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Ist Ihr Betrieb fit für den Roboter?

Lesezeit: 9 Minuten

Die Nachfrage nach Melkrobotern ist ungebrochen. Für investitionswillige Betriebe bietet der LKV Bayern jetzt eine spezielle Beratung an.


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Über mangelnde Nachfrage können sich die LKV-Berater Christiane Weil und Otto Kirmaier nicht beschweren: Beide haben insgesamt bereits über 60 Betriebe in Sachen Melkroboter beraten.


Kann der Roboter meine Erwartungen erfüllen? Wo soll er am besten platziert werden? Und wie muss danach die Fütterung aussehen? Das sind nur drei der Fragen, die ihnen umstellungswillige Praktiker regelmäßig stellen. Dabei handelt es sich in erster Linie um Betriebe mit 60 bis 70 Kühen, die ihren Laufstall für den Einbau eines Melkroboters umbauen möchten oder die zumindest mit diesem Gedanken spielen: „Viele wollen für den Fall, dass sich die Arbeitskräftesituation auf dem Hof eines Tages ändert, gewappnet sein“, erklärt Otto Kirmaier. Er und Christiane Weil gehören zum fünfköpfigen AMS-Team des LKV Bayern, das Einsteigern seit Anfang des Jahres eine einmalige Orientierungsberatung anbietet (siehe Kasten).


Mit diesem neuen Service reagiert der Verband darauf, dass es speziell in der frühen Phase der Kaufentscheidung und für die Umstellung selbst bisher kaum firmenneutrale Beratung gibt. „Vielen Betrieben ist gar nicht bewusst, was mit einem Melkroboter auf sie zukommt“, stellt Christiane Weil oft in den ersten Gesprächen fest.


Im Vorfeld klären:

Die wichtigsten Fragen, die sich investitionswillige Betriebe im Vorfeld stellen sollten, ist nach Ansicht der Berater, ob die Familie mitzieht und wieviel Arbeitskräfte heute und in der Zukunft vorhanden sind. „Der Melk­roboter ist das Herz des Betriebes, daher muss die Familie die Entscheidung mittragen“, betont Kirmaier.


Die Anlage verschafft mehr zeitliche Flexibilität, sodass im Gegensatz zum Gruppenmelkstand eine Person die meisten Routinearbeiten bewältigen kann. Außerdem bringt sie eine deutliche körperliche Arbeitsentlastung.


Allerdings ist unbedingt eine Vertretung erforderlich, die regelmäßig im Stall mitarbeitet und von der Technik und den Tieren ähnlich gute Kenntnisse hat, wie der Betriebsleiter selbst. Diese Person sollte den Betriebsleiter auch bei der 24-stündigen Erreichbarkeit per Handy ablösen. Bei einem Alarm kann auch ein Nachbar mit dem gleichen Roboterfabrikat einspringen. Ungünstig ist, die Ehefrau als Vertretung einzuplanen. Denn sonst kann die Familie nie in Ruhe wegfahren.


Mentalität des Betriebsleiters:

Die Mensch-Kuh-Beziehung spielt beim Roboter eine fast noch grössere Rolle als bei Melkstandbetrieben, betonen die LKV-Berater. „Der Landwirt muss gern bei seinen Kühen sein. Wer glaubt, er muss mit dem Roboter weniger im Stall sein, irrt und bekommt Probleme“, so Kirmaier. Im Gegenteil: Man verbringe mehr Zeit in der Herde und beobachte sie intensiver.


Computerfreaks müssten die Betriebsleiter zwar nicht sein, aber interessiert und motiviert, sich selbst aktiv damit auseinander zu setzen. Vor allem in der Anfangszeit müsse man mit einem gewissen Zeitaufwand für die Ein­arbeitung rechnen. „Die Einstellung: Kommt Zeit, kommt Rat, hilft bei Problemen am Roboter überhaupt nicht weiter“, warnt Christiane Weil.


Größe der Herde:

Durch die Mehrboxanlagen oder auch gebrauchte Roboter ist die Herdengröße nicht mehr ausschlaggebend. Die geringeren Investi­­­-t­ionskosten ermöglichen eine Aufstockung der Herde in kleinen Schritten. Für die Auslastung einer Einbox-Anlage rechnet man mit max. 65 melkenden Kühen. Realistisch sind je weitere Box rund 50 bis 60 Kühe mehr.


