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FFH: Was wird aus den „nicht-gemeinten“ Flächen?

Lesezeit: 5 Minuten

Das beste Grünland von Josef Würzburger unterliegt als sogenannte „nicht-gemeinte“ Fläche im FFH-Gebiet keinen Auflagen. Dass das auch so bleibt, hätte er gern schriftlich.


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Mit 15 ha arrondiertem Grünland kann sich der Rinderhalter Josef Würzburger aus Föhrental im Glottertal (Südschwarzwald) eigentlich glücklich schätzen. Von wüchsigen, tiefgründigen Weidelgras-Standorten holt er für seine Ammenkühe, Ochsen und Kälber seit Jahrzehnten gutes Futter herunter. In manchen Jahren bis zu vier Schnitten.


Daran hat selbst die Ausweisung von rund 5 ha als FFH-Gebiet vor etlichen Jahren nichts geändert, obwohl seine besten und intensivsten Schläge mitten in dieser Zone liegen. Sie blieben als sogenannte „nicht-gemeinte“ Flächen von Bewirtschaftungsauflagen verschont, weil sie keinem schützenswerten FFH-Lebensraumtyp entsprechen oder weil dort keine besonderen Arten vorkommen. Doch vor dem Hintergrund der aktuellen Stimmung in der Gesellschaft macht sich Würzburger wie viele andere Landwirte um die Zukunft seines Betriebes große Sorgen: „Im Zuge der aktuellen FFH-Kartierrunde und der geplanten Entwicklungs- und Managementpläne für das Gebiet sowie angesichts der Diskussion um das Biodiversitätsgesetz habe ich Angst, dass der Status nicht-gemeinte Flächen lautlos verschwindet und damit meine Existenzgrundlage allmählich verloren geht.“


Ist Seine Sorge berechtigt?


Verschärft werde die Abhängigkeit von diesen sehr ertragsstabilen Flächen durch den Klimawandel, sagt Würzburger: „Meine Süd- und Westhänge brennen in den letzten Jahren zunehmend aus, ich bin immer stärker von diesen nicht-gemeinten Flächen an den Ost- und Nordhängen abhängig.“ In den meisten Fällen handelt es sich bei den nicht-gemeinten Flächen im Rahmen der FFH-Verordnung um Hofstellen, Straßen, Siedlungen oder um intensiv bewirtschaftete Flächen. Liegen sie am Außenrand von FFH-Gebieten, wurden sie in der Regel aus der Kulisse herausgenommen.


Liegen sie dagegen innerhalb eines FFH-Gebietes, sei laut Regierungspräsidium (RP) Freiburg ein Ausschneiden nicht möglich. Denn laut EU-Vorgaben soll eine Zersplitterung von FFH-Gebieten vermieden werden und eine klar erkennbare Abgrenzung gewährleistet sein. Um wie viel nicht-gemeinte Flächen es insgesamt in Baden-Württemberg geht, weiß niemand.


Laut Umweltministerium in Stuttgart könnten sie aber normal bewirtschaftet werden. Wichtig sei nur, dass man dabei die angrenzenden FFH-Schutzgüter nicht erheblich beeinträchtige. Eine Umwandlung einer nicht-gemeinten Fläche in eine gemeinte sei nur im Rahmen eines Extensivierungsvertrages nach der Landschaftspflegerichtlinie (LPR) denkbar. Nach Ablauf der Vertragslaufzeit könne die Fläche aber zum Beispiel wieder als intensives Grünland genutzt werden.


Keine neuen FFH-Gebiete


Das als Alternative zum Volksbegehren aktuell diskutierte Biodiversitätsgesetz soll an dieser Regelung offenbar nichts ändern: „Im Entwurf sind grundsätzlich keine Auflagen für FFH-Gebiete vorgesehen, auch nicht auf den nicht-gemeinten Flächen“, teilt die Pressestelle des Ministeriums auf Südplus-Anfrage mit.


Nur für Privatgärten, die innerhalb von FFH-Gebieten liegen, sei ein Verbot chemisch-synthetischer Pflanzenschutzmittel geplant. Auch eine Ausweisung neuer FFH-Gebiete würde nicht erfolgen. Ende 2019 hätten die jeweiligen RPs lediglich die Außengrenzen bestehender FFH-Gebiete konkretisiert.


Gibt es eine Garantie?


Dass die Nutzung seines Grundstücks im bereits bewilligten Umfang weiterhin möglich sei, schreibt auch das RP Freiburg in einer individuellen Stellungnahme an Josef Würzburger. Den Landwirt beruhigen diese Aussagen aber nicht, seine zahlreichen Einsprüche liefen bisher ins Leere: „Ich möchte den Istzustand meiner Fläche dokumentiert und schwarz auf weiß garantiert haben, dass hier kein schützenswerter Zustand vorliegt und dass sie deshalb unangetastet bleibt.“ Eine solche Garantie oder Dokumentation wird ihm aber vermutlich keiner geben. Zumal die nicht-gemeinten Flächen laut RP Freiburg nicht mitkartiert würden.


Wie viele Grünlandbauern in Baden-Württemberg hat Würzburger noch gut in Erinnerung, wie undurchsichtig die amtliche Meldung der FFH-Flächen in mehreren Tranchen nach Brüssel ablief. Für weitere Unsicherheit sorgt die neue Möglichkeit der EU, im Naturschutzrecht den Pflanzenschutzmitteleinsatz zu beschränken, ein Punkt, den auch das Volksbegehren ProBiene in Baden-Württemberg geplant hatte.


„Für Grünlandbewirtschafter im FFH-Gebiet wird es auch künftig keine Garantie geben“, zeigt sich Hubert God vom Badischen Landwirtschaftlichen Hauptverband (BLHV) ernüchtert und verweist auf das geplante Agrarpaket. Allein durch Greening seien Versprechen hinsichtlich der Unantastbarkeit nicht-gemeinter Flächen aus der Vergangenheit gebrochen worden. „Wo bleibt die Verlässlichkeit“, fragt sich nicht nur Würzburger.


Wie sich einbringen?


Die neuen Management- und Entwicklungspläne für das Föhrental sollen in der ersten Jahreshälfte 2020 fertig sein. Würzburger hätte gern daran mitgewirkt. Dieser Wunsch bleibt unerfüllt. Laut Umweltministerium sei durch die Vielzahl der Betroffenen eine aktive Mitarbeit nicht möglich. Er könne sich aber über den Bauernverband oder über die Untere Naturschutzbehörde einbringen und zu den fertigen Managementplänen Stellung beziehen.


Zudem handele es sich bei den Plänen lediglich um Empfehlungen, sie hätten keinen bindenden Charakter, betont das RP. „Wenn die Pläne fertig sind, ist es für praktische Hinweise zu spät! Letztlich habe ich doch auch ein Interesse am Naturschutz“, so Würzburger.


Obwohl es mittlerweile ein Dialogforum gibt, das den Austausch zwischen Landwirtschaft und Naturschutz fördern soll, beklagt Würzburger die Informationspolitik: „Ich erhalte seit Jahren keine konkrete Information zum Schutzgrund für dieses FFH-Gebiet.“


Nach dem Umweltinformationsgesetz hat er aber ein Recht auf eine fachliche Stellungnahme seitens der Unteren Naturschutzbehörde. „Wenn die Flächen so wichtig sind für den Naturschutz, warum pachtet das Land sie dann nicht selbst an“, meint der Rinderhalter. „Gegen eine angemessene Bezahlung bewirtschafte ich sie gerne so wie gewollt.“


silvia.lehnert@topagrar.com

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