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Ein Stall für drei

Lesezeit: 6 Minuten

Drei junge Milcherzeuger aus Niederbayern wollten hohen Komfort für ihre Kühe – und für sich selbst flexible Arbeitszeiten. Ihre Lösung: Sie legten zusammen und bauten gemeinsam.


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Ihre Kühe sollen sich wohlfühlen. Deswegen legten die drei Junglandwirte Georg Ritzer (31), Markus Eichberger (30) und Leo Schauer (22) aus Hauzenberg im Kreis Passau zusammen und investieren als GbR gemeinsam in einen Milchviehstall.


Das Resultat ist ein modernes Gebäude mit hohem Kuhkomfort für 2,3 Mio. €. Beim Bau setzte das Trio auf getrennte Funktionsbereiche und viel Platz. Für ihre laktierende Braunviehherde haben sie 182 Tiefboxen mit den Maßen 1,25 x 1,85 m in vierreihiger Aufstallung eingebaut.


Futtertische außen:

Dadurch haben die Kühe nicht nur in den Boxen, sondern auch auf den Gängen viel Platz. Zwei Melkroboter teilen den Stall in der Mitte, sodass die Wege der Kühe zum Roboter kurz sind. Zwei Futtertische an den langen Seiten des Stalls bieten den Tieren viel Freiraum beim Fressen. „Das erhöht die Futteraufnahme und reduziert den Herdenstress“, weiß Ritzer.


Besonders gut nehmen die Tiere den Außenfuttertisch an, der zusätzlich für viel Frischluft und Licht im Stall sorgt. Auch die beiden Firstseiten haben die drei Landwirte optimal genutzt. Statt mit normalen Wänden abzuschließen, hat das Trio einen Auslauf pro Seite angebaut.


Auf 600 m2 können die laktierenden Kühe so täglich Frischluft und Sonne genießen. „Am liebsten hätten wir unsere Milchviehherde auch auf der Weide, aber das geht wegen der Melkroboter nicht“, bedauert Georg Ritzer. Die Ausläufe seien aber immerhin ein Kompromiss.


Die Frischmelker genießen in Renfting eine Sonderbehandlung. Sie stehen in einem separaten Liegebereich des Kuhstalls. Täglich streuen die Landwirte hier neues Stroh ein, um die Keimbelastung geringzuhalten. Eicheberger melkt die Frischlaktierenden die ersten Tage mit einer Eimermelkanlage, bis sie nach etwa zwei Wochen in die laktierende Herde umgestallt werden.


Die Trockensteher kalben im Sommer auf der Weide ab. Die Kälberaufzucht findet in modernen Iglus statt. Ihr Jungvieh haben die drei Landwirte auf ihre alten Betriebsstätten verteilt.


Grundstücke zusammengelegt:

Dass das Konzept funktioniert, konnten die drei nun schon seit über zehn Jahren unter Beweis stellen. 2007 gründeten die Landwirtsfamilien zusammen die Renftinger Milch GbR. Schon ein Jahr später stand der neue Stall.


Unstimmigkeiten bei der Standortwahl gab es nicht. Die ehemaligen Betriebsstandorte der drei Landwirte lagen so nah beieinander, dass die GbR-Hofstelle auf dem Boden von allen dreien steht. „Der linke Roboter melkt nun auf Leos Grundstück, der rechte auf meinem und die Kälber stehen auf Markus Boden“, lacht Ritzer.


Anwalt hilft bei Finanzen.

Die Investition stemmten die drei aus Privatvermögen. „Wir hatten ja noch keine Jahresabschlüsse von der GbR, da konnten wir privat bessere Kredite bekommen“, so sagt Georg Ritzer.


Die Summe teilten die drei gemäß den GbR-Anteilen auf: Ritzer und Schauer zahlten 40 %, Eichberger 20 %. Grund zur Diskussion gab die Aufteilung nicht. Ein Anwalt stand ihnen sowohl bei der GbR-Gründung als auch beim Stallbau zur Seite.


Da Eichberger bei der Gründung als Nebenerwerbler weniger Vieh- und Bodenvermögen mit einbrachte als die anderen, kam eine gleichmäßige Beteiligung nicht infrage. Dennoch arbeitet er nun im Vollerwerb mit und bekommt vollen Lohn.