Neu- oder Altbau?

Eine weitere Grundvoraussetzung für den Erfolg mit dem Melkroboter ist sein Standort im Stall. Denn er entscheidet ganz wesentlich über die Auslastung. Optimal ist die Installation in einem Neubau, weil dann die Anordnung der verschiedenen Funktionsbereiche wie z.B. Separationsboxen besser auf den Kuhverkehr abgestimmt werden können. In der Praxis ist das leider nicht immer der Fall: „Ein häufiger Fehler ist, dass Ställe für den Roboter von der Stange gebaut und zu wenig Plätze für Transitkühe, kranke Tiere und Behandlungen eingeplant werden“, hat Otto Kirmaier beobachtet. Wer neu bauen will, sollte auf jeden Fall auch einkalkulieren, wie die Betriebsentwicklung künftig weitergehen soll bzw. ob weitere Roboterboxen hinzukommen.


Für Altgebäude gibt es zwar auch gute Lösungen, allerdings müssen dabei oft mehr Kompromisse eingegangen werden. Sie sollten in jedem Falle eine gute Bausubstanz haben und mindestens noch fünfzehn Jahre halten, sonst lohnt sich der Einbau des Roboters nicht. Bei Umbauten sind vor allem Sackgassen zu vermeiden, um einen guten Kuhverkehr zu gewährleisten. Gegenüber einem Gruppenmelk­stand ist bei einem Melkroboter auch die Nähe des Stalles zum Wohnhaus nicht unwesentlich, damit man bei einem Alarm schnell vor Ort sein kann.


Egal ob Neu- oder Altbau: Der Stall sollte hell und luftig sein. Damit die Tiere oft genug in den Roboter kommen, sind gute Liegeboxen und trittsichere Böden unverzichtbar.


Spalten vor dem Roboter:

Damit die Flächen um die Anlage herum und an den Übergängen im Stall halbwegs sauber bleiben, sind Spalten zu bevorzugen. Auch Schieberbahnen sind am Roboter ungünstig, da sie die Gestaltung der Selektionsboxen erschweren. Zu achten ist auch auf genügend Platz hinter der Anlage, z. B. für den Roboterarm, die Kälbermilchküche oder einen Lagerraum. Zum Roboter sollte der Betriebsleiter auf sauberem Wege gelangen und zu den Kühen auf direktem Wege, z. B. über einen Schlupf.


Wie hoch muss die Leistung sein?

Je höher die Milchleistung, umso besser wird die Anlage ausgelastet. Das Leistungsniveau der Herde sollte daher mindestens bei 7 500 kg liegen, damit auch Altmelker noch oft genug zum Melken kommen. Für die produzierte Milchmenge am Tag ist vor allem die Literzahl pro Melkung entscheidend. Als Zielgröße geben die Experten hier einen Durchschnitt von 11 kg Milch pro Melkung an. Für eine gute Auslastung der Anlage ist außerdem eine halbwegs homogene Herde mit guter Fruchtbarkeit und hoher Persistenz wichtig. Betriebe mit saisonaler Abkalbung eignen sich nicht für den Roboter. Schwerpunkte bei der Zuchtauswahl sollten eine gute Melkbarkeit, ein hoher Euterboden, ausreichend lange Zitzen und eine gerade Strichstellung sein.


Kein Mortellaro:

Für den Roboter geeignet sind außerdem nur gesunde und aktive Tiere ohne Klauen- oder Euterprobleme. Deshalb darf bei einer beginnenden Lahmheit nicht lange gefackelt werden. Und auch die halbjährliche Klauenpflege ist konsequent umzusetzen. „Wenn ein Drittel der Herde nicht richtig läuft, wird die nötige Melkfrequenz und Leistung im Roboter ausbleiben“, so Christiane Weil. Problematisch wird es vor allem bei Mortellaro im Bestand. „Wem es nicht gelingt, diese Klauenkrankheit vor der Umstellung auf ein niedriges Niveau zu senken, sollte besser beim Gruppenmelkstand bleiben“, so Otto Kirmaier.


