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Eiweiß reduzieren in sieben Schritten

Lesezeit: 7 Minuten

Es gibt viele gute Gründe, die weit verbreiteten Eiweißüberschüsse in der Milchviehfütterung zu reduzieren. Auch bei sehr hohen Leistungen. Ein Fahrplan für die Praxis.


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Weniger Eiweiß in der Ration führt nicht nur zu einer besseren Fruchtbarkeit und einer geringeren Leberbelastung. Auch die Umwelt profitiert durch weniger Stickstoffausscheidungen und weniger Emissionen und Sie selbst haben geringere Kosten. Denn der Zukauf von Eiweiß ist teuer! Kurzum: Alles, was über die Versorgungsempfehlungen hinausgeht, belastet Tier, Umwelt und Geldbeutel.


Spätestens ab 2023 müssen fast alle landwirtschaftlichen Betriebe die sogenannte Stoffstrombilanz erstellen. Hierfür werden die tatsächlichen Nährstoffflüsse an Stickstoff (und Phosphor) in und aus dem Betrieb bilanziert. Deshalb gilt es, die bis dahin verbleibende Zeit zu nutzen und die Fütterung bezüglich des Eiweiß- (und Phosphor-)einsatzes zu optimieren.


Die folgenden sieben Schritte sollen hierzu eine Orientierung bieten.


1. Ration mit untersuchten Komponenten rechnen!


Versorgungsempfehlungen geben den Bedarf einer Milchkuh an und beruhen auf vielen Untersuchungen inklusive Sicherheitszuschlägen. Bei der Rationsberechnung werden diese Versorgungsempfehlungen den Inhaltsstoffen einer Ration gegenübergestellt.


Ein Nichtwissen um die tatsächlichen Inhaltsstoffe der verwendeten Futtermittel verleitet zu zusätzlichen Sicherheitszuschlägen. Eine Rationsberechnung mit eigenen Untersuchungsergebnissen inklusive Mineralstoffen ist deshalb ein absolutes Muss!


2. Wie viel Milch soll die Ration abdecken?


In den meisten Betrieben kalben die Kühe das ganze Jahr über. Daher sind in einer Herde alle Leistungsphasen mit sehr unterschiedlichen Versorgungsansprüchen vertreten. Eine Einheitsration für alle kann nicht jede Kuh bedarfsgerecht versorgen und gleichzeitig Nährstoffüberschüsse verringern.


Eine Totale Mischration, die beide Anforderungen erfüllen soll, erfordert entweder eine saisonale Abkalbung oder mehrere Fütterungsgruppen. Das Mischen vieler unterschiedlicher Rationen kollidiert jedoch, gerade unter süddeutschen Verhältnissen, mit der Arbeitswirtschaft und der Herdengröße.


Ein guter Kompromiss ist eine aufgewertete Mischration, deren Milcherzeugungswert ca. 4 bis 6 kg unter der aktuellen Tagesmilchleistung der Herde eingestellt wird. Darüber erhalten die Kühe Kraftfutter am Transponder.


3. Welche Zielwerte für Eiweiß verwenden?


Ein Vorhalten von Eiweiß ist Ressourcenverschwendung. Die anvisierte Milchleistung muss nach Energie und darmverfügbarem Eiweiß (nXP) ausgeglichen sein.


Letzteres setzt sich aus dem pansengeschützten Eiweiß (UDP) und dem Eiweiß zusammen, das von den Pansenbakterien gebildet wird. Dieses Mikrobeneiweiß deckt den größten Teil des Eiweißbedarfs und ist in seiner Zusammensetzung optimal an die Bedürfnisse der Kuh angepasst. Für die Bildung von Mikrobenprotein benötigen die Pansenbakterien Eiweiß und Energie in einem ausgewogenen Verhältnis, ausgedrückt durch die Ruminale Stickstoffbilanz (RNB).


Ein Wert von „0“ zeigt eine ausgeglichene Ration, ein Wert „> 0“ einen Überschuss an Stickstoff (und daher Eiweiß) an. In der Regel gilt daher ein Wert von „0“ als optimal. Aber auch ein leicht negativer RNB-Wert (z.B. -10) ist ohne Verlust an Milchleistung möglich. Warum?


Das Eiweiß aus dem Futter wird von den Bakterien zu Ammoniak abgebaut, aus dem wiederum mithilfe von Energie das bakterielle Eiweiß gebildet wird. Es wird aber nie das komplette Ammoniak in Mikrobenprotein umgebaut.


Ein Teil des Ammoniaks gelangt immer über die Blutbahn in die Leber, wo es in Harnstoff umgewandelt wird und zum Teil über den Urin und Kot ausgeschieden oder aber über den Speichel den Pansenbakterien wieder zur Verfügung gestellt wird. Daher sind RNB-Werte bis zu -20 in der Gesamtration möglich, als Empfehlung gelten 0 bis -10.


4. Pansengesundheit und RationsSynchronität prüfen


Für eine optimale Funktion der Pansenbakterien müssen weitere Eckpunkte in der Gesamtration beachtet werden:


  • Der Rohfettgehalt der Gesamtration darf nicht mehr als 4 bis 4,5% betragen.
  • Um die notwendige Wiederkautätigkeit zu gewährleisten, muss ein Mindestmaß an Struktur von 28 % aNDFom (Neutrale Detergentien Faser) aus dem Grobfutter in der Gesamtration vorhanden sein.
  • Um einer Pansenazidose vorzubeugen, sind die pansenabbaubaren Kohlenhydrate auf maximal 25% in der Gesamtration zu begrenzen.
  • Damit die Pansenbakterien optimal arbeiten und somit viel bakterielles Eiweiß bilden können, müssen Energie und Eiweiß möglichst gleichzeitig zur Verfügung stehen (= Pansensynchronisation). Zum Beispiel passt zum relativ schnellen Eiweiß der Grassilage schnelle Energie aus Getreide, Ackerbohnen oder Erbsen.


