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Hofbesichtigung per Rad

Lesezeit: 5 Minuten

Ein Reiseveranstalter aus Hohenlohe organisiert für Verbraucher Radtouren auf Bauernhöfe. Die Landwirte stellen sich den Fragen der Besucher und können für ihre Erzeugnisse werben.


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Der Bisonbulle Franz lässt sich die Maissilage in der Runde seiner Damen schmecken. Mit gebührendem Abstand beobachtet ihn eine Gruppe Radler. Abstand deshalb, weil Franz einen Dickschädel hat, wie Thomas Humpfer erzählt. Der Betriebsleiter der Humpfer Ranch in Standorf im Landkreis Schwäbisch Hall hält neben den Bisons auch Milchvieh und betreibt eine Biogasanlage. Seine rund fünfzig Bisons sind in der Gegend bekannt und bei den Besuchern – trotz fehlender Streichelmöglichkeit – sehr beliebt. Seit diesem Jahr auch bei Radfahrern.


Touren für Verbraucher


Auf die Idee, Verbraucher mit dem Rad zu Bauern zu bringen, kamen Sarah und Silvan Vogt wegen Corona. Normalerweise organisieren sie in ihrem Familienunternehmen aus Schrozberg Agrarreisen für Gruppen mit landwirtschaftlichem Hintergrund, z.B. für Landfrauenvereine und Maschinenringe. Doch wegen der Pandemie stand die Reisewelt mit einem Mal still, während gleichzeitig das Interesse an Natur und regionalen Lebensmitteln stieg.


Mit dem Ende des Lockdowns suchte das Ehepaar nach Lösungen. „Alles an der frischen Luft macht natürlich Sinn“, erklärt Sarah Vogt, wie die Idee der Radtouren zu den Höfen entstand. Ihr Mann ergänzt: „Wir wollen Verbrauchern einen Einblick geben, in das, was Landwirte in unserer Gegend leisten.“ Vogts sprachen einige Betriebsleiterfamilien in ihrer Umgebung an und ernteten gleich begeisterte Zusagen.


Vierstündige Radtour


So traf sich im Sommer 2021 zum ersten Mal eine Gruppe Radler am Schrozberger Bahnhof für die insgesamt vierstündige Fahrradtour mit Hofbesuch. Drei Touren stehen unter dem Titel „Wieviel Power hat der Bauer – Radtouren mit Aha-Effekt“ zur Auswahl.


Auf den Feldern Hohenlohes ernten die Bauern gerade die Wintergerste. Auf den Gemeindestraßen, die die Radlergruppe quert, kommen immer wieder große Traktoren mit Erntewägen entgegen. Rund 15 Kilometer durch die Hohenloher Landschaft liegen vor der bunt gemischten Gruppe.


Neben Ehepaaren sind auch junge Frauen dabei. „Mich interessiert, welche Menschen hinter den Höfen stehen“, erzählt eine von ihnen. Sie komme sonst selten ins Gespräch mit Landwirten, es fehlten die Gelegenheiten dazu. „Bei einem Besuch in der Gruppe ist auch die Hemmschwelle geringer, einfach mal ein paar Fragen zu stellen.“


„Was ist intramuskuläres Fett“ Dies ist nur eine von vielen Fragen, die Joachim Humpfer den Gästen auf seinem Hof beantwortet. „Die meisten Leute haben in ihrem Leben schon mal mit einem Landwirt geredet – und wissen es nicht.“ Selbst reden, statt über sich reden zu lassen. Genau das sei die Chance, ist der Agraringenieur überzeugt. „Meine Kollegen und ich prägen selbst das Bild von der Landwirtschaft mit, das die Bevölkerung hat.“


Imposante Rinder


Einen besonderen Eindruck hinterlässt die Bisonweide mit den imposanten Rindern aus Nordamerika. „Ich habe das schon in der Prärie in echt gesehen“, erzählt einer der Teilnehmer. Ihn interessiert, wie diese im dicht besiedelten Deutschland gehalten werden und erfährt, warum die Herde hier in Hohenlohe nicht frei umherzieht. Humpfer erzählt von rechtlichen Vorschriften, und warum der Weideschuss besonders tiergerecht ist.