Betriebe mit Eutergesundheitsproblemen sollten sich vor der Umstellung auf den Roboter bewusst sein, dass die Behandlung dieser Tiere viel Arbeit macht. Das ist im Gruppenmelkstand deutlich einfacher durchzuführen, weil die Tiere dafür nicht extra geholt werden müssen und sie eher daran gewöhnt sind. Deshalb gilt: Die Herde muss entweder vorher saniert oder einzelne Problemtiere selektiert werden. Ohnehin sollte man sich als Roboterbetrieb angewöhnen, schärfer zu selektieren. Nur so entgeht man langfristig der Arbeitsfalle.


Die Fütterung anpassen:

Optimal für den Roboterbetrieb ist eine Teil-TMR mit ausreichend Struktur, ausgelegt auf eine Leistung von circa 4 Litern unter dem Herdenschnitt. Den Rest bekommen die Tiere über das Kraftfutter im Roboter. Dabei sollte man 6 kg pro Kuh und Tag nicht überschreiten. Für die Schmackhaftigkeit und Verträglichkeit ist im Kraftfutter ein Anteil von 25 % Körnermais und 20 % Zuckerschnitzel zu empfehlen.


Hochaufgewertete TMR machen die Kühe träge, so dass sie nicht mehr freiwillig in den Roboter gehen. Einzelvorlage des Futters ist zum einen aufgrund der Selektion des Futters ungünstig. Zum anderen aber auch, weil dadurch feste Fresszeiten entstehen. Im Roboterstall sollten die Tiere rund um die Uhr Grundfutter aufnehmen können, damit sie aktiv bleiben. Zu empfehlen ist aus diesem Grund ein automatischer Futternachschieber.


Ratsam ist der Einsatz von pelletiertem Kraftfutter, damit es in der kurzen Zeit in der Roboterbox auch gefressen werden kann. Mehlige Eigenmischungen sollten allenfalls an einer extra Kraftfutterstation gegeben werden. Sie kann auch sinnvoll sein, wenn es nur eine Fütterungsgruppe gibt und die Herde bezüglich der Leistung zu inhomogen ist.


Was tun mit der freien Zeit?

Roboterbetriebe berichten, dass sie erst lernen mussten, mit der neuen zeitlichen Flexibilität am Roboter umzugehen. Hilfreich ist es daher, sich einen festen Tagesrhythmus anzugewöhnen und nur in Ausnahmefällen davon abzuweichen. Feste Fütterungszeiten sind zum Beispiel auch für die Kälber wichtig.


Mit einer Zeitersparnis durch das automatische Melken sollte man zunächst nicht kalkulieren. Wer allerdings strukturiert arbeitet, könne laut der Berater langfristig im Schnitt 30 % der bisherigen Melkzeit einsparen.


Die freie Zeit lässt sich sinnvoll für einen anderen Betriebszweig einsetzen. Er muss allerdings passen. Günstig sind zum Beispiel freiberufliche Tätigkeiten oder Kommunalarbeiten – allerdings nicht zu weit vom Stall entfernt. Bei Lohnarbeiten ist das zum Beispiel eher schwierig.


Umstellung gut planen:

Wenn die Entscheidung für den Roboter einmal gefallen ist, sollte man die Umstellungsphase sorgfältig planen. „Vor allem beim Umstieg vom Anbinde- in einen neuen Laufstall mit Roboter sollte man sogar zwei Jahre vorher mit der Planung beginnen“, meint Otto Kirmaier.


Neun bis sechs Monate vorher sollten von allen Tieren Viertelgemelksproben gezogen werden. Wer vom Anbindestall in den Laufstall wechselt, sollte die Klauenpflege sechs Monate vorher durchführen. Drei Monate sind laut Experten zu kurz. Besamungen können so gelegt werden, dass während des Umzugs möglichst wenig Tiere in Milch sind: „Das reduziert den Stress für Mensch und Tier deutlich.“ Die Ration sollte man sechs Wochen vorher umstellen und den Tieren bereits angewöhnen. Hilfreich ist auch, wenn die Tiere Selektionstore schon frühzeitig kennenlernen.


Drei Wochen vorher sollten die Euter abgeflammt und die Schwänze geschert werden. Und für die ersten Tage sollte man sich auf jeden Fall Helfer organisieren.


Silvia Lehnert

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