach 20 Jahren EEG von der Stromerzeugung auf die Biomethanproduktion umstellen wollen.


Mittlerweile gibt es Konzepte mit Sammelleitungen, die das Rohgas von mehreren Anlagen zu einer gemeinsamen Gasaufbereitungsanlage transportieren (siehe top agrar Energiemagazin 1/2021). Bei der Wahl der Rohstoffe für die Biogaserzeugung sind die Betreiber dabei wesentlich freier, als es bisher im EEG der Fall war. Sie müssen lediglich den Maisdeckel einhalten: Der Anteil von Mais oder Getreide darf 40 % (bezogen auf die Inputmenge) nicht überschreiten.


hinrich.neumann@topagrar.com

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