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Engerlinge im Alpenraum: Was hilft wirklich?

Lesezeit: 5 Minuten

Darum geht’s: Die Schäden durch Maikäfer-Engerlinge sind in einigen Grünlandregionen Süddeutschlands, Österreichs und der Schweiz zum Teil dramatisch. Südplus hat drei Berater aus dem Alpenraum nach wirksamen Bekämpfungsstrategien befragt.


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Wie hoch ist der Befall mit Maikäfer-Engerlingen in Ihrem Land und welche Regionen sind stark betroffen?


Wir haben in nahezu jedem Bundesland Kerngebiete mit einem Befall. In Oberösterreich gibt es Schwerpunktgebiete für den Mai- und den Junikäfer. Zum Teil treten sie parallel auf. Beim Junikäfer haben wir in Oberösterreich 150 bis 200 Engerlinge/m2, beim Maikäfer durchschnittlich 300 Engerlinge/m2. Die bei uns gültige Schadschwelle im Hauptfraßjahr von 25 Engerlingen/m2 ist deutlich überschritten.


Nach dem Hauptflugjahr 2018 war mit größeren Schäden durch Maikäfer-Engerlinge zu rechnen. Doch die Stärke und die Zunahme der Schäden hat unsere Erwartungen übertroffen. Etwa 2500 ha dürften in den Landkreisen Passau, Freyung-Grafenau und Deggendorf stark betroffen sein. Auch am Jochberg im Berchtesgadener Land wurde die Schadschwelle von 40 Engerlingen/m2 mehrfach überschritten.


Was kann man im Herbst noch zur wirksamen Bekämpfung der Engerlinge tun?


Nichts mehr. Für die mechanische Bekämpfung und die Neuanlage ist es zu spät. Für die Ausbringung der Pilzgerste „Artis Pro“ ist die Bodentemperatur zu gering bzw. die Indikation der Notfallzulassung endete bereits am 20. September.


Mit dem Fräsen der Flächen bis in eine Tiefe von ca. 8 cm kann man die Engerlinge auch nach dem Sommer gut reduzieren, sofern sie noch nicht in tiefere Bodenschichten zur Überwinterung abgewandert sind. Auch eine Kreiselegge ist sehr wirksam. Ein Bekämpfungserfolg von 70 % reicht für eine erfolgreiche Neuansaat aus. So kann man mit einer halbwegs normalen Grasnarbe in den Winter gehen.


Wie hoch sind die Erfolgsaussichten der Pilzbekämpfung und welche Technik eignet sich für Hanglagen?


Bei einer Bodentemperatur von 15 bis 20°C, guter Bodenfeuchte und wenn alle Engerlinge oben sind, ist die Wirkung der Pilzgerste gut bis sehr gut. Wer sie mit dem Cultangerät einbringt, sollte auf feuchte Einstichlöcher achten. In steileren Lagen ist es der Schlitzdrillmaschine überlegen. Kosten: 300 €/ha mit dem Cultangerät, bis 1100 € mit der Schlitzdrill-maschine.


In eigenen Versuchen im Spessart hat die Pilzgerste einen Wirkungsgrad von 60 bis 65 % leider nie überschritten. Hoffnung macht aber die Überlebensfähigkeit des Pilzes im Boden und damit eine gewisse Langzeitwirkung. Dadurch können die Wurzeln des Pflanzenbestandes etwas vor Fraß geschützt sein. Für Hanglagen haben wir eine modifizierte Schlitzdrillmaschine aus Österreich mit Seilwinde eingesetzt.


Wie erklären Sie sich den zunehmenden Engerlingbefall auf Grünland in den letzten Jahren?


Die Maikäferpopulation befindet sich bei uns in ihrem arttypischen Gradationszyklus. Die seit 30 Jahren steigenden Temperaturen und sinkenden Niederschläge in der Vegetationsperiode verschärfen die Schadenssituation. Die Art der Bewirtschaftung kann den Befall erhöhen. So macht die heutige Nutzungsweise mit dem 1. Schnitt von Ende April bis Ende Mai die starke Eiablage erst möglich.


Das Jahr nach dem Hauptflugjahr gilt immer als problematisch. Somit ist 2022 mit einer ähnlichen Situation wie 2019 zu rechnen. Für die Zunahme der Maikäfer-Population spielen der Klimawandel, die dadurch bedingte Verlängerung der Saison und somit eine längere Fraßaktivität der Engerlinge eine Hauptrolle. Die mangelnde Bekämpfung der Engerlinge in den Zwischenjahren ist ebenso ein Grund.


Welche Maßnahmen empfehlen Sie im Frühjahr?


Wir empfehlen eine mechanische Bekämpfung und die Ausbringung der Pilzgerste „Artis Pro“ – eventuell auch beides kombiniert. Die Pilzgerste wird dabei zweimal in aufeinanderfolgenden Jahren mit der Vredo-Schlitzdrillmaschine mit je 30 kg/ha eingebracht. Wichtig ist allerdings, dass vorher unbedingt alle Engerlinge in die oberste Bodenschicht aufgestiegen sind. Das ist ab Ende Mai mit Sicherheit der Fall.


Die mechanische Bekämpfung mit Fräse oder Kreiselegge im Frühjahr ist am effizientesten, weil die Engerlinge dann direkt unter der Grasnarbe sitzen. Alternativ kann der bodenbürtige Pilz Beauveria brongniartii, der natürliche Gegenspieler von Maikäfern, mit Gerstenkörnern als Trägermaterial zur Bekämpfung angewendet werden. Dafür ist aber eine Ausnahmezulassung beim BVL zu beantragen.


2019 haben wir eine massive Zunahme der Befallsflächen festgestellt. Hier reden wir von 200 bis 300 Engerlingen/m2. Auf rund 500 ha ist die Schadschwelle von 40 Engerlingen/m2 weit überschritten. Betroffen ist vor allem das voralpine Gebiet wie Graubünden, Uri und St. Gallen. Überall dort, wo wir noch intakte Natur bzw. unberührte Wiesen haben, finden wir zunehmend Engerlinge.


Wir haben gute Erfahrungen mit der Pilzgerste auf Basis von Beauveria brongniartii im Frühjahr. Ob sie im Herbst auch wirkt, untersuchen wir gerade.


In der Schweiz haben wir in den letzten 30 Jahren über 4000 ha Grünland mit Beauveria brongniartii saniert. Wichtig ist eine hohe Qualität der Pilzgerste, Qualitätskontrollen, die Begleitung der Bekämpfungsmaßnahmen und die Schulung der Anwender. Für Hanglagen haben wir spezielle Sämaschinen. Für ganz steile Lagen bleibt nur noch die Handbehandlung.


silvia.lehnert@topagrar.com


Durch die Klimaerwärmung besiedeln die Maikäfer immer höhere Lagen. Bis vor Kurzem fanden wir in der Schweiz nur den Feldmaikäfer, der einen dreijährigen Zyklus hat. Mittlerweile finden wir auch den Waldmaikäfer. Vor ein paar Jahren stieg er bis auf 1200 m, mittlerweile ist er auf 1400 m und auch auf steilen Hängen. Das birgt neue Gefahren, z.B. von Schlammlawinen.


Die größten Erfolgschancen sehen wir in einer einmaligen Pilzgerstenbehandlung im März/April des Hauptschadenjahres, d.h., im Folgejahr nach dem Maikäferflug. Die Aufwandmenge beträgt dann 40 bis 50 kg/ha mit 107 bis 108 Sporen je Korn. Etabliert sich der Pilz dann im Boden, reicht eine Behandlung für mehrere Generationen.

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