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Feldränder: Welche Pflege ist sinnvoll?

Lesezeit: 7 Minuten

Damit unerwünschte Unkräuter nicht vom Feldrand her einwandern, ist eine Mahd vor der Blüte sinnvoll. Doch Jägern und Naturschützern ist diese Praxis ein Dorn im Auge.


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Probleme mit Trespen, Quecken oder Ackerfuchsschwanz? Damit muss sich Ackerbauer Günther Freihart kaum noch herumschlagen. „Wir konnten den Unkrautdruck auf unseren Flächen deutlich senken. Dazu trägt auch unsere systematische Pflege der Feldränder bei, denn dadurch verhindern wir die Einwanderung unerwünschter Arten in die Ackerkultur“, sagt der junge Landwirt aus Seubersdorf im Landkreis Neumarkt.


Freihart mulcht alle Feldränder zweimal im Jahr, einmal im Frühjahr vor der Samenreife und einmal im Herbst vor der Bodenbearbeitung für die Folgekultur. Damit betreibt er eine Feld­randhygiene, die auch den aktuellen Empfehlungen von Pflanzenschutz-Beratern entspricht (siehe S. 18).


Mindestens einmal mulchen:

Sie raten dazu, die Feldränder mindestens einmal im Jahr im Frühsommer vor der Samenreife der Unkräuter zu mähen oder zu mulchen. In nassen Jahren könne zur Gründüngung im Herbst ein zweites Mal sinnvoll sein.


„Man sollte zwar generell problematische Unkräuter am Feldrand vermeiden. Handlungsbedarf besteht aber vor allem bei Feldrändern mit Trespen oder Quecken“, erklärt Klaus Gehring vom Institut für Pflanzenschutz der Bayerischen Landesanstalt für Landwirtschaft in Freising (LfL). Diese beiden Unkräuter haben sich in den letzten zehn Jahren in den Ackerbaugebieten Süddeutschlands enorm ausgebreitet. In manchen Regionen spielen zudem Ackerwinden, Disteln, Jakobskreuzkraut oder Japanisches Springkraut in den Feldrainen eine immer größere Rolle. Gerade weil diese Arten im Kulturbestand aber oft nur mühsam mit Herbiziden zu bekämpfen sind, muss der Eintrag von Samen vom Rand aus vermieden werden.


Das gilt in Zeiten zunehmender Herbizidresistenzen umso mehr. Denn die Befürchtung, dass ein ungepflegter Feld­rand zu einem höheren Herbizideinsatz im Bestand führen kann, ist laut Gehring nicht ganz von der Hand zu weisen: „Wenn der Betrieb sowohl im Bestand als auch am Rand Tres­pen bekämpfen muss, besteht auf lange Sicht die Gefahr von Resistenzen.“


Ursachen und Folgen:

Für die Berater kommen mehrere Ursachen dafür infrage, dass sich ein Feldrand zu einem Eldorado für Unkräuter entwickelt. Klaus Gehring beobachtet häufig, dass vor allem die Quecke durch den Trend zum pfluglosen Anbau vom Feld­rand in die Kulturbestände hereindrückt: „Früher wurde sie einfach weggepflügt.“


Bei der Einschleppung der Trespe spielt dagegen der Mähdrescher eine wichtige Rolle: „Entweder wird über den Rand hinausgedroschen oder die ersten Trespen stehen bereits im Acker, so dass die Maschine den Samen aufsammelt und über den Auswurf anschließend großflächig auf dem Acker verteilt, wo sie aufwendig bekämpft werden müssen“, so Gehring.


Dieter Proff, Leiter des Fachzentrums Pflanzenbau beim AELF in Ansbach, sieht die Mitbehandlung der Feld­ränder mit Herbiziden als weitere Ursache an, dass sich dort lästige Unkräuter entwickeln: „Trespen, Samenunkräuter oder Disteln können sich an den Rändern erst nennenswert ausbreiten, wenn diese schon einmal mit einem Totalherbizid abgespritzt wurden. Das kam in der Praxis in den letzten Jahren leider noch viel zu häufig vor.“


Für die Verbreitung von Getreideviren oder Pilzsporen ist zwar nach Ansicht der Pflanzenschutzberater vor allem Ausfallgetreide verantwortlich. Aber auch Gräser am Rand können dazu beitragen, weil sich dort zum Beispiel Zikaden als Überträger wohlfühlen.


Von Neophyten, wie etwa dem Japanischen Springkraut, geht dagegen weniger Gefahr aus, weil sich diese Arten im Kulturbestand meist nicht nachhaltig etablieren können.


Nicht zu tief mulchen.