Wenn die GbR noch weiter in den Kuhstall investiert, können sich die Gewinnanteile auch noch verändern. „Die Verteilung ist nicht in Stein gemeißelt“, so sagt Georg Ritzer.


Ventilatoren gegen Bodenlieger:

Im ersten Sommer nach Stallbezug fällt den drei Kuhliebhabern auf, dass viele Tiere Frischluft am Außenfuttertisch suchen. Nach dem Fressen legen sich die Tiere direkt auf dem Boden ab, anstatt die Tiefstreuboxen anzunehmen. Das gefährdet nicht nur die Eutergesundheit, sondern ist auch Gift für die Gelenke der Tiere. Frischluft muss her.


Ritzer schlägt vor, in Ventilatoren zu investieren. Die anderen sind einverstanden. Ein paar Wochen später belüftet ein Ventilator ein Viertel des Liegeboxenbereichs. Als die Tiere die Boxen dort tatsächlich besser annehmen, kauft das Trio drei weitere Propeller und belüftet den ganzen Stall. Bodenlieger haben sie seitdem fast keine mehr.


Im Stall ergänzen sich die drei Jungbauern in ihrer Arbeit. Während Ritzer die Melkroboter und die Fütterung betreut, kümmert sich Schauer um die Boxenpflege und plant die Besamung der Herde und die Außenwirtschaft.


Eichberger melkt die Frischlaktierenden und übernimmt zusätzlich die Kälberfütterung. Um die Buchführung kümmern sich Schauers Eltern. Die Außenwirtschaft teilen sich die drei Landwirte untereinander auf. „Wie es gerade passt“, erläutert Ritzer das Konzept auf Vertrauensbasis.


Kein starrer Arbeitsplan:

Von starren Arbeitsplänen halten die drei nichts. Zwar sei die Arbeit auf drei Leute ausgelegt, aber wenn jemand spontan einen Tag freimacht, sei das kein Problem. Dann kümmern sich die beiden anderen um alles. „Familienfeste verpassen wir nicht mehr“, freut sich Eichberger über die Flexibilität.


Streitereien, ob jemand mal früher Feierabend macht, gibt es nicht. Schließlich wissen alle, dass das Tagesgeschäft auf die Dauer nur zusammen funktioniert. „Wir vertrauen einander“, sagt Ritzer.


Dennoch: Meinungsverschiedenheiten gibt es natürlich trotzdem mal. Dann setzen die drei auf schnelle Kommunikation. „Wir reden sachlich über das, was uns stört, wir sind alle keine Choleriker“, lacht Schauer.


Schimmel verbindet.

Schon vor dem Stallbau begannen die drei Junglandwirte die erste Kooperation. Damals molken Ritzer und Schauer je 30 Milchkühe. Eichberger zog das Jungvieh der beiden auf.


Durch die kleinen Herden war der Vorschub im Grassilo auf allen drei Betrieben jedoch zu gering. Fast täglich mussten die drei Landwirte schimmelige Stellen aussortieren. Nicht nötig, fanden sie und fuhren die nächste Grasernte gemeinsam ein. Zwei Jahre lang lernten sich die Familien so über Tier und Traktor kennen.


Als auf den Betrieben schließlich der Generationswechsel anstand, bauten sie den Stall und stellten auf Bio um.


Probezeit gibt Sicherheit.

Heute blicken die drei Junglandwirte gelassen in die Zukunft. Weiter ausbauen wollen sie erstmal nicht. „Falls die nächste Generation die GbR auflösen möchte, ginge das bei der jetzigen Größe noch“, erklären sie.


Ob sie einen gemeinsamen Stallbau weiterempfehlen können, mag keiner der drei Junglandwirte sagen. Zu stark hänge das Gelingen von den Betriebsleitern und den Gegebenheiten ab. „Bei uns passte es einfach, wir ticken gleich, deswegen klappt es“, sagt Ritzer.


Viel Sicherheit hätten ihnen die Jahre gegeben, in denen sie bereits Jungvieh, Silos und Traktoren teilten. „Wir hatten ja sozusagen ein Probeabo, bevor wir den Stall gebaut haben“, sagt Schauer.


Kontakt: hanne.honerlagen@topagrar.com

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