Ab ins Rhabarberfeld


Eine zweite Radgruppe nimmt Kurs auf den Putenbetrieb der Familie Palm. „Erst wenn die Verbraucher ein Bild von der Landwirtschaft bekommen, gibt es eine ernsthafte und faire Diskussion“, erklärt Thomas Palm die Gründe, warum seine Frau Sabine und er den Verbrauchern Ställe und Äcker zeigen. Die Familie aus Heiligenbronn im Landkreis Schwäbisch Hall betreibt einen konventionellen Puten- und Schweinemastbetrieb.


Dieses Jahr ernten Palms zum ersten Mal Rhabarber. Der neue Betriebszweig kommt gut an bei den Besuchern auf dem Hof. Sie vermarkten ihre Rhabarberernte frisch und lassen einen Teil davon als Rhabarber-Gin und -Geist verarbeiten. Was ihr beim Hofbesuch der Radler wichtig ist, bringt Sabine Palm so auf den Punkt: „Wir zeigen, dass wir auch ganz normale Familien sind – und nicht groß und gierig.“


antworten auf FachFragen


Auf der Humpfer Ranch sind die Besucher inzwischen beim Essen angelangt. Dafür steht in der neu gebauten Grillhütte oberhalb der Weide Bison-Wurst bereit. Der Landwirt nutzt die Chance, die Frage nach der Fleischbeschaffenheit direkt an einem Stück Fleisch zu erklären: „Bisonfleisch hat einen sehr niedrigen Fettgehalt.“ Das ist ein wichtiger Grund, warum Kunden die Bison-Produkte direkt vor Ort bei ihm bestellen und kaufen. Dafür steht ein kleiner Selbstbedienungsladen zur Verfügung.


Humpfer freut sich über das Interesse der Radlergruppe und übernimmt die Betriebsführung gerne selbst – trotz all der anderen Arbeit. „Der Aufwand ist es mir wert“, sagt der Betriebsleiter. Rund eine Stunde braucht Humpfer dafür, den Besuch der Radgruppe vorzubereiten, eine halbe Stunde zur Nachbereitung. Eine Mitarbeiterin unterstützt ihn. Jeder Teilnehmer der Radtour bezahlt 27 €, 10 € davon gehen an die Landwirtsfamilie. Der Reiseveranstalter bewirbt die Touren und begleitet jede Gruppe mit zwei Führern auf dem Rad.


Exotisches lockt


Die studierte Tourismusmanagerin Sarah Vogt erzählt, dass vor allem die Touren gefragt sind, die eine ungewöhnliche, exotische Ausrichtung haben. „Es ist herausfordernd, die Verbraucher auf den Schweinebetrieb mit dem sehr tierwohlgerechten Stall mit Zuschauertribüne zu locken – unsere dritte Tour. Die bisherigen Besuchergruppen dort waren dann aber beeindruckt vom Stall der Familie Baureis.“


Auch bei den Palms zieht der Rhabarber mehr als die Puten. Letztere sind dort eigentlich der Betriebsschwerpunkt. Auf dem Betrieb Humpfer sind nur die Bisons der Anziehungspunkt. „Geld verdienen wir mit der Biogasanlage“, erklärt der Betriebsleiter den Besuchern ganz offen.


Beide Betriebe sehen aber die Chance darin, Öffentlichkeitsarbeit für die Branche und die regionaltypischen Betriebszweige zu machen. „Wir zeigen, dass wir einerseits Familienunternehmen sind, die von ihrem Hof leben und gleichzeitig ein Erbe bewahren.“


Für die Zukunft plant der Agrarreiseveranstalter weitere Touren. Bisher nehmen vor allem Teilnehmer aus der Region teil. „Genau das ist auch unser Ziel: Die Menschen lernen ‚ihren‘ Bauern kennen und wie die Lebensmittel entstehen“, erklärt Sarah Vogt.


Sophia Philipp


klaus.dorsch@topagrar.com

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