Wichtig ist beim Mulchen, dass die Grasnarbe nicht zerstört wird. „Denn auf dem blanken Boden hat zum Beispiel die Trespe, die zum Keimen wenig Wasser benötigt, einen klaren Startvorteil“, erklärt Bernd Weger, Berater für Pflanzenschutz beim Landwirtschaftsamt Hohenlohekreis. Ratsam sei eine Mulchtiefe von maximal 5 cm. Eine wirksame Vorbeugemaßnahme vor Unkräutern am Feld­rand sei zudem, auf der Fläche alle drei bis vier Jahre den Pflug einzusetzen. Im Auge behalten sollten Ackerbauern außerdem Böschungen sowie Saumstrukturen wie z. B. Hecken in Feldnähe. „Ungemähte Böschungen sind aufgrund des Schutzes vor Greifvögeln und der trockenen Lage wichtige Rückzugsräume für Mäuse, was sich 2015 besonders deutlich zeigte“, erklärt Bernd Weger. In ungepflegtem Grünland sowie an oder unter Feldgehölzen sitzen zudem häufig virenübertragende Zikaden und Blattläuse. Sollten die Gemeinden als Eigentümer hier nicht aktiv werden, raten die Fachleute wie bei den Feld­rändern dazu – am besten nach Rücksprache – im Herbst selbst einen Säuberungsschnitt vorzunehmen.


Konflikte mit Jägern:

Auch auf die Gefahr hin, dass man damit Jäger und Naturschützer auf den Plan ruft. Denn ihnen ist die Feldrandhy­giene ein Dorn im Auge: „Die Feldflur wird mittlerweile so sauber gehalten wie ein botanischer Garten. Das hat für das Wild verheerende Folgen“, sagt Jäger und Rechtsanwalt Dr. Wendelin Schleicher aus Ingolstadt. Er und seine Jagdkollegen kritisieren die regelmäßige Mahd aller Feld­- und Feldwegränder, weil dadurch wertvolle Rückzugsräume, Nistmöglichkeiten und Nahrungsquellen für das Nie­derwild verloren gingen: „Die Landwirte mähen zu früh im Jahr und zerstören dadurch die Gelege der Bodenbrüter sowie ihre Nahrungsquellen. Im Herbst dagegen werden die Ränder oft zu spät gemäht, so dass im Frühjahr die nötige Deckung fehlt.“


Die Folge sei ein dramatischer Rückgang der Bestände an Feldhasen, Rebhühnern und Fasanen innerhalb der letzten 40 Jahre.


Die Kritik von Angelika Lischka vom NABU Bundesverband geht noch weiter: „Kritischer sehen wir die weitverbreitete Praxis, Feld­ränder oder Feldwegränder unter­zupflügen. Auch die Spritze (Glyphosat) wird vermutlich häufiger angewandt.“


Mögliche Kompromisse:

Das Argument der Einwanderung unerwünschter Arten in die Ackerkulturen lassen die Kritiker kaum gelten: „Die Landwirte verzichten auch bei einem gemähten Feldrand nicht auf Herbizidmaßnahmen im Acker“, so Wendelin Schleicher, der für ein Mähverbot der Feld- und Feldwegränder plädiert.


Der Bayerische Jagdverband (BJV) zeigt sich da kompromissbereiter: „Wir möchten gemeinsam mit den Landwirten nach Lösungen suchen“, sagt Gerhard Klingler, Vorsitzender des Niederwild-Ausschusses beim BJV. Das gleiche Anliegen verfolgen in Bayern auch die neuen Wildlebensraumberater.


Eine erste Annäherung der Parteien sei laut Dr. Christof Janko, der bei der LfL diese Berater betreut, erkennbar: „Wir werden inzwischen häufig von Landwirten und Jagdpächtern angesprochen. Der Erfolgsgarant ist, dass die Berater ein fachliches und praktisches Bindeglied sind, so dass in den meisten Fällen eine Kompromisslösung gefunden wird.“


Je nach Situation sei z. B. denkbar, ausschließlich Feldränder mit einem Trespenbesatz bei Blühbeginn oder mit Krankheiten (Mutterkorn, Rost) rechtzeitig zu mähen oder zu mulchen. „Denn hier besteht die Gefahr, dass der Befall gefördert wird“, sagt Balduin Schönberger, Wildlebensraumberater am AELF in Amberg.


Auf Altgrasstreifen bzw. Rändern ohne Problemunkräuter reiche dagegen eine einmalige, zeitlich gestaffelte Mahd ab dem 15. Juli. Das bedeute beim ersten Mal rechts des Weges zu mähen und beim nächsten Mal links davon. Bei solchen „intakten“ Feldrändern könne es zudem genügen, nur alle zwei Jahre zu mulchen. Die Mulchtiefe sollte dann max. 10 cm sein. Statt eines Mulchgerätes präferieren die Wildlebensraumberater ein Mähbalkenmesser, um eine Matratzenbildung zu vermeiden und um Kleintieren einen Lebensraum zu erhalten.


Wie geht es weiter?

Mit einem solchen selektiven Vorgehen könnte die Jägerschaft gut leben, sagt Gerhard Klingler vom BJV.


Auch für Pflanzenschutz-Experte Klaus Gehring von der LfL wäre die­-se Praxis vorstellbar: „Bei Flächen un-ter Pflug, wo nur Weidelgras und Rispe am Rand wachsen, wäre ein selektives Vorgehen möglich. Ob das allerdings flächendeckend umsetzbar ist, bezweifle ich angesichts des hohen Aufwandes.“


Bisher gibt ihm die Praxis recht: Nur einzelne Betriebe gehen bei der Feld­randhygiene nach der jeweiligen Problemlage auf der Fläche vor. Mit welchem Erfolg, lesen Sie in unseren Praxisberichten. Silvia Lehnert

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