5. Passendes Kraftfutter in passender Menge einsetzen


Eine nach Energie und Eiweiß ausgeglichene Ration ist bei Leistungen über dem errechneten Milcherzeugungswert mit einem ebenfalls ausgeglichenen Leistungskraftfutter (z.B. 17% Rohprotein und 6,7 MJ NEL) zu ergänzen.


Sollten in der Grundration Eiweiß-Überschüsse unvermeidbar sein, so sind Getreidemischungen oder energiebetonte Ausgleichskraftfutter mit weniger als 16% Rohprotein zu empfehlen. Im ersten Laktationsdrittel wird Kraftfutter am besten in Milch umgesetzt, danach sinkt die Effizienz enorm.


Häufig besteht die Angst, dass die Leistung sinkt, wenn Kraftfutter reduziert wird. Auch bei hohen Leistungen sollten es jedoch durchschnittlich nicht mehr als 250 g Kraftfutter pro kg Milch (Trog, Transponder, Melkroboter, eigenes Getreide) sein. Voraussetzung ist gutes Grobfutter, dem aber auch etwas zugetraut werden muss!


6. Kühe rechtzeitig trockenstellen


Irgendwann sinkt die Milchleistung einer Kuh unter den Milcherzeugungswert der Mischration. Je länger diese Phase dauert und je höher aufgewertet die Trogration ist, desto mehr Über-schüsse entstehen. Auch um diese Phase der Überversorgung zu reduzieren, müssen Kühe rechtzeitig und nach Körperkondition trockengestellt werden.


Einen wesentlichen Einfluss hat die Zwischenkalbezeit: Umso eher es gelingt, die Kuh wieder trächtig zu bringen, umso kürzer ist die Zeitspanne, in der die Milchleistung unter der Rationsleistung liegt, wodurch die Gefahr einer Verfettung reduziert wird.


7. Eiweißverwertung kontrollieren


In der Milchviehfütterung gibt es folgende Kontrollinstrumente:


  • Milchharnstoff – der Milchharnstoffgehalt bildet den Gradmesser für die Abstimmung der Energie- und Eiweißversorgung der Milchkuh. Als Orientierungswert gelten 15 bis 25 mg Harnstoff/100 ml Milch (optimal unter 20 mg/100 ml).


Liegt der Herdenschnitt bei über 25 mg/100 ml Milch ist eine Überprüfung und Anpassung der Ration dringend erforderlich. Ausnahmen hiervon bilden überwiegend grasbasierte Grundrationen.


  • Eiweißaufwand – die Menge an Rohprotein pro kg Milch streut in der Praxis noch weit und weist auf ein großes Potenzial hin. Der Eiweißaufwand kann z.B. dem Rationsberechnungspro-gramm Zifo2 entnommen werden, wenn statt der anvisierten Milchleistung in der berechneten Ration die tatsächlich erreichte Milchleistung in der gefütterten Ration eingetragen wird. Er enthält den Erhaltungsbedarf. Daher ist bei niedrigerer Milchleistung ein höherer Wert akzeptabel. In Übersicht 1 auf Seite 39 ist der mittlere Aufwand an Rohprotein pro kg ECM inklusive Erhaltungsbedarf, unterteilt nach Tagesmilchleistung, angegeben. Diese Werte sind als Obergrenzen anzusehen!


Wie viel bringt das in der Praxis?


In einem Praxisbetrieb (Übersicht 2) wurde zur Eiweißoptimierung unter Beibehaltung der Grobfuttermengen ein Teil des Getreides und des 39/3er-Kraftfutters gegen Rapskuchen und Körner-mais ausgetauscht. Körnermais war in dieser Ration aufgrund der hohen Zuckergehalte in der Grassilage erforderlich, um den Gehalt an pansenabbaubaren Kohlenhydraten zu senken. Da die Grundration nun ausgeglichen war, wurde als Leistungskraftfutter eine Hofmischung mit 17% Eiweiß und 7 MJ NEL verwendet. Da für die Trockensteher die Ration der Laktierenden mit 4 kg Stroh gestreckt wird, enthielt die Trockensteherration bereits relativ wenig Eiweiß.


Die Anpassung der Laktierendenration brachte eine weitere Verringerung. Durch die beschriebenen Maßnahmen sank der Verbrauch an Rohprotein inklusive Leistungskraftfutter von 719 kg auf 699 kg, was 58 kg Rapsextraktionsschrot pro Kuh und Jahr entspricht.


Bei einem Betrieb mit 50 Kühen sind das 29 dt/Jahr. Das spart Kosten! Nebenbei ergibt sich bei 40 ha LN eine Stickstoffreduzierung von 5,3 kg N pro ha und Jahr. Die Einsparung an Ei-weißkraftfutter hat einen Doppeleffekt: Aus ihm stammen ca. 30% des Phosphorgehalts der gesamten Ration. Daher sinken durch eine Reduzierung der Eiweißüberschüsse nicht nur die Stickstoff-, sondern auch die Phosphor-überschüsse.


Fazit


Der Schlüssel zur Eiweißeinsparung liegt in der Einhaltung der Versorgungsempfehlungen durch eine Rationsberechnung mit eigenen Futteruntersuchungen. Insbesondere der RNB-Wert und der Eiweißaufwand der berechneten Ration sowie die laufende Überprüfung anhand der Milchharnstoffgehalte (Ziel kleiner 20) machen sichtbar, wo noch Potenzial liegt.


silvia.lehnert@topagrar.